TE UVS Niederösterreich 2001/06/01 Senat-WU-00-072

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Veröffentlicht am 01.06.2001
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Spruch

Der Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 1) und 3) wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird das Verwaltungsstrafverfahren in diesen Spruchpunkten 1) und 3) eingestellt.

Text

Vorweg wird darauf hingewiesen, dass sich die gegenständliche Berufungsentscheidung lediglich auf die Spruchpunkte 1) und 3) ? Bestrafung wegen Übertretung nach § 4 Abs 5, § 99 Abs 3 lit b der Straßenverkehrsordnung 1960 und Übertretung nach dem Führerscheingesetz - bezieht. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Straferkenntnisses (Bestrafung wegen Übertretung nach § 5 Abs 2, § 5 Abs 4, § 99 Abs 1 lit b StVO, Verweigerung des Alkomattestes) ist auf Grund der Rechtslage und der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ eine Kammer zuständig und ergeht eine gesonderte Entscheidung.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber unter den Spruchpunkten 1) und 3) zur Last gelegt, er habe am 19.6.1999 um 13,00 Uhr in P*******, von dem Parkplatz des Gasthauses ?K*******? auf die Landesstraße B*********** mit dem Fahrzeug LKW W* ***S

 

1)

nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte und

 

3)

als Lenker des Kraftfahrzeuges den Führerschein einem Organ der Straßenaufsicht auf sein Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt.

 

Hiefür wurden über den Berufungswerber wegen Übertretung von

1) § 4 Abs 5, § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 und 3) § 14 Abs 1, § 37 Abs 1 FSG gemäß § 37 Abs 1 FSG

Geldstrafen von

1)

S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und

3)

S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden)

verhängt.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde zu Punkt 1) im Wesentlichen ausgeführt, dass am Fahrzeug der Gattin des Berufungswerbers nur eine äußerst geringe Beschädigung entstanden sei, sodass die Frage zu stellen sei, ob es sich überhaupt um einen Unfall im rechtlichen Sinne gehandelt habe.

 

Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof (ZVR 1984/264) festgehalten, dass, wenn sich die Unfallbeteiligten dem Vor- und Zunamen und dem Wohnort nach kennen, ein Identitätsnachweis nicht erforderlich sei.

 

Da die Geschädigte die Gattin des Berufungswerbers sei, könne man wohl davon ausgehen, dass dieser sein Name sowie die gemeinsame Anschrift bekannt seien und habe der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung sohin nicht begangen.

 

Zu Punkt 3) führte der Berufungswerber im Wesentlichen aus, dass er dem Beamten deswegen den Führerschein nicht gezeigt habe, weil er dachte, dass keine Verpflichtung dazu bestünde, da der Berufungswerber das Fahrzeug ja nicht gelenkt habe.

 

Es wurde die Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses und die Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Ebenfalls wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat auf Grund dieser Berufung am 20. April 2001 eine gemeinsame öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, die im Wesentlichen folgendes Ergebnis hatte (soweit es für die Spruchpunkte 1) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses wichtig ist):

 

Nach Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen führte der Berufungswerber aus:

 

?Richtig ist, dass ich mich am 19.6.1999 gegen 13,00 Uhr im Gasthaus in der B*********** 19 in P******* aufgehalten und mein Fahrzeug C******* J*** vor dem Lokal abgestellt war.

 

Zu dieser Zeit haben wir auch unter derselben Adresse gewohnt, das Fahrzeug war auf einen meiner beiden Stiefsöhne zugelassen. Das Fahrzeug steht üblicherweise immer unversperrt vor dem Haus und wollte ich aus diesem Grunde gegen 13,00 Uhr die Fahrzeugpapiere aus Sicherheitsgründen aus dem Fahrzeug holen. An diesem Tag hatte ich im Gasthaus Dienst (damals als Koch).

 

Der Zulassungsbesitzer heißt M***** P***.

 

Gegen 13,00 Uhr bzw. vorher hatte ich ein oder zwei Seidel Bier getrunken gehabt.

 

Der vorgenannte C******* J*** stand ungefähr im rechten Winkel zum Gebäude (somit direkt mit der Frontseite zum Gebäude). Knapp dahinter ebenfalls um 90 Grad verdreht stand der auf meine Gattin zum Verkehr zugelassene M*******. Damit ich die Papiere aus der Mittelkonsole nehmen konnte, musste ich die Handbremse lösen. Es handelt sich um ein Automatikfahrzeug. Durch das Lösen der Handbremse und dem geringen Gefälle ist das Fahrzeug in Bewegung gekommen und mit der Anhängekupplung an den unmittelbar dahinter querstehenden M******* angestoßen.

 

Ich habe den Anstoß gemerkt. Ich habe das Fahrzeug dann in Endstellung belassen, dh ich habe es nicht gestartet, um damit nach vor zu fahren.

 

Der Abstellplatz des J*** wurde vornämlich zum Abstellen dieses Fahrzeuges verwendet, er war damals aber nicht gesondert gekennzeichnet und konnte auch von anderen Personen, wie etwa Gästen des Lokals, benutzt werden.

 

Meine Gattin hat ihren M******* deswegen so knapp hinter dem J*** abgestellt, da die am Lokal vorbeiführende Straße in diesem Bereich sehr schmal ist und sie sich nur kurz im Lokal aufhalten wollte (wir hatten zu dieser Zeit noch ein weiteres Lokal in P*******). Dies bedeutet, dass wir das verfahrensgegenständliche Lokal geführt haben.

 

Über Vorhalt der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt befindlichen Kopien von Fotos der beiden Fahrzeuge in Endstellung gibt der Berufungswerber an, dass die Fotos den Sachverhalt wahrheitsgemäß wiedergeben.

 

Ich bin dann wieder ins Lokal zurückgegangen und habe aber meiner Frau nicht sofort vom Vorfall erzählt. Ich habe erst nach dem Eintreffen der Gendarmerie davon meiner Gattin Mitteilung gemacht, die Gendarmerie traf ungefähr 10 bis 15 Minuten nach dem Vorfall beim Lokal ein.

 

Beim J*** entstand überhaupt kein Sachschaden, beim M****** durch die Anhängerkupplung des J***, möglicherweise auch durch die Stoßstangenkante des J**** eine kleine Delle.

 

Meine Gattin befand sich zum Vorfallszeitpunkt in der Küche und bereitete mehrere Dinge zum Betrieb einer Badekantine vor.

 

Zum Zeitpunkt, wie der J*** an den M******* angestoßen ist, war Herr S********** weder im noch vor dem Lokal. Herr S********** ist meiner Erinnerung nach kurz vor dem Eintreffen der Gendarmerie erschienen.

 

Angeblich wurde die Gendarmerie von meiner Gattin verständigt. Im Zeitpunkt des Eintreffens der Gendarmerie befand ich mich vor dem Lokal (zwischen Vorfallszeitpunkt und Eintreffen der Gendarmerie habe ich aber zwischendurch das Lokal wieder aufgesucht). Der Gendarmeriebeamte hat mich außerhalb des Lokales zur Durchführung des Alkotestes aufgefordert, ebenso zum Vorzeigen des Führerscheines. Ich habe beides verweigert, da ich hiefür keinen Grund gesehen habe. Das Gespräch mit dem Gendarmeriebeamten vor dem Lokal dauerte nur sehr kurz.

 

Ich habe den J*** von der Endstellung nicht entfernt. Wer dies letztendlich getan hat, weiß ich nicht. Cirka eine Stunde später fuhr dann Herr S********** mit dem J*** und war ich dann bei dieser Fahrt der Beifahrer.?

 

Die Zeugin M***** W**** (Gattin des Berufungswerbers) gab (teilweise über Befragen) an:

 

?Ich kann mich an den 19.6.1999 noch erinnern. Ich kam von der Kantine des Bades und musste einige Dinge vom Gasthaus holen. Zu diesem Zweck habe ich mein Fahrzeug (M*******) unmittelbar hinter den C******* J*** abgestellt, wobei der M******* quer hinter dem J*** stand. Ich bin dann in die Küche des Gasthauses um die angesprochenen Dinge zu erledigen.

 

Bereits im Gasthaus hat es zwischen meinem Gatten und mir eine Auseinandersetzung gegeben und hat dann mein Gatte das Lokal verlassen. Der Streit hat sich im Schankraum abgespielt und ist eskaliert, weshalb ich die Gendarmerie telefonisch verständigt habe. Ich teilte mit, dass mein Mann randaliere. Irgendwann hat mein Mann das Lokal verlassen, wobei ich aber heute nicht mehr genau weiß, wann dies war.

 

Ich habe das Lokal dann nicht verlassen. Ich selbst habe keine Wahrnehmung darüber gemacht, ob mein Gatte vor dem Lokal ein Fahrzeug in Betrieb genommen oder gelenkt hat bzw ob zwei Fahrzeuge zusammengestoßen sind.

 

Nach dem Eintreffen der Gendarmerie habe ich das Lokal erst verlassen. Ich habe nicht sofort bemerkt, dass der C******* und der M******* einander kontaktierten. Mir ist nicht bekannt, dass am M****** ein Sachschaden entstanden ist. Es erfolgte auch keinerlei Reparatur. Ich konnte auch ohne Probleme mit dem M****** wegfahren und ist mir daher auch nicht in Erinnerung, dass die beiden Fahrzeuge miteinander in Berührung kamen.

 

Ich habe wegen des angeblichen Sachschadens auch nie eine Anzeige erstattet.

 

Nach Vorhalt meiner Angaben vor der Gendarmerie laut Anzeige gebe ich an, dass ich mir diese Aussagen nicht erklären kann. Ich bin von der Gendarmerie nie einvernommen worden und habe diese Angaben auch nicht gemacht.

 

Zum eintreffenden Gendarmeriebeamten habe ich gesagt, dass mein Gatte randaliert. Dies war auch nicht zu übersehen.

 

Mir ist nicht in Erinnerung, dass mir irgendwann mein Gatte mitgeteilt habe, dass er mit dem J*** an den M****** angestoßen ist und der M****** dadurch eine leichte Delle erlitt. Ich kann dies aber auch nicht ausschließen, da zwischenzeitig ein größerer Zeitraum verstrichen ist.?

 

Der Zeuge O**** S*********** führte (teilweise über Befragen) aus:

 

?Ich kann mich an den 19.6.1999 erinnern. Bei meinem Eintreffen im Lokal in der B*********** 19 in P******* hatten die Ehegatten W**** im Lokal einen Streit. Worum es im Streit ging, weiß ich nicht. Meine Mutter hat dann telefonisch die Gendarmerie gerufen. Der Gendarmeriebeamte traf kurz darauf im Lokal ein.

 

Meiner Erinnerung nach standen der J*** und der M****** nicht in unmittelbarem Kontakt zueinander. Der M****** stand quer hinter dem J***, sodass mit dem J*** nicht hätte weggefahren werden können. Ob es zwischen den beiden Fahrzeugen eine Berührung gab und wenn ja, wodurch dies eingetreten ist, ist mir nicht bekannt. Ich habe am Vorfallstag den M****** nicht auf einen allfälligen Schaden hin geprüft.

 

Ich wurde vom Gendarmeriebeamten zum Vorfall befragt (zum Streit im Lokal und zum angeblichen Unfall vor dem Lokal). Ich habe angegeben, dass ich den Unfall, soferne das Fahrzeug überhaupt in Betrieb genommen wurde, nicht gesehen habe.

 

Über Vorhalt der Gendarmerieanzeige und meiner Aussage vor der Gendarmerie am 19.6.1999 gebe ich an, dass meine heutige Aussage der Wahrheit entspricht. Ich habe zwar die in der Anzeige und in der Niederschrift getätigte Aussage gemacht, sie entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Das Verhältnis zu meinem Stiefvater (Herrn M****** W****) ist ein sehr schlechtes und habe ich die gemachten Angaben von meiner Mutter übernommen. Die Einvernahme war von meiner Seite her sehr emotional. Der Gendarmeriebeamte hat mir beim Formulieren geholfen. Ich wurde aber nicht gezwungen, gegen meinen Willen diese Aussage zu tätigen. Warum ich gesagt habe, dass Herr W**** in das Fahrzeug eingestiegen und zurückgefahren ist, erkläre ich damit, dass ich damals emotionell bewegt war. Es war jedenfalls nicht richtig von mir, bei der Gendarmerie die in der Niederschrift vom 19.6.1999 enthaltene Aussage zu machen.

 

Die Einvernahme am Gendarmerieposten war unmittelbar nach dem Gendarmerieeinsatz. Am nächsten Tag wollte ich meine Aussage zurücknehmen, dies war aber nicht mehr möglich.

 

Die Amtshandlung spielte sich bei der Eingangstüre des Lokales ab. Ich war bei der Amtshandlung anwesend. Ich habe der Amtshandlung die ganze Zeit beigewohnt, vom Eintreffen des Gendarmeriebeamten bis zu dessen Abfahrt. Ob sich Herr W**** im Zeitpunkt des Eintreffens des Gendarmeriebeamten im Lokal oder vor dem Lokal befunden hat, weiß ich nicht mehr. Der Gendarmeriebeamte hat mit Herrn W**** im Lokal nur kurz gesprochen und dann nur mehr mit meiner Mutter.

 

Ich weiß nicht, welche Angaben meine Mutter telefonisch der Gendarmerie gegeben hat. Der Gendarmeriebeamte hat mich dann beim Eintreffen gefragt, ob ich gesehen habe, dass der J*** mit dem M****** zusammengestoßen sei. Ob nach dem Eintreffen des Gendarmeriebeamten jemand zu ihm gesagt hat, dass die beiden Fahrzeuge zusammengestoßen sind, weiß ich heute nicht mehr.

 

Der Beamte hat sich die beiden Fahrzeuge angesehen. Zu diesem Zeitpunkt stand ich im Eingangsbereich des Lokales in Sichtweite, ungefähr 10 bis 15 m von der angeblichen Kollisionsstelle entfernt.

 

Der Gendarmeriebeamte gab an, dass der M****** eine Delle habe. Ich weiß aber, dass das Fahrzeug mehrere Dellen hatte.

 

Ob der Gendarmeriebeamte bei der Erhebung Fotos von den Fahrzeugen angefertigt hat oder nicht, weiß ich heute nicht mehr.?

 

Der Zeuge GI A***** S****** führte (teilweise über Befragen) aus:

 

?Wenn ich zur Anzeigeerstattung gefragt werde, so bin ich mir nicht 100%ig sicher, ob Frau W**** die Anzeige direkt telefonisch bei mir erstattet hat oder ob ich ? wie mir vorgehalten wird ? von der BLZ K************* verständigt wurde.

 

Ich wurde meiner Erinnerung nach mit der Information verständigt, dass Herr W**** im alkoholisierten Zustand das Fahrzeug von Frau W**** beschädigt hat.

 

Ich bin daraufhin ? meiner Erinnerung nach alleine ? zum Lokal gefahren. Ich habe die beiden Autos fotografiert in der angeblichen Unfallsendstellung, wobei ich heute nicht mehr genau weiß, ob die Fotos sofort bei meinem Eintreffen oder nach Befragen der beteiligten Personen angefertigt wurden.

 

Im Lokal habe ich Frau W**** angetroffen und sie gefragt, was passiert sei. Sie hat mir aber diesbezüglich keine Angabe gemacht und lediglich gesagt, dass sich der Gatte eh in der Küche aufhalte.

 

Ich bin daraufhin zu Herrn W**** in die Küche und habe ihm mitgeteilt, dass er von seiner Gattin beschuldigt werde, ihr Fahrzeug im alkoholisierten Zustand beschädigt zu haben. Ich habe ihn auch in der Küche zum Alkotest aufgefordert und zur Ausfolgung des Führerscheines aufgefordert. Herr W**** hat mich aber ignoriert und ist keiner der beiden Aufforderungen nachgekommen. So habe ich den Vorfall in Erinnerung.

 

Meiner Erinnerung nach hat sich dann nach der Aufforderung an Herrn W**** in der Küche in weiterer Folge eine männliche Person im Lokal als Zeuge zur Verfügung gestellt, es handelt sich dabei vermutlich um den Sohn von Frau W****. Er gab an, dass er gesehen habe, wie Herr W**** den Unfall verursacht hat. Er war auch bereit, dies im Rahmen einer Niederschrift zu bestätigen und wurde die Einvernahme am GP unmittelbar danach durchgeführt.

 

Ich kann heute mit Sicherheit nicht mehr sagen, ob bei den Fahrzeugen ein Sachschaden feststellbar war.

 

Ob im verfahrensgegenständlichen Bereich die Abstellfläche ausdrücklich als Privatgrund gekennzeichnet ist, weiß ich nicht. Ob im Bereich der Abstellfläche ein leichtes Gefälle zur Straße besteht, weiß ich nicht.

 

Ab meiner Verständigung bis zum Eintreffen beim Lokal vergingen etwas weniger als 5 Minuten.

 

Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der Gendarmerieverständigung erwähnt worden sei, dass Herr W**** randaliere. Meiner Erinnerung nach war es bei meinem Eintreffen im Lokal ruhig.

 

Nach meiner Erinnerung nach hätte der J*** auf Grund der Position des M****** nicht ausgeparkt werden können.?

 

Im Schlusswort weist der Berufungswerber darauf hin, dass ihm trotz des Vorwurfes der Verweigerung das Mundstück für den Alkomaten im Straferkenntnis verrechnet wurde. Auch die behauptete Fahrerflucht liege nicht vor und hätte auch gar nicht begangen werden können. Im Übrigen verwies der Berufungswerber auf seine Ausführungen im Berufungsschriftsatz.

 

Er beantragte die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Auf Grund des durchgeführten Verfahrens insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

 

Am 19. Juni 1999 erstattete Frau M***** W**** gegen 13,00 Uhr bei der Gendarmerie telefonisch die Anzeige, dass ihr Gatte M****** W**** alkoholisiert ihren PKW M******, welcher vor der K******* in P******* abgestellt war, beschädigt habe. Daraufhin begab sich der Zeuge GI S****** zum Tatort. Am Tatort wurden vom Zeugen Erhebungen durchgeführt unter anderem durch Befragen der Anzeigelegerin M***** W****, des Zeugen O***** S********** und des Berufungswerbers und durch die Aufnahme von Lichtbildern, dabei wurde eine leichte Eindrückung an der Karosserie des PKWs WU *** X festgestellt. Ob tatsächlich die vom Gendarmeriebeamten bei den Erhebungen festgestellte Eindrückung in der Karosserie (Delle) am PKW M****** von dem zur Anzeige führenden Vorfall stammt konnte nicht einwandfrei festgestellt werden.

 

Die am angeblichen Unfall beteiligten Fahrzeug sind einerseits der LKW W* *** S, der angeblich vom Berufungswerber gelenkt wurde und zur Tatzeit auf die P*** KEG 3*** P*******, B*********** Nr 1* zugelassen war und der PKW M****** Kennzeichen W *** X, welcher auf die Gattin des Berufungswerbers, der Zeugin M***** W****, zugelassen war.

 

Der Berufungswerber wurde in weiterer Folge im Gasthaus vom Gendarmeriebeamten GI S****** zum Vorweisen des Führerscheines aufgefordert. Dies wurde von ihm mit der Begründung verweigert, er sei nicht mit seinem Kraftfahrzeug gefahren.

 

Vom Gendarmeriebeamten konnten keine Wahrnehmungen darüber gemacht werden, dass der Berufungswerber tatsächlich knapp vor seinem Eintreffen am Tatort ein Kraftfahrzeug gelenkt hat.

 

Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen über die Anzeigeerstattung und den Inhalt der Anzeige ergeben sich einwandfrei aus der im Akt befindlichen schriftlichen Anzeige des Gendarmeriepostens Tullnerbach vom 19.6.1999, GZ P ***, P ***/99.

 

Die Feststellungen darüber, dass der Gendarmeriebeamte nach seinem Eintreffen am Tatort Erhebungen hinsichtlich des angezeigten Verkehrsunfalls mit Sachschaden vornahm, ergeben sich ebenfalls aus der Anzeige und der Zeugenaussage des GI S****** vor der Erstbehörde und in der Berufungsverhandlung.

 

Die Feststellungen darüber, dass nicht einwandfrei erwiesen werden kann, ob eine am M****** der Zeugin M***** W**** im Zeitpunkt vorhandene Delle tatsächlich von dem angeblichen Verkehrsunfall, der zur Anzeigeerstattung führte, stammt, ergeben sich aus der Zusammenschau der Zeugenaussagen in der Berufungsverhandlung.

 

Die Feststellungen darüber, dass der angeblich vom Berufungswerber gelenkte Wagen (WU *** S) auf die P*** KEG zugelassen war und der zweite beteiligte Wagen (WU *** X) auf die Gattin des Berufungswerbers, ergeben sich aus den Angaben in der Anzeige und den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der im Verfahren einvernommenen Zeugen.

 

Die Feststellungen darüber, dass der Berufungsweber vom einschreitenden Gendarmeriebeamten zum Vorweisen bzw. Aushändigen des Führerscheins aufgefordert wurde und dies verweigerte, beruhen auf den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben in der Anzeige und den Aussagen des GI S******.

 

Die Feststellungen darüber, dass der Gendarmeriebeamte bei seinem Eintreffen am Tatort keine direkten persönlichen Wahrnehmungen darüber machte, dass der Berufungswerber den LKW W* *** lenkte, ergeben sich aus der Zusammenschau sämtlicher aufgenommenen Beweismittel, aus denen sich kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass der Beamte den Berufungswerber persönlich beim Lenken gesehen hat.

 

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt:

 

Zu Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 4 Abs 5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterblieben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Übertretungen dieser Vorschrift sind gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen.

 

Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, konnte nicht einwandfrei festgestellt werden, ob die bei den Erhebungen am Unfallsort vom Gendarmeriebeamten am PKW der Frau M***** W**** festgestellte Delle tatsächlich von dem zur Anzeige führenden Vorfall stammt. Allerdings trifft selbst für den Fall, dass diese Delle bei dem in Rede stehenden Vorfall vom Berufungswerber verursacht wurde, seine Rechtfertigung zu, wonach er nicht zur Erstattung einer Anzeige verpflichtet war, da der Schaden am Wagen seiner Gattin eingetreten ist und er und seine Gattin einander so gut persönlich bekannt sind, dass sie Namen und Adressen wissen und somit der Identitätsnachweis als erbracht anzusehen ist (VwGH unter anderem im Erkenntnis vom 22.3.1995, 94/03/0274, und Erkenntnis vom 12.10.1995, 93/03/0130).

 

Der Berufungswerber hat daher diese ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Zu Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 14 Abs 1 Führerscheingesetz hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges auf Fahrten den für das vom ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein mitzuführen und auf Verlangen den Organen der Straßenaufsicht vorzuweisen.

 

Übertretungen dieser Vorschrift sind gemäß § 37 Abs 1 Führerscheingesetz als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe von S 500,-- bis zu S 30.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Beim Eintreffen des Gendarmeriebeamten befand sich der Berufungswerber im Gasthaus oder im Eingangsbereich, jedenfalls nicht in seinem Kraftfahrzeug oder bei seinem Kraftfahrzeug. Das Kraftfahrzeug war am Vorplatz abgestellt. Der Gendarmeriebeamte konnte zwar auf Grund der telefonischen Anzeigeerstattung über den Verkehrsunfall mit Sachschaden den Verdacht haben, dass der Berufungswerber sein Kraftfahrzeug gelenkt hatte, unmittelbare Wahrnehmungen über das Lenken hat er aber selbst nicht gemacht. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vorschriften des § 5 Abs 2 StVO 1960 über die Verpflichtung von Personen zur Vornahme von Untersuchungen der Atemluft auf Alkoholgehalt, wo der bloße Verdacht des Lenkens für die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Untersuchungen ausreicht, ergibt sich aus dem dargestellten Gesetzestext des § 14 Abs 1 Führerscheingesetz klar, dass die dort festgelegte Verpflichtung zum Mitführen und Aushändigen des Führerscheines nur Personen trifft, die ein Fahrzeug tatsächlich lenken bzw. unmittelbar vor der Anhaltung gelenkt haben. Der Berufungswerber hat daher auch diese Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

Demzufolge war das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 1) und 3) zu beheben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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