TE UVS Tirol 2001/06/05 2001/12/030-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Siegfried Denk über die Berufung des Herrn S.M., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 08.02.2001, Zahl S-5930/00, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 05.06.2001 wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis zur Gänze behoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich beider Spruchpunkte gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

 

Sie haben als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen I-XXX am 01.09.2000 um 18.35 Uhr auf der Inntalautobahn, A 12, im Gemeindegebiet von Kematen in Fahrtrichtung Osten

1) bei km 86,5 bei einer Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h einen Sicherheitsabstand zu dem vor Ihnen fahrenden Motorrad von lediglich etwa zwei bis vier Meter eingehalten und

2) bei km 85,0 bei einer Fahrgeschwindigkeit von 110 km/h einen Sicherheitsabstand zu dem vor Ihnen fahrenden PKW von wiederum lediglich etwa zwei bis vier Meter eingehalten.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1) und 2) die Rechtsvorschrift des § 18 Abs 1 StVO verletzt, weshalb über ihn zu 1) und 2) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe zu 1) und 2) von jeweils S 3.000,-- (jeweils EUR 218,02), Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 3 Tage, verhängt wurde.

 

In der rechtzeitig gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wurde Folgendes ausgeführt:

 

Ich, M.S., Fahrer des LKW I-XXX, bekenne mich nicht schuldig, am 01.09.00 um 18.35 im Gemeindegebiet von Kematen die von Ihnen vorgebrachten Beschuldigungen begangen zu haben.

 

1. Die Beschuldigungen sind so vorgebracht, dass sie niemals den Tatsachen entsprechen können.

2. Da sich von drei Zeugen, die mit mir gefahren sind, nicht einer mehr an so einen Vorfall erinnern kann, spricht für die Unrichtigkeit der Anzeige.

3. Die telefonische Anfrage eines Beamten vom 21.09.00 habe ich niemals so beantwortet und ist unrichtig. Weil telefonische Auskünfte juristisch kein Beweismittel sind, lehne ich sie ab.

4. Für die Korrektheit meiner Aussagen liegen 27 unfallfreie Jahre mit einer sehr hohen Kilometerleistung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:

 

Beweis aufgenommen wurde durch die Einvernahme des Berufungswerbers, weiters der Zeugen Rev.Insp. K., M.M., N.M.  und R.Z. sowie durch Erstellen eines Gutachtens eines Amtssachverständigen und durch Verlesen der Akten des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol und der Bundespolizeidirektion Innsbruck.

 

Der Berufungswerber gab Folgendes zu Protokoll:

 

Wenn mir das Straferkenntnis vom 08.02.2001, Zahl S-5930/00 vorgehalten wird, so gebe ich dazu an, dass ich mich der darin mir vorgeworfenen Verwaltungsübertretung für nicht schuldig bekenne.

 

Ich erinnere mich an diesen Vorfall lediglich vage. Wir haben an diesem Tag in Mötz eine Hauptschule und den Kindergartenbau schlussgereinigt. Wir waren zu Viert, ich, meine Gattin, meine Tochter und mein Schwiegersohn. Ich bin mit dem LKW gefahren. Es ist eine kleine Pritsche. Ich war der Lenker und neben mir sass meine Frau. Hinter uns fuhr mein Schwiegersohn mit meiner Tochter. Wir waren alle Viere sehr müde. Wir haben nämlich von 09.00 Uhr bis 18.00 Uhr beinhart gearbeitet. Meine Tochter war hochschwanger. Wir sind nicht schnell gefahren. Wenn ich gefragt werde, ob die Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h oder 110 km/h stimmen, so kann ich sagen ich weiß es nicht, denn ich habe nicht auf den Tacho geschaut. Ich weiß noch, dass ich kurz vor Kematen auf die Überholspur gewechselt habe. Und zwar deshalb, damit der Zubringerverkehr leichter auf die Autobahn fahren kann. Vor mir war niemand, meine Tochter und mein Schwiegersohn sind uns nachgefahren. Ich kann mich nur noch vage daran erinnern und zwar an Bemerkungen meiner Frau, dass ein Motorradfahrer, es dürfte sich dabei um ein älteres Motorrad hinsichtlich der Marke gehandelt haben vor mir gefahren ist. Ich habe richtig mich auf das Lenkrand gehängt und habe nur mehr gedacht, dass meine Tochter in Völs hinausfahren werde, weil sie dort wohnt. Ich kann mich erinnern, dass dieses Motorrad sehr knapp überholt hat und zwar hinsichtlich des Seitenabstandes. Der Abstand zwischen mir und dem Motorradfahrer waren sicher 3 Lkw-Längen und zwar ohne Anhänger. Er hat überholt ohne zu blinken. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Motorradfahrer erschrocken ist, weil er etwas vergessen hat. Ich habe mir an und für sich den Vorfall nicht gemerkt, weil ja nichts Besonderes dabei war. Er hat überholt und seine Geschwindigkeit war geringer als die meine.

 

Zur näheren Illustration fertige ich eine Handskizze an. Die Handskizze wird als Beilage A dem Protokoll angefügt.

 

Es hat sich dabei um eine Gerade und um keine Kurve gehandelt. Der Tatort war kurz vor der Ausfahrt Völs wo ich ihn überholt habe. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Motorradler sich die Geschwindigkeit gemerkt hat, dass der Motorradfahrer sich das Kennzeichen gemerkt hat, den Kilometerstand, die Uhrzeit und den Abstand.

 

Auf die Fragen des Amtssachverständigen gebe ich Folgendes an:

Bei der Ausfahrt Völs sind meine Tochter und mein Schwiegersohn ausgefahren. Diese sind hinter uns gefahren. Ich bin weiter Richtung Osten gefahren und erst beim DEZ von der Autobahn. Ob der Motorradfahrer bei Völs ausgefahren ist weiß ich nicht. Ich war auf der Überholspur. Ich schätze, dass mein Abstand ca. 15 m gewesen ist.

 

Der Zeuge Rev.Insp. K. gab Folgendes zu Protokoll:

 

Ich habe in der gegenständlichen Angelegenheit die Anzeige vom 03.09.2000 verfasst. Ich kann mich an den Vorfall noch grob erinnern.

 

Ich bin auf der Autobahn im gegenständlichen Bereich in Richtung Osten gefahren. Ich habe mit dem Motorrad gerade ein Fahrzeug überholt. Das angezeigte Fahrzeug ist näher gekommen und ist so dicht auf mich aufgefahren. Meiner Erinnerung nach waren es nur ein paar Meter, ich verweise diesbezüglich auf die Anzeige. Ich schätze, dass es ungefähr eine Autolänge gewesen sein könnte. Hinsichtlich der Geschwindigkeiten verweise ich auf die Anzeige. Diese habe ich vom Tacho abgelesen. Nachdem ich das andere Fahrzeug überholt hatte, bin ich auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Das angezeigte Fahrzeug hat mich überholt. Weiter vorne hat ein anderes Fahrzeug einen LKW überholt und diesem anderen Fahrzeug ist der Lenker ebenfalls wiederum so knapp aufgefahren. Ich bin am rechten Fahrstreifen gefahren und war schräg versetzt dahinter. Ich konnte das daher genau beobachten. Ich schätze, dass der Abstand auch wiederum so ungefähr eine Fahrzeuglänge gewesen ist.

 

Auf die Fragen des Amtssachverständigen gebe ich Folgendes an:

Ich habe mich nicht umgedreht. Ich habe den Abstand über meinen Rückspiegel festgestellt. Es hat sich dabei um eine Honda Transalp gehandelt. Diese hat die Spiegel so seitlich oben. Ob die Spiegel bombiert oder plan sind weiß ich nicht. Damit ich weiß, wie der Abstand ist, habe ich danach einen Versuch gemacht. Es war meiner Erinnerung nach ein Kastenwagen bzw ein Pritschenwagen und es war jedenfalls ein Firmenfahrzeug.

 

Auf die Fragen des Berufungswerbers gebe ich Folgendes an:

Ich bin der Meinung, dass man die Abstände durch den Rückspiegel schätzen kann. Es hat sich beim Tatort um die Gerade kurz vor der Ausfahrt nach Völs gehandelt. Den Abstand kann ich insofern abschätzen indem ich sehe, ob ein Auto hineinpasst oder nicht.

 

Auf Fragen des Verhandlungsleiters:

Im Übrigen verweise ich auf die Angaben in der Anzeige.

 

Die Zeugin M.M. gab Folgendes zu Protokoll:

 

Ich kann mich an den gegenständlichen Vorfall aus meinem Langzeitgedächnis heraus noch erinnern. Ich sass neben meinem Gatten. Meine Tochter und mein Schwiegersohn sind hinter uns gefahren. Auf einmal ist neben uns ein Helm erschienen. Ich habe mit meinem Mann gesprochen. Ich habe ihn logischerweise dabei angeschaut. Dieser Helm war auf der linken Seite von mir. Das war ein Motorradfahrer im Überholvorgang. Dieser Motorradfahrer hat uns überholt. Wir fuhren in diesem Augenblick auf dem rechten Fahrstreifen. Ich kann mich noch gut an meine Worte erinnern: ?Der fahrt aber etwas riskant?. Er fuhr nämlich an der gesamten Autokolonne, die am rechten Fahrstreifen war sehr knapp vorbei. Damit hat ihn meiner Meinung nach immer wieder der Luftzug von jedem Auto erwischt und er hat so Schlangenlinien gefahren. Das ist mir in Erinnerung und so habe ich ihn entschwinden gesehen. Ob mein Gatte diesen Motorradfahrer überholt hat, daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Ich weiß noch, dass meine Tochter und mein Schwiegersohn bei Völs ausgefahren sind. Ich habe mich umgewendet und habe sie abfahren gesehen. Wir waren aber immer noch auf der rechten Fahrspur. Ob wir auf der linken Fahrspur gefahren sind, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich erinnere mich noch daran, dass dieser Motorradfahrer sehr knapp an allen Autos vorbeigefahren ist, ich glaube es dürfte 1 m bis 1,2 m gewesen sein. Es dürfte aber auf alle Fälle etwas mehr als 1 m gewesen sein. 1 m erscheint mir etwas zu knapp. Er wird, wenn man die Fahrspur hernimmt das erste Drittel verwendet haben. Soviel ich mich erinnere ist mein Gatte diesem Motorradfahrer auch nicht aufgefahren, denn der Motorradfahrer ist ja gar nicht hineingekommen. Soviel ich mich erinnere ist der Motorradfahrer nicht vor uns gefahren. Wir sind die Strecke nachträglich abgefahren um uns zu erinnern."

 

Die Zeugin N.M. gab Folgendes zu Protokoll:

 

Wir fuhren in Richtung Völs. Ich fuhr mit meinem Lebensgefährten R.Z. hinter dem Auto meines Vaters. Ich schätze, es dürfte eine Autolänge gewesen sein. Im Rückblick kann ich sagen, dass ich diesen Motorradfahrer überhaupt nicht wahrgenommen habe. Er war für mich nicht da. Wir haben lang zurückdenken müssen bis wir überhaupt auf diesen Vorfall gekommen sind. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich bin dann bei Völs hinausgefahren. Ich war an diesem Tag bereits hoch schwanger. 6 Tage danach wurde mein Kind geboren. Mein Vater ist sicher nicht risikoreich gefahren. Er ist kein rasanter Fahrer. Soviel ich mich erinnere sind wir ungefähr um die 110 km/h 120 km/h gefahren. Ich weiß noch, dass wir alle hundemüde waren.

 

Der Zeuge R.Z. gab Folgendes zu Protokoll:

 

Ich habe versucht, diesen Vorfall aus meinem Langzeitgedächnis herauszuholen, aber ich kann mich an keinen derartigen Vorfall erinnern.

 

In der gegenständlichen Angelegenheit hat der Amtssachverständige ein Gutachten erstellt, aus dem sich Folgendes ergibt:

 

1.0 Auftragserteilung

Am 23. März 2001 erhielt ich den Auftrag, ein Gutachten darüber zu erstellen, welcher Abstand bei den jeweils eingehaltenen Geschwindigkeiten einzuhalten gewesen wäre.

 

Es ist auftragsgemäß im Gutachten darauf Bedacht zu nehmen, ob es aufgrund der Darstellung des Anzeigers möglich war, derartige Beobachtungen zu machen und welche Bedeutung im gegenständlichen Fall dem nicht geeichten Tachometer des Motorrades zukommt.

 

2.0 Befund

Befundunterlagen: Aktenlage

Aufgrund der Wahrnehmung des Meldungslegers war folgender

Sachverhalt gegeben:

 

Am 1. September 2000 fuhr der Meldungsleger auf der Inntalautobahn A 12 im Gemeindegebiet von Kematen in östliche Richtung. Bei km 86,5 fuhr dieser auf dem linken Fahrstreifen, um zwei PKW und einen LKW zu überholen. Er fuhr mit seinem Motorrad eine konstante Geschwindigkeit von 120 km/h. Bei km 86,0 schloss ein Klein-LKW auf den Meldungsleger auf, der Sicherheitsabstand betrug laut seinen Angaben 2 bis 4 m. Dieser Abstand von 2 bis 4 m wurde vom Lenker des aufschließenden Fahrzeug so lange eingehalten, bis er den Überholvorgang beendete.

 

Bei km 85,0 fuhr der beschuldigte Lenker wiederum auf ein Vorderfahrzeug so nahe auf, dass der Sicherheitsabstand beim Hintereinanderfahren wiederum max 2 bis 4 m betrug.

 

In diesem Fall betrug die Geschwindigkeit 110 km/h.

 

Für die Berechnung des notwendigen Sicherheitsabstandes gelten die mathematischen Berechnungsgrundlagen der Unfallrekonstruktion.

 

3.0 Gutachten

 

Punkt 1 nicht geeichte Tachometer:

 

Bei nicht geeichten Tachometern kann man sachverständig davon ausgehen, dass die Abweichung 5 bis 7 % nach oben nicht überschreitet. Dies bedeutet, dass in den handelsüblichen Fahrzeugen, auch bei Motorrädern, die Tachometer max 5 bis 7 % zuviel anzeigen.

 

Bei der abgelesenen Geschwindigkeit von 120 km/h wäre also sachverständig 10 % abzuziehen. Dies entspräche einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 108 km/h. Bei einer abgelesenen Geschwindigkeit von 110 km/h ergibt dies eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von ca. 99 km/h.

 

Punkt 2 Sicherheitsabstände auf der Autobahn:

 

Auf Autobahnen sollte bei guter Sicht und guter Fahrbahn ein Abstand von mindestens 1 sec eingehalten werden. Bei einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 108 km/h würde dies einen Tiefenabstand von 30 m darstellen. Bei sehr guter Aufmerksamkeit und bei besten Bedingungen kann dieser Abstand auf 0,6 sec reduziert werden. Dies entspricht einem Abstand von 18 m. Bei einer Unterschreitung von einem Abstand von 18 m rutscht man in einen gefährlichen Bereich, bei Unterschreitung dieses Abstandes kann es beim Abbremsen des Vorderfahrzeuges zu gefährlichen Situationen führen.

 

Bei einer Geschwindigkeit von 99 km/h wäre der 1 Sekundenabstand 27,5 m. Auch hier ist der absolute Grenzabstand, welcher sich noch im ungefährlichen Bereich befindet, 16,5 m.

 

Die vorgenannten Abstände von 0,6 sec sind Mindestabstände, bei Unterschreitung von diesen Abständen können gefährliche Situationen entstehen.

 

Die vom Meldungsleger genannten Abstände von 2 bis 4 m sind in einem Bereich von 0,2 sec Abstand zum Vordermann angesiedelt, diese Abstände sind extrem gefährlich und führen bei Abbremsen des Vorderfahrzeuges mit Sicherheit zu einem Auffahrunfall.

 

Dieses Gutachten wurde in der mündlichen Verhandlung wie folgt präzisiert:

 

Beim gegenständlichen Fall handelt es sich um einen Kia Klein-LKW. Dieser hat ungefähr die Größe eines VW-Pritschenwagens. Ich bleibe vollinhaltlich bei meinem schriftlich erstellten Gutachten und füge Folgendes hinzu:

Die Verhandlung hat gezeigt, dass der Anzeiger die angeführten Abstände beim Hintereinanderfahren über seine Rückspiegel festgestellt hatte. Auf Grund von wissenschaftlichen Untersuchungen ist bei diesen festgestellten Abständen der sogenannte Faktor 4 zuzuzählen, das heißt, die Abstände vergrößern sich jeweils um 4 m. Das heißt auf den Fall bezogen, dass in der Praxis die Abstände etwa 8 m betragen haben. Geht man bei Spruchpunkt 1 von einer Geschwindigkeit von 110 km/h aus, so wäre ein Sicherheitsabstand auf der Autobahn von ca. 30 m als Normalabstand einzuhalten gewesen. Der 0,55 Sekundenabstand, das heißt der allermindeste Abstand wäre dann ca. 15 m gewesen. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 ist zu sagen, dass sich auf der Autobahn wahrscheinlich die Geschwindigkeit nicht wesentlich geändert hat. Daher gelten die gleichen Ausführungen wie bei Spruchpunkt 1.

 

Es geht hier um die 8 m, die beobachtet worden sind und um die 15 m die notwendig gewesen sind. Die Art und Weise der Beobachtung bzw das Feststellen des Abstandes über die Rückspiegel kann nicht als sehr zuverlässig betrachtet werden. Allein schon der Umstand, dass er nach diesen Feststellungen die Kontrolle, versehen am stehenden Fahrzeug, durchgeführt hat, muss daraus gefolgert werden, dass es sich im vorliegenden Fall wirklich nur um eine sehr grobe Schätzung gehandelt hatte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der im Rückspiegel beobachtete Abstand an die 15 m herangereicht hatte. Der Abstand von 15 m wäre jener Abstand gewesen, der bereits in einen ungefährlichen Bereich hineinragt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine exakte wissenschaftliche Schätzung. Es handelt sich hier um eine grobe Schätzung über die Rückspiegel. Es hätte das Exekutivorgan zumindest mehrere Kontrollblicke über die linke oder rechte Schulter auf das nachfahrende Fahrzeug machen müssen. Das Abschätzen der Entfernung im Rückspiegel kann deshalb zu sehr großen Missweisungen führen, da diese Rückspiegel unter Umständen bombiert sind und nicht planeben sind. Ist der Rückspiegel bombiert, ergibt sich ein anderer Maßstab. Bombierte Rückspiegel schieben den Autofahrer weg und ziehen ihn nicht heran. Das sieht man besonders deutlich an den Verkehrsspiegel an den Kreuzungen welche auch stark bombiert sind. Man sieht zwar viel, aber die Entfernung ist sehr schlecht abschätzbar. Im gegenständlichen Fall kann also von einer nicht ordnungsgemäßen Schätzung gesprochen werden, weil sich der Beamte nicht umgedreht hat. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber das Motorrad überholt hat und nach Angaben des Beamten auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug aufgefahren ist. Dieses Fahrzeug hat gerade einen LKW überholt. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 ist auszuführen, dass dann, wenn das diensthabende Organ einen größeren Abstand als 100 m zu dieser Situation eingehalten hat, eine exakte Schätzung des Abstandes nicht mehr möglich ist. Darüber werden diese Schätzungen extrem ungenau. Auf Grund der fehlenden Angaben des Beamten hinsichtlich der Entfernung zur Situation kann auch davon ausgegangen werden, die Abstandschätzung im zweiten Fall extrem ungenau ist bzw war. Wenn dieser Beobachtungsabstand über 100 m betragen hat kann von einer exakten Abstandschätzung nicht mehr gesprochen werden. Der Motorradfahrer hat sich ja selbst auf die rechte Seite eingeordnet, weil überholt worden ist. Auf Grund der gesamten Situation ist jedoch davon auszugehen, dass der Beobachtungsabstand des Motorradfahrers zum zweiten Überholgang über 100 m gelegen sein muss. Wäre nämlich dieser Beobachtungsabstand unter 100 m gelegen, dann hätte ja der Motorradfahrer auch auf dieses Fahrzeug aufschließen müssen. Das ist aber lediglich nur eine Annahme.

 

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Schätzungen in einem Beobachtungsraum bis zu 100 m sehr gut sein können. Die erforderlichen Abstände können in diesem Bereich nicht mehr exakt nachvollzogen werden. Auf Grund der Gesamtsituation ist davon auszugehen, dass der Beobachtungsabstand über 100 m gewesen ist.

 

Aufgrund der Angaben des Amtssachverständigen ist es daher zumindestens zweifelhaft, ob der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auch tatsächlich begangen hat. Der Amtssachverständige hat sein schriftlich erstelltes Gutachten aufgrund der Beweisergebnisse der mündlichen Verhandlung entsprechend modifiziert. So hat er insbesonders ausgeführt, dass das Feststellen des Abstandes über die Rückspiegel nicht als sehr zuverlässig betrachtet werden kann. Ebenso kommt der Amtssachverständige zur Auffassung, dass die Abstandsschätzung im zweiten Fall extrem ungenau war. Da auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Beobachtung, Abstand, Rückspiegel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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