TE UVS Niederösterreich 2002/04/17 Senat-KR-02-3001

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Veröffentlicht am 17.04.2002
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Spruch

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG 1991 eingestellt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft x hat mit Bescheid vom ******2001, Zl 3-***-01, Herrn Dr K K für schuldig befunden, dass er am ****2001, 17,45 Uhr, im Ortsgebiet von S****, über die B *, R**************, H********** und M******** zum K***********, die Straße zu anderen Zwecken als zu solchen der Straßenverkehrs (Aufmarsch von 32 maskierten Personen) ohne Bewilligung benützt hat.

 

Wegen Übertretung § 82 Abs 1 StVO wurde gemäß § 99 Abs 3 lit d StVO 1960 eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt.

 

Gemäß § 64 VStG wurden S 80,-- als Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren vorgeschrieben.

 

Die Erstbehörde hat das Straferkenntnis auf die dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes gestützt.

 

In der dagegen eingebrachten Berufung führt der Beschuldigte aus, dass er keine Verkehrsbehinderung verursacht habe. Sie seien im Gänsemarsch durch die Straße gegangen. Eine Absicherung sei nicht verkehrsnotwendig gewesen. Sie hätten den normale Straßenrand und den vorhandenen Gehsteig benützt. Es könne sein, dass durch die Schmalheit der Straße abschnittsweise ein Passieren schwer möglich gewesen sei. Es habe sich um keinen Aufmarsch, sondern um ein normales Gehen am Fahrbahnrand gehandelt. Die Einladung sei von einer S****** Gastwirtin ausgesprochen worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Gemäß § 82 Abs 1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

§ 86 StVO 1960 lautet:

 

Sofern eine Benützung der Straße hiefür in Betracht kommt, sind, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, Versammlungen unter freiem Himmel, öffentliche oder ortsübliche Umzüge, volkstümliche Feste, Prozessionen oder dergleichen von den Veranstaltern drei Tage, Leichenbegräbnisse von der Leichenbestattung 24 Stunden vorher der Behörde anzuzeigen.

 

Nach der Anzeige des Gendarmeriepostens **** S**** marschierte am ****2001, um 17,45 Uhr, eine aus 32 Personen bestehende maskierte Perchtengruppe im Ortsgebiet von **** S****, B *, Strkm ***,*** weg. Von dort bewegte sich die Gruppe in einer Zweierreihe über die B *, R**************, H********** und M******** zum K*********** in S****. In der Dauer von ca 30 Minuten wurden vor der Kirche Tänze aufgeführt. Während der Vorführung hat ein Mitglied der Gruppe lautstark eine Trommel geschlagen. Anschließend bewegte sich der Zug vom K*********** über die S********** zum Schloss S****. Dort fand abermals eine Vorführung bis 18,45 Uhr statt. Um 19,00 Uhr bewegte sich der Zug, unter Gendarmeriebegleitung, wieder zurück zur B *, R***************** in S****, wo der Zug gegen 19,10 Uhr eintraf. Durch die Marschformation wurde der Fahrzeugverkehr erheblich beeinträchtigt. Eine Vorbeifahrt bzw Überholen war nicht möglich. Die Marschformation wurde durch vorausgehende Fackelträger abgesichert.

 

Der Berufungswerber hat im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt, dass es sich bei der Veranstaltung um einen Perchtenlauf gehandelt habe, der in den vergangenen Jahren bereits mehrmals in verschiedenen Orten Niederösterreichs von verschiedenen Gruppen durchgeführt worden sei. Er sei über Einladung der Wirtin des Lokales ?S*********? in S****, D********* *, dort aufhältig gewesen. Vom Lokal seien sie zum K*********** in S**** gegangen. Es hätten keine Fahrzeuge ausweichen oder anhalten müssen. Wie bei allen ?Perchtenläufen? üblich und beabsichtigt, hätte dieser Lauf auch der Vertreibung der ?bösen Wintergeister? gedient. Dieser Perchtenlauf sei unentgeltlich und seiner Meinung nach zur Freude aller Zuschauer erfolgt.

 

Unbestritten ist, dass am ****2001, gegen 17,45 Uhr, eine größere maskierte Personengruppe (Perchten) im Ortsgebiet von S****, über die B *, R**************, H********** und M********* bis zum K*********** unterwegs war. Dieser ?Perchtenlauf? erfolgte unbestrittenermaßen zur Faschingszeit und sind solche oder ähnliche Veranstaltungen zu dieser Zeit durchaus üblich. Die Personen sind zweckorientiert und organisiert marschiert, sodass von einem öffentlichen Umzug im Sinne des § 86 StVO gesprochen werden kann. Derartige Veranstaltungen sind jedenfalls drei Tage vorher der Behörde anzuzeigen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist jedoch keine Bewilligung nach § 82 Abs 1 StVO 1960 erforderlich, sondern besteht lediglich eine rechtzeitige Anzeigeverpflichtung, damit die Behörde die entsprechenden straßenpolizeilichen Vorkehrungen treffen kann. Dass dies notwendig war, geht aus der Anzeige des Gendarmeriepostens S**** hervor und ist in Anbetracht der Anzahl der maskierten Teilnehmer nachvollziehbar. Da der dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatbestand nicht erfüllt war, war das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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