TE UVS Tirol 2003/04/15 2003/17/036-4

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Veröffentlicht am 15.04.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn G.P.L. Jenbach, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Sch., Dr. K., Mag. S., 6240 Rattenberg, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 16.1.2003, Zl FSE-7952/01, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz wird der Bescheid behoben.

Text

Mit dem obzitierten Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F, aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens entzogen. Außerdem wurde ihm das Recht von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigungen in Österreich Gebrauch zu machen aberkannt. Des Weiteren wurde er aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim zuständigen Gendarmerieposten abzugeben. Begründet wurden diese Maßnahmen damit, dass er nicht mehr gesundheitlich geeignet sei und die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nach § 3 Abs 1 Z 3 FSG nicht mehr gegeben seien. Im amtsärztlichen Gutachten vom 9.1.2003 sei festgestellt worden, dass er derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der oben angeführten Klassen gesundheitlich nicht geeignet sei. Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen könne gemäß § 30 Abs 1 FSG das Recht von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen würden. Die Entziehung der Lenkberechtigung stelle eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der Verkehrssicherheit dar die unaufschiebbar sei.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Mag. S. Berufung erhoben und in dieser zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt:

 

Die belangte Behörde begründe ihre Entscheidung damit, dass der Betroffene laut dem amtsärztlichen Gutachten vom 9.1.2003 zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F gesundheitlich nicht geeignet sei. Die Ausführungen der belangten Behörde seien insgesamt nicht stichhältig. Zunächst sei auszuführen, dass die belangte Behörde mit Schreiben vom 10.1.2003, beim Betroffenen eingelangt am 14.1.2003, diesen binnen zwei Wochen zu einer schriftlichen Stellungnahme bzw zu einer persönlichen Vorsprache zur Erhebung einer mündlichen Stellungnahme zum erhobenen Sachverhalt aufgefordert habe. Innerhalb der Frist zur Stellungnahme sei bereits sechs Tage nach der ergangenen Aufforderung zur Stellungnahme dem Betroffenen der nunmehr bekämpfte Bescheid zu gegangen.

 

Der Betroffene erachte sich beschwert, da ihm die belangte Behörde keine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme zum erhobenen Sachverhalt insbesondere zum amtsärztlichen Gutachten eingeräumt habe. Dem Betroffenen sei jede Möglichkeit einer Antragsstellung im Hinblick auf die Einholung eines weiteren verkehrspsychologischen Gutachtens vereitelt worden. Ausdrücklich werde daher die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides geltend gemacht, da der Betroffene in seinen Parteirechten und in seiner Parteistellung verletzt worden sei. Im bekämpften Bescheid sei unter Anwendung des § 24 und des § 25 FSG die Lenkberechtigung des Betroffenen entzogen worden, ohne dass gemäß § 25 FSG die Dauer der Entziehung ausreichend genug bestimmt worden sei. Gemäß § 25 Abs 2 FSG sei bei Entziehung einer Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung exakt festzusetzen. Dies sei im bekämpften Bescheid nicht erfolgt. Zwar könne die Behörde gemäß § 28 Abs 2 FSG die Beibringung von gesundheitlichen Gutachten verlangen, die Behörde habe jedoch ausdrücklich die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auszusprechen. Dem bekämpften Bescheid hafte auch insoweit eine Rechtswidrigkeit an, als nach § 1 Abs 1 Z 2 FSG ? GV eine fachärztliche Stellungnahme, ein Krankheitsbild und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beschreiben habe. Dem dem Bescheid zu Grunde liegenden amtsärztlichen Gutachten der Amtsärztin Dr. R.sei ein solches gefordertes Krankheitsbild nicht zu entnehmen. Weiters sei diesem Gutachten nicht zu entnehmen, welche Auswirkungen ein allfälliges Krankheitsbild auf das Lenken von Kraftfahrzeugen durch den Betroffenen haben solle. Im zugrunde liegenden amtsärztlichen Gutachten seien die Leberwerte des Betroffenen untersucht worden und habe die Überprüfung am 6.11.2002 ergeben, dass die Leberwerte des Betroffenen völlig in Ordnung seien und keinerlei Hinweis auf einen Alkoholmissbrauch und eine Alkoholabhängigkeit gegeben sei. Weder aus dem verkehrspsychologischen Untersuch

ungsbericht noch aus dem amtsärztlichen Gutachten sei erkennbar, dass der Betroffene in irgendeiner Art und Weise vom Alkohol abhängig sei.

 

Das vorliegende amtsärztliche Gutachten einschließlich des verkehrspsychologischen Befundes der in dieses eingearbeitet worden sei, sei weder schlüssig noch vollständig. Da darin weder ein Krankheitsbild beschrieben werde, noch dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen beurteilt werde. Aus dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten ergebe sich keinesfalls die Einschränkung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Betroffenen.

 

Mit Schriftsatz vom 24.3.2003 legte der Berufungswerber ein verkehrspsychologisches Obergutachten des Ass.-Prof. Dr. Ludwig W. P. Institut für Psychologie-Eignungsdiagnostik der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Er brachte ergänzend vor, dass auch eine Untersuchung des Betroffenen stattgefunden habe.

 

Dieses Gutachten enthält zunächst eine Exploration der Vorgeschichte, sodann eine Verhaltensbeobachtung bei Exploration und Testphase und unter Punkt 3. eine Befundinterpretation aus welcher der Gutachter zusammenfassend den Schluss zieht, dass der kraftfahrspezifische Leistungsbereich (Beobachtungsfähigkeit, Reaktionsverhalten, Konzentration und Sensumotorik) in Summe altersnormgemäße Funktionen aufweist und in der vorliegenden Ausprägung für eine Eignung der Gruppe 1 spricht. Es folgt in diesem Gutachten auf Seite 6 ein kraftfahrspezifischer Persönlichkeitsbereich und stellt hier der Obergutachter fest, dass sich aus dem kraftfahrspezifischen Persönlichkeitsbereich und dem Einstellungsprofil keinerlei Hinweis auf eine mangelnde Verkehrsanpassung oder ein Alkoholproblem ergeben könne. Die generell ungünstige Ausprägung einer sehr starken Durchsetzungsbereitschaft wird durch positive Kontrollfaktoren, wie die sehr gute kritische Selbstwahrnehmung, das ausgeprägte Regelbewusstsein, die an und für sich gute Selbstkontrolle und die nicht erhöhten Tendenzen zur aggressiven Interaktionen mit anderen Verkehrsteilnehmern neutralisiert. Unter Punkt 4. führt der Obergutachter vergleichende Bewertungen der Ergebnisse aus dem Vorgutachten durch und merkt hier an, dass sich von den 12 negativen Leistungsvariablen der Erstuntersuchung (INFAR Tirol) nur drei herabgesetzte Teilfunktionen bestätigen ließen, die wahrscheinlich auf die Folgen eines Trümmerbruches zurückzuführen sind und wegen der anderen guten Leistungsergebnisse gut kompensiert werden können. Die Einstellungsdefizite zum Alkohol, die in der Erstuntersuchung unbelegt festgestellt wurden, konnten ebenfalls in der Zweituntersuchung nicht verifiziert werden. In seiner zusammenfassenden Stellungnahme unter Punkt 5. führt der Obergutachter letztendlich aus, dass G.L.vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F geeignet ist. Drei Seiten sind dem Gutachten angeführt, welche vor allem die Testverfahren und geme ssenen Konstrukte sowie die Darstellung der Testergebnisse (Messvariablen, Rohwerte und entsprechende Normen) enthalten.

 

Für die Berufungsbehörde ist dieses Gutachten letztendlich das Gutachten, welches schlüssig, vollständig und nachvollziehbar die Persönlichkeitsstruktur des Berufungswerbers aufzeichnet und jene Erfordernisse erfüllt, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner gängigen Rechtsprechung an ärztliche Gutachten stellt.

 

§ 3 Abs 1 Z 3 FSG normiert, dass eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden darf, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Durch die Erstellung des Gutachtens des Prof. Dr. P.sind für die Berufungsbehörde die Zweifel bezüglich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers vollständig ausgeräumt und war der Bescheid der Erstbehörde deswegen und aufgrund der nicht nachvollziehbaren Begründung der Amtsärztin in ihrer ärztlichen Untersuchung nach § 8 FSG vom 8.1.2003 zu beheben.

Schlagworte
verkehrspsychologisches, Obergutachten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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