TE UVS Steiermark 2002/02/26 30.14-24/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der Frau C Sch, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 5.1.2001, GZ.: III/S-35.785/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde der Berufungswerberin zu Last gelegt, sie habe am 27.9.2000, gegen 16.30 Uhr, in G, T-K-S, Richtung Norden das Kraftfahrzeug zum linken Fahrbahnrand gelenkt, obwohl das Zufahren zum linken Fahrbahnrand auf einer Fahrbahn mit Gleisen von Schienenfahrzeugen verboten sei und es sich dabei um keine Einbahnstraße gehandelt habe.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 7 Abs 4 StVO verhängte die belangte Behörde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von ? 50,87 (S 700,--), im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von ? 5,09 (S 70,--) vorgeschrieben. In ihrem fristgerecht erhobenen Rechtsmittel knüpfte die Berufungswerberin im wesentlichen an ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren an. Die Berufungswerberin sei zu dem im östlichen Teil der T-K-S befindlichen nach § 53 Abs 1 Z 1a gekennzeichneten Parkstreifen (blaue Zone) zugefahren, um dort zu parken. Dieses Zufahren sei kein nach § 7 Abs 4 StVO verbotenes Zufahren gewesen, weil der Parkstreifen durch seine Widmung als Parkfläche nicht mehr der Fortbewegung von Fahrzeugen diene. Der Parkstreifen sei äußerlich durch eine bauliche Ausbuchtung und durch eine ununterbrochene Längsmarkierung von der Fahrbahn der T K abgegrenzt. Die blaue Begrenzungslinie des Parkstreifens sei einer Randlinie gleichzusetzen. Über eine Randlinie hinaus dürfe aber selbst nach der im Straferkenntnis vertretenen Meinung auf einer Vorrang- oder/und Schienenstraße nach links zugefahren werden. Die gegenteilige Ansicht würde im Übrigen zum Ergebnis führen, dass im gesamten Stadtgebiet praktisch kein Fahrzeuglenker nach links zu einer blauen Zone zufahren könne. Die Berufungswerberin stellte den Antrag, das gegen sie eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Am 6.2.2002 fand vor Ort eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Berufungswerberin als Partei vernommen und der seinerzeitige Meldungsleger als Zeuge zur Sache befragt worden ist. Weder das Fahrverhalten der Berufungswerberin noch der Abstellort des Fahrzeuges waren strittig. Auf Grund der Ergebnisse des Ortsaugenscheines werden zur Tatörtlichkeit nachstehende Feststellungen getroffen:

Die T-K-S in G ist eine asphaltierte, in beide Fahrtrichtungen befahrbare Vorrangstraße, die über zwei im mittleren Bereich der Fahrbahn verlaufende Gleiskörper verfügt. Im Bereich des Hauses T-K-S befindet sich linker Hand - in Fahrtrichtung Norden gesehen - eine Kurzparkzone mit Schrägparkplätzen, die mit den entsprechenden Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13d und Z 13e StVO kundgemacht und zusätzlich durch blaue Bodenmarkierungen gekennzeichnet worden ist. Im Übergang zwischen Fahrstreifen und Parkzone befindet sich ein parallel in Längsrichtung zum Fahrstreifen verlaufendes etwa 40 cm breites, mit Pflastersteinen ausgestaltetes Rigol ohne Niveauunterschied. Den linken Fahrbahnrand der T-K-S bildet der zwischen der Kurzparkzone und den Gebäudefronten verlaufende Gehsteig, der sich gegenüber dem Fahrbahnniveau mit einer üblichen, etwa 15 cm hohen Gehsteigkante baulich abhebt. Die Berufungswerberin fuhr zur besagten Zeit mit dem schon näher bezeichneten PKW die T-K-S in G in Fahrtrichtung Norden. Auf Höhe des Hauses T-K-S lenkte sie ihr Fahrzeug zum linken Fahrbahnrand der T-K-S und stellte den PKW auf einem der Schrägparkplätze der Kurzparkzone ab. RI A L beanstandete dieses Fahrverhalten vorerst wegen des Überfahrens einer Sperrlinie. Nachdem diese Übertretung nicht haltbar war - die Sperrlinie an dieser Örtlichkeit war gänzlich abgefahren und am Asphalt nicht mehr sichtbar - wurde der Berufungswerberin ein verbotenes Zufahren zum linken Fahrbahnrand auf einer Vorrangstrafe vorgehalten. Dieser Tatvorwurf ist dem Grunde nach berechtigt. Den von der Berufungswerberin vorgebrachten Argumenten ist - gerade unter Einbezug der von ihr zitierten Judikatur - aus rechtlicher Sicht nachstehendes entgegenzuhalten. § 7 Abs 4 StVO im hier maßgeblichen Umfang bestimmt, dass bei starkem Verkehr, auf unübersichtlichen Straßenstellen, auf Vorrangstraßen im Ortsgebiet und auf Fahrbahnen mit Gleisen von Schienenfahrzeugen das Zufahren zum linken Fahrbahnrand, außer in Einbahnstraßen, verboten ist. Diese Vorschrift soll gewährleisten, dass der zweispurig fließende Verkehr auf stärker befahrenen Vorrangstraßen im Stadtgebiet mit Schienenverkehr nicht unnötig gestört oder gar behindert wird. Das Zufahren zum linken Fahrbahnrand und das Abfahren vom linken Fahrbahnrand im Sinne des § 7 Abs 4 StVO setzt ein Halten oder Parken des Fahrzeuges am linken Fahrbahnrand voraus. Das Zufahren in eine auf der linken Straßenseite gelegene Haus- oder Grundstückseinfahrt (ZVR 1967/57) und das Zufahren zu einem jenseits des linken Fahrbahnrandes gelegenen Landfläche (ZVR 1981/79, zitiert in ZVR 183/324, wo die Landfläche als Parkfläche wiedergegeben wird) werden vom Verbot des § 7 Abs 4 StVO nicht umfasst. Gleichfalls nicht verboten ist ein Befahren von außerhalb der Fahrbahn gelegenen - durch Begrenzungslinien abgegrenzten - anderen Verkehrsflächen. Im Falle der in der ZVR 1986/26 zitierten Entscheidung des OGH waren es neben der Fahrbahn verlaufende Abstellstreifen, durch hellere Färbung gekennzeichnete Seitenstreifen. Auf diese Ausnahmetatbestände, die alle auf ein Hinausfahren über dem linken Fahrbahnrand, somit auf ein Verlassen der Fahrbahn abstellen, kann sich die Berufungswerberin nicht stützen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 StVO umfasst der Begriff Fahrbahn den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße. Dazu zählen grundsätzlich alle befahrbaren Teile der Straße, sofern nicht die Widmung bestimmter Teile ausschließlich für andere Zwecke auffällig ist. Zur Fahrbahn zählen nach der Judikatur der Höchstgerichte demnach auch Fahrstreifen, Parkstreifen, Radfahrstreifen. Schutzinseln, Haltestellenbereiche für Omnibusse, Ausweichstellen und Autobusbuchten. Als Parkstreifen werden gemäß § 25 Abs 3 der Bodenmarkierungsverordnung jene Flächen bezeichnet, die je nach den räumlichen Gegebenheiten am Fahrbahnrand oder innerhalb der Fahrbahn einer Straße oder eines Platzes der reihenförmigen Aufstellungen von Fahrzeugen dienen. In diesem Sinne liegt ein zur Fahrbahn gehörender Parkstreifen auch dann vor, wenn die Parkfläche unmittelbar und ohne deutliche Niveauunterschiede an den Fahrstreifen anschließt. Ein mit einem Hinweiszeichen "Parken" gemäß § 53 Abs 1 Z 1a StVO versehener Parkstreifen wird nicht zum Fahrstreifen (ZVR 1989/179), wohl aber zum weiter gefaßten Begriff der Fahrbahn gezählt. Ob der Parkstreifen als Kurzparkzone ausgewiesen ist, ist nicht maßgeblich. Der Fahrbahnrand wird erst durch objektive Merkmale, wie zB durch einen Gehsteigrand, durch große Pflastersteine, Grünflächen und dergleichen oder aber durch Rand- und Begrenzungslinien gebildet. Wasserrinnen (Rigole) oder gegenüber der Asphaltdecke gepflasterte Randstreifen ohne erkennbaren Niveauunterschied können nach der Judikatur der Höchstgerichte nicht als Fahrbahnrand angesehen werden (ZVR 1981/260). Bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall ist daher die von der Berufungswerberin gewählte Abstellfläche als Teil der Fahrbahn zu qualifizieren. Eine blaue Bodenmarkierung im Sinne des § 25 Abs 2 StVO ist keine Begrenzungslinie im Sinne des § 55 Abs 3 StVO - und ihr auch nicht gleichzusetzen. Gemäß § 55 Abs 6 StVO sind Bodenmarkierungen mit einer hier nicht relevanten Ausnahme in weißer Farbe auszuführen. Die farbliche Gestaltung der Längsmarkierung ist nicht beiläufig, sondern - schon aus Gründen der Rechtssicherheit - ausschlaggebend für ihren Kundmachungswert. Der linke Fahrbahnrand der T-K-S in Fahrtrichtung Norden wird erst durch die baulich mit einem Niveauunterschied ausgestattete Gehsteigkante gebildet. Das Zufahren zum linken Farbahnrand der T-K-S, um das Fahrzeug in einer dort befindlichen Kurzparkzone abzustellen, verstieß daher gegen die Bestimmung des § 7 Abs 4 StVO. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Diese beiden Voraussetzungen liegen bei der Berufungswerberin vor. Frau Sch C präsentierte sich dem Senat als eine mit einem hohem Rechtsbewusstsein ausgestattete Person, die sich bei ihrer bisherigen Teilnahme am Verkehrsgeschehen - sie ist gänzlich unbescholten - nichts zu Schulden kommen hat lassen. Wie die Berufungswerberin glaubhaft versicherte, sei sie der Meinung gewesen, ihr Linkszufahren zu einem "extra ausgewiesenen Parkplatz" sei zulässig, zumal sie sich deutlich an entsprechende Ausführungen ihres Fahrschullehrers erinnern habe können. Daher bleibt das Verhalten der Berufungswerberin hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück. Nachteilige Folgen der Tat sind keine anzuführen. Insbesondere ist nicht hervorgekommen, dass das Fahrverhalten der Berufungswerberin zu einer wie immer gearteten Behinderung des Verkehrs geführt hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
zufahren linker Fahrbahnrand Fahrbahn blaue Bodenmarkierung Parkstreifen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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