TE UVS Niederösterreich 2002/10/14 Senat-MD-01-1221

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Veröffentlicht am 14.10.2002
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Spruch

Der, gegen die Punkte 1 und 6 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erhobenen, Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis im Umfange dieser beiden Punkte aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 wird die Einstellung des, diese beiden Punkte 1 und 6 betreffenden, Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis vom *****2001, Zl 3-*****-01, erkannte die Bezirkshauptmannschaft x den nunmehrigen Berufungswerber schuldig, am ****2001, um 7,20 Uhr, an näher bestimmten Örtlichkeiten im Ortsgebiet x, als Lenker des Motorrades **-****, durch im einzelnen näher beschriebene Taten, Verwaltungsübertretungen nach § 17 Abs 3 StVO (Punkt 1), § 11 Abs 2 StVO (Punkte 2 ? 4, 6, 9), § 52 lit a Z 11a StVO (Punkt 5), § 16 Abs 1 lit c StVO (Punkt 7) und § 52 lit c Z 24 StVO (Punkt 8) begangen zu haben, und verhängte hiefür jeweils S 1.000,-- nicht übersteigende Geldstrafen unter gleichzeitiger Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen und Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 Abs 2 VStG.

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht am ****2001, näher begründet ausgeführt, Berufung.

 

Mit Schreiben vom ****2001 legte die Bezirkshauptmannschaft x den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vor.

 

Gemäß § 51 e Abs 1 VStG führte die Berufungsbehörde am *****2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers (im weiteren: RMW), anlässlich welcher die Einvernahme des Zeugen Gruppeninspektor G K (=Meldungsleger) erfolgte, durch.

Im Zuge dieser Verhandlung zog der RMW seine gegen die Punkte 2 ? 5 und 7 ? 9 des oa Straferkenntnisses erhobene Berufung zurück, womit das Straferkenntnis im Umfange dieser 7 Punkte in Rechtskraft erwachsen ist.

Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist somit ab diesem Zeitpunkt ausschließlich die, sich gegen die Punkte 1 und 6 des Straferkenntnisses richtende, Berufung.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

1. Zu Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Zu diesem Punkt wird dem RMW angelastet, zur Tatzeit in x, ****** ***** Gasse, Kreuzung ***********gasse, Richtung Norden, mit dem Tatfahrzeug an einem Fahrzeug, das vor dem Schutzweg angehalten hat, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren zu sein.

 

Den, diesbezüglich übereinstimmenden, somit unbedenklichen, Verfahrensergebnissen (s Angaben des Meldungslegers (s schriftliche Anzeige des Gendarmeriepostens x vom ****2001, AZ **/****/01, schriftliche Stellungnahme vom *****2001, zeugenschaftliche Einvernahme in der Berufungsverhandlung) sowie des Beschuldigten (s Schreiben des Vaters des RMW, schriftliche Stellungnahmen vom **** und *****2001, Berufungsschrift und ? verhandlung)) zufolge steht fest, dass der Meldungsleger zur Tatzeit am Tatort den von ihm gelenkten, mit Deckkennzeichen versehenen, Gendarmeriedienstkraftwagen vor dem Schutzweg angehalten hat, um einem, von der rechten auf die linke Straßenseite gehenden, Kind das Überqueren der Fahrbahn auf dem Schutzweg zu ermöglichen.

Der RMW ist mit dem von ihm gelenkten Tatfahrzeug an diesem angehaltenen KFZ rechts vorbeigefahren.

Zum Zeitpunkt dieser Vorbeifahrt hat das Kind bereits die linke Seite des Gendarmeriefahrzeuges erreicht gehabt, sich außerhalb des mit dem Tatfahrzeug benützten Fahrbahnteiles befunden und sich, unter Fortsetzung der Fahrbahnquerung von rechts nach links, vom Tatfahrzeug wegbewegt.

Die mit dem Tatfahrzeug vorgenommene Vorbeifahrt hat keinerlei Einfluss oder Auswirkungen für den Fußgänger gehabt, insbesondere ist das Kind durch diese Vorbeifahrt in keiner Weise beeinträchtigt worden.

 

Gemäß § 17 Abs 3 Z 1 StVO ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg anhalten, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, verboten.

 

Das Vorbeifahren an einem Fahrzeug, das vor einem Schutzweg angehalten wird, um Fußgängern das Überqueren der Straße zu ermöglichen, wird aber dann gestattet sein, wenn der Fußgänger davon nicht mehr beeinträchtigt wird. Bei buchstabengetreuer Auslegung des Gesetzes müsste der Lenker sein Fahrzeug so lange anhalten, bis auch die Lenker mit den Fahrzeugen in den anderen Fahrstreifen weiterfahren können. In diesem Falle muss wohl die buchstabengetreue Auslegung des Gesetzes besserer Einsicht und besserem Verständnis für den erkennbar erklärten Willen des Gesetzgebers weichen (VwGH 12.5.1964, 2261/63).

Da die Bestimmung des § 17 Abs 3 StVO nur im Zusammenhang mit § 9 Abs 2 StVO zu verstehen ist, wird eine Verwaltungsübertretung dann nicht vorliegen, wenn der Lenker des linken Fahrzeuges dieses in Bewegung setzt, sobald sich der Fußgänger vor dem mittleren oder gar schon vor dem rechten Fahrzeug befindet (s Messiner, StVO, 10 Auflage (1999), § 17, Anmerkung 7).

 

Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes, nach welchem der Fußgänger in seiner Fortbewegung durch die mit dem Tatfahrzeug vorgenommene Vorbeifahrt in keiner Weise beeinträchtigt worden ist, sowie der dargelegten Rechtslage, unter Bedachtnahme auf den Willen des Gesetzgebers, ergibt sich daher fallbezogen aus dem Blickwinkel des § 17 Abs 3 StVO, dass das Vorbeifahren mit dem Tatfahrzeug gestattet gewesen ist, folglich der RMW die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs 3 StVO nicht begangen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Zu Punkt 6 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Zu diesem Punkt wird dem RMW das Unterlassen der Anzeige der bevorstehenden ?Fahrtrichtungsänderung? in x, *********straße, unmittelbar nach der Kreuzung mit der *********gasse, Richtung **********gasse, angelastet.

Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

 

Aufgrund der, diesbezüglich übereinstimmenden, somit unbedenklichen, Angaben des Meldungslegers und des Beschuldigten steht fest, dass der RMW an dieser Örtlichkeit oder im Bereich derselben, keine Fahrtrichtungsänderung vorgenommen hat, sondern mit dem Tatfahrzeug vom, in Richtung **********gasse führenden, Fahrbahnteil auf die Gegenfahrbahn gewechselt hat, um unter Benützung der Gegenfahrbahn einen PKW links zu überholen. Es ist somit erwiesen, dass der RMW einen Fahrstreifenwechsel, nicht jedoch eine Fahrtrichtungsänderung, durchgeführt hat.

 

Ausgehend von diesen Sachverhaltsfeststellungen kann dem RMW nur das Unterlassen der Anzeige dieses bevorstehenden Fahrstreifenwechsels, nicht jedoch, wie im gesamten erstinstanzlichen Verfahren (s insbesondere erstbehördliche Rechtfertigungsaufforderung vom ****2001, angefochtenes Straferkenntnis), das Unterlassen der Anzeige der bevorstehenden Fahrtrichtungsänderung zur Last gelegt werden.

 

Da der RMW die ihm vorgeworfene Tat (Nichtanzeige der bevorstehenden Fahrtrichtungsänderung) nicht begangen hat, war zu diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Aufrechterhaltung des Schuldspruches unter Abänderung des Sachverhaltselementes Fahrtrichtungsänderung auf Fahrstreifenwechsel eine unzulässige Auswechslung der dem RMW im erstinstanzlichen Verfahren zur Last gelegten Tat bedeutet hätte und demzufolge der Berufungsbehörde verwehrt gewesen ist. Eine, das Unterlassen der Anzeige des bevorstehenden Fahrstreifenwechsels betreffende, Verfolgungshandlung liegt nicht vor.

 

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der beabsichtigte Fahrstreifenwechsel anlässlich eines bevorstehenden Überholvorganges im § 15 Abs 3 StVO, ein allfälliger Fahrstreifenwechsel nach einem Überholvorgang im § 11 Abs 2 StVO geregelt ist (VwGH 23.10.1986, 86/02/0097).

Die Tatbilder des § 11 Abs 1 (und Abs 2) StVO sind von denen der §§ 15ff StVO verschieden, da auch ein Überholen ohne Fahrstreifenwechsel möglich ist.

 

Das, sich aus den Angaben des Meldungslegers ergebende, Unterlassen der Anzeige des beabsichtigten Fahrstreifenwechsels anlässlich des bevorstehenden Überholvorganges wäre demzufolge nicht unter § 11 Abs 2 StVO, sondern unter § 15 Abs 3 StVO zu subsumieren gewesen, wobei eine, für eine taugliche Verfolgungshandlung ausreichende, Tatbeschreibung sämtliche wesentlichen Tatbestandselemente einer Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 StVO, insbesondere die Anlastung eines bevorstehenden Überholvorganges, zu enthalten gehabt hätte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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