TE UVS Niederösterreich 2001/06/05 Senat-MD-01-1021

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Veröffentlicht am 05.06.2001
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis vom **.**.****, Zl 3-*****-00, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X den nunmehrigen Berufungswerber der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 11 a StVO schuldig, weil er am **.**.****, 15,26 Uhr, im Ortsgebiet B*************, auf der L**********straße, gegenüber dem Haus Nr **, Richtung Süden,

als Lenker des KFZs **-****, die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens "Zonenbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten hatte (gemessene Geschwindigkeit: 41 km/h), und verhängte hiefür gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) unter gleichzeitiger Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 Abs 2 VStG von S 60,--.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht am **.**.**** mit der Begründung Berufung, dass die Kundmachung des Vorschriftszeichens gemäß "§ 52/11a (Zonenbeschränkung)?  in der L**********straße, Fahrtrichtung Süden, Aufstellungsort rechts neben der Fahrbahn,  nicht den gesetzlichen Vorschriften des § 48 Abs 5 StVO, nach welchen der Abstand vom unteren Rand des Verkehrszeichens zur Fahrbahn nicht weniger als 60 cm  betragen dürfe, entspreche, weil zum Tatzeitpunkt dieser in Rede stehende Abstand lediglich 53 cm betragen habe, somit eine Unterschreitung des gesetzlichen Limits um 7 cm oder 11,7% vorliege.

Der gegenständlichen Verkehrsbeschränkung fehle somit die Rechtsgültigkeit, weshalb die ?Aufhebung des Verwaltungsstrafverfahrens? beantragt werde.

 

Mit Schreiben vom **.**.**** legte die Bezirkshauptmannschaft X den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Berufungsentscheidung vor.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Unbestrittenerweise steht fest, dass mit der, zur Tatzeit in Geltung stehenden, Verordnung für den tatörtlichen Bereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h gemäß § 43 StVO angeordnet worden ist.

 

Gemäß § 44 Abs 1 StVO sind die im § 43 StVO bezeichneten Verordnungen, worunter auch die verfahrensgegenständliche fällt, durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft.

 

§ 48 StVO beinhaltet die für die Anbringung der Straßenverkehrszeichen geltenden Vorschriften und bestimmt ua in Abs 5, dass "der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,60 m? betragen darf.

 

Die gesetzmäßige Anbringung der Straßenverkehrszeichen nach den Vorschriften der § 48 ff StVO gehört zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen. Gerichte (und auch Verwaltungsbehörden) haben nicht gehörig kundgemachte Verordnungen nicht anzuwenden (VwGH 28.03.1977, 159/76).

 

Aus § 48 Abs 5 StVO ergibt sich keine Verpflichtung der Behörde zur zentimetergenauen Einhaltung der Höchst- und Mindestmaße für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen. Eine Verletzung von Rechten des Berufungswerbers kann nur unter Annahme eines wesentlichen Verstoßes gegen die erwähnte Vorschrift vorliegen, der von der Partei detailliert (zB Ausmaß der Über- bzw Unterschreitung) anzugeben ist (VwGH 13.02.1985, 85/18/0024).

 

So muss z.B. die senkrechte Entfernung des unteren Randes des Straßenverkehrszeichens von der Fahrbahn  nicht zentimetergenau 2,20 Meter sein. 20 Zentimeter höher, sohin eine Differenz im Ausmaß von 9 %,  kann aber nicht mehr hingenommen werden. Diese Abweichung bewirkt, dass die Kundmachung der Verordnung nicht gesetzmäßig ist (VfGH 16.12.1975, V 27/75).

 

In der Berufungsschrift behauptete der Beschuldigte (erstmals (!) im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren, wobei in diesem Zusammenhang mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen ist, dass der Beschuldigte diese Vorgangsweise auch in einem gleichgelagerten, eine andere Tatörtlichkeit betreffenden, Verwaltungsstrafverfahren der Bezirkshauptmannschaft X, Zl. 3-*****-98, ha Zl Senat-**-**-***, praktiziert hat), dass das, die Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigende, Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 11 a StVO nicht ordnungsgemäß seitlich angebracht gewesen sei, weil der Abstand zwischen dem unteren Rand dieses Verkehrszeichens und der Fahrbahn weniger als 0,60 m, nämlich

0,53 m, betragen habe.

 

Über Ersuchen der Berufungsbehörde erstattete der verkehrstechnische Amtssachverständige DiplIng ******* ******* am **.**.***** schriftlich Befund und Gutachten (Zl ***-**-*/***) unter Zugrundelegung der Ergebnisse des von ihm am **.**.***** durchgeführten Ortsaugenscheines.

Eine Änderung in den örtlichen Gegebenheiten, insbesondere hinsichtlich des Anbringungsortes und der Anbringungsweise des verfahrensgegenständlich relevanten Vorschriftszeichens, im, zwischen dem Tattag (**.**.****) und dem Ortsaugenschein (**.**.****) gelegenen, Zeitraum oder eine inhaltliche Unrichtigkeit des verkehrstechnischen Gutachtens ist von keiner der beiden Verfahrensparteien behauptet worden.

 

Da gegen die inhaltliche und fachliche Richtigkeit sowie die Schlüssigkeit des gegenständlichen Gutachtens keinerlei Bedenken bestehen, legt die Berufungsbehörde ihrer Entscheidung dieses unbedenkliche Gutachten zugrunde.

 

Diesem Gutachten zufolge ist im Zuge der Gemeindestraße L**********straße in B************** im Abschnitt zwischen der L **** (Ortsstraße) und der B ** eine Zonenbeschränkung auf 30 km/h kundgemacht.

Für die Fahrtrichtung nach Süden befindet sich das entsprechende Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 11 a StVO südlich des Schutzweges an der mit Verkehrslichtsignalanlage geregelten Kreuzung L **** ? L**********straße. Es ist seitlich der Fahrbahn im, die Fahrbahn von Nebenflächen trennenden, Grünstreifen angebracht. Die Fahrbahn weist eine geringe Querneigung auf. Sie ist begrenzt durch Hochbordsteine. Diese sind auf Höhe des gegenständlichen Verkehrszeichens 10 cm hoch.

Das Verkehrszeichen ist in einem Rahmen befestigt und nicht waagrecht, sondern leicht zum östlichen Rand der Verkehrsfläche hingeneigt, angebracht.

Die Vermessung des Abstandes zwischen dem unteren Rand dieses Vorschriftszeichens und der Fahrbahn ist dergestalt vorgenommen worden, dass die Höhe zwischen dem untersten Rand des Verkehrszeichens (nicht des Rahmens!) an den beiden Rändern sowie etwa in der Mitte des Verkehrszeichens über der Oberkante des Hochbordes ermittelt worden ist.

Dazu ist eine Latte auf das Hochbord aufgelegt und mittels Wasserwaage waagrecht ausgerichtet worden. Sodann ist die Höhe zwischen der Unterseite der Latte und dem Verkehrszeichen ermittelt worden.

Der auf diese Weise ermittelte Abstand zwischen dem untersten Rand des Verkehrszeichens und des Hochbordes beträgt 43,5 ? 44,5 cm, die Bandbreite ergibt sich aus der nicht waagrechten, sondern leicht zum östlichen Rand der Verkehrsfläche hingeneigten, Anbringung des Verkehrszeichens.

Zu diesem Abstand ist die Hochbordsteinhöhe von 10 cm hinzuzurechnen.

Der Abstand zwischen dem unteren Rand des Verkehrszeichens und der Fahrbahn beträgt somit 53,5 bis 54,5 cm, wobei aufgrund der zur Verfügung stehenden Werkzeuge (Wasserwaage, Latte und Maßstab) von einer Messtoleranz im Bereich von etwa 1  - 2 cm auszugehen ist.

 

Aufgrund dieses Gutachtens steht somit fest, dass der Abstand zwischen dem unteren Rand des, die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung in Beschuldigtenfahrtrichtung anzeigenden, Vorschriftszeichens und der Fahrbahn durchgehend weniger als 0,60 m beträgt, wobei der, neigungsbedingt der Fahrbahn am nächsten gelegene Teil des unteren Randes des Verkehrszeichens einen Abstand (unter Bedachtnahme auf die vom Amtssachverständigen angeführte Fehlerbandbreite der angewendeten Messmethode) von mindestens 51,5 cm und maximal 55,5 cm hat, sohin den gesetzlich normierten Mindestabstand um mindestens 7,4 und maximal 14% unterschreitet.

 

Im Anbetracht des vom Amtssachverständigen im Rahmen des Ortsaugenscheines festgestellten Abstandes von 53,5 cm ergibt sich, dass dieses Messergebnis, unter Berücksichtigung der oa methodenbedingten Ungenauigkeiten, mit der Angabe des Beschuldigten, dass sich das Verkehrszeichen 53 cm über dem Fahrbahnniveau befindet, übereinstimmt.

 

Die Berufungsbehörde erachtet daher als erwiesen, dass der in Rede stehende Abstand im Bereich von 53 cm liegt und somit eine Abweichung vom gesetzlich normierten Mindestabstand im Ausmaß von mindestens 10 % vorliegt.

 

Dieses Unterschreitungsausmaß liegt über dem tolerierbaren und ist daher als wesentlicher, die nicht gesetzmäßige Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung bewirkender, Verstoß gegen § 48 Abs 5 StVO zu qualifizieren.

 

Die Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung ist unter Zugrundelegung der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gehörig kundgemacht gewesen und hat infolge des festgestellten Kundmachungsmangels keine Rechtswirkungen entfalten können.

 

Mangels ordnungsgemäßer Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung hat die Berufungsbehörde diese Verordnung im gegenständlichen Fall gemäß Art 89 Abs 1 iVm Art 129 a

Abs 3 B-VG nicht anzuwenden, womit eine Voraussetzung für die Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 11 a StVO fehlt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG entfallen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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