TE UVS Steiermark 2001/02/05 30.9-109/2000

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn P P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 5.11.1999, GZ.: 15.1 1999/2331, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 5.11.1999, GZ.:

15.1 1999/2331, wurde dem Berufungswerber angelastet, er habe am 2.3.1999 um 16.30 Uhr mit dem Omnibus der Marke Setra S 213 H mit dem Kennzeichen, auf der A 9 (Pyhrnautobahn), im Gemeindegebiet von Spielfeld, auf Höhe Strkm 229,8, von Slowenien kommend in Fahrtrichtung Graz einen Kraftfahrlinienverkehr zwischen L und B L betrieben, ohne im Besitz einer hiefür notwendigen Konzession gewesen zu sein. Wegen dieser Übertretung wurde über ihn eine Geldstrafe mit einer Strafhöhe von S 3.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Lediglich in der Begründung des angefochtenen Bescheides wird angeführt, dass, wie auch in der Anzeige der Bundesgendarmerie Grenzkontrollstelle Spielfeld angeführt sei, die zum Befragungszeitpunkt im Omnibus mitfahrenden acht Passagiere einen Betrag von S 600,-- für die Fahrt entrichtet und angegeben hätten, dass der Bus mehrmals wöchentlich zwischen Bosnien und Österreich unterwegs sei und es auch möglich sei, an einigen Haltestellen in L bzw in der Umgebung von L zuzusteigen. Die erste Verfolgungshandlung erfolgte mit der Strafverfügung vom 1.7.1999, das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wurde am 5.11.1999 unter der genannten Geschäftszahl erlassen. Der Berufungswerber selbst führte in seiner rechtzeitigen Berufung an, dass die Firma P T GesmbH bereits seit Ende März 1999 keine Tätigkeiten mehr ausübe. Diese sei im Februar 2000 durch das Landesgericht Linz gelöscht worden. Es sei auch nie ein Kraftfahrlinienverkehr, sondern lediglich das Mietwagengewerbe betrieben worden. Die Firma P T habe ihre Autobusse an andere Firmen oder Einzelpersonen vermietet, für Einzelfahrten seien keine Verträge aufgesetzt, sondern ihre Fahrt in Rechnung gestellt oder teilweise auch bar bezahlt worden. Fahrkarten seien vom Fahrer eingehoben und bei der Ankunft bei der Endhaltestelle dem Mieter übergeben worden.

Da bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden.

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die im Berufungsfall maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - KflG 1952, BGBl. Nr. 84 idF BGBl. Nr. 819/1994, lauten:

§ 1:

(1) Kraftfahrlinienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgesetzten Haltestellen aufgenommen oder abgesetzt werden können. Der Kraftfahrlinienverkehr ist ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung für jedermann zugänglich.

(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

1. der Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers die Tätigkeit jedes Unternehmens, das eine der Öffentlichkeit oder bestimmten Benützergruppen angebotene Personenbeförderung gegen Vergütung durch die beförderte Person oder durch Dritte ausführt, und zwar regelmäßig mit Kraftfahrzeugen, welche nach ihrer Bauart und ihrer Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen - einschließlich Fahrer -, zu befördern;

2. Unternehmen jede natürliche Person, jede juristische Person mit oder ohne Erwerbszweck, jede Vereinigung oder jeder Zusammenschluss von Personen ohne Rechtspersönlichkeit und mit oder ohne Erwerbszweck sowie jedes staatliche Organ, unabhängig davon, ob dieses über eigene Rechtspersönlichkeit verfügt oder von einer Behörde mit Rechtspersönlichkeit abhängt.

(3) Der Kraftfahrlinienverkehr nach Absatz 1 bedarf einer Konzession, der Kraftfahrlinienverkehr mit Vertragsparteien des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Absatz 1 bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

(4) . . .

§ 16:

(1) Übertretungen der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen werden von den Bezirksverwaltungsbehörden, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 30.000,-- oder Arrest bis zu zwei Wochen bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden."

Der Berufungswerber selbst bestreitet eine Kraftfahrlinie betrieben zu haben und sind außer den in der Anzeige angeführten Beweismittel durch die belangte Behörde keinerlei Erhebungen dahingehend durchgeführt worden, die tatsächlich die Annahme, wie im Straferkenntnis angeführt, rechtfertigen würde, der Berufungswerber habe unter den laut Kraftfahrliniengesetz bzw - Verordnung enthaltenen gemeinsamen Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen vom 28.7.1966 näher angeführten Voraussetzungen eine Kraftfahrlinie betrieben. Diese Verordnung Nr. 117/66/EWG des Rates vom 28.7.1966 lautet auszugsweise wie folgt:

Abschnitt I

Definitionen und Geltungsbereich

Artikel 1

(1) Linienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen ein- oder aussteigen können.

(2) . . .

(3) Eine Betriebsregelung oder entsprechende Dokumente, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigt und vom Verkehrsunternehmer vor ihrer Anwendung veröffentlicht werden müssen, legen die Beförderungsbedingungen,

insbesondere die Zahl der Fahrten, den Fahrplan, die Tarife und die Beförderungspflicht fest, soweit diese Bedingungen nicht durch Gesetz oder Verordnung bestimmt sind."

Aus den Gesetzesmaterialien zur Kraftfahrliniengesetz-Novelle 1992 /RV 679 BlgNr. 18 GP, S 6) ergibt sich nun, dass der Gesetzgeber im ersten Satz des § 1 Abs 1 KflG 1952 in der Fassung dieser Novelle die Definition des Linienverkehrs gemäß Artikel 1 Abs 1 der Verordnung Nr. 117/55/EWG des Rates, die - ohne spezielle Transformation - durch das EWR-Abkommen ausschließlich für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Vertragsparteien des EWR-Abkommens gilt, auch für den innerstaatlichen und den grenzüberschreitenden Kraftfahrlinienverkehr mit Nichtvertragsparteien des EWR-Abkommens übernommen hat, weil sonst ohne sachliche Rechtfertigung zwei unterschiedliche Grunddefinitionen existieren würden. Um jedoch "überdies" klarzustellen, dass diese Definition die im Artikel 1 Abs 3 der Verordnung genannten Sonderformen des Linienverkehrs, die die Beförderung bestimmter Kategorien von Fahrgästen unter Ausschluss anderer Fahrgäste vorsieht, für den innerstaatlichen Verkehr nicht umfasst, wurde im zweiten Satz des § 1 Abs 1 leg cit die Zugänglichkeit für jedermann ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung normiert. Daraus folgt, dass dem Begriff "jedermann" in § 1 Abs 1 zweiter Satz KflG 1952 in der Fassung der KflG-Novelle 1992 das Verständnis zuzuordnen ist, dass ein Kraftfahrlinienverkehr nur dann betrieben wird, wenn er für jedermann ohne Einschränkung auf eine bestimmte Benützergruppe zugänglich ist.

Aus den zitierten Normen ergibt sich somit, dass für die tatsächliche Annahme des Betriebes einer Kraftfahrlinie es einerseits erforderlich ist, dass die Personenbeförderung regelmäßig durch den Unternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung zu erfolgen hat und dieser Kraftfahrlinienverkehr für jedermann zugänglich sein muss. Überdies muss auch noch das Tatbestandselement der regelmäßigen Beförderung von Personen vorliegen. Dem Tatvorwurf laut Strafverfügung vom 1.7.1999 ist lediglich zu entnehmen, dass der Berufungswerber am 2.3.1999 eine Kraftfahrlinie zwischen L und B L betrieben haben soll, ohne darin auch näher die Erfordernisse der für jedermann gegebenen Zugänglichkeit bzw Erläuterungen hinsichtlich der angenommenen Regelmäßigkeit anzuführen. Diesbezüglich ist auch dem Straferkenntnis vom 5.11.1999 in dessen Spruch nichts zu entnehmen, in dessen Begründung lediglich die in der Anzeige unter Beweismittel angeführten Festhaltungen, die jedoch ohne weitere Erhebungsschritte keineswegs die Annahmen rechtfertigen, dass diese Kraftfahrlinie tatsächlich regelmäßig betrieben wurde, für jedermann zugänglich war, inwieweit von allenfalls vorher festgelegten Haltestellen im Sinne der zitierten Normen auszugehen war und auch, wie tatsächlich die näheren Vergütungsformalitäten erfolgt sind.

Da somit innerhalb der zur Verfolgungsverjährung stehenden Fristen durch die belangte Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung erfolgte und eine nachträgliche, außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist liegende Ergänzung der Berufungsbehörde verwehrt ist, war auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

Schlagworte
Kraftfahrlinie Haltestellen Regelmäßigkeit Zugänglichkeit Vergütung Konkretisierung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten