TE UVS Niederösterreich 2001/04/30 Senat-KO-00-442

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als zu Punkt 1 des Straferkenntnisses wie folgt zu ergänzen ist: ?(Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges 49 t)?

 

Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 360,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Die Bezirkshauptmannschaft X hat gegen den Beschuldigten das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Darin wurde ihm zur Last gelegt, dass er am ** *** 19** gegen 5,00 Uhr im Ortsgebiet von E***, G***, bei der Fahrt aus Richtung H*** kommend in Richtung L***-Gasse als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges (Sattelzugfahrzeug **** mit Sattelanhänger ***)

1. das Vorschriftszeichen ?Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 3,5 to Gesamtgewicht? bei der Fahrt in die G*** nicht beachtet hat und die Fahrt auf der G*** ungeachtet des Fahrverbotes fortgesetzt hat und

2. das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall vor dem Haus G*** *** nicht sofort angehalten hat, obwohl sein Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand.

 

Aus diesem Grund hat die Behörde erster Instanz folgende Verwaltungsstrafen verhängt:

 

zu 1. gemäß § 52 lit a Z 9 c iVm § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 S 800,--

         (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) und

zu 2. gemäß § 4 Abs 1 lit a iVm § 99 Abs 2 lit a StVO 1960 S 1000,--

        (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden).

 

Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht Berufung erhoben. Er macht geltend, er erhebe Einspruch, da er nicht einsehe, als Lügner hingestellt zu werden; die Aussage des Zeugen sei nicht richtig.

 

Laut der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Anzeige des Gendarmerieposten E*** vom ** *** *** lenkte der Beschuldigte am angegebenen Tatort zum angegebenen Tatzeitpunkt das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug mit einen Gesamtgewicht von insgesamt 49000 kg, wobei er das vor der Einfahrt in die G*** deutlich sichtbar angebrachte Vorschriftszeichen ?Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 3,5 t Gesamtgewicht? missachtete und mit dem Sattelkraftfahrzeug in die G*** einfuhr. Nächst dem Haus G*** *** streifte Eigner mit dem rechten Unterfahrschutz des Sattelauflegers den vor diesem Haus abgestellten Pkw *** *** an der rechten Fahrzeugseite und beschädigte diesen. In der Folge setzte der Beschuldigte die Fahrt mit dem Sattelkraftfahrzeug fort, ohne anzuhalten. Durch den Lärm wurde die Fahrzeugbesitzerin E*** F*** aufmerksam und sah auf die Straße; ihr Gatte T*** F***, welcher kurz darauf vor das Haus lief, konnte das Sattelkraftfahrzeug nach ca 150 m einholen und den Lenker anhalten. Der Zeuge T*** F*** hat angegeben, er habe kurz nach dem Unfall aus dem Fenster gesehen, sei daraufhin dem Sattelkraftfahrzeug nachgelaufen und habe dieses nach ca 150 m anhalten können.

 

In seinem Einspruch gegen die hierauf ergangene erstinstanzliche Strafverfügung hat der Beschuldigte angegeben, da er zu einer Kunststofffirma in E*** fahren musste, um zu laden und sich an der Stelle der üblichen Zufahrt eine Baustelle befunden habe, habe er mit seinem Sattelkraftfahrzeug in der G*** fahren müssen. Er habe das Fahrzeug nach dem Unfall angehalten. Als der Besitzer aus dem Haus Nr *** gekommen sei und sie die Daten austauschen wollten, habe dieser gesagt, er solle ein Stück hinauffahren, damit die Autos durchfahren könnten; daraufhin hätten sie die Daten ausgetauscht.

 

Der Zeuge T*** F*** hat bei seiner Einvernahme am *** *** *** folgendes angegeben:

 

?Meine Angaben, wie sie die Gendarmerie in der Anzeige angegeben hat, sind richtig. Ich musste dem Sattelkraftfahrzeug nachlaufen und habe auch gepfiffen, bis der Lenker, nach ca 200 bis 250 Meter, bis zur nächsten Straße, die links einmündet, einbiegen wollte und dort angehalten hatte, weil es dort noch enger ist, um überhaupt einbiegen zu können.

 

Ich habe den Lenker auf den eben verursachten Unfall mit Sachschaden angesprochen habe, worauf er auf meine Frage, ob er dies nicht bemerkt hat, sagte, er habe das bemerkt. Ich hielt ihm dann noch vor, wieso er nach dem Unfall nicht angehalten hatte, worauf er sinngemäß sagte, er wäre eh jetzt da und meinte, er wäre eh wieder zurückgefahren.

Ich habe niemals zu dem Lenker nach dem Unfall gesagt, er solle ein Stück weiterfahren, um die Straße freizumachen.?

 

Bei seiner Einvernahme am *** *** *** hat der Beschuldigte folgendes angegeben:

 

?Ich bin in Kenntnis des gesamten Akteninhaltes und gebe dazu folgendes an:

Nachdem ich den Anstoß an dem geparkten Fahrzeug bemerkt hatte, konnte ich meinen Sattelzug nicht sofort anhalten. Aufgrund der Fahrbahnbreite habe ich den nachfolgenden Verkehr behindert. Mir ist die Örtlichkeit bekannt und wusste ich, dass in der G*** eine ?Ausweiche? vorhanden ist. Dort habe ich den Lkw angehalten. In diesem Moment kam der Zeuge, Hr F***, zu mir. Er fragte mich, ob ich den Anstoß nicht bemerkt hätte. Ich bejahte dies und teilte ihm mit, dass ich den Lkw lediglich zur Seite gestellt hatte, um den übrigen Verkehr nicht zu behindern (Umleitungsstrecke) und ein Hupkonzert zu provozieren. In weiterer Folge wurden die Daten ausgetauscht. Der Vorfall wurde vom Zeugen offensichtlich nicht richtig wiedergegeben.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß § 52 lit a Z 9 c StVO 1960 zeigt das Vorschriftszeichen ?Fahrverbot für Fahrzeuge mit über ...t Gesamtgewicht? an, dass das Fahren mit Fahrzeugen, deren Gesamtgewicht das im Zeichen angegebene Gewicht überschreitet, verboten ist (im vorliegenden Fall 3,5 t).

 

Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Was Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, so hat der Berufungswerber nicht bestritten, dass er trotz des dort befindlichen Vorschriftszeichens ?Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 3,5 t Gesamtgewicht? mit dem gegenständlichen Sattelkraftfahrzeug mit einem Gesamtgewicht von 49 t in die G*** eingefahren ist.

 

Wenn der Berufungswerber zu Punkt 2 vorbringt, die Angaben des Zeugen seien nicht richtig, so ist hiezu festzuhalten, dass der Zeuge T*** F*** bei seiner Einvernahme in Übereinstimmung mit den Angaben in der Anzeige angegeben hat, nachdem er den Unfall wahrgenommen hatte, sei er dem Sattelkraftfahrzeug hinterhergelaufen und habe dieses erst nach ca 150 bis 200 m anhalten können. Die Berufungsbehörde sieht keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Aussage in Frage zu stellen, da sie unter Wahrheitspflicht erfolgt ist und der Zeuge bei wahrheitswidrigen Angaben mit gravierenden strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte; auch ist nicht ersichtlich, weshalb er den Berufungswerber in wahrheitswidriger Weise belasten sollte. Hingegen sind die Angaben des Beschuldigten insofern widersprüchlich und schon daher wenig glaubwürdig, als dieser in seinem Einspruch angegeben hat, nachdem er das Fahrzeug nach dem Unfall angehalten hatte, sei der Zeuge zu ihm gekommen und habe ihn aufgefordert, ein Stück hinaufzufahren, damit die anderen Autos durchfahren könnten, während der Beschuldigte bei seiner Einvernahme am 15 Februar 2000 angibt, er habe nicht sofort anhalten können, da er sonst den nachfolgenden Verkehr behindert hätte, sodass er bis zu einer in der Nähe befindlichen Ausweiche gefahren sei, wo dann auch der Zeuge zu ihm gekommen sei.

 

Selbst wenn aber das Vorbringen des Berufungswerbers vom 15 Februar 2000 zutreffen sollte, hätte er auch damit das ihm unter Punkt 2 zur Last gelegte Delikt begangen, da der Begriff ?sofort anhalten? im § 4 Abs 1 lit a StVO 1960 nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes streng auszulegen ist und der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, auch unter Inkaufnahme einer Behinderung des nachfolgenden Verkehrs (wobei um 5,00 Uhr morgens allerdings noch keine allzu große Verkehrsdichte zu erwarten sein dürfte) zumindest für kurze Zeit unmittelbar am Unfallsort anzuhalten.

 

Nach Auffassung der Berufungsbehörde hat daher der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmungen, nämlich die Wahrung der Verkehrssicherheit sowie das Interesse daran, dass sich der Lenker nach einem Unfall zu vergewissern hat, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen, wurde durch das Verhalten des Beschuldigten beeinträchtigt; der objektive Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte ist daher als nicht bloß geringfügig zu betrachten. Was das Ausmaß des Verschuldens betrifft, so ist ihm zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

Mildernd ist die (von der Erstbehörde bei der Strafbemessung jedoch bereits berücksichtigte) verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers; erschwerende Umstände liegen nicht vor.

 

Nach eigenen Angaben verfügt der Berufungswerber über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 22000,-- und ist für zwei Kinder sorgepflichtig.

 

Weiters ist bei der Strafbemessung auch davon auszugehen, dass nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern auch die Allgemeinheit von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abgehalten werden soll, sodass auch eine generalpräventive Wirkung entsteht.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände gelangt die Berufungsbehörde zu der Auffassung, dass die von der Erstbehörde verhängten Strafen von S 800,-- bzw. S 1000,-- nicht als überhöht betrachtet werden können, sondern durchaus als schuld- und tatangemessen anzusehen sind. Es wird darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Strafrahmen hinsichtlich des Punktes 1 bis zu S 10000,-- und hinsichtlich des Punktes 2 bis zu S 30000,-- reicht.

 

Da die Angabe des Gesamtgewichts des vom Berufungswerber gelenkten Sattelkraftfahrzeuges im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unterblieben ist, diese Angabe jedoch bei einer Übertretung gemäß § 52 lit a Z 9 c StVO 1960 erforderlich ist, war der Spruch des Straferkenntnisses diesbezüglich zu berichtigen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten