TE UVS Niederösterreich 2002/03/14 Senat-NK-01-0005

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Veröffentlicht am 14.03.2002
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Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird die Einstellung

des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ bekämpften

Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft X über Frau H**** U********gestützt auf § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten und

von Untersuchungsgebühren ausgesprochen. Angelastet wurde Frau U********, dass sie

am 13.3.2000 in G********** durch Bereithalten im Auslieferungslager und somit durch

Inverkehrbringen der Ware ?Hirsecremesuppe ? Suppen (ausgenommen mit Fleisch oder

Geflügelfleisch)? gegen die Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung

verstoßen habe. Dies deswegen, da das Lebensmittel die nährwertbezogene Angabe

?salzarm? aufgewiesen habe und gemäß § 4 Nährwertkennzeichnungsverordnung

nährwertbezogene Angaben nur dann zulässig sind, wenn sie sich auf den Brennwert, auf

in § 3 Abs1 litb NWKV genannte Nährstoffe oder auf Stoffe, die einer der in § 3 Abs1 litb

genannten Nährstoffgruppe angehören oder deren Bestandteile bilden, beziehen. Salz sei

aber weder in § 3 Abs1 litb angeführt noch bilde es einen Bestandteil der dort genannten

Stoffe bzw. Stoffgruppen.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Hinweis, dass es

verwunderlich sei, dass es für eine österreichische Behörde uninteressant sei, welche

Vorgänge im gemeinsamen EU-Raum stattfinden. Von den obersten Instanzen des Landes werde immer wieder betont, welchen Riesenvorteil die österreichische Wirtschaft

durch den EU-Beitritt erhalten habe. Großhändler aus dem EU-Raum, hauptsächlich

Deutschland, könnten straffrei die gleichen Produkte in österreichische

Einzelhandelsgeschäfte liefern. Auf jeden Fall müsste die Behörde die Situation erst

prüfen und vor einer Bestrafung eine Richtigstellung anordnen oder

den im EU-Raum

befindlichen Hersteller strafen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat am 5.11.2001 eine öffentliche

mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch

Vorbringen der Berufungswerberin und Einsicht in den gesamten erstund

zweitinstanzlichen Verwaltungsstrafakt erfolgte.

 

Auf Grund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Am 13.3.2000 wurde von der nunmehrigen Berufungswerberin in G***********, M**********

7, das Produkt ?Hirsecremesuppe ? Suppen (ausgenommen mit Fleisch oder

Geflügelfleisch)? im Auslieferungslager bereitgehalten. Dieses Produkt war ? ohne weitere

Verarbeitung ? für den Letztverbraucher bestimmt.

 

Auf dem Etikett befand sich ua folgender Hinweis: ?salzarm?. Das verfahrensgegenständliche Produkt wurde von einem Drittunternehmen an die

nunmehrige Berufungswerberin geliefert.

 

Diese Sachverhaltsfeststellung ist einerseits unbestritten und steht

andererseits auch im Einklang zur Aktenlage.

 

In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß § 3 Abs 1 Nährwertkennzeichnungsverordnung ist eine Nähwertkennzeichnung

jede in der Etikettierung aufscheinende Angabe über

 

a)

den Brennwert (Energiewert),

b)

den Gehalt an Eiweiß (Proteinen), Kohlehydraten, Fett,

Ballaststoffen, Natrium und den

in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in

signifikanten

Mengen vorhandenen Vitaminen oder Mineralstoffen.

 

Gemäß § 3 Abs 2 NWKV ist eine nährwertbezogene Angabe jede beim Inverkehrbringen

von Lebensmitteln erscheinende Angabe, Darstellung oder Aussage, mit der erklärt,

suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere

Nährwerteigenschaften besitzt, weil es Energie liefert, in vermindertem bzw in erhöhtem

Maß liefert oder nicht liefert oder weil es Nährstoffe enthält, in verminderter bzw erhöhter

Menge enthält oder nicht enthält. Angaben oder Hinweise auf den Alkoholgehalt eines Lebensmittels sind keine nährwertbezogenen Angaben gemäß dieser Verordnung.

 

Gemäß § 4 NWKV sind Angaben im Sinne des § 3 Abs 2 nur dann zulässig, wenn sie sich

auf den Brennwert, auf in § 3 Abs 1 litb genannte Nährstoffe oder auf Stoffe, die einer der

in § 3 Abs 1 litb genannten Nährstoffgruppen angehören oder deren Bestandteile bilden,

beziehen. Im § 3 Abs 1 litb NWKV ist Natrium (Na) erwähnt, nicht jedoch Natriumchlorid

(NaCl). Letztgenannter Stoff ist ident mit Kochsalz. Diese Bestimmungen der

österreichischen Nährwertkennzeichnungsverordnung stellen die innerstaatliche

Umsetzung der Richtlinie 90/496/EWG des Rates vom 24. September 1990 über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln dar. Die §§ 3 und 4 der österreichischen

NWKV finden daher in der genannten Richtlinie, insbesondere in Art 1

Abs 4 und Art 3 ihre

Deckung.

 

Wenngleich Natrium lediglich ein Bestandteil von Kochsalz und somit mit diesem nicht

ident ist, darf nicht übersehen werden, dass in der deutschsprachigen Fassung der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG des Rates vom 24.9.1999 ? anders

lautend zur französisch- und englischsprachigen Fassung ? in Art 4

Abs 2 und Art 6 Abs 1

von ?Kochsalz (Natrium)? die Rede ist.

 

Durch teleologische Interprätation ist das Ziel des Richtliniengebers dahingehend

erkennbar, dass für Personen mit erhöhtem Blutdruck ein Hinweis geschaffen werden

sollte, dass ein Produkt natriumarm ist. Gerade dies wird mit der Angabe ?salzarm?

verwirklicht. Bei der verfahrensgegenständlichen Angabe ?salzarm? handelt es sich daher

um eine zulässige nährwertbezogene Angabe. Diese Rechtsmeinung der Berufungsbehörde steht auch im Einklang mit der Rechtsansicht des Bundesministeriums

für soziale Sicherheit und Generationen (Erlass GZ 31.901/51-IX/B/12/0 vom 31.8.2000).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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