TE UVS Niederösterreich 2001/11/05 Senat-MD-00-125

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Veröffentlicht am 05.11.2001
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Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ bekämpften Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Mödling über Herrn G*** U*** gestützt auf § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in Höhe von S 3000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 300,-- ausgesprochen.

 

Angelastet wurde Herrn U***, dass er es als verantwortlicher Beauftragter der B*** (Abteilung Feinkost) zu verantworten habe, dass am **.**.**** in der Feinkostabteilung der B***-Filiale in **** W***, S*** ***, für das Händewaschen der Arbeitnehmer und das Reinigen von Geschirr und Arbeitsgeräten lediglich ein Handwaschbecken vorhanden gewesen sei, wodurch die Gefahr einer Kontamination von Lebensmitteln mit pathogenen Keimen durch Spritzwasser und somit die Gefahr einer nachteiligen hygienischen Beeinflussung von Lebensmitteln bestanden habe.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Vorbringen, dass die Tatanlastung im Straferkenntnis nicht mit der Anzeige vom **.**.**** in Einklang zu bringen sei. In der Anzeige werde nämlich beanstandet, dass überhaupt kein Handwaschbecken vorhanden sei. Tatsächlich verhalte es sich aber so, dass ein Handwaschbecken vorhanden sei, dass selbstverständlich auch für die Reinigung der Hände verwendet werden kann und wird. Beantragt wurde die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat am **.**.**** eine öffentlich mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in deren Rahmen eine Beweisaufnahme durch Vorbringen des Beschuldigtenvertreters und Einsicht in den gesamten erst- und zweitinstanzlichen Verwaltungsstrafakt erfolgte.

 

Auf Grund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Die B*** betreibt im Standort **** W***, S*** ***, eine Filiale, in der auch eine Feinkostabteilung situiert ist, in der eine Manipulation mit Lebensmitteln vorgenommen wird. Bei der am **.**.**** durchgeführten Überprüfung wurde festgestellt, dass im Bereich der Feinkostabteilung lediglich ein Handwaschbecken vorhanden ist. Dieses Handwaschbecken findet Verwendung zum Reinigen der Hände, ebenso erfolgt in diesem Bereich eine Reinigung jener Arbeitsgeräte, mit denen Lebensmittel bearbeitet und verarbeitet werden.

 

Dieser Sachverhalt stützt sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

 

Unbestritten sind der Umstand des Betreibens einer Filiale samt Feinkostabteilung im angegebenen Standort, ebenso das Vorhandensein eines Handwaschbeckens. Bezüglich der Frage, für welche Zwecke dieses Handwaschbecken verwendet wird, führt die Anzeige einerseits aus, dass die anwesende Abteilungsleiterin angegeben habe, dass nur das Abwaschen der verwendeten Gerätschaften zulässig sei, der Berufungswerber selbst bringt jedoch vor, dass dieses Handwaschbecken auch die Mitarbeiter zum Reinigen der Hände verwenden dürfen. Im Zweifelsfall war daher die letztgenannte Version der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Im Übrigen hat die Erstbehörde auch den Strafvorwurf dahingehend formuliert, dass in ein und dem selben Handwaschbecken sowohl die Mitarbeiter ihre Hände reinigen als auch die Gerätschaften einer Reinigung unterziehen. Es wäre daher im Rahmen des Berufungsverfahrens unzulässig, den Tatvorwurf dahingehend abzuändern, dass das Handwaschbecken nur zum Reinigen der Gerätschaften verwendet worden sei.

 

In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß § 4 Abs 1 Lebensmittelhygieneverordnung hat der Inhaber oder Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens für die Einhaltung der im Anhang angeführten Hygienevorschriften zu sorgen. Nach § 4 Abs 1 Z 1 leg cit gilt Abschnitt I des Anhanges für alle Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, mit Ausnahme der durch Abschnitt III erfassten Betriebsstätten.

 

Ziffer 3 des Abschnittes I des Anhanges zur Lebensmittelhygieneverordnung bestimmt, dass in ausreichender Anzahl an angemessener Stelle angebrachte und angemessen gekennzeichnete Handwaschbecken vorhanden sein müssen, ebenso Handwaschbecken in Toiletten sowie Toiletten mit Wasserspülung, bei denen eine einwandfreie Ableitung erfolgt. Toiletten dürfen keinen direkten Zugang zu Räumen haben, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird. Ziffer 4 bestimmt, dass Handwaschbecken Warm- und Kaltwasserzufuhr haben müssen. Darüber hinaus müssen Mittel zum Händewaschen und zum hygienischen Trocknen der Hände vorhanden sein. Erforderlichenfalls müssen die Vorrichtungen zum Waschen von Lebensmitteln von den Einrichtungen zum Händewaschen getrennt sein.

 

Abschnitt II Ziffer 2 des Anhanges zur Lebensmittelhygieneverordnung bestimmt, dass geeignete Vorrichtungen zum Reinigen und Desinfizieren von Arbeitsgeräten und Einrichtungen vorhanden sein müssen. Diese Vorrichtungen müssen aus korrosionsbeständigen Materialien bestehen, leicht zu reinigen sein und eine angemessene Warm- und Kaltwasserzufuhr besitzen. Ziffer 3 bestimmt, dass gegebenenfalls geeignete Vorrichtungen zum Waschen von Lebensmitteln vorhanden sein müssen. Jedes Waschbecken und jede andere für das Waschen von Lebensmitteln bestimmte Vorrichtung müssen je nach Bedarf über eine angemessene Zufuhr von warmem oder kaltem Trinkwasser verfügen und sauber gehalten werden.

 

Auf Grund der Bestimmungen der Ziffern 3 und 4 des Abschnittes I des genannten Anhanges ist aus der Formulierung ?in ausreichender Anzahl? nicht zwingend abzuleiten, dass getrennte Waschbecken für das Reinigen der Hände einerseits und das Reinigen der Gerätschaften andererseits vorhanden sein müssen. Die ?ausreichende Anzahl? kann nur in Bezug auf die Zahl der Mitarbeiter gesehen werden. Dies ergibt sich u.a. auch aus einem Gegenschluss aus Ziffer 4 des genannten Abschnittes, wonach erforderlichenfalls die Vorrichtungen zum Waschen von Lebensmitteln und von Einrichtungen zum Händewaschen getrennt sein müssen.

 

Auch schließen einander die Bestimmungen des Abschnittes I Ziffer 3 und 4 und Abschnitt II Ziffer 2 nicht aus. Aus diesen Bestimmungen kann nicht abgeleitet werden, dass zum Reinigen der Hände und der Gerätschaften nicht ein und das selbe Waschbecken benützt werden darf. Auch in Abschnitt II wird lediglich darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls die geeigneten Vorrichtungen zum Waschen von Lebensmitteln mit jenen zum Reinigen und Desinfizieren von Arbeitsgeräten getrennt sein müssen.

 

Die Berufungsbehörde verkennt keineswegs, dass im Falle der Benützung ein und des selben Waschbeckens für das Reinigen der Hände einerseits und der Gerätschaften andererseits durch Spritzwasser die Gefahr von Kontaminationen besteht, dennoch bilden die erwähnten Bestimmungen der Lebensmittelhygieneverordnung nach Ansicht der Berufungsbehörde keine ausreichende Grundlage für eine Bestrafung für den Fall, dass für beide Tätigkeiten ein und das selbe Handwaschbecken benützt wird. Schließlich besteht durchaus die Möglichkeit, dass vor Reinigung der Gerätschaften eine entsprechende Reinigung des Handwaschbeckens erfolgt, sodass die Gefahr einer Kontamination durch Spritzwasser vermieden wird.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die erwähnten Bestimmungen in den Anhängen I und II der Lebensmittelhygieneverordnung keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Bestrafung bei Benützungen eines Handwaschbeckens sowohl für das Reinigen der Hände als auch der Gerätschaften darstellen können, da eine zwingende Trennung den genannten Bestimmungen nicht entnommen werden kann.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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