TE UVS Steiermark 2001/08/07 30.14-72/2001

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Veröffentlicht am 07.08.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der A S, vertreten durch Dr. M S, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 18.5.2001, GZ.:

15.1 4570/1998, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde der Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen vorgehalten, sie habe am 13.8.1998 in der Zeit zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr in L, im Zuge einer behördlich veranlassten und im Wege der Gendarmerie durchgeführten Lenkererhebung es unterlassen, unverzüglich Auskunft darüber zu erteilen, wer das genannte Fahrzeug am 9.6.1998 um 17.41 Uhr in Münchberg BAB A9, Km 272,4, Richtung Nürnberg gelenkt habe. Sie habe lediglich den Namen des vermutlichen Lenkers, nicht aber auch die erforderliche Anschrift bekannt gegeben.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG verhängte die belangte Behörde über die Berufungswerberin gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und schrieb die Behörde als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens den Betrag von S 100,-- vor. In ihrer rechtzeitig erhobenen Berufung beantragte A S die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung, in der als Zeugen A S, Dr. H L, sowie die erhebenden Gendarmeriebeamten zur Sache befragt werden sollen. Sie habe damals dem Beamten anlässlich der Lenkererhebung wahrheitsgetreu mitgeteilt, dass sie das betreffende Fahrzeug mit dem Kennzeichen an ihren Mann ausgehändigt habe, sie jedoch nicht wisse, wo sich ihr Mann aufhalte. Auf Grund der Aktenlage, sowie auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, gewonnen aus den Angaben der Zeugen RI K M und GI R T in der Verhandlung vom 27. Juli 2001, werden folgende Feststellungen getroffen:

Mit dem Schreiben vom 21.7.1998 richtete die VPI Hof/Saale, Kulmbacherstraße 101, 95030 Hof/Deutschland ein Rechtshilfeersuchen an die Bezirkshauptmannschaft D. Mit dem Kraftfahrzeug, amtliches Kennzeichen sei am 9.6.1998 um 17.41 Uhr in Münchberg, BAB, A9, Km 272,4 in Richtung Nürnberg eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG (Geschwindigkeitsüberschreitung) begangen worden. Der Anhörbogen vom 23.6.1998 an A S, L sei nicht in Rücklauf gekommen. Es werde gebeten den verantwortlichen Fahrer festzustellen und anzuhören, sowie dessen vollständige Personalien mitzuteilen bzw die fehlenden Personalien festzustellen. Dem Rechtshilfeersuchen beigelegt waren vier Lichtbilder, die anlässlich der Verkehrsüberwachung in Deutschland gemacht worden sind. Auf diesen Lichtbildern war sowohl der PKW mit dem Kennzeichen auch der Lenker des Fahrzeuges (Frontaufnahme) erkennbar. Mit dem Schreiben vom 7.8.1998 bat die Bezirkshauptmannschaft D das Gendarmeriepostenkommando L, dem beiliegenden Rechtshilfeersuchen der VPI Hof/Saale vom 21.7.1998 zu entsprechen. Diesem Auftrag nachkommend fuhr RI K M am Nachmittag des 13. August 1998 zum Anwesen S in L, wo er A S im Hofbereich antraf. RI M zeigte ihr die vier Lichtbilder und fragte die Berufungswerberin, ob sie den Fahrer identifizieren könne. A S gab zur Antwort, der Fahrer sei vermutlich ihr Gatte, es gebe aber mehrere Personen, welche dem Aussehen nach ihrem Gatten ähnlich seien. Auf die Frage nach der Adresse ihres Gatten gab A S zur Antwort, ihr Gatte sei seit längerem in Deutschland aufhältig, seine genaue Adresse wisse sie nicht. Diese Angaben der A S wurden der Verkehrspolizeiinspektion Hof/Deutschland weitergeleitet. Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.9.1998 leitete die Bezirkshauptmannschaft D gegen A S das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ein und hielt ihr die im Spruch des Strafbescheides angeführte Übertretung des § 103 Abs 2 KFG vor. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes: Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden kann, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Grundvoraussetzung für die Entstehung der Auskunftspflicht ist ein entsprechendes Auskunftsbegehren einer österreichischen Behörde, aus dem der bindende Charakter der Anfrage für die pflichtunterworfene Person klar hervorgehen muß. Im hier zu beurteilenden Fall wurde die Bezirkshauptmannschaft D im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens aus Deutschland tätig. Die Behörde erteilte dem Gendarmeriepostenkommando L den Auftrag, diesem Rechtshilfeersuchen zu entsprechen, somit im Ergebnis für eine deutsche Behörde tätig zu werden. Dies entspricht sowohl der Aktenlage als auch den Angaben der dazu befragten Sicherheitswachebeamten. Ein solcher Auftrag ist aber nicht mit einem behördlichen Auskunftsverlangen im Sinne des § 103 Abs 2 KFG gleichzusetzen. Allein die Frage, ob die Berufungswerberin in der Lage ist, den Lenker am Lichtbild zu identifizieren und gegebenenfalls seine Anschrift bekannt zu geben, weist noch nicht auf ein bindendes Auskunftsverlangen der österreichischen Behörde nach dem KFG hin, dem die Berufungswerberin bei sonstiger Strafsanktion entsprechen hätte müssen. Die Befragungsergebnisse wurden an die deutsche Behörde weitergeleitet. Ob damit dem Rechtshilfeersuchen ganz, teilweise oder gar nicht entsprochen worden ist, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls bietet die gegenständliche Befragung der Berufungswerberin respektive die von ihr gemachten Angaben - mögen sie auch für die deutschen Behörden nicht zielführend gewesen sein - keine Grundlage dafür, die Berufungswerberin im Nachhinein - unter "Umwandlung" der Befragung im Rahmen eines Rechthilfeersuchens in eine Lenkeranfrage nach § 103 Abs 2 KFG - wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft zu belangen. Ein gesondertes schriftliches Auskunftsbegehen der Bezirkshauptmannschaft D an die Berufungswerberin existiert nicht. Schon aus diesem Grund - die Bezirkshauptmannschaft D stellte kein Auskunftsverlangen nach § 103 Abs 2 KFG - war der Strafbescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen. Ob der am Lichtbild ersichtliche Lenker des PKWs tatsächlich der Gatte der Berufungswerberin war bzw ob die Berufungswerberin den Aufenthaltsort ihres Gatten zum Anfragezeitpunkt gekannt hat oder nicht, war im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens - mangels Entscheidungsrelevanz - nicht mehr zu klären. Daher erübrigte sich auch die beantragte weitere Beweisaufnahme zu diesem Thema. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Lenkererhebung Auskunftspflicht Strafsanktion Gendarmeriepostenkommando Behörde Ausland Rechtshilfeersuchen Auskunftsverlangen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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