TE UVS Tirol 2001/05/09 2000/18/090-4

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Veröffentlicht am 09.05.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn G., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 10.5.2000, Zahl St-1820/99, nach durchgeführter öffentlichen mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

I. (Übertretung nach § 81 Abs1 SPG)

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung zu Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses insoferne Folge gegeben, als die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- (EUR 58,14) auf S 400,-- (EUR 29,07), im Uneinbringlichkeitsfalle ein Tag Ersatzarreststrafe, herabgesetzt wird und zu diesem Punkt das Verwaltungsstrafverfahren nach § 81 Abs1 SPG hinsichtlich dem Schuldvorwurf ?und mit den Worten du scheiß Arschloch beschimpft? gemäß § 45 Abs1 Z2 VStG eingestellt wird.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG wird der Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz mit S 40,-- (EUR 2,91) neu bestimmt.

 

II. (Übertretung nach § 13 iVm § 11 des TLPG)

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Beschuldigte zu diesem Punkt einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, somit S 160,-- (EUR 11,63), zu bezahlen.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Der Beschuldigte F., geb. am 8.5.1961, hat am 31.10.1999 um 15.15 Uhr in Innsbruck, beim Südeingang des Tivoli-Fußballstadions, ein Funkstreifenfahrzeug beim Befahren der Auffahrrampe behindert sowie einen Sicherheitswachebeamten angeschrien und mit den Worten ?Du scheiss Arschloch? beschimpft und durch dieses besonders rücksichtslose Verhalten, das einen groben Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit darstellt, 1) die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört und 2) den öffentlichen Anstand verletzt.?

 

Zu Punkt 1 wurde dem Beschuldigten eine Übertretung nach § 81 Abs1 SPG zur Last gelegt und zu Punkt 2 eine Übertretung nach § 13 iVm § 11 des TLPG.

 

Zu beiden Punkten wurden über den Beschuldigten jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 800,--, im Uneinbringlichkeitsfalle jeweils eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von zwei Tagen, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen.

 

In dieser Berufung wurde die Begehung der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen bestritten. Das bloße Anschreien eines Sicherheitswachebeamten könne den Tatbestand der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht erfüllen. Bezüglich der Ordnungsstörung müsse gegeben sein, dass tatsächlich Ärgernis erregt worden sei und dies zu einer Störung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines ?Auflaufens? führe. Dass das strafbare Verhalten des Beschuldigten von mehreren noch anwesenden Zuschauern beobachtet worden sei, reiche für den Tatbestand einer Ordnungsstörung im Sinne des § 81 Abs1 SPG jedenfalls nicht aus.

 

Der Vorwurf, den Beamten ?mit du scheiß Arschloch? beschimpft zu haben, sei zu Unrecht erhoben worden. Ein derartiger ?Kraftausdruck? sei dem Beschuldigten völlig fremd und habe er einen solchen Ausdruck gegenüber den einschreitenden Sicherheitswachebeamten nie verwendet.

 

Überdies habe das durchgeführte Beweisverfahren keinen Beweis dafür ergeben, dass der Beschuldigte seine getätigten Äußerungen lautstark getätigt hat und von anderen Zuschauern wahrgenommen worden sind.

 

Dieser Berufung kommt lediglich hinsichtlich Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses teilweise Berechtigung zu.

 

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der der Beschuldigte trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist, wurden die Zeugen Insp M. und BI E.einvernommen. Darüberhinaus wurde der erstinstanzliche Akt verlesen. Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ersichtliche Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Der Zeuge Insp M. gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Berufungsbehörde an, dass sich der Vorfall vom 31.10.1999 um 15.15 Uhr vor einem Fußballspiel abgespielt habe. Er habe dabei ein Funkstreifenfahrzeug zum Südeingang des Tivoli-Fußballstadions gelenkt und wollte dabei vom Gehsteig aus eine Auffahrtrampe vor das Südtor benutzen. Auf Grund des dort befindlichen Beschuldigten habe er jedoch nicht zum Südtor auffahren können, worauf er dem Beschuldigten mittels Handzeichen deutete, dass er dort hinein müsse. Der Beschuldigte habe sich hierauf erregt und sei zum Funkstreifenfahrzeug gekommen und habe die Fahrertüre aufgerissen. Der Beschuldigte habe sich sodann, wie in der Anzeige im zweiten Absatz wortwörtlich angeführt, geäußert (diesbezüglich ist in der Anzeige vermerkt: ?darauf kam der Fußgänger sichtlich erregt zur Fahrertür, riss diese auf und begann zu schreien ?Du glabsch woll du darfsch alles, mir den Vorrang nehmen, nit blinken und am Gehsteig fahren, willsch mi zsammfahrn?).

 

Der Zeuge habe die Erregung des Beschuldigten nicht nachvollziehen können. Im Nahbereich hätten sich ?jede Menge? Fußball-Fans befunden. Einige dieser Fußball-Fans hätten ihre Verwunderung über das Benehmen des Beschuldigten geäußert, wobei sie ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck brachten, dass der Beschuldigte nicht weggegangen sei. Richtig sei, dass der Zeuge sodann den Beschuldigten aufgefordert habe sich auszuweisen.

 

BI S. sei zum Vorfall dazu gekommen und habe der Zeuge, nachdem er nach dem Entfernen des Funkstreifenfahrzeuges von der Fahrbahn zurückgekehrt sei, feststellen können, dass der Beschuldigte dem BI S. bereits einen Presseausweis lautend auf die Kronenzeitung vorgewiesen habe. Da im Presseausweis eine andere Anschrift vermerkt gewesen sei, als jene, die ihm der Beschuldigte gegenüber angegeben habe, habe er eine Terminalanfrage vorgenommen. Richtig sei, dass er den Beschuldigten gegenüber geäußert habe, dass er ihn wegen Störung der öffentlichen Ordnung anzeigen werde, woraufhin der Presseausweis rückerstattet worden sei.

 

Der Ausdruck ?Du scheiß Arschloch? sei gefallen, nachdem die Amtshandlung für den Zeugen eigentlich beendet gewesen sei und sich der Beschuldigte ins Stadion begeben hat. Der Zeuge habe diese Äußerung gut vernehmen können. Es seien damals Personen genau so weit wie der Zeuge vom Beschuldigten entfernt gewesen, sodass der Zeuge annehme, dass auch diese diese Äußerungen wahrgenommen haben. Richtig sei, dass sich danach einige der Anwesenden ?Zuschauer? dahingehend geäußert haben, dass so ein Verhalten für Presseleute wohl typisch sei.

 

Die Leute hätten sich sinngemäß, nachdem sich der Beschuldigte zum Fahrzeug begeben habe und die im zweiten Absatz in der Anzeige vermerkte Äußerung getätigt habe, dahingehend geäußert, dass sie sich über das Verhalten des Beschuldigten wundern würden. Den genauen Wortlaut diesbezüglich könne der Zeuge nicht mehr angeben, wobei er aber sicher sei, dass sie ihrer Verwunderung über das Verhalten des Beschuldigten ausgedrückt haben. Die Fans seien dabei auch stehen geblieben, um die Geschehnisse mit zu verfolgen.

 

Die Bemerkung ?Du scheiß Arschloch? sei nicht in jener Lautstärke erfolgt, als die Äußerung im zweiten Absatz der Anzeige. Für den Zeugen sei jedoch auch diese Äußerung klar wahrnehmbar gewesen. Der Zeuge dürfte sich zu diesem Zeitpunkt etwa zwei bis drei Meter vom Beschuldigten entfernt befunden haben.

 

Auf Vorhalt der Angaben im Bericht vom 16.2.2000, wonach sich der Beschuldigte lautstark mit ?scheiß Arschloch? verabschiedet hätte, gab der Zeuge an, dass der Beschuldigte diese Äußerung zwar nicht geschrien aber klar wahrnehmbar für den Zeugen geäußert habe.

 

Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Zeuge S. nicht mehr im Nahbereich des Beschuldigten aufgehalten, sodass er diese Äußerung mit Sicherheit nicht wahrgenommen habe. Hinsichtlich der ersten Äußerung, welche im zweiten Absatz der Anzeige angeführt worden ist, sei er sich nicht ganz sicher. Der Zeuge S.sei jedenfalls erst danach in den Nahbereich gekommen.

 

Nicht richtig sei, dass der Zeuge den Beschuldigten mit dem Funkstreifenfahrzeug an das Bein gefahren wäre. Der Zeuge nehme an, dass die gesamte Amtshandlung in etwa eine viertel Stunde gedauert habe. Er glaube nicht, dass die Amtshandlung länger gedauert habe, wobei das Fußballspiel um 15.30 Uhr wohl begonnen habe.

 

Der Zeuge sei nicht der Auffassung, dass er die Amtshandlung unnötig in die Länge gezogen habe. Zum Zeitpunkt, in der der Beschuldigte die Fahrertüre des Funkstreifenfahrzeuges aufgerissen habe, habe sich das Fahrzeug noch auf der Fahrbahn befunden, wobei sich das Fahrzeug mit dem rechten Vorderreifen bereits auf der Auffahrtsrampe befunden habe. Als sich der Zeuge kurz von der Amtshandlung entfernt habe, um das Fahrzeug, wie schon ausgeführt, von der Fahrbahn weg zu stellen, habe sich der Beschuldigte gemessen an seiem vorherigen Verhalten wieder etwas beruhigt. Er sei jedenfalls etwas ruhiger gewesen, als der Zeuge wieder zurückgekehrt sei. Warum dies der Fall gewesen sei, wisse er nicht. Er wisse nicht, ob es allenfalls BI S. mit dem Beschuldigten besser als er verstanden habe. Die im zweiten Absatz der Anzeige dargestellte Äußerung habe der Beschuldigte geschrien und nicht etwa laut gesprochen. Es sei so gewesen, dass eine Gruppe von Fans stehen geblieben sei, um die Geschehnisse zu verfolgen. Die Tore um das Stadion seien geöffnet gewesen. Der Zeuge führe das Stehenbleiben der angesprochenen Fans darauf zurück, dass eben diese Geschehnisse mit dem Beschuldigten und dem Zeugen für die Fans ausschlaggebend gewesen seien. Diese Gruppe der Fußball-Fans habe sich im unmittelbaren Nahbereich befunden. Es gebe für den Zeugen keinen Zweifel, dass diese die auf Absatz zwei in der Anzeige vermerkte Äußerung wahrgenommen haben. Er habe diese Gruppe zwar nicht danach befragt, ob sie diese Wahrnehmung gehört haben, zumal er sich diesbezüglich ohnehin sicher gewesen sei, wobei er die Fans aber gefragt habe, ob er sie als Zeugen anführen könne und ob er die Anschriften haben könne. Dies sei ihm aber nicht zugebilligt worden. Der Zeuge habe diesen Umstand allerdings nicht als wichtig erachtet. Die Zeugen hätten die Angabe von Name und Anschrift mit der Begründung abgelehnt, dass sie keine Probleme haben wollten.

 

Es ergibt sich für die Berufungsbehörde kein Hinweis dafür, dass die Angaben dieses Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Der Zeuge wirkte vertrauenswürdig und seriös. Der Zeuge stand unter Wahrheitspflicht und hätte im Falle einer flaschen Zeugenaussage mit einer gerichtlichen Bestrafung zu rechnen gehabt. Es wäre nicht erfindlich, warum der Zeuge unter diesen Gesichtspunkten den Beschuldigten fälschlich beschuldigt hätte. Die Aussage ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und ergibt sich, wie schon gesagt, kein Hinweis für eine falsche Zeugenaussage. Der Beschuldigte hat es vorgezogen, zu den zwei Verhandlungen nicht zu erscheinen, sodass eine Einvernahme des Beschuldigten nicht durchführbar war.

 

Aus der Einvernahme des zweiten Zeugen, nämlich BI S., läßt sich für den Beschuldigten hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes nichts gewinnen, zumal sich aus dieser Zeugenaussage eindeutig ergibt, dass sich dieser Zeuge nur kurzfristig vor Ort aufgehalten hat und die Vorgänge vor seinem Erscheinen und nach seinem Erscheinen naturgemäß nicht wahrgenommen hat. Die verfahrensgegenständlichen Vorgänge spielten sich jedoch zweifelsfrei vor und nach dem Erscheinen dieses Zeugen ab. Somit konnte der Beschuldigte durch diese Zeugenaussage nicht entlastet werden.

 

Hinsichtlich der Strafherabsetzung zu Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und teilweiser Einstellung des Verfahrens zu diesem Punkt ist anzuführen, dass § 85 des SPG eine Subsidiarität unter anderem hinsichtlich der Übertretung nach § 81 Abs1 SPG dann vorsieht, wenn eine derartige Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Hinsichtlich der vom Beschuldigten zum Schluss der Amtshandlung getätigten Äußerung ?Du scheiß Arschloch? ist festzuhalten, dass damit eine Beleidigung im Sinne des Strafgesetzbuches offensichtlich ist, sodass der Schuldvorwurf bezüglich der Übertretung nach § 81 Abs1 SPG zu diesem Sachverhalt einzustellen war, wobei jedoch der Tatbestand der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bereits längst vorher durch das vom Beschuldigten bis zu dieser Äußerung an den Tag gelegte Verhalten erfüllt worden ist. Insbesondere mit der vom Beschuldigten schreiend getätigten Äußerung gegenüber Insp M. (zweiter Absatz der Anzeige) hat der Beschuldigte durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört. Die Störung der öffentlichen Ordnung ergibt sich schon auf Grund des Umstandes, dass eine Gruppe von Fußball-Fans stehengeblieben ist, um die Geschehnisse zu verfolgen und dabei ihre Verwunderung über das Verhalten des Beschuldigten zum Ausdruck gebracht hat.

 

Naturgemäß war eine Strafherabsetzung mit dieser Vorgangsweise verbunden.

 

Hinsichtlich der Übertretung nach § 13 und § 11 des TLPG ist anzuführen, dass dieses Gesetz eine derartige Subsidiarität, wie im SPG verankert, nicht vorsieht, sodass das Straferkenntnis zu diesem Punkt gänzlich zu bestätigen war.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist anzuführen, dass das SPG Geldstrafen bis zu S 3.000,--, das TLPG Geldstrafen bis zur Höhe von S 5.000,-- vorsieht. Aus dieser Betrachtungsweise heraus sind die über den Beschuldigten nunmehr verhängten Geldstrafen nicht als überhöht anzusehen. Diese entsprechen dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit. Die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen wären selbst für den Fall, dass auf Seiten des Beschuldigten unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse vorliegen würden, auf Grund des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat nicht als überhöht zu betrachten.

Schlagworte
Beleidigung, Strafgesetzbuches, Subsidierität
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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