TE UVS Tirol 2001/10/22 2001/23/031-2

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Veröffentlicht am 22.10.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn C., vertreten durch Rechtsanwalt M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 19.07.2001 zu Zl. U-438/14 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm den §§ 24, 51 Abs1 und 51e Abs3 VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. und sohin als gemäß § 9 Abs1 Verwaltungsstrafgesetz zur Vertretung nach außen berufenes Organ betreffend die M., zu verantworten, dass von der M. gefährliche Abfälle (Schlüsselnummer 51530 gemäß ÖNORM 2100, Position AA 130 Anhang III EG-Verbringungsverordnung) in einer Gesamtmenge von 48.820 kg und zwar am 11.07.2000 eine Teilmenge der Gesamtlieferung von 2.440 kg (Gesamtmenge 24.500 kg), am 01.08.2000 eine Menge von 24.100 kg und am 04.08.2000 eine Menge von 22.280 kg entgegen § 36 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl Nr 325/1990 idgF ohne die dafür erforderliche Bewilligung von Deutschland über den Grenzübergang Kiefersfelden zur Montanwerke Brixlegg AG in 6230 Brixlegg verbrachte.

 

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs1 litb Z23 iVm § 36 AWG iVm § 9 Abs1 VStG begangen und sei hiefür gemäß § 39 Abs1 litb iVm § 20 VStG mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzarrest 60 Stunden) belegt worden.

 

Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben.

 

In dieser Berufung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgeworfene Übertretung zugestanden wird. Es sei jedoch der Geschäftsführer P. für diese Übertretung verantwortlich. Aus diesem Grund wurde beantragt, von einer Bestrafung der anderen Geschäftsführer Abstand zu nehmen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:

 

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, übermittelte im Wege über das Amt der Tiroler Landesregierung an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein eine Sachverhaltsdarstellung hinsichtlich der Verbringung von Abfällen (Kupferchloridätzlösung) aus Deutschland zur M.. Diese Transporte wurden von der M. durchgeführt. Vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, war der M. mit Bescheid vom 24.08.1999 zur Zl. 31-3544/383-III/1/99-LO die Bewilligung erteilt worden, 450 t Kupferchloridätzlösung aus Deutschland zur M. über den Grenzübergang Kiefersfelden/Kufstein zu verbringen. Insgesamt sind jedoch

498.820 kg der gegenständlichen Abfälle grenzüberschreitend verbracht worden.

 

Nachfolgend wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und im Rechtshilfeweg über das Amtsgericht München in Erfahrung gebracht, dass die M. insgesamt 4 einzelberechtigte Geschäftsführer hat. Es handelt sich hiebei und H., P., Dr. P. und C.. Gegen alle vier Geschäftsführer wurde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen desselben Deliktes eingeleitet und gegen den Berufungswerber wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde vom Berufungswerber ein Geschäftsverteilungsplan der M. vorgelegt. Aufgrund dieses Geschäftsverteilungsplanes ergibt sich, dass der Geschäftsführer P. für den Bereich der M. sowie der Kupferchloridätzlösungen Ein- und Verkauf exklusiv zuständig ist.

 

Das gegen Herrn P. erlassene Straferkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen und wurde die verhängte Geldstrafe zwischenzeitlich zur Einzahlung gebracht. Seitens Herrn P. wurde das Verschulden ausdrücklich zugestanden und darauf hingewiesen, dass er für diesen Geschäftsbereich alleine Verantwortlich sei.

 

Im Rahmen des Rechtshilfeersuchen an das Amtsgericht München wurde durch die Bundeskrimminaldirektion I in München auch ein Mitarbeiter aus dem Geschäftsbereich des Herrn H. vernommen. Herr S. gab als Zeuge vernommen an, dass er der zuständige Sachbearbeiter sei und für die Versendung dieser Kupferchloridätzlösung an die M. zuständig ist. Er ist in der Erledigung seiner Geschäfte lediglich an die Weisungen von Herrn Peter Haslacher gebunden und ist dieser sein unmittelbarer Vorgesetzter.

 

Gemäß § 9 Abs1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das gesamte Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Dieser verantwortliche Beauftrage kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und die für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis besitzt.

 

Im gegenständlichen Fall lagen diese Voraussetzungen nicht zur Gänze vor. Der für diesen Bereich verantwortliche Geschäftsführer, Herr P., verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Dies bedeutet, dass sich der Berufungswerber nicht vollkommen schuldbefreiend auf die Geschäftsverteilung und die vom Geschäftsführer P. übernommenen Bereiche berufen kann.

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen.

 

Der Berufungswerber gesteht die Tat in objektiver Hinsicht ein, wies jedoch darauf hin, dass aufgrund der Geschäftsverteilung innerhalb des Unternehmens ihn keine Schuld trifft. Dieser Verantwortung des Berufungswerbers ist glauben zu schenken.

 

Hinsichtlich der geringen Folgen der Übertretung legte der Berufungswerber dar, dass auch weiterhin eine Einfuhrbewilligung seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, für die Verbringung von Kupferchloridätzlösungen zu den M. erteilt wurde. Es kam hier lediglich zu einer kurzfristigen Überschneidung zwischen zwei Bewilligungen und der Verbringung einer in Anbetracht der Gesamtmenge recht geringen Teilladung.

 

Eine Anwendung des § 21 VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist.

 

Trotz der Verwendung des Wortes ?kann? ermächtigt diese Vorschrift die Behörde nicht zur Ermessensübung. Sie ist vielmehr als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der im ersten Satz angeführten Kriterien von einer Strafe abzusehen und bei Zutreffen des im zweiten Absatz angeführten weiteren Kriteriums mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass der Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen von einer Strafe offen stehe, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum (VwGH 28.10.1980 zu Zl 86/18/0109). Der Beschuldigte hat, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch darauf, dass von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird.

 

Im gegenständlichen Fall lagen die Voraussetzungen des § 21 Abs1 VStG vor und war daher im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Berufung insoweit Folge zu geben, als die ausgesprochene Strafe in eine Ermahnung umzuwandeln war.

Schlagworte
Geschäftsverteilung, Wohnsitz, schuldbefreiend, Ermahnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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