TE UVS Steiermark 2002/07/10 30.16-82/2002

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Veröffentlicht am 10.07.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn O A M, vertreten durch Dr. K P, Rechtsanwalt in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 19.4.2002, GZ.: 15.1 1996/2001, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 und 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt:

Tatzeit: 8.3.2001, 06.10 Uhr

Tatort: LKH Rottenmann

Betroffenes KFZ: PKW

Ihre Funktion: Beschuldigter

1. Übertretung

Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Sie haben sich nach Aufforderung geweigert, sich Blut abnehmen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, dass sie das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben. Die Verweigerung erfolgte am 8.3.2001 um 06.10 Uhr in Rottenmann, Landeskrankenhaus."

Wegen Verletzung des § 99 Abs 1 lit c iVm. § 5 Abs 6 StVO wurde über ihn daher gemäß § 99 Abs 1 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 1.162,77, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 16 Tagen verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der zunächst ausgeführt wird, dass Herr H R eindeutig zugegeben habe, dass er das Fahrzeug lenkte, weshalb feststehe, dass der Berufungswerber jedenfalls für ein Lenken des Fahrzeuges und für eine dementsprechende Vermutung überhaupt nicht in frage komme. Im Übrigen wäre ein ordnungsgemäßes Verwaltungsstrafverfahren innerhalb der Verjährungsfrist im Zusammenhang mit der Bezeichnung des Beschuldigten nicht eingeleitet worden. Es werde beantragt die meldungslegenden Beamten zur zeugenschaftlichen Einvernahme zu laden, überdies Herrn R zum Beweis dafür, dass dieser das Fahrzeug lenkte, sodass jegliche Anschuldigungen gegenüber dem Berufungswerber völlig verfehlt wären. Schließlich werde beantragt, der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hatte unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Auf der Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsstrafaktes der Behörde I. Instanz werden zunächst folgende Feststellungen getroffen:

Nach einem schweren Verkehrsunfall mit Personenschaden, der sich am 8.3.2001 gegen 05.00 Uhr auf dem Zubringer zur A 9 im Gemeindegebiet L ereignete und in den auch der PKW mit dem behördlichen Kennzeichen verwickelt war, herrschte zunächst für die erhebenden Gendarmeriebeamten, dies vor allem aufgrund des Verhaltens und der Angaben verschiedenster offenbar unfallbeteiligter Personen, zu welchen auch der nunmehrige Berufungswerber gehörte, keine Klarheit darüber, wer eigentlich tatsächlich der Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges war. Noch ehe der tatsächliche Lenker des Fahrzeuges, Herr H R eruiert werden konnte, ordnete der vom Meldungsleger RI S telefonisch informierte, diensthabende Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft L an, dass bei allen Insassen des PKW- der Berufungswerber war einer davon - eine Blutabnahme zwecks Bestimmung des Blutalkoholwertes zu veranlassen ist und alle Personen wegen Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr wegen des Verdachts des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4/2 StGB vorläufig in Verwahrung zu nehmen sind. Der Berufungswerber, der laut Anzeige beim gegenständlichen Verkehrsunfall (nur) Hautabschürfungen erlitten hat, wurde sodann, nachdem er in das LKH R verbraucht worden war, von GI H ebendort zur Blutabnahme aufgefordert und verweigerte diese am 8.3.2001 um 06.10 Uhr im LKH R. In rechtlicher Hinsicht ist somit auszuführen:

Gemäß § 5 Abs 6 StVO (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß Abs 4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen. Gemäß § 5 Abs 4a StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen. Laut § 99 Abs 1 lit c begeht eine Verwaltungsübertretung und

ist mit einer Geldstrafe von ? 1162,77 bis ? 5813,83, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2 bis 6 Wochen zu bestrafen (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Für die erkennende Behörde steht ungeachtet der Tatsache, dass sich (auch) in der Strafanzeige des LGK für Steiermark - Autobahngendarmerie, T, vom 15.4.2001 diesbezüglich nicht der geringste Hinweis findet, fest, dass seitens der belangten Behörde - möglicherweise gerade deshalb - ausschließlich davon ausgegangen wurde, dass der Berufungswerber, der im Auftrag der Staatsanwaltschaft angeordneten Blutabnahme, zu der er durch GI H aufgefordert wurde, nicht nachgekommen ist bzw. eine solche im Sinne des Tatvorwurfs verweigert hat. Dieses Verhalten des Berufungswerbers wurde in objektiver Hinsicht dem § 5 Abs 6 StVO subsumiert und dieser hiefür wie ausgeführt nach § 99 Abs 1 (richtig: § 99 Abs 1 lit c StVO) bestraft. Bei einer solchen Vorgangsweise verkennt jedoch die belangte Behörde zunächst, dass die einschlägigen Bestimmungen des § 5 StVO weder die Zulässigkeit der Durchführung einer Blutabnahme (auf Anordnung eines Staatsanwalts) schlechthin regeln noch eine Strafsanktion für eine allfällige Weigerung zu einer auf dem beschriebenen Wege verlangten bzw. zu einer solchen aufgeforderten Blutabnahme vorsehen. Vielmehr verweist § 5Abs 6 StVO ausdrücklich auf Personen, die gemäß Abs 4a ua. zu einem Arzt gebracht werden. Wie bereits ausgeführt hat aber einem solchen Verbringen durch Organe der Straßenaufsicht ua. jedenfalls vorauszugehen - nach Ansicht der Berufungsbehörde sogar als ein einem allfälligen Beschuldigten vorzuhaltendes Tatbestandselement einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 6 StVO im Sinne des § 44 a Z 1 VStG - dass eine Untersuchung eines Probanden gemäß § 5 Abs 2 StVO (Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt) aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war. Neben der Tatsache, dass der Berufungswerber beim verfahrensgegenständlichen Unfall im Gegensatz zu den übrigen unfallbeteiligten Personen lediglich Hautabschürfungen erlitten hat und sich, wie bereits ausgeführt, ferner in der überaus umfangreichen Strafanzeige kein Hinweis darauf findet, dass dem Berufungswerber allenfalls die Durchführung einer Atemluftuntersuchung aus medizinischen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen sein könnte, ganz im Gegenteil sprechen doch gerade die Ausführungen in der zitierten Anzeige, wonach (auch) der Berufungswerber die Einsatzkräfte beschimpft und anschließend die Ärzte und das Pflegepersonal im LKH R beflegelt hat, sowie der Hinweis darauf, dass auch der Berufungswerber am 8.3.2001 in Verwahrungshaft genommen wurde, gegen das Vorliegen einer Unmöglichkeit zur Durchführung eines Alkotests und der Beatmung eines Alkomaten. In diesem Zusammenhang ist ferner festzustellen, dass eine Aufforderung an den Berufungswerber seine Atemluft auf das Vorhandensein eine Alkoholgehaltes untersuchen zu lassen offensichtlich nie erfolgt ist. Schließlich spricht auch die Tatsache, dass die erhebenden Gendarmeriebeamten zwar deutliche Alkoholisierungsmerkmale beim Berufungswerber festgestellt haben, diesen, wie gerade zuvor ausgeführt der Aktenlage nach, nicht von sich aus zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert haben, sondern erst über Aufforderung des diensthabenden Staatsanwalts sogleich zu einer Blutabnahme nach Ansicht der Berufungsbehörde dafür, dass die zitierten gesetzlichen Voraussetzungen zur Aufforderung, sich Blut abnehmen zu lassen, im Anlassfall keineswegs vorlagen, weshalb die offensichtlich erfolgte Weigerung hiezu durch den Berufungswerber keine Verwaltungsübertretung darstellt bzw. keine Sanktionen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht diesbezüglich nach sich ziehen konnte. Ergänzend dazu ist noch auf die erläuternden Bemerkungen die StVO-Novelle 1997 betreffend ausdrücklich hinzuweisen. Demnach wurde bereits durch die 19. StVO- Novelle das Prinzip eingeführt, dass primär die Atemalkoholkontrolle zur Bestimmung einer möglichen Alkoholisierung heranzuziehen ist. Eine Blutuntersuchung zu diesem Zweck sollte nur noch dann notwendig - und zulässig - sein, wenn der Verdächtigte aus persönlichen (etwa medizinischen, wie zB. Asthma) Gründen den Alkomaten nicht bedienen kann. Wie bereits mehrfach ausgeführt, gibt es im Anlassfall für das Vorliegen der zuletzt genannten Umstände nicht den geringsten Hinweis, weshalb der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat und daher dem Berufungsantrag entsprechend, ohne auf das sonstige Vorbringen näher eingehen zu müssen, spruchgemäß zu entscheiden war. Der Ordnung halber ist lediglich zum diesbezüglichen Berufungsvorbringen auszuführen, dass - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - auch die Aufforderung zur Blutabnahme zulässig ist und hiefür der bloße Verdacht ein Fahrzeug in einem alkoholisierten Zustand gelenkt zu haben ausreicht. Daraus folgt, dass es entgegen dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen rechtlich vollkommen unerheblich ist, ob im Zuge eines darauf folgenden Verwaltungsstrafverfahrens der Beweis erbracht werden kann, dass der Beschuldigte tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt hat (vgl. VwGH 29.5.2001, Zl. 2001/03/011, mwH.) oder, dass es sich, wie im Anlassfall herausstellt, dass das Kraftfahrzeug tatsächlich von einer anderen Person gelenkt wurde.

Schlagworte
Blutabnahme Aufforderung Duldungspflicht Staatsanwaltschaft Voraussetzungen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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