TE UVS Steiermark 2002/07/10 30.3-36/2002

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Veröffentlicht am 10.07.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des C A, vertreten durch Mag. Dr. M F, Rechtsanwältin in D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22. Mai 2002, GZ.: 15.1 9166/2001, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt.

Text

In dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 18. Juli 2001, um 11.15 Uhr, in U, auf der A2, bei der Raststation K, den Pkw gelenkt und dadurch eine mautpflichtige Bundesstraße benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Bei einer Kontrolle sei festgestellt worden, dass bei der angebrachten Jahresvignette bereits das Sicherheitsmerkmal "Adler" zum Vorschein kam. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz (BStFG) iVm § 13 Abs 1 leg cit begangen. Hierfür wurde gemäß § 13 Abs 1 BStFG eine Verwaltungsstrafe von ? 218,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurden die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von ? 21,80 vorgeschrieben.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde angeführt, dass durch die Einholung eines Gutachtens hätte geklärt werden können, dass die sich auf dem Fahrzeug des Berufungswerbers befindliche Jahresvignette nicht manipuliert wurde bzw nicht bereits zuvor an einem anderen Fahrzeug Verwendung gefunden habe. Nur solche Jahresvignetten, welche das Wort "ungültig" ersichtlich machen, wären als nicht mehr ordnungsgemäß angebracht iSd BStFG sowie der Mautordnung der ÖSAG anzusehen.

Auf Grund des Akteninhaltes konnte folgender Sachverhalt festgestellt werden: Am 18.07.2001 um 11.15 Uhr wurde anlässlich einer Zollkontrolle auf dem Autobahnparkplatz K festgestellt, dass bei der am Fahrzeug des Berufungswerbers angebrachten Jahresvignette bereits das Sicherheitsmerkmal "Adler" hervorgetreten war. Die Vignette war weder eingerissen noch war sie in ihrem Umfang beeinträchtigt. Die entsprechende Jahresvignette war eine Vignette der Klasse B mit der Nr. 08849579 und wurde am 30.04.2001 von der Fa. G D, Ing. L N-Str., F angebracht (Bestätigung der Firma P G D vom 19. Juli 2001). Der Nachweis über die Entrichtung der zeitabhängigen Maut für mautpflichtige Autobahnen und Schnellstraßen wird nach § 7 Abs 1 BStFG durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug erbracht. Über die Beschaffenheit der Vignetten (äußere Gestalt, Farbgebung, Beschriftung, Material) enthält das BStFG keine ausdrückliche Regelung. Laut § 7 Abs 8 BStFG hat die Autobahn- und Schnellstraßen-FinanzierungsAG (ASFINAG) in der Mautordnung (MautO) Festlegungen über die Beschaffenheit und Anbringung der Vignetten am Fahrzeug zu treffen. Ziffer 8 der MautO enthält diesbezüglich die Grundsatzregel, wonach Vignetten "nach Ablösung von der Trägerfolie innen direkt auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt" aufzukleben sind. Auf die Frage, was geschehen soll, wenn eine Mautvignette zerstört wird, gibt § 7 Abs 9 BStFG eine Antwort: Bei Zerstörung einer Vignette besteht danach die Pflicht, vor der nächsten mautpflichtigen Straßenbenützung eine Ersatzvignette am

Fahrzeug anzubringen . Was als

"Zerstörung einer Vignette" iSd § 7 Abs 9 BStFG zu verstehen ist, lässt sich weder aus dem BStFG noch aus der MautO erkennen. Die Lehre (Stolzlechner/Kostal, Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, in ZVR 1999 H 5A, 1f) definiert die "Zerstörung" als "jede Art der Vernichtung bzw Unkenntlichmachung einer Vignette, wie zB durch Zertrümmerung der Windschutzscheibe oder Ablösung infolge Reinigung". Laut telefonischer Auskunft der Ö könnte es sich im vorliegenden Fall durchaus um einen Produktionsfehler handeln, eine genaue Analyse der Vignette ist aber nur nach Vorlage der Original - Vignette inklusive Trägerfolie und des Abschnittes über den Kaufnachweis möglich. Ohne Vorlage der Trägerfolie ist eine entsprechende Überprüfung jedoch nicht möglich. Das oa Telefongespräch hat auch ergeben, dass es keine Festlegung in einem Gesetz oder einer Verordnung gibt, aus der entnommen werden kann, ab welchem Grad der Entwertung bzw welche Merkmale auslösen müssen, damit eine Vignette als ungültig anzusehen ist. Auch wenn die Ö in Zweifelsfällen auf den Text ihrer Homepage verweist, ist zu betonen, dass der Text einer Internet-Seite für das verwaltungsstrafrechtliche Verfahren völlig irrelevant ist, da dieses sich nur auf die Bestimmungen der MautO stützen kann. Der Rechtsunterworfene kann als Grundlage für seine Vorgangsweise bei der Entrichtung der Autobahnmaut nur das BStFG und die Mautordnung heranziehen, keinesfalls ist er verpflichtet weitere Quellen (Literatur, Internetseiten) zu konsultieren. Da somit den betreffenden Gesetzesstellen nicht eindeutig entnommen werden kann, ob es sich im vorliegenden Fall um eine "ungültige" Vignette handelt, lässt der Sachverhalt keine ausreichend konkrete Darlegung der pönalisierten Handlung erkennen. Auch ist die unternehmensinterne Verwaltungspraxis der Ö, jede Vignette bei der ein Sicherheitsmerkmal auslöst für ungültig anzusehen, nicht geeignet als Grundlage für eine Verwaltungsstrafe zu dienen. Es konnte daher dem Berufungsantrag stattgegeben werden und war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden, da die Vignette (siehe Farbkopie) gültig war.

Schlagworte
Mautvignette Entrichtung Ungültigkeit Sicherheitsmerkmal Adler Rechtsquellen Erkundigungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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