TE UVS Tirol 2002/02/14 2002/23/002-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung von Frau S. H. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 14.12.2001, Zahl VK-13461-2001, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs 1 und 51e Abs 3 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind 36,76 Euro (505,81 Schilling), zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe am 16.02.2001 um 13.50 Uhr auf der Inntalautobahn A 12 bei km 64,0 im Gemeindegebiet von Volders den PKW mit dem Kennzeichen IL-6 gelenkt

1) und die auf Autobahnen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten.

2) und beim Hintereinanderfahren zum nächsten vor ihr fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, der es ihr ermöglicht hätte, ihr Fahrzeug anzuhalten, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird, zumal der Abstand lediglich ca. 4 bis 5 m betrug.

 

Dadurch habe die Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung zu

1) nach § 20 Abs 2 StVO und zu 2) nach § 18 Abs 1 StVO begangen und wurde über sie gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zu 1) eine Geldstrafe von 58,14 Euro (800,00 Schilling), Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, und zu 2) eine Geldstrafe von 109,01 Euro (1.500,00 Schilling), Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage, unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschuldigte diese Übertretung nicht begangen haben könne, zumal ihr Fahrzeug technisch nicht in der Lage sei, eine Geschwindigkeit von 160 km/h zu erreichen. Desweiteren habe sich kein Fahrzeug vor ihr befunden, sodass sie keinen Mindestabstand zu einem anderen Fahrzeug einhalten habe müssen. Es werde die Einvernahme ihrer Mutter als Zeugin, dass ihre Angaben wahr seien, und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

Aufgrund dieses Vorbringens wurde am 14.02.2002 sowie am 30.01.2002 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

 

Anlässlich dieser Verhandlung wurde die Mutter der Berufungswerberin als Zeugin vernommen und brachte diese vor, dass sie sich noch erinnern könne, dass sich zum damaligen Zeitpunkt vor dem von ihrer Tochter gelenkten Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug befand.

 

Die Beschuldigte brachte im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.01.2002 vor, dass sie zwar schneller als 130 km/h gefahren sei, aber mit Sicherheit nie 160 km/h.

 

Der als Zeuge einvernommene anzeigeerstattende Gendarmeriebeamte brachte in seiner Aussage vor, dass er sich an den Vorfall noch lebhaft erinnern könne. Die Beschuldigte habe ihn auf der Autobahn überholt und sei dabei knapp auf einen vor ihr fahrenden blauen VW Passat mit Badener Kennzeichen aufgefahren. Da er zu diesem Zeitpunkt mit einem zivilen Gendarmeriefahrzeug unterwegs gewesen sei und es sich hierbei um einen über 10 Jahre alten Opel Astra gehandelt habe, habe er sehr lange gebraucht, um überhaupt auf eine Geschwindigkeit zu kommen, die der der Beschuldigten entsprochen habe. Er sei ihr dann in gleichbleibendem Abstand nachgefahren und als sie in Wattens abfuhr, wäre er hinterhergefahren und habe sie sodann mit einer mobilen Blaulichtleuchte angehalten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:

 

Aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass die Beschuldigte am 16.02.2001 um 13.50 Uhr auf der A 12 bei km 64,0 die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten hat. Ebenso hat sie hierbei keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zu einem vor ihr fahrenden Fahrzeug eingehalten.

 

Diese Feststellungen ergeben sich zum einen aufgrund der Angaben des als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten. Dessen Aussagen sind in sich schlüssig und nachvollziehbar und schildern auch einen durchgehenden Handlungsablauf, der die damalige Situation plastisch darstellt.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Zeugenaussage der Mutter der Beschuldigten zu verweisen, die angab, dass sich zum damaligen Zeitpunkt sehr wohl ein Fahrzeug vor ihr befunden habe.

 

Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 StVO eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

Im vorliegenden Fall sind die Angaben des als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten ausreichend, um der Beschuldigten eine konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung vorzuwerfen. Der Zeuge gab an, dass er ihr auf eine längere Strecke zwischen der Karlskirche und der Autobahnausfahrt Wattens auf der A 12 nachgefahren ist. Hierbei hielt er einen gleichbleibenden Abstand ein und fuhr laut des Tachos des von ihm gelenkten Dienstfahrzeuges 160 km/h. Es handelt sich hierbei nicht um einen geeichten Tacho. Auch wenn die vorgeworfene Übertretung nicht mit einem geeichten technischen Hilfsmittel gemessen wurde, ist doch davon auszugehen, dass die der Beschuldigten vorgeworfene Tat durch diese Aussagen und Angaben ausreichend konkretisiert werden kann.

 

Dem Vorbringen der Beschuldigten, dass ihr Fahrzeug nur bei einer sehr langen Beschleunigungsdauer auf eine Geschwindigkeit von 160 km/h kommen kann, ist entgegenzuhalten, dass dies nicht im Widerspruch zum vorliegenden Sachverhalt steht.

 

Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Bei der Wahl des richtigen Abstandes zum Vordermann werden stets die gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umstände zu berücksichtigen sein. Zumindest ist jedoch der Reaktionsweg einzuhalten. Reaktionsweg ist die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke. Die Reaktionszeit ist die Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung und beträgt ca. 1 Sekunde. Sie umfasst die Schrecksekunde und die eigentliche Reaktionszeit. Aufgrund dieser Vorgaben entspricht der Reaktionsweg in etwa der innerhalb einer Sekunde zurückgelegten Strecke. Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h ein Mindestabstand von 48 m zu wahren.

 

Im vorliegenden Fall hat die Beschuldigte jedoch den Mindestabstand auf einen Wert von ca. 4 bis 5 m minimiert.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist zum Teil erheblich, da durch die übertretenen Normen insbesondere Vorschriften, die der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sowie dem Schutz des Lenkers dienen, verletzt wurden.

 

Die Berufungswerberin hat fahrlässig gehandelt, wobei das Verschulden aufgrund der offensichtlichen Sorglosigkeit nicht nur geringfügig ist.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe bis zu 726,73 Euro (10.000,00 Schilling) ausgesprochen werden kann. Wenn man nunmehr das durchaus unterdurchschnittliche Einkommen der Berufungswerberin zugrunde legt, bestehen die von der Erstbehörde ausgesprochenen Strafen dennoch zu Recht. In Anbetracht des hohen Schutzinteresses der übertretenen Bestimmung sowie des erheblichen Unrechtsgehaltes erscheint sie durchaus schuld- und tatangemessen.

 

In Anbetracht der allgemeinen Verkehrssituation ist festzustellen, dass ein Großteil der auf Autobahnen verursachten Unfälle im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsüberschreitungen und Unterschreitungen von Mindestabständen stehen.

Schlagworte
Hintereinanderfahren, Abstand, gleichbleibender
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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