TE UVS Steiermark 2002/02/11 30.15-73/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn J M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 26.9.2001, GZ.: 15.1 1999/3673, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma K Bauges.m.b.H. mit dem Sitz in V zur Last gelegt, dass anlässlich der Kontrolle der Baustelle (Umbau und Sanierung des Stiftes V) am 29.7.1999 festgestellt wurde, dass die seit 26.7.1999 im Betrieb befindliche Baustelle nicht dem Arbeitsinspektorat gemeldet wurde. Wegen Übertretung der Bestimmung des § 3 Abs 1 und Abs 6 BauV wurde über ihn eine Geldstrafe von S 2.000,-- (? 145,35) verhängt. In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bestrafte ein, die Firma K Bauges.m.b.H. habe auf der gegenständlichen Baustelle über Anforderung von Prälat R K lediglich zwei Mitarbeiter, nämlich den Maurer L K und den Zimmerer C K als überlassene Arbeitskräfte für Regiearbeiten zur Verfügung gestellt. Diese beiden Arbeiter hätten die gegenständlichen Bauarbeiten auf Anweisung und unter Aufsicht des Stiftspersonals durchgeführt und wäre daher das Chorherrenstift V auch für die Meldung der Baustelle zuständig gewesen. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 31.1.2002 wird nach Befragung des Berufungswerbers, welcher auch seinen erkrankten Co-Geschäftsführer vertrat, sowie weiters der Arbeitnehmer L K und C K und Prälat R K unter Verwertung der im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden und der Beilagen zur Verhandlungsschrift nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen: Das Chorherrenstift V beschäftigt zwischen fünf und sechs Gutsarbeiter, welche für die laufenden Instandhaltungsarbeiten zuständig sind. Zu dieser Arbeiterpartie gehört Herr H, welcher Maurer ist und gleichzeitig die Funktion eines Poliers ausübt, sowie weiters ein Zimmerer, ein Tischler und mehrere Helfer. Fallweise werden für bestimmte Arbeiten zusätzlich Facharbeiter verschiedener Firmen, unter anderem schon seit Jahren Mitarbeiter der Firma K Bauges.m.b.H. angefordert. Derartige Aufträge werden kurzfristig telefonisch vergeben, indem Prälat K oder Herr H mitteilen, dass zu einem bestimmten Termin, zB ein Maurer für eine bestimmte Anzahl von Tagen, welche meistens im Vorhinein nicht genau bestimmt wird, benötigt wird. Dabei werden in der Regel bestimmte Personen, die schon von früheren Aufträgen als Spezialisten für die jeweilige Arbeit bekannt sind, bei der Firma K Bauges.m.b.H. angefordert. Die beiden anlässlich der Kontrolle vom 29.7.1999 angetroffenen Arbeitnehmer K und K gehören zu jenen "Stammarbeitern", welche schon wiederholt auf verschiedenen Baustellen des Stiftes V tätig waren. Die bereitgestellten Arbeitkräfte der Firma K Bauges.m.b.H. führen die Arbeiten dann an Ort und Stelle im Auftrag von Prälat K oder seines Poliers H durch, welche die Baustellen auch hinsichtlich der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen kontrollieren. Fallweise wurden bei der Firma K Bauges.m.b.H. zusätzlich zu den Regiearbeitern auch verschiedene Geräte (zB Gerüste, Kräne oder Bagger) angefordert, und zwar teilweise mit und teilweise ohne Bedienungspersonal. Die Arbeitskräfte der Firma K Bauges.m.b.H. haben bei Durchführung von Regiearbeiten im Auftrag des Stiftes V die gleichen Arbeitszeiten einzuhalten, wie die stiftseigenen Arbeiter, nämlich eine 10stündige Arbeitszeit von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Derartige überwiegend mit stiftseigenem Personal durchgeführte Sanierungsarbeiten werden seitens des Chorherrenstiftes V nicht dem Arbeitsinspektorat gemeldet. Im Sommer 1999 wurde das Dach eines Betriebsgebäudes ausgebessert und die Kamine saniert. Diese Arbeiten wurden, wie üblich, überwiegend mit stiftseigenem Personal durchgeführt. Da jedoch der Polier H, welcher gleichzeitig auch Maurer ist, mit der Poliertätigkeit ausgelastet war, wurde bei der Firma K Bauges.m.b.H. für die Durchführung der Kaminarbeiten der Maurer L K und zusätzlich der Zimmerer C K angefordert. Beide Arbeitnehmer führten die aufgetragenen Arbeiten, wie üblich, auf Anweisung und unter Aufsicht von Polier H und Prälat K durch. Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die in allen wesentlichen Punkten vollinhaltlich übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers und sämtlicher einvernommener Zeugen sowie die vorgelegten Unterlagen. Rechtliche Beurteilung: Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist als erwiesen anzunehmen, dass das Chorherrenstift V hinsichtlich der gegenständlichen Arbeiten sowohl als Bauherr, als auch als Arbeitgeber bezüglich des stiftseigenen Fachpersonals aufgetreten ist. Hiebei unterliegen die Arbeitskräfte der land- und forstwirtschaftlichen Gutsverwaltung nicht der Kontrolle der Arbeitsinspektion (§ 1 Abs 2 Z 1 ArbIG), weshalb seitens des Chorherrenstifts bezüglich der in Eigenregie durchgeführten Umbau- und Sanierungsarbeiten zu Recht keine Baustellenmeldung an das Arbeitsinspektorat erstattet wurde. Die seitens der Firma K Bauges.m.b.H. zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer sind im Sinne der Abgrenzungskriterien des § 4 Abs 2 AÜG jedenfalls als überlassene Arbeitskräfte anzusehen, da von den vier Abgrenzungskriterien dieser Bestimmung zumindest die ersten drei der ohnedies nur alternativ geforderten Zuordnungsmerkmale erfüllt sind. Bezüglich der Frage, wer unter der Prämisse einer Arbeitskräfteüberlassung für die Erstattung der Baustellenmeldung gemäß § 3 BauV zuständig ist, ist die Bestimmung des § 6 AÜG heranzuziehen, welche auszugsweise folgenden Wortlaut hat: § 6 (1): Für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers gilt der Beschäftiger als Arbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften.

(2) Hinsichtlich des

persönlichen Arbeitsschutzes, insbesondere des Arbeitszeitschutzes und des besonderen Personenschutzes gilt weiterhin der Überlasser als Arbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Im Anlassfall ist somit zu prüfen, ob die Erstattung einer Baustellenmeldung als Verpflichtung nur des Beschäftigers im Sinne von Absatz 1 leg cit oder als Verpflichtung auch des Überlassers und somit des Berufungswerbers im Sinne von Absatz 2 leg cit anzusehen ist. In den wenigen zu § 6 AÜG ergangenen Judikaten (ua. Zl. 92/18/0107 vom 12.6.1992) hat der Verwaltungsgerichtshof jeweils ausgeführt, dass für die Einhaltung von Arbeitszeitbestimmungen jedenfalls auch der Überlasser verantwortlich ist, wie sich dies ohnedies aus dem Gesetzestext des § 6 Abs 2 leg cit ergibt. Hinsichtlich der Frage, welche allfälligen weiteren Verpflichtungen unter dem Titel des "persönlichen Arbeitsschutzes" bzw des besonderen Personenschutzes im Sinne dieser Bestimmung den Überlasser treffen könnten, ist daher mangels unmittelbar einschlägiger Judikatur sinngemäß die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 AZG und § 26 KJBG heranzuziehen (ua. Zl. 88/08/0087 vom 17.3.1988, Zl. 93/18/0114 vom 9.3.1995). Nach diesen Entscheidungen ist die unterbliebene Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen für mehrere Arbeitnehmer nur als ein Delikt strafbar, weil es sich hiebei nicht um einen rechtswidrigen Angriff gegen die Gesundheit und das Leben von Arbeitnehmern handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung vom 17.3.1998 weiter ausgeführt, dass durch einen derartigen Verstoß zwar die Kontrolle der Einhaltung der dem gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer dienenden Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes erschwert werden könne. Es könne jedoch keine Rede davon sein, dass dadurch die Kontrolle der Arbeitszeitvorschriften überhaupt unmöglich gemacht werde. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem § 26 Abs 1 AZG und dem gesundheitlichen Schutz von Arbeitnehmern liege daher nicht vor. Diese von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze müssen sinngemäß auch für die im Anlassfall unterbliebene Baustellenmeldung gelten. Auch die Baustellenmeldung gemäß § 3 BauV dient nämlich der Erleichterung von Baustellenkontrollen, jedoch nicht unmittelbar dem persönlichen Arbeitschutz im Sinne von § 6 Abs 2 AÜG. Auf den Anlassfall bezogen folgt daraus, dass die Firma K Bauges.m.b.H. als Überlasser der Arbeitskräfte L K und C K nicht für die Erstattung der Baustellenmeldung zuständig war, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen war.

Schlagworte
Baustellenmeldung beschäftigen überlassen Verantwortlichkeit Kontrollzweck persönlicher Arbeitsschutz
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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