TE UVS Steiermark 2002/04/10 30.14-35/2001

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Veröffentlicht am 10.04.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der Frau R E, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. C K, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, vom 13.2.2001, GZ.: 15.1 2715/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 4,36 (S 60,--) binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin vorgehalten, sie habe am 3.6.2000 um 13.10 Uhr in T, auf dem Radweg, auf Höhe des Einfamilienhauses T, während der Fahrt mit einem Fahrrad ihren einjährigen Rügen der Rasse Malinois, namens D, mit der rechten Hand an der Leine gehalten.

Wegen Übertretung der Vorschrift des § 99 Abs 3 lit f StVO verhängte die belangte Behörde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von S 300,-- (? 21,80), im Uneinbringlichkeitsfalle 8 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 30,-- (? 2,18) vorgeschrieben. Dagegen erhob R E fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, sie habe nicht, wie in der Strafanzeige behauptet, gegen die Bestimmung des § 68 StVO, welche das Verhalten von Radfahrern regelt, verstoßen. Die Vorschrift des § 99 Abs 3 lit f StVO finde wiederum nur auf das Fahren mit Kraftfahrzeugen und nicht auch auf das Fahren mit Fahrrädern Anwendung.

Vorsichtshalber wird eingewendet, dass - ausgehend von einem tatbildmäßigen Verhalten - gemäß § 21 VStG eine mangelnde Strafwürdigkeit der Tat vorliege. Die Berufungswerberin habe ihren Hund D nur kurz an der Leine geführt. Es sei durch diesen Vorfall keinerlei Schaden entstanden und sei ihr Verschulden sehr gering. Die Berufungswerberin beantragte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die ergänzende Einvernahme der Berufungswerberin sowie die Durchführung eines Augenscheines. Am 10.4.2002 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung statt, zu der nur die Rechtsvertreterin der Berufungswerberin erschienen ist. Diese entschuldigt die Berufungswerberin aus persönlichen Gründen. Der Sachverhalt, wie er sich laut dem Straferkenntnis darstellt, bleibt unbestritten, weshalb kein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen war. Aufgrund der Aktenlage werden folgende Feststellungen getroffen:

Am 3.6.2000 gegen 13.10 Uhr fuhr die Berufungswerberin an der im Straferkenntnis angeführten Örtlichkeit mit ihrem Fahrrad und hielt während dieser Fahrt einen Hund an der Leine. Plötzlich rannte ein zweiter Hund, von einer Wiese kommend, auf die Radfahrerin zu und attackierte ihren Hund. Dabei kam die Berufungswerberin zu Sturz.

Die rechtliche Beurteilung unter Einbezug der Verantwortung der Berufungswerberin ergibt Folgendes:

Gemäß § 99 Abs 3 lit f StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu ? 726,73 (S 10.000,--), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer - mit einer hier nicht maßgeblichen Ausnahme - Tiere während der Fahrt an einer Leine hält oder an Fahrzeuge anhängt, um sie mitlaufen zu lassen.

Diese Vorschrift richtet sich - und dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes - an alle Fahrzeuglenker, damit auch an Radfahrer. Von Kraftfahrzeugen ist in dieser Bestimmung nicht die Rede. Das Verhalten der Berufungswerberin war tatbildmäßig; ihr wurde daher zu Recht die Missachtung des § 99 Abs 3 lit f StVO vorgehalten. Eine Übertretung nach § 68 StVO - diese Vorschrift scheint nur in der bezughabenden Anzeige des Gendarmerieposten Trieben vom 18.6.2000 auf - war nicht Gegenstand des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die von der belangten Behörde vorgenommenen Strafzumessung entspricht den Vorgaben des § 19 Abs 1 und 2 VStG. Die in Rede stehende Bestimmung verfolgt den Zweck, Unfälle zu vermeiden. Gerade durch das festgestellte Geschehen ist jener negative Erfolg - Sturz der Radfahrerin - eingetreten, der durch die Einhaltung der Bestimmung von vorneherein vermieden werden hätte sollen. Aus subjektiver Sicht muss der Berufungswerberin zumindest Fahrlässigkeit vorgehalten werden. Selbst dann, wenn ihr die konkrete Norm der StVO im Anwendungsumfang nicht geläufig gewesen sein soll, wird ihr jedenfalls als Hundebesitzern bekannt sein, dass spontaner, unkontrollierbarer Kontakt zwischen Hunden nicht vermeidbar ist. Dass darin gerade für Radfahrer, die einen Hund an der Leine führen, eine potenzielle Sturzgefahr liegt, bedarf keiner besonderen Erklärung. Es liegen weder Milderungs-, noch Erschwerungsgründe vor. Die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin (Hausfrau, in Betreuung eines Familienangehörigen, gemeinsame Bestreitung des Unterhaltes durch eine Pension von monatlich ? 1.443,46) rechtfertigen für sich keine Strafherabsetzung, zumal die Strafe ohnehin im untersten Bereich angesiedelt ist und die Strafe die Berufungswerberin darauf hinweisen soll, dass das Halten von Tieren an der Leine während der Radfahrt nicht zulässig ist. Die Voraussetzungen des § 21 VStG - Absehen von der Strafe - liegen schon deshalb nicht vor, weil die Folgen der Tat (Sturzgeschehen) nicht mehr als unbedeutend bezeichnet werden können. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 VStG. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Auslegung Verbot Radfahrer
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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