TE UVS Steiermark 2001/07/26 30.3-42/2000

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Veröffentlicht am 26.07.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung der Dr. I A, vertreten durch Dr. F U, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 13. Oktober 2000, GZ.: 15.1 5898/1999, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 1.100,-- (? 79,94) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, sie habe am 30. November 1999 um 16.00 Uhr in A, Bezirk W, auf Höhe Haus, in Richtung E, den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und habe

1.) obwohl sie mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten,

2.) obwohl sie mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen; 3.) obwohl sie mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt habe, obwohl sie dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen habe. Die Berufungswerberin habe dadurch Verwaltungsübertretungen in Punkt 1.) nach § 4 Abs 1 lit a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), in Punkt 2.) nach § 4 Abs 1 lit c StVO und in Punkt 3.) nach § 4 Abs 5 StVO begangen. Hierfür wurde in Punkt 1.) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) in Punkt 2.) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und in Punkt

3.) gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO eine Geldstrafe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der Behörde erster Instanz ein Betrag von S 550,-- vorgeschrieben. In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wird im Wesentlichen angeführt, dass die Berufungswerberin zwar beim Hinausfahren aus der Einfahrt der Meinung war, dass sie eventuell an einem Fahrzeug angefahren sein könnte, aber aufgrund des vorbeifließenden Verkehrs nicht unverzüglich anhalten konnte. Daher habe sie in der Folge unverzüglich an einem Parkplatz angehalten. Der Zusammenstoß wäre für die Berufungswerberin weder akustisch hörbar, noch sonst wahrnehmbar gewesen, überdies hätte sie am Fahrzeug des Zweitbeteiligten keinen Schaden feststellen können. Die Berufungswerberin könne sich auch nicht vorstellen, dass der Schaden am Fahrzeug des Zweitbeteiligten durch diese leichte Berührung verursacht wurde. In der öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 23. Juli 2001 an Ort und Stelle wurde nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt unter Beiziehung eines Kfz-technischen Sachverständigen und des einvernommenen Zeugen festgestellt: Am 30.11.1999 um ca. 16.00 Uhr hat die Berufungswerberin ihr Fahrzeug mit dem Kennzeichen, neben dem Haus

A geparkt. Beim Verlassen des Parkplatzes fuhr sie rückwärts auf die Gemeindestraße von E. In dem Moment kam der Zeuge W K mit dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen aus Richtung E und hielt seinen PKW an, um die Berufungswerberin auf die Gemeindestraße herauszulassen. Die Berufungswerberin schob ihr Fahrzeug sodann zurück und stieß mit dem Eck der linken hinteren Stoßstange ihres Fahrzeuges an den Teil der linken vorderen Stoßstange des Fahrzeuges des Zeugen. Dabei wurde bei der Stoßstange des Zeugen-PKWs die Aufhängung ausgebrochen. Sofort nach dem Anstoß hat der Zeuge mittels Lichthupe und akustischer Hupe auf sich aufmerksam gemacht. Die Berufungswerberin reagierte jedoch nicht darauf, sondern fuhr Richtung Hauptplatz davon. Der Zeuge ist der Berufungswerberin noch auf einer Wegstrecke von ca. 100 m nachgefahren, wobei er ständig die Lichthupe und akustische Hupe betätigte. Die Berufungswerberin hat ihr Fahrzeug jedoch nicht angehalten und bog nach rechts weg. Als der Zeuge verkehrsbedingt anhalten musste verlor er die Berufungswerberin aus den Augen. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Zeugenaussage des W

K sowie dem Gutachten des Kfz-technischen Sachverständigen Herrn Ing. Gerhard Lippitsch. Der Befund und das Gutachten des Kfz-technischen Sachverständigen hatte nachfolgenden Inhalt:

Befund:

Zur Örtlichkeit ist zu sagen, dass der Vorplatz neben dem Haus A, wo die Berufungswerberin mit ihrem Fahrzeug im Retourgang auf die aus E kommende Gemeindestraße fuhr, ein Gefälle von ca 5 % aufweist. Die durch die Ortsmitte führende Gemeindestraße hat ein Gefälle in Fahrtrichtung, die von beiden Beteiligten eingehalten wurde, von ca 5 bis 7 %. Die Breite der Ausfahrt ist ca 6 m, die Breite der Landesstraße, die inkl. Bankette befahrbar ist, beträgt ca 4,5 m. Bei den beteiligten Fahrzeugen handelt es sich beim Fahrzeug der Berufungswerberin um einen PKW Mercedes 300E und beim Zeugen K um einen PKW VW-Jetta. Unter Berücksichtigung der Erstzulassungsdaten und somit der Marken und Typen wird festgestellt, dass beide Fahrzeuge mit verformbaren Kunststoffstoßstangen ausgestattet sind. Die Kunststoffstoßstange am PKW des Zeugen K ist schwarz gerippt und durchgehend gefärbt, dies als Serienteil. Bei der Stoßstange des PKWs der Berufungswerberin ist sowohl möglich, dass die Stoßstange in Wagenfarbe und somit rot lackiert war oder die Stoßstange ebenfalls aus schwarzem Kunststoff, wie am Fahrzeug des Zeugen war.

Die Stellung der Fahrzeuge zueinander war, wie von den Beteiligten an Ort und Stelle geschildert, so, dass der PKW der Berufungswerberin sich nach der Ausfahrt im Retourgang zum Zeitpunkt des möglichen Anstoßes in einer Schrägposition befunden hat. Ausfahrtsbedingt war die Front, gesehen aus der nachfolgend eingeschlagenen Fahrtrichtung, Richtung Hauptplatz, nach links versetzt.

Der PKW des Zeugen K war mit großer Wahrscheinlichkeit etwa Fahrbahnparallel.

Die Anordnung der Stoßstangen beider Fahrzeuge bezüglich Form- und Höhenposition ist so, dass formbedingt die Anstoßmöglichkeit an der rückwärtigen Stoßstange des PKW der Berufungswerberin und an der vorderen Stoßstange des PKW des Zeugen technisch möglich ist.

Gutachten:

Wie bereits ausgeführt, ist die technische Möglichkeit des Anstoßes an den Stoßstangen beider Fahrzeuge gegeben. Wenn es, wie positionsbedingt vorgegeben, zu einem Anstoß mit der linken rückwärtigen Ecke der Stoßstange im linkern vorderen Bereich der Stoßstange des PKWs des Zeugen K gekommen ist,

so war unter  Berücksichtigung der Art und Schwere des Schadens, wie vom Zeugen K geschildert - nämlich Abbrechen

der Stoßstangenhalterung linksseitig - nur ein geringer Anstoß erforderlich, um diese Beschädigung herbei zu führen. Wenn, wie vom Zeugen K geschildert, der Sachverständige der Haftpflichtversicherung der Berufungswerberin den Abbruch der Halterung an der Stoßstange festgestellt hat, so lässt sich ein solcher Mangel konstruktions- und bauartbedingt nur durch Ersatz der Stoßstange beheben.

Eine Beschädigung der Stoßstange des gegnerischen Fahrzeuges, nämlich im gegenständlichen Fall am

Mercedes der Berufungswerberin, ist nicht zwingend gegeben, da der Anstoß - wenn ein solcher stattfand - unmittelbar vor dem Stillstand des Fahrzeuges mit niedriger Geschwindigkeit erfolgte. Da das Fahrzeug des Zeugen sich im Stillstand befunden hat und der PKW der Berufungswerberin ohne Verzögerung (Bremsvorgang) kurz vor der Endphase des Anhaltens war, hat auch keine Relativbewegung der Fahrzeuge zueinander stattgefunden. Dies würde erklären, dass material- und anstoßbedingt am PKW der Berufungswerberin kein Schaden sichtbar war.

Für einen Materialab- oder Aufrieb, gemeint ist damit Kunststoff oder Farbe, ist ein entsprechender Anpressdruck, dh eine doch noch vorhandene Restgeschwindigkeit von wenigstens 2 km/h und eine Relativbewegung der Fahrzeuge zueinander erforderlich. Wenn ein Anprall erfolgte, so haben sich die beiden verformbaren Kunststoffstoßstangen zum Zeitpunkt des Anstoßes berührt und setzt ein solcher lockerer Anstoß nicht voraus, dass dies akustisch wahrnehmbar ist.

Es wäre dies auch ein teilelastischer Stoß, da beide Stoßstangen materialbedingt sich wieder in die Endposition zurückverformen. Dies vor allem bei leichten Anstößen, wie im gegenständlichen Fall technisch möglich und auch nachvollziehbar.

Bedingt durch den teilelastischen Stoß ist der Anstoß allerdings spürbar. Dies allerdings für den Lenker dieses Fahrzeuges, wo sich das Fahrzeug im Stillstand befindet.

Bei einem in Bewegung befindlichen Fahrzeug muss ein solcher Anstoß nicht zwingend spürbar sein.

Für einen geübten Fahrer ist es jedoch möglich, bei entsprechender Beobachtung im Retourfahren abzuschätzen, ob

es bedingt durch die Distanz der Fahrzeuge zueinander zu einem Anstoßkontakt gekommen sein kann. Die Anstoßstellen sind bedingt durch die Fahrerpositionen und die Karosserieformen von keinem der beteiligten Personen einzusehen. Zu den Ausführungen der Berufungswerberin, der Zusammenstoß wäre weder akustisch hörbar, noch sonst wahrnehmbar gewesen, ist zu sagen, dass es ihr jedenfalls möglich gewesen sein muss, auf Grund der Distanz zwischen den beiden Fahrzeuge, abzuschätzen ob ein Zusammenstoß stattgefunden hat oder nicht. Darüber hinaus hat der Unfallgegner sofort nach dem Zusammenstoß durch akustische Hupe und Lichthupe versucht auf sich aufmerksam zu machen. Bei und nach riskanten Fahrmanövern, zu den insbesondere das Rückwärtsfahren zählt, bei denen die Gefahr einer Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer besteht, hat der Lenker den Geschehnissen und seinem Fahrzeug volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet (VwGH 26.5.1993, 92/03/0125; zuletzt: VwGH 22.3.1995, 94/03/0099). Da die Anstoßstellen bedingt durch die Fahrerpositionen und die Karosserieformen von keinem der beteiligten Personen einzusehen waren, hat im vorliegenden Fall ein Blick durch den Rückspiegel auf das zweitbeteiligte Fahrzeug nicht ausgereicht, um der Verpflichtung zum sorgfältigen Vergewissern, ob und welcher Sachschaden durch die Kollision entstanden ist, Genüge zu tun. Wie bereits im Gutachten des Kfztechnischen Sachverständigen ausgeführt wurde, ist es technisch durchaus nachvollziehbar, dass der konkrete Schaden an der Stoßstange durch das betreffende Fahrmanöver der Berufungswerberin verursacht wurde. Gemäß § 4 Abs 1 lit a und c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Bezüglich der Ausführungen in der Berufung, dass die Berufungswerberin zwar beim Hinausfahren aus der Einfahrt der Meinung war, dass sie eventuell an einem Fahrzeug angefahren sein könnte, aber aufgrund des vorbeifließenden Verkehrs nicht unverzüglich anhalten konnte ist folgendes zu sagen: Die Verpflichtung zum Anhalten iSd § 4 Abs 1 lit a StVO ist schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Die Berufungswerberin war sich der Möglichkeit einen Verkehrsunfall verursacht zu haben sehr wohl bewusst, denn warum hätte sie sich sonst veranlasst gefühlt - wie sie selbst angibt - nur ca 200 m von der Unfallstelle entfernt anzuhalten und nach dem Zweitbeteiligten Ausschau zu halten. Daraus ergibt sich, dass sie die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles selbst in Erwägung gezogen hat, was genügt um die Anhaltepflicht nach Abs 1 lit a auszulösen (VwGH 20.4.1988, 87/02/0124). Das Weiterfahren bis zu einem Parkplatz, auch wenn er nur 200 m von der Unfallstelle entfernt ist, widerspricht der klaren gesetzlichen Anordnung, an der Unfallstelle anzuhalten. Das sofortige Anhalten bedeutet unmittelbar an der Unfallstelle und nicht erst in einiger Entfernung (VwGH 3.7.1981, 81/0270095; zuletzt: VwGH 7.7.1989, 85/18/0145). Dass es der Berufungswerberin aufgrund des "vorbeifließenden" Verkehrs nicht möglich war unverzüglich anzuhalten stellt eine reine Schutzbehauptung dar. Einem verkehrstüchtigen Autofahrer muss es in jeder Lage möglich sein "unverzüglich anzuhalten" wenn es die Verkehrssituation, zB das Erkennen eines über die Straße laufenden Kindes, erfordert. Die Verpflichtung nach lit. a gilt nämlich grundsätzlich auch bei lebhaftem Verkehrsaufkommen sowie ungeachtet der Höhe des eingetretenen Schadens und der Frage des Verschuldens am Verkehrsunfall (VwGH 25.11.1988, 85/18/0091). Die Abwendung von Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer hat grundsätzlich nicht durch ein Entfernen der Fahrzeuge zu erfolgen, sondern - falls erforderlich - durch andere Maßnahmen, wie zB durch Aufstellen einer nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften genehmigten Warneinrichtung (VwGH 27.4.1984, 81/02/0273). Gemäß § 4 Abs 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhangt stehen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Somit hat die Berufungswerberin - wie oben ausgeführt - ihre Verpflichtung zur Anhaltung nach einem Verkehrsunfall nicht erfüllt. Der Zeuge K hat die Berufungswerberin mittels Lichthupe und akustischem Signal sofort aufgefordert anzuhalten und ist dieser Aufforderung die Berufungswerberin nicht nachgekommen. Der Zeuge K ist auch unmittelbar nach dem Unfall zur Gendarmerie gefahren, um den Unfall zu melden und hat die Berufungswerberin daher durch ihr Verhalten, indem sie wegfuhr, an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt. Festzustellen bleibt, dass die Gemeindestraße nach E keine Hauptverkehrsader in der Marktgemeinde A darstellt, und daher es durchaus möglich gewesen wäre, dass die beiden Unfallgegner ihre Fahrzeuge dort abstellen hätten können bzw. in unmittelbarer Nähe zum Unfallort. Der von der Berufungswerberin angegebene Ort, wo sie das Fahrzeug angehalten hat, liegt nicht mehr in Sichtweite der Unfallstelle und ist ca. 140 m entfernt und damit zu weit iSd § 4 Abs 1 StVO. Im Übrigen geht die Behörde davon aus, dass die Berufungswerberin ihr Fahrzeug überhaupt nicht angehalten hat, da der Zeuge K als er zur Gendarmeriedienststelle fuhr und die Stelle unmittelbar nach der Berufungswerberin passierte, das Fahrzeug der Berufungswerberin nicht mehr wahrnahm. Dadurch dass die Berufungswerberin erst durch die Nachforschung der Gendarmerie ausgeforscht werden konnte hat sie ihre Verpflichtung verletzt, den Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Gendarmeriedienstelle zu melden. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Da die Berufungswerberin nach dem Verkehrsunfall weitergefahren ist, ohne anzuhalten und auch keine Unfallsmeldung erstattet, ist sie ihren Lenkerverpflichtungen nicht nachgekommen (zB sich zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden an Personen oder Sachen zu treffen) und erschwerte es dem Unfallgegner, seine Ansprüche geltend zu machen. Die im § 4 Abs 1 lit c StVO 1960 ausgesprochene Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, dient offenkundig dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, damit die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes schließt daher grundsätzlich insbesondere das Verbot ein, Veränderungen an der Stellung der vom Unfall betroffenen Fahrzeuge vorzunehmen oder Alkohol zu trinken. Die Bestimmung des § 4 Abs 5 StVO soll bewirken, alles Zweckdienliche zur Aufklärung eines Unfallereignisses beizutragen, um nichts zu verabsäumen, was für die Klarstellung des Sachverhaltes notwendig ist. Außerdem muss dem Geschädigten die Möglichkeit gegeben werden, seine Ansprüche geltend zu machen. Dadurch, dass die Berufungswerberin, obwohl sie mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist, nicht angehalten hat, sondern weitergefahren ist und auch nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt hat, hat sie gegen den Schutzzweck der §§  4 Abs 1 lit a und c und 4 Abs 5 StVO verstoßen. Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre. Die verhängte Strafe ist auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (geschätztes monatliches Einkommen S 15.000,--, kein Vermögen, Sorgepflichten für 3 Kinder) angepasst. Als erschwerend wurde nichts, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin gewertet. Dem Antrag der Berufungswerbers "das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben" konnte daher aus den oben angeführten Gründen keine Folge gegeben werden.

Schlagworte
Verkehrsunfall Sachschaden Wahrnehmbarkeit Möglichkeit rückwärts fahren Überzeugungspflicht Nichtwissen Verschulden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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