TE UVS Steiermark 2001/01/31 30.17-89/2000

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Veröffentlicht am 31.01.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn K S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G F, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 5.6.2000, GZ.: 15.1-1999/667, wie folgt entschieden:

Hinsichtlich Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses wird die Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 mit der Maßgabe abgewiesen, als der Tatvorwurf dahingehend ergänzt wird, dass der Berufungswerber Zulassungsbesitzer des dem Kennzeichen nach bestimmten PKW war.

Im Übrigen bleibt dieser Spruch unberührt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 1.000,-- (EUR 72,67) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 15.1.1999, in der Zeit von 23.35 Uhr bis 23.45 Uhr, dem G M F seinen PKW mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Weitendorf, auf der A 9 Pyhrnautobahn, auf Höhe der Abfahrt Wildon, Rampe C, Strkm 0,010, Richtungsfahrbahn Spielfeld-Linz, zum Lenken überlassen, obwohl dieser nicht im Besitz der erforderlichen Lenkberechtigung war und sei dadurch an den in der Folge von M G verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort von diesem Verkehrsunfall zu verständigen.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG zu Punkt 1.) wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (5 Tage Ersatzarrest) und wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 4 Abs 2 zweiter Fall StVO 1960 zu Punkt 2.) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (1 Tag Ersatzarrest) verhängt.

In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im Wesentlichen vorgebracht, dass ihm von M F G mitgeteilt worden sei, im Besitze einer Lenkberechtigung zu sein. Nicht er habe dem Lenker eine Probefahrt angeboten, sondern habe dieser eine solche beim Berufungswerber erbeten und urgiert. Er habe sich entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde die Lenkberechtigung nicht vorweisen lassen müssen, die diesbezüglichen höchstgerichtlichen Entscheidungen seien überholt, da es mittlerweile wohl die Regel sei, dass ein formal für die Innehabung eines Führerscheines Geeigneter einen solchen auch besitze. Der Berufungswerber hätte sich daher auf die Zusage des G verlassen dürfen, zumal dies der täglichen Lebenserfahrung entspreche. So käme auch kein Mensch auf die Idee einen Taxilenker nach seiner Lenkberechtigung zu fragen, geschweige denn sich diese vorweisen zu lassen und lasse sich dennoch von diesem zum gewünschten Ort fahren.

Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge des gegenständlichen Verkehrsunfalles beide Fahrzeuginsassen verletzt worden seien und dass der Berufungswerber zuerst für die Versorgung der eingetretenen Verletzungen gesorgt habe. Eine anschließende Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle sei nicht mehr erforderlich gewesen, da die erhebenden Beamten bereits nach kurzer Zeit im Krankenhaus erschienen seien.

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am 15.1.1999 besuchte der Berufungswerber das Tanzlokal H in Lebring, wo er den ihm zuvor unbekannten M F G, kennenlernte. Sie unterhielten sich über verschiedene Automarken und der Berufungswerber erklärte, dass er einen Toyota Supra fahre, der draußen auf dem Parkplatz stehe. M G erklärte dem Berufungswerber, dass er zur Zeit einen VW Golf herrichte. Da G auf das Fahrzeug des Berufungswerbers neugierig war, gingen sie vor das Lokal und besichtigten den Toyota. Dabei vereinbarten sie eine Probefahrt. Ohne sich die Lenkberechtigung von M G vorweisen zu lassen, fuhr der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug vom Tanzlokal H bis zur Autobahnauffahrt der A 9 in Lebring. Auf dem Pannenstreifen führten sie einen Fahrerwechsel durch und M G lenkte daraufhin das Fahrzeug des Berufungswerbers mit dem Kennzeichen ungefähr in der Zeit von 23.35 Uhr bis 23.45 Uhr auf der A 9 in Richtung Graz. Als er in Wildon von der Autobahn abfuhr, geriet er mit dem Fahrzeug ins Schleudern und kam in der Rechtskurve der Abfahrtsrampe bei Strkm 0,010 links von der Fahrbahn ab, stieß mit dem PKW gegen mehrere Bäume, ehe er das Fahrzeug zum Stillstand brachte. Im Zuge dieses Verkehrsunfalles verletzten sich beide Fahrzeuginsassen. Nachdem sie aus dem Fahrzeug ausgestiegen waren und ein anderer Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug angehalten hatte, verständigte der Berufungswerber mittels dessen Handy einen Bekannten, der zur Unfallstelle kam und beide ins LKH Wagna brachte. Eine Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle erfolgte nicht. Kurz nach dem Eintreffen des Berufungswerbers im LKH erschien dort auch ein erhebender Gendarmeriebeamter.

Diese Feststellungen konnten aufgrund des unbestritten gebliebenen Inhaltes des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz verbunden mit dem Berufungsvorbringen getroffen werden. Ob der Berufungswerber M G nach dessen Lenkberechtigung fragte oder ob dieser dem Berufungswerber gegenüber behauptete im Besitze eines Probeführerscheines zu sein, mag dahingestellt bleiben, da der Berufungswerber unbestritten den Vorweis dieser Lenkberechtigung nicht verlangte.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Punkt 1.):

Gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG 1967 darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer besitzen.

Wie die Erstbehörde richtig ausführte, genügt zur Überzeugung von der Fahrberechtigung einer Person nach herrschender Rechtsansicht nicht nur deren Versicherung einen Führerschein zu besitzen, es ist vielmehr geboten, sich diese Urkunde vorweisen zu lassen. Diese Rechtssprechung ist nach wie vor aktuell, auch wenn der Berufungswerber vorbringt, dass es mittlerweile wohl die Regel sei, dass ein formal für die Innehabung eines Führerscheins Geeigneter einen solchen auch besitze. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass M G zur Tatzeit noch nicht einmal 18 Jahre alt war und sohin auch formal nicht die Voraussetzungen für die Innehabung eines Probeführerscheines hatte. Auch ist dem Berufungswerber zuzubilligen, dass nicht jedes Mal und auch nicht bei jedem Bekannten oder Verwandten nachgefragt werden muss, ob er noch im Besitze seiner Lenkberechtigung ist. Bei einer dem Zulassungsbesitzer jedoch nur wenige Stunden bekannten Person, ist jedenfalls vor der ersten Überlassung des Fahrzeuges eine Einsichtnahme in dessen Führerschein geboten, zumal der Lenker diesen auf der verfahrensgegenständlichen Fahrt ohnedies hätte mitführen müssen und der Berufungswerber auch bei Fahrtantritt persönlich anwesend war.

Das Vorbringen, dass kein Mensch auf die Idee komme, einen Taxilenker nach seiner Lenkberechtigung zu fragen geschweige denn sich diese vorweisen zu lassen, geht ins Leere, da in diesem Fall der Fahrgast selten Zulassungsbesitzer des KFZ (Taxi) ist.

Zusammenfassend ist sohin festzustellen, dass der Berufungswerber dadurch, dass er als Zulassungsbesitzer M G das Lenken seines Kraftfahrzeuges überlassen hat, obwohl dieser die erforderliche Lenkberechtigung nicht besaß, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung subjektiv und objektiv zu verantworten hat.

Zu Punkt 2.):

Gemäß § 4 Abs 2 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, Hilfe zu leisten, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Diese Verständigungspflicht richtet sich ausschließlich an Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht neben dem unmittelbar betroffenen Fahrzeuglenker auch eine Person, die den unmittelbar Betroffenen zu einem Verhalten veranlasst hat, dass schließlich zu einem Verkehrsunfall führt. So steht zum Beispiel das Verhalten des Beifahrers, der den Lenker an der ordnungsgemäßen Bedienung des Fahrzeuges hindert oder das des Zulassungsbesitzers, der ein Fahrzeug in schlechtem Zustand - mit abgefahrenen Reifen oder defekten Bremsen - überlässt, in ursächlichem Zusammenhange mit einem Verkehrsunfall. Da dem Gegenstandsakt aber keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind, wonach der Berufungswerber durch ein aktives Tun, wie zum Beispiel durch einen Griff in das Lenkrad oder durch ständiges Einreden auf den Fahrzeuglenker oder Ähnliches auf den Fahrzeuglenker eingewirkt hat, der verfahrensgegenständliche Verkehrsunfall vielmehr aufgrund einer Unachtsamkeit oder Fahrunfähigkeit des M G verursacht wurde, ist zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass er an dem von M G verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden nicht ursächlich beteiligt war. Auch kann es nicht als erwiesen angenommen werden, dass M G so betrunken war, dass er trotz entsprechender Kenntnis nicht mehr in der Verfassung war, ein Fahrzeug zu lenken und dies auch dem nur flüchtig bekannten Berufungswerber hätte auffallen müssen. Das alleinige Überlassen eines den Bestimmungen des KFG entsprechenden Fahrzeuges an eine Person, die nicht im Besitz der erforderlichen Lenkberechtigung ist, reicht nach ha. Ansicht nicht aus, die ursächliche Beteiligung an einem Verkehrsunfall anzunehmen. Da sohin die dem Berufungswerber mit Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Verwaltungsübertretung nicht einwandfrei erwiesen werden konnte, war im Zweifel der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die im Anlassfall verletzte gesetzliche Bestimmung soll gewährleisten, dass Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ausschließlich von Personen gelenkt werden, die im Besitze einer hiefür erforderlichen Lenkberechtigung und der damit verbundenen straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Kenntnisse sind. So wird im Zuge des Verfahrens zur Erlangung einer Lenkberechtigung geprüft, ob jemand zum Lenken eines Kraftfahrzeuges die nötigen Voraussetzungen besitzt oder allenfalls im Straßenverkehr eine Gefahr für eine andere Person darstellt.

Durch das festgestellte Verhalten hat der Berufungswerber diesen gesetzlichen Schutzzweck unterwandert und die Herstellung einer Gefahrensituation begünstigt.

Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungs- oder Milderungsgründe liegen keine vor. Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien erscheint die von der Erstbehörde verhängte Strafe im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von bis zu S 30.000,-- (bis zu 6 Wochen Ersatzarrest) schuld- und tatangemessen und sogar unterdurchschnittlichen persönlichen Verhältnissen angepasst. Auch wenn seit Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eine Verschlechterung in den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers eingetreten ist, erscheint eine Herabsetzung der erstinstanzlichen Strafe nicht gerechtfertigt, da dieser Umstand im Hinblick auf den Schutzzweck der verletzten gesetzlichen Bestimmungen in den Hintergrund tritt.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Verkehrsunfall ursächliche Beteiligung Zulassungsbesitzer überlassen Lenkberechtigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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