TE UVS Tirol 2001/06/12 2000/13/049-1

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Veröffentlicht am 12.06.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des E., vertreten durch Dr. F., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 06.03.2000, Zl 4-ST- 35898/99, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm den §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung zu beiden Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind insgesamt S 450,-- (EUR 32,70) (zu Spruchpunkt 1. S 150,-- und zu Spruchpunkt 2. S 300,--), zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 28.08.1999 um 13.30 Uhr das KFZ (PKW), Kennzeichen LF-, in Osttirol, auf dem ?Dorfer Alpweg? im Dorfertal, Gemeinde Kals, im Bereich des ?Kalser Tauernhaus? (ca 1,5 Kilometer taleinwärts entfernt),

1. auf einer Straßenstelle, die nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbotes (Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge) erreicht werden konnte, gehalten. Ferner haben Sie dieses Kraftfahrzeug im Nationalparkgebiet gehalten

2. und somit verwendet, obwohl das Verwenden von Kraftfahrzeugen im gesamten Gebiet des Nationalparks verboten ist, und Sie nicht unter die gesetzlichen Ausnahmen fielen.?

 

Dadurch habe er nachfolgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

zu 1. § 24 Abs1 litn StVO

zu 2. § 6 litg Nationalparkgesetz Hohe Tauern, LGBl 103/91

 

weshalb über ihn nachfolgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) gemäß den angeführten Bestimmungen verhängt wurden:

 

zu 1. S 750,-- (18 Stunden) gemäß § 99 Abs3 lita StVO

zu 2. S 1.500,-- (36 Stunden) gemäß § 32/1 lita StVO

 

Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten in Höhe von S 225,-- verpflichtet.

 

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass er wegen eines anderen Deliktes verurteilt worden sei, als das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei. In der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens werde ihm der Tatzeitpunkt mit

13.50 Uhr, im Straferkenntnis mit 13.30 Uhr, der Tatort in der Einleitung im Bereich des Kalser Tauerntunnels, im Straferkenntnis im Bereich des Kalser Tauerntunnels, ca 1,5 km davon taleinwärts entfernt, zur Last gelegt. Hinsichtlich der Tathandlung, es handle sich um 1,5 km taleinwärts vom Kalser Tauernhaus, sei die ihm zur Last gelegte Tat jedenfalls verjährt. Im Übrigen habe er sich auf seinen Pirschführer P. verlassen, welcher seiner Information nach zumindest bis vor kurzer Zeit Hegeringleiter gewesen sei und welcher ihm ausdrücklich zugesagt habe, dass er den entsprechenden Forstweg befahren dürfe. Es heiße wohl die Sorgfaltspflicht zu überspannen, wenn dann doch gefordert werde, bei der Behörde nachzufragen, ob tatsächlich hier eine Ausnahmebestimmung vorliege bzw. um dieselbe anzusuchen. Nur der Vollständigkeit halber führe er auch aus, dass ihm bei dieser Fahrt immer wieder andere Fahrzeug entgegen gekommen seien, wobei es sich nicht nur um landwirtschaftliche Fahrzeuge gehandelt habe, sondern auch um normale Pkw. Es sei damals die Bejagung der Murmeltiere im Bereich der Grenze zwischen Ödland und Weide vorgenommen worden, daher zumindest hilfweise überwiegend landwirtschaftlich bedingt, um nämlich Schaden von der Landwirtschaft durch Weideviehhaltung abzuwenden.

Diesbezüglich habe die Erstbehörde auch nicht ausgeführt, warum in diesem konkreten Fall, insbesondere Bejagung zur Hintanhaltung von Schäden für die Landwirtschaft, die Jagdausübung nicht der Landwirtschaft zuzurechnen sei. Weiters führe er den Umstand, dass P. nicht zum Thema ?Erlaubnis zum Befahren des Forstweges - erheblicher Irrtum seinerseits? einvernommen worden sei, hilfsweise als Verfahrensmangel an. Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

In der Anzeige des Gendarmerieposten Huben vom 16.09.1999, GZ P-607/99/WA, ist dargestellt, dass der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen LF- (A) am 28.08.1999 vor

13.50 Uhr auf dem Interessentschaftsweg ?Dorfer Alpweg? im Dorfertal, Gemeindegebiet von Kals am Gr, vom Ortsgebiet Kals am Gr bis zum Kaiser Tauernhaus dieses gelenkt habe. Dies obwohl für den ?Dorfer Alpweg? ein Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge bestehe und nach dem Tiroler Nationalparkgesetz ein Befahren dieses Weges mittels Kraftfahrzeug verboten sei. Dieser Sachverhalt wurde von P. aufgrund eigener Wahrnehmungen zur Anzeige gebracht. Er habe festgestellt, dass obgenanntes Fahrzeug auf den Interessentschaftsweg ?Dorfer Alpweg? in das Dorfertal gelenkt und nach dem Kaiser Tauernhaus abgestellt worden sei.

 

Festgehalten wird, dass sich am Beginn des ?Dorfer Alpweges? ein Schranken befindet, welcher in der Zeit vom 17.00 Uhr bis 09.00 Uhr geöffnet ist. Unmittelbar davor ist das Verbotszeichen ?Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge? gut sichtbar angebracht, weiters eine Information nach dem Tiroler Nationalparkgesetz, wonach das Befahren des ?Dorfer Alpweges? mittels Kraftfahrzeugen verboten ist.

 

Anlässlich seiner Einvernahme vor der Erstbehörde konkretisierte P. seine Angaben in der Anzeige dahingehend, als dass das gegenständliche Fahrzeug ca 1,5 km vom Kalser Tauernhaus entfernt am Ende des ?Dorfer Alpweges? abgestellt gewesen sei. Dieser Platz, an welchem das Fahrzeug abgestellt gewesen sei, befinde sich eindeutig im Gebiet des Nationalparkes und sei ab diesem Standort ein Weiterkommen nur noch zu Fuß möglich.

 

Der Berufungswerber bestreitet weder in seiner Berufung noch im erstinstanzlichen Verfahren, dass er mit dem in Rede stehenden Pkw den ?Dorfer Alpweg? im Nationalpark befahren habe. Er bringt jedoch in subjektiver Hinsicht vor, dass ein Befahren dieses Forstweges zur rechtmäßigen Ausübung der Jagd innerhalb der Kernzone erlaubt sei. Er sei damals gemeinsam mit anderen Jagdkollegen zur Jagd auf Murmeltiere im Nationalpark unterwegs gewesen, dies unter Führung und über Anweisung des P.. Es habe sich damals einer seiner Jagdkameraden ?gerade? gerichtet, um ein Murmeltier zu erlegen. Sein Fahrzeug sei nicht unmittelbar nach dem Kalser Tauernhaus abgestellt gewesen, weder zu diesem Zeitpunkt, noch zu einem anderen an diesem Tag, sondern an einer ganz anderen Stelle.

 

Gemäß § 24 Abs1 litn StVO ist auf Straßenstellen, die nur durch das Verletzen eines gesetzlichen Gebotes erreicht werden können, das Halten und Parken verboten.

 

Für den gegenständlichen ?Dorfer Alpweg? zwischen dem westseitigen Ende des Parkplatzes beim Eingang der Daberklamm und der Böheimebene (Kalser Tauernhaus) besteht laut Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 28.06.1995, Zl 401-47/6, ein ?Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge? gemäß § 52 lita Z6c StVO. Das Fahrverbotszeichen ?Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge? ist überdies unmittelbar vor Beginn des ?Dorfer Alpweges? gut sichtbar angebracht.

 

Die Bestimmung des § 6 litg des Tiroler Nationalparkgesetzes ?Hohe Tauern?, LGBl 103/91, bestimmt, dass im gesamten Gebiet des Nationalparkes die Verwendung von Kraftfahrzeugen verboten ist. Ausgenommen von diesem Verbot sind

1. Fahrten im Rahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, der Instandhaltung von Wegen und eines geregelten Zubringerdienstes sowie zu den in der litb (Durchführung von Außenlandungen und Außenabflügen) angeführten Zwecken und

2. im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nationalparks und mit der Ausführung von Vorhaben, für die eine Bewilligung nach § 7 Abs1, eine Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs2 oder eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt, im hiefür notwendigen Ausmaß.

 

Der Berufungswerber vermeint nun zur Ausübung der Jagd das Nationalparkgebiet ?Hohe Tauern? befahren zu dürfen und erblickt darin einen in § 8 Abs3 litc normierten Ausnahmetatbestand. Nach dieser Bestimmung gilt nicht als nachhaltige oder erhebliche Beeinträchtigung der Natur die rechtmäßige Ausübung der Jagd und der Fischerei, nicht jedoch das Erreichen der Kernzone mit einem Kraftfahrzeug zum Zwecke der Ausübung der Jagd und Fischerei. Die Verwendung von Kraftfahrzeugen ist nämlich gemäß § 6 litg Tiroler Nationalparkgesetz ?Hohe Tauern? verboten, wobei es sich um ein allgemeines Verbot handelt, welches auf dem gesamten Gebiet des Nationalparkes gültig ist. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr dann als ?verwendet?, wenn es sich auf der Straße befindet und seine weitere Verwendung als Fahrzeug auf der Straße als möglich oder als beabsichtigt angenommen werden kann. Stillstehende Fahrzeugen haben auch dann als auch der Straße ?verwendet? zu gelten, wenn sie nur vorübergehend, etwa wegen einer leicht behebbaren Störung oder Beschädigung nicht in Betrieb genommen werden können. Somit steht unzweifelhaft fest, dass auch das Halten oder Parken unter den Begriff ?verwenden? zu subsumieren ist.

 

Auch schließt sich die Berufungsbehörde der Ansicht der Erstbehörde an, nach welcher die Jagd nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des Nationalparkgesetzes zuzurechnen ist. Wäre nämlich die Ausübung der Jagd und Fischerei unter dem Begriff ?im Rahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung? im Sinne des § 6 litg Nationalparkgesetz zu subsumieren, so hätte der Gesetzgeber die Ausübung der Jagd und Fischerei in der Bestimmung des § 8 Abs3 litc nicht ausdrücklich vom Geltungsbereich ausgenommen.

 

Es steht daher für die Berufungsbehörde zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretungen in objektiver sowie subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.

 

Auf die Einvernahme des Hegeringleiters P. als Zeuge zum Beweis dafür, dass dieser dem Berufungswerber die Erlaubnis zum Befahren des Forstweges erteilt habe, konnte verzichtet werden. Selbst wenn nämlich dieser dem Berufungswerber die Erlaubnis zum Befahren des Forstweges erteilt hat, hätte der Berufungswerber bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit dennoch die strafbare Handlung als solche zu erkennen vermocht bzw erkennen müssen. Es wäre dem Berufungswerber oblegen, sich etwa bei der zuständigen Behörde hinsichtlich allfälliger Ausnahmegenehmigungen zu erkundigen. Dass er dies nicht gemacht hat, fällt ihm als Verschulden zur Last.

 

Der Unrechtsgehalt der vom Berufungswerber begangenen Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Nationalparkgesetz ist als gravierend anzusehen, weil das im Nationalparkgebiet verbotene Verwenden von Kraftfahrzeugen dem strengen Schutzstatus des Nationalparkes dient. Auch der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung nach der StVO ist nicht unerheblich, weil die Einhaltung dieser Bestimmung zur Sicherheit des Verkehrs (Wanderer) beiträgt. Als Verschuldensgrad wird dem Berufungswerber zu beiden Spruchpunkten Fahrlässigkeit zur Last gelegt.

 

Erschwerend war insbesondere zu Spruchpunkt 2. zu werten, dass der Berufungswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld bereits wegen vier Übertretungen nach der StVO, darunter auch eine nach § 24 Abs1 lita, verwaltungsstrafvorgemerkt aufscheint. Angaben des Berufungswerbers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen sind nicht aktenkundig. Die Verhängung derart geringer Geldstrafe ist jedoch auch gegen solcher Personen zulässig, die kein oder nur ein geringes Einkommen habe, weil eine Strafe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Unbild darstellen soll.

 

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungskriterien sowie unter Berücksichtigung der im gegenständlichen Fall zur Verfügung stehenden Strafrahmen (gemäß § 99 Abs3 lita StVO Geldstrafen bis zu S 10.000,-- und gemäß § 32 Abs1 lita Tiroler Nationalparkgesetz Geldstrafen bis zu S 250.000,--) ergibt sich, dass die verhängten Geldstrafen ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt wurden. Die Strafen sind schuld- und tatangemessen und auch bei ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen keinesfalls überhöht. Außerdem war deren Verhängung aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um den Berufungswerber künftig von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Zur Konkretisierung des Tatortes im Bereich des ?Kalser Tauernhauses? durch den Klammerausdruck (ca 1,5 km taleinwärts entfernt) im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses war die Erstbehörde berechtigt und verpflichtet. Es wurde dadurch keine Auswechslung der Tat vorgenommen, weshalb diesbezüglich auch Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Hohe Tauern, Jagd, verwenden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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