TE UVS Niederösterreich 2002/11/20 Senat-MD-01-1308

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Veröffentlicht am 20.11.2002
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatzeitangabe abgeändert nunmehr ?12.6.2001, 14,30 Uhr, bis 18.6.2001, 15,30 Uhr? und die Tatfahrzeugbezeichnung abgeändert nunmehr ?Wohnwagenanhänger **- ****? zu lauten haben.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß § 64 Abs 1 und Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 einen Betrag von ? 7,27 als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu ersetzen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Mit Straferkenntnis vom 29.10.2001, Zl. 3-*****-01, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X den nunmehrigen Berufungswerber der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 6 StVO schuldig, weil er vom 12.6.2001 ? 18.6.2001, 15,30 Uhr, im Ortsgebiet K**************, im Siedlungsgebiet ?D*********?, auf der unbenannten Siedlungsstraße, vor Haus/Grundstück Nr **/*, als Lenker des Wohnwagens **-****, den Anhänger ohne Zugfahrzeug vorschriftswidrig auf der Fahrbahn abgestellt hatte, weil keine Be- oder Entladung vorgenommen worden war, und verhängte hiefür gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) unter gleichzeitiger Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 Abs 2 VStG von S 50,--.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht am 15.11.2001 mit der Begründung Berufung, dass es sich bei der gegenständlichen Verkehrsfläche um einen Privatgrund, welcher durch Absperrung nicht für jedermann benutzbar sei, handle. Die Örtlichkeit veranschaulichendes Fotomaterial erliege bereits im Akt.

Da die Strafbestimmungen der StVO somit nicht anwendbar seien, beantrage der Rechtsmittelwerber (im weiteren: RMW) die Bescheidaufhebung und die Verfahrenseinstellung.

 

Mit Schreiben vom 26.11.2001 legte die Bezirkshauptmannschaft X den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

1. Schuldberufung:

 

Aufgrund der, diesbezüglich von beiden Verfahrensparteien unbestritten gebliebenen, somit unbedenklichen, Angaben des Meldungslegers Bezirksinspektor E**** (s schriftliche Anzeige des Gendarmeriepostens K************** vom 18.6.2001, AZ **-***/2001, samt Skizze, schriftliche Stellungnahme vom 26.7.2001 samt zwei, das Tatfahrzeug am tatörtlichen Abstellort am 12.6.2001 dokumentierenden, Lichtbildern) im Zusammenhalt mit der Beschuldigtenverantwortung (s fristgerecht gegen die erstbehördliche Strafverfügung vom 3.7.2001, Zl. 3-*****-01, erhobenen Einspruch vom 11.7.2001 samt eingescanntem Farbbild, schriftliche Stellungnahme vom 28.8.2001, niederschriftliche Einvernahme vom 31.8.2001, Berufungsschrift) ist erwiesen, dass der RMW als Lenker des Wohnwagenanhängers **-**** diesen Anhänger vom 12.6.2001, 14,30 Uhr, bis 18.6.2001, 15,30 Uhr, im Ortsgebiet K**************, Siedlungsgebiet ?D*********?, auf der unbenannten Siedlungsstraße, vor Haus/Grundstück Nr **/*, ohne Zugfahrzeug auf der Fahrbahn abgestellt und stehen gelassen hat, ohne eine Be- oder Entladung vorzunehmen oder vorgenommen zu haben.

 

Gemäß § 23 Abs 6 StVO dürfen Anhänger ohne Zugfahrzeug nur während des Beladens oder Entladens auf der Fahrbahn stehen gelassen werden, es sei denn, das genannte Fahrzeug kann nach der Ladetätigkeit nicht sofort entfernt werden, das Entfernen wäre eine unbillige Wirtschaftserschwernis oder es liegen sonstige wichtige Gründe für das Stehenlassen vor.

 

Unbestrittenermaßen hat keiner der in § 23 Abs 6 StVO normierten Gründe für das Stehenlassen des Wohnwagenanhängers vorgelegen.

 

Unter Zugrundelegung der, diesbezüglich übereinstimmenden, Angaben des Meldungslegers und des RMW steht fest, dass die im Siedlungsgebiet ?D*********? befindlichen Zufahrtsstraßen (wie etwa die verfahrensgegenständliche unbenannte Siedlungsstraße) von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können und nicht abgesperrt sind, sohin Straßen mit öffentlichem Verkehr darstellen, auf welchen die Bestimmungen der StVO gelten. Gleiches gilt grundsätzlich für die, an einigen Stellen dieser Zufahrtsstraßen vorhandenen, parallel zur Straßenführung verlaufenden, seitlichen Ausbuchtungen.

Diese Fahrbahnverbreiterungen erstrecken sich längenmäßig über die Strecke mehrerer Häuser und sind in etwa eine PKW-Länge breit (tief).

 

Der RMW hat sich im gesamten gegenständlichen Verfahren damit verantwortet, dass der Tatort (Abstellort) eine private Straße (Parkplatz) darstelle, als solche vorschriftsmäßig gekennzeichnet und von der übrigen Verkehrsfläche abgeteilt, somit nicht für jedermann benutzbar, gewesen sei.

Die Bestimmungen der StVO seien daher nicht anwendbar.

 

Die Abstellposition des Tatfahrzeuges während des Tatzeitraumes am Tatort sowie die zur Tatzeit im tatörtlichen Bereich bestehenden Gegebenheiten sind durch die, vom Meldungsleger und vom RMW vorgelegten, Farblichtbilder dokumentiert.

Diese 3 Bilder geben, von beiden Verfahrensparteien unbestritten, die tatzeitliche Situation am Tatort inhaltlich richtig wieder.

 

Diesen Lichtbildern zufolge ist das Tatfahrzeug in der, oben beschriebenen, Fahrbahnausbuchtung (Verbreiterung) der unbenannten Siedlungsstraße und zwar quer (in etwa rechtwinkelig) zur Fahrtrichtung der unbenannten Siedlungsstraße abgestellt gewesen. Parallel zur Heckseite des Tatfahrzeuges verlaufend ist die asphaltierte Verkehrsfläche durch Randsteine begrenzt. Auf der, von der Anhängevorrichtung gesehen, linken Seite des Tatfahrzeuges reicht diese Randsteinbegrenzung ca ½ Meter über die Heckseite des Tatfahrzeuges hinaus, bildet dann einen rechten Winkel, verläuft dann in etwa parallel zur linken Tatfahrzeugseite über die gesamte Tiefe der Ausbuchtung reichend und geht dann im 90-grädigen Winkel über in die Randbegrenzung des keine Ausbuchtung aufweisenden Fahrbahnabschnittes der in Rede stehenden Straße.

Rechts des Tatfahrzeuges gesehen verläuft die Randsteinbegrenzung über die gesamte Länge der Ausbuchtung in etwa parallel zur Heckseite des Tatfahrzeuges.

Von den Aufnahmepositionen der Lichtbilder aus betrachtet ist das Tatfahrzeug am Beginn der Ausbuchtung gestanden und zwar auf 3 Seiten (Heckseite, linke und rechte Fahrzeugseite) ohne jegliche Abschrankung, Absperrung oder sonstige Trennung von den übrigen Flächen.

Auf der gedachten Verlängerung der Randbegrenzung des, keine Ausbuchtung aufweisenden, oben beschriebenen, Fahrbahnabschnittes sind parallel zur Frontseite des Tatfahrzeuges (jene mit der Anhängevorrichtung) 2 transportable, ca 1 Meter hohe, Ständer aufgestellt gewesen, zwischen denen eine Kette locker gespannt gewesen ist, auf welcher in der Mitte ein Schild mit der Aufschrift ?Privatstraße? angebracht gewesen ist.

Der links neben dem linken Ständer und rechts neben dem rechten Ständer befindliche Raum ist ohne jegliche Abgrenzung geblieben, sodass der Abstellort auch von diesen Bereichen aus frei zugänglich geblieben ist.

 

Zur Verdeutlichung dieser Beschreibung und eingehenderen Darstellung der Gegebenheiten wird auf die 3 Lichtbilder verwiesen.

 

Gemäß § 1 Abs 1 2 Satz StVO gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

 

Hiebei kommt es auf die tatsächliche Benützbarkeit und Benützung der betreffenden Fläche an; steht diese nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung für den Fußgänger- und/oder Fahrzeugverkehr frei, dann ist sie eine Straße mit öffentlichem Verkehr.

 

Für die Wertung einer Straße als solche mit öffentlichem Verkehr kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, sondern darauf, dass die Verkehrsfläche von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann.

Für den Ausschluss des öffentlichen Verkehrs reicht das Anbringen einer Kette mit der Tafel ?Privatstraße? in der oben beschriebenen Art in keiner Weise aus, insbesondere deshalb, weil durch diese Maßnahme mangels durchgehender Absperrung keine abgeschlossene Fläche gebildet wird.

Erforderlich ist viel mehr ein allgemein sichtbares Benützungsverbot, allenfalls mit einem Hinweis auf die Eigenschaft als Privatstraße.

 

Aus den Lichtbildern ergibt sich eindeutig, dass der Tatort nicht innerhalb eines, in sich geschlossenen, Bereiches situiert und nicht auf allen Seiten von den übrigen Verkehrsflächen getrennt gewesen ist.

Darüber hinaus ist das Absperren mittels Kette in der beschriebenen Weise nicht einmal dazu geeignet gewesen, den Fußgängerverkehr von der Benützung der Tatörtlichkeit auszuschließen.

Außerdem wird durch die Tafel ?Privatstraße?, welche lediglich ein Eigentumsverhältnis ausdrückt, in keiner Weise ein Benützungsverbot zum Ausdruck gebracht.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Eine im Privateigentum stehende Straße ist nur dann nicht als im öffentlichen Verkehr stehend anzusehen, wenn sie abgeschrankt ist oder ihre Benützung unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Privatstraße der Allgemeinheit ersichtlich verboten wird.

In Anbetracht der festgestellten Gegebenheiten kann keine Rede davon sein, dass eine entsprechende Kennzeichnung oder Abschrankung vorgelegen hat, aufgrund welcher für jedermann erkennbar gewesen ist, dass der Allgemeinheit die Benützung der tatörtlichen Fläche verboten gewesen ist und ist jedermann, insbesondere ein Fußgänger, faktisch in der Lage gewesen, diese Fläche zu benützen.

 

Das Vorbringen des RMW, die Tatörtlichkeit sei durch die oa Absperrung nicht für jedermann benutzbar gewesen, entspricht somit nicht den Tatsachen.

Die Auffassung des RMW, die Tatörtlichkeit befinde sich nicht auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, ist somit verfehlt.

 

Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes sowie der dargelegten Rechtslage hat der RMW den Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht, sodass der Schuldberufung keine Folge zu geben war.

 

In Anbetracht dieser Entscheidung hat sich ein Eingehen auf die Frage, ob das Aufstellen von Ständern samt Kette überhaupt von einem über diese Verkehrsfläche Verfügungsberechtigten oder durch Eigenmacht und somit rechtswidrig erfolgt ist, erübrigt, wobei in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist, dass nicht einmal der RMW selbst behauptet hat, Eigentümer der tatörtlichen Abstellfläche zu sein.

 

Die von der Berufungsbehörde vorgenommenen Spruchänderungen dienen der Klarstellung (hinsichtlich des Tatfahrzeuges) sowie der Konkretisierung (hinsichtlich der Tatzeit), die hinsichtlich der Tatzeitangabe vorgenommene Ergänzung gründet sich auf eine taugliche Verfolgungshandlung (s oa Strafverfügung).

 

2. Strafberufung:

 

Die Norm des § 23 Abs 6 StVO dient insbesondere der Hintanhaltung einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, welche von, ohne Zugfahrzeug abgestellten, Anhängern ausgeht.

 

Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kommt dem RMW aufgrund der bei seiner Wohnsitzbehörde (Bezirkshauptmannschaft X) evidenten, bereits zur verfahrensgegenständlichen Tatzeit rechtskräftigen, bis dato ungetilgten, Vorstrafe wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 6 StVO nicht zu. Diese, nur rund 1 ½ Jahre vor dem nunmehrigen Tatzeitraum in Rechtskraft erwachsene, Verurteilung stellt eine einschlägige Vorstrafe dar.

 

Die Berufungsbehörde wertet mildernd keinen Umstand, erschwerend die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall sowie das erhebliche Ausmaß des Tatzeitraumes (Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes über einen Zeitraum von mehr als 6 Tagen).

 

Unter Bedachtnahme auf die im § 19 VStG normierten Strafbemessungskriterien, somit im Hinblick darauf, dass der RMW durch sein rechtswidriges Verhalten den Schutzzweck der übertretenen Norm verletzt hat, sowie unter Berücksichtigung des nicht unwesentlichen Unrechtsgehaltes der Tat, des erheblichen Verschuldensausmaßes, der 3 gewichtigen Erschwerungsgründe, der bis zu ? 726,-- reichenden Strafdrohung des § 99 Abs 3 lit a StVO, der allseitigen Verhältnisse des RMW (der, unbestritten gebliebenen, erstbehördlichen Schätzung vom 11.9.2001 nach:

monatliches Nettoeinkommen: S 30.000,--, Vermögen: Haus und Grundstück, keine Sorgepflichten) sowie general- und spezialpräventiver Erfordernisse sind die von der Erstbehörde verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen jeweils viel zu gering, um als tat-, schuld- und täterangemessen gewertet werden zu können.

 

Insbesondere tragen diese Strafen weder den 3 gewichtigen Erschwerungsgründen noch dem Zweck der Spezialprävention angemessen Rechnung, das Ausmaß der Geldstrafe ist überdies in Anbetracht der günstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie des Fehlens von Sorgepflichten viel zu gering.

 

Da es der Berufungsbehörde jedoch angesichts des im § 51 Abs 6 VStG normierten Verschlechterungsverbotes verwehrt ist, die festgesetzten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen auf ein tat-, schuld- und täterangemessenes, sohin erheblich erhöhtes, Ausmaß heraufzusetzen, musste der erstinstanzliche Strafausspruch, folglich auch der damit zusammenhängende Kostenausspruch, vollinhaltlich bestätigt werden.

 

Der Strafberufung war demnach keine Folge zu geben.

 

Eine außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG) kam bei der, keine Mindestgrenze enthaltenden, Strafdrohung nicht in Betracht.

 

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe (§ 21 VStG) lagen allein schon infolge des vom RMW zu vertretenden, erheblichen, Verschuldens nicht vor.

 

Der Strafberufung war somit keine Folge zu geben.

 

3. Sonstiges:

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

 

Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 3 Z 3 VStG abgesehen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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