TE UVS Steiermark 2001/02/02 30.3-26/2000

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Veröffentlicht am 02.02.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung der I A, vertreten durch Dr. G H, Dr. B H und Mag. C P alle Rechtsanwälte in D, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 10. Mai 2000, GZ.: III/S- 23464/99, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung dem Grunde nach in beiden Punkten abgewiesen.

Punkt 2.) wird gemäß § 44a Z 2 und Z 3 VStG insofern abgeändert, als dies eine Übertretung des § 1 zweiter Fall Stmk LGBL 158/75 darstellt und kommt gemäß § 44a Z 3 VStG die Strafsanktionsnorm des § 3 Abs 1 Stmk LGBl 158/75 zur Anwendung.

Die Strafe wird in beiden Punkten auf je S 1.000,-- (EUR 72,67) - im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe - herabgesetzt.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren der Behörde erster Instanz gemäß § 64 VStG auf S 200,-- (EUR 14,53), wobei der Betrag als auch die ausgesprochene Geldstrafe binnen vier Wochen ab Erhalt des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen ist.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, sie "habe am 6.7.1999, zwischen 13.50 und 15.30 Uhr, in Graz 1, im Landhaus, Zuhörergalerie des Landtagssitzungssaales,

1.) durch besonders richtsichtsloses Verhalten, das durch provokantes Hochhalten der Transparente, durch lautstarkes Applaudieren und Schreien beim Verlassen des Zuhörerraumes zum Ausdruck kam, die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört und

2.) durch Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Der Lärm war vermeidbar und wirkte störend"

und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung in Punkt 1.) nach § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und Punkt 2.) § 1 zweiter Fall Stmk LGBl 158/75 begangen. Hiefür wurde pro Punkt eine Geldstrafe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) in Punkt 1.) gemäß § 81 Abs 1 SPG und Punkt 2.) gemäß § 3 Abs 1 Stmk LGBl 158/75 verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz ein Betrag von S 400,-- vorgeschrieben. In den öffentlichen, mündlichen Verhandlungen am 28. September 2000 und 31. Oktober 2000 wurde durch die Einvernahme der Zeugen BI A T, BI R S, BI J K, C S, Oberst E W, BI R P, Landtagsabgeordnete E Z, M K, A B, G K und der Berufungswerberin nachfolgender Sachverhalt festgestellt:

Am 6. Juli 1999 in der Zeit zwischen 13.50 Uhr und 15.30 Uhr fand in Graz, im Landhaus, im Rahmen der 55. Sitzung in der XIII. Gesetzgebungsperiode des Landtages zu Tagesordnungspunkt 8.) eine Debatte über Maßnahmen gegen unerwünschte Formen der Bettelei statt. Die Berufungswerberin begab sich als Zuhörerin auf die Galerie des Landtagssitzungssaales. Dort wurden von anderen Zuhörern bereits zwischendurch immer wieder Transparente hochgehalten, die von den Exekutivbeamten entfernt wurden. Zusammen mit dem Zeugen C S entrollte die Berufungswerberin ebenfalls ein Transparent mit dem Text "Schämt Euch". Als das Transparent bereits entrollt war, wurde es sofort von zwei Exekutivbeamten entfernt. Die Berufungswerberin war durch Wortmeldung des Präsidenten des Landtages in Kenntnis gesetzt, dass keine Transparente auf der Zuschauergalerie erlaubt wären. Ebenfalls war sie in Kenntnis, dass das Applaudieren nicht gestattet sei. Die Berufungswerberin saß in etwa am rechten Rand der Zuhörergalerie.

Aus dem Protokoll über die Landtagssitzung ist ersichtlich, dass durch das Hochhalten der jeweiligen Transparente die Landtagssitzung gestört wurde. Ebenfalls wurde die Landtagssitzung durch Beifallsäußerungen aus dem Zuschauerraum gestört. In der Gruppe, in der die Berufungswerberin saß, wurde applaudiert. Nach der Rede der Landtagsabgeordneten Mag. Z hat die Berufungswerberin ebenfalls applaudiert und wurden die Zuhörer vom Präsidenten des Landtages DI V darauf aufmerksam gemacht, dass Beifallsäußerungen nicht gestattet sind. Letztendlich wurden die als Ordner tätigen Exekutivbeamten vom Präsidenten des Steiermärkischen Landtages gebeten, die Personen, die die Landtagssitzung wiederholt störten, aus dem Saale zu weisen. Hierauf entfernte sich nach Aufforderung durch die Exekutivbeamten eine Gruppe von Personen, unter denen sich auch die Berufungswerberin befand. Vor dem Verlassen des Sitzungssaales wurde noch geschrieen, wobei sich hiebei auch die Berufungswerberin beteiligte.

Die Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Zeugenaussagen der eingesetzten Exekutivbeamten. Wenn die Berufungswerberin angibt, sie hätte das Transparent mit der Aufschrift "Schämt Euch" noch nicht ganz entrollt gehabt, so steht dem die Zeugenaussage von BI R S entgegen, der angab, dass die Berufungswerberin bereits das Transparent ganz ausgerollt hatte. Der Einwand der Berufungswerberin, sie habe nicht applaudiert, stehen die Zeugenaussagen von BI A T, BI J K und Oberst E W entgegen. Die erkennende Behörde hat in dem Fall keine Bedenken den Aussagen der Exekutivbeamten nicht zu folgen, da es einem Exekutivbeamten sehr wohl zumutbar sein muss, aus einer größeren Gruppe von Leuten die jeweiligen störenden Personen zu erkennen, um so mehr die Berufungswerberin den meisten eingesetzten Exekutivbeamten persönlich bekannt war. Gleichfalls stellt es eine Behauptung der Berufungswerberin dar, wenn sie angibt, sie habe beim Verlassen des Sitzungssaales im Raum nicht geschrieen. Dem steht die Zeugenaussage von BI A T und Oberst E W entgegen. Die Zeugenaussagen des C S, M K, A B und G K, die angaben, die Berufungswerberin habe weder applaudiert, noch beim Verlassen des Saales geschrieen, wird nicht gefolgt, um so mehr es verständlich ist, dass die Zeugen, die sich ebenfalls in der störenden Gruppe der Berufungswerberin aufgehalten haben, nicht immer das Verhalten der Berufungswerberin beobachteten und somit sich ihre Wahrnehmungen offensichtlich nur auf Zeitabschnitte bezog, in denen die Berufungswerberin tatsächlich kein störendes Verhalten zeigte.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 81 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Durch das Hochhalten des Transparentes und lautstarkes Applaudieren nach den Rednerbeiträgen, sowie dem Schreien im Zuhörerraum wurde die Landtagssitzung in ungerechtfertigter Weise erheblich gestört und stellt sich dieses Verhalten als besonders rücksichtslos dar, um so mehr die Berufungswerberin zuvor in Kenntnis gesetzt wurde, dass sowohl Beifallskundgebungen als auch das Hochhalten der Transparente nicht erlaubt sind.

Gemäß § 1 zweiter Fall Stmk LGBl Nr 158/1975 begeht eine Verwaltungsübertretung derjenige, der ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist derjenige von der Bezirksverwaltungsbehörde, in örtlichem Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen. Das Schreien beim Verlassen des Sitzungssaales stellt eine ungebührliche Lärmerregung dar. Zum Einen ist das Schreien als störend empfunden worden, zum Anderen bestand kein Grund durch Schreien die Sitzung zu stören und war daher das Schreien ungebührlich. Es wäre der Berufungswerberin durchaus zumutbar gewesen, nach Aufforderung durch die Ordner den Sitzungssaal ohne weitere Störaktion, nämlich das Schreien, zu verlassen. Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre.

Im Gegensatz zur Behörde erster Instanz wurde die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin als Milderungsgrund gewertet und konnte daher im Hinblick auf diesen Milderungsgrund mit einer Reduzierung der Strafe vorgegangen werden. Die verhängten Strafen sich auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Berufungswerberin (geringfügig beschäftigt, zirka S monatlich, Unterhalt von der Familie in der Höhe von S monatlich, vermögenslos, keine Sorgepflichten) angepasst.

Dem Berufungsantrag auf Stattgebung der Berufung, "das angefochtene Straferkenntnis der BPD Graz vom 10.5.2000 ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einzustellen" konnte daher keine Folge gegeben werden. Die Anwendung des § 21 VStG, nämlich die Erteilung einer Ermahnung, konnte keinesfalls zur Anwendung gelangen, da die erkennende Behörde das Verschulden der Berufungswerberin bei Begehung der Verwaltungsübertretungen nicht als geringfügig ansieht, um so mehr sie in Kenntnis war, dass sowohl das Hochhalten der Transparente, als auch das Applaudieren nicht gestattet ist. Ebenfalls sind die Folgen derartiger Störaktionen nicht als unbedeutend einzustufen, da es immerhin zur Unterbrechung einer Sitzung eines demokratisch gewählten Gremiums gekommen ist. Soweit sich der Antrag auf

Herabsetzung der verhängten Geldstrafe bezieht, wurde dem aus oben angeführten Gründen stattgegeben.

Schlagworte
Rücksichtslosigkeit Transparent Landtagssitzung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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