TE UVS Steiermark 2003/05/15 30.8-71/2002

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Veröffentlicht am 15.05.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Helmut Pollak über die Berufung des Herrn F S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K K, Dr. S J S-W, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 3.6.2002, GZ.: 15.1 2117/2001, wie folgt entschieden:

I. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung im Punkt 1.) Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung im Punkt 2.) dem Grunde nach mit der Maßgabe abgewiesen, als die verletzte Rechtsvorschrift § 7 Abs 2 Z 3 iVm § 4 GGBG lautet. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 20 VStG iVm § 27 Abs 1 Z 1 GGBG eine Strafe von ? 370,-- verhängt wird. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ?

37,--; dieser ist binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Herr F S ist in seiner Eigenschaft als verwaltungsstrafrechtlicher Beauftragter der R A mit Sitz in T in zwei Fällen wegen einer Übertretung des GGBG jeweils mit einer Geldstrafe in der Höhe von ? 726,-- bestraft worden. Im Punkt 1.) erfolgte die Bestrafung deshalb, da bei der Beförderungseinheit, einem Tankfahrzeug mit Anhänger, der Füllungsgrad der Abteile nicht mindestens 80 % betrug. Im Punkt 2.) erfolgte die Bestrafung deshalb, da auf den Tankschildern am LKW nicht das Fassungsvermögen jeder einzelnen Kammer eingetragen war und war die letzte Überprüfung der Sicherheit des Anhängers ebenso wenig am Tankschild vermerkt, wie der Fassungsraum jeder einzelnen Kammer.

In der rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung hat der Berufungswerber den Sachverhalt nicht bestritten, jedoch ausgeführt, dass er im Bezug auf die Eintragungen auf den Tankschildern darauf vertrauen konnte, dass vom Erzeuger bzw. vom Auslieferer die vorgeschriebenen Tankschilder mit den erforderlichen Angaben versehen und auch an der Beförderungseinheit angebracht werden. Im Bezug auf das Fehlen der Eintragung der letzten Überprüfung des Anhängers am Tankschild führte er aus, dass er einen staatlich befugten Ziviltechniker mit der Überprüfung des Anhängers beauftragte und wäre es die Aufgabe des Ziviltechnikers gewesen, die regelmäßig wiederkehrenden Überprüfungen am Tankschild nachweislich zu vermerken. Wegen des nicht ordnungsgemäßen Füllgrades sowohl des LKWs, als auch des Anhängers verwies der Berufungswerber darauf, dass trotz eines ausreichenden und dichten Kontrollsystems der Fahrer eigenmächtig bei der Betankung des Tankwagens mit Anhänger den gesetzlich vorgeschriebenen Füllgrad nicht einhielt. Die Berufung ist im Punkt 1.) berechtigt, im Punkt 2.) ist sie lediglich im Bezug auf die Höhe der Strafe berechtigt.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,--übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 51e VStG anberaumte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark am 26.3.2003 eine öffentlich mündliche Berufungsverhandlung, vernahm den Berufungswerber sowie den Lenker der Beförderungseinheit, Herrn J K. Aufgrund des unbestrittenen Inhaltes des erstinstanzlichen Aktes und des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Herr F S ist laut Bestellungsurkunde vom 1.10.1996 im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher der R A mit Sitz in T. Die R A war Beförderer von Gefahrgut, welches am 29.1.2001 um 15.00 Uhr befördert wurde. Herr J K lenkte am Tattag die Beförderungseinheit, Lastkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen und den Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen im Ortsgebiet von Schwechat auf Höhe der D. Zum damaligen Zeitpunkt war die Beförderungseinheit mit 11.500 kg Gefahrgut der Klasse 3 Z 31 c ADR, Abfall, UN 1993 beladen. RI M M von der Bundespolizeidirektion S führte eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch. Hierbei konnte festgestellt werden, dass der LKW einen fest verbundenen Tank mit zwei Kammern hatte, welche jeweils zu Abteilungen unter 7.500 l unterteilt waren. Der Anhänger hatte einen fest verbundenen Tank mit zwei Kammern, welche einen Fassungsraum von 7.820 l und 7.580 l hatten. Die Beförderungseinheit bzw. alle vier Kammern waren mit dem angeführten Gefahrgut etwa zu 50 % befüllt. Im Hinblick auf RN 211173 ADR war daher beim Anhänger der zulässige Füllungsgrad (höchstens 20 % oder mindestens 80 %) nicht eingehalten. Die weitere Kontrolle ergab, dass die Tankschilder am LKW und am Anhänger nicht der Vorschrift des ADR (RN 211160) entsprachen. Am LKW war nicht der Fassungsraum jeder einzelnen Kammer angegeben, am Anhänger war die letzte Überprüfung nicht angegeben (letzte Angabe 10/94) und es waren keine Angaben über den Fassungsraum jeder Kammer angeführt. Zum Tatzeitpunkt hatte der Lenker der Beförderungseinheit den Auftrag, den gefährlichen Abfall von der Firma P G mit Sitz in S zur Wiederaufbereitung und Entsorgung zur Firma R A nach T zu transportieren. Im Hinblick auf die widrigen Witterungsverhältnisse (Schneefahrbahn am Semmering) entschloss sich der Lenker alle vier Kammern der Beförderungseinheit möglichst gleichmäßig zu befüllen, um aufgrund der widrigen Witterungsverhältnisse, welche am Tattag herrschten, die S P so sicher als möglich zu befahren. Der Berufungswerber ist Betriebsstellenleiter der Zweigstelle der R A in T und übt diese Funktion zumindestens seit dem Jahre 1999 aus. Der beschäftigte Lenker, Herr J K, ist seit 1984 bei dem Arbeitgeber R A beschäftigt und ist vorher neun Jahre lang als Tankwagenfahrer bei einem Mineralölkonzern beschäftigt gewesen. Dem Lenker der Beförderungseinheit war die Bestimmung der RN 211173 ADR bekannt und ging er davon aus, dass die Bestimmung RN 211160 ADR zwischenzeitlich novelliert worden sei. Zur Einstellung im Punkt 1.):

Rechtliche Bestimmung:

Gemäß RN 211173 ADR müssen, sofern Tanks zur Beförderung flüssiger Stoffe nicht durch Trenn- oder Schwallwände in Abteile von höchstens 7.500 l Fassungsraum unterteilt sind, sie entweder zumindestens 80 % oder zu höchsten 20 % ihres Fassungsvermögens gefüllt sein.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.3.2001 erließ die Bundespolizeidirektion S die Verfolgungshandlung mit nachstehendem Wortlaut: "Sie haben ... als Beförderer befördert, obwohl 1.) die Verwendung des Tanks gemäß § 4 GGBG nicht zulässig war, da der Tank des Anhängers nicht zumindestens 80 % oder zu höchstens 20 % seines Fassungsvermögens gefüllt war, weil jede Kammer des Anhängers zu 50 % gefüllt war und ...".

Die hier zur Anwendung kommende Bestimmung des ADR schreibt grundsätzlich nicht für alle Tanks den angegebenen Befüllungsgrad vor, sondern differenziert, dass lediglich Tanks mit einem Fassungsvermögen von mehr als 7.500 l mit dem angegebenen Befüllungsgrad zu befüllen sind. Da jedoch die Bundespolizeidirektion S in ihrer Verfolgungshandlung das Tatbestandsmerkmal des Fassungsvermögens des einzelnen Tanks bzw. Tankabteils des Anhängers nicht angegeben hat, ist dem Berufungswerber innerhalb der sechsmonatigen Frist der Verfolgungsverjährung die ihm zur Last gelegte Übertretung im Punkt 1.) nicht in allen Tatbestandselementen vorgehalten worden. Aus diesem Grund war unbeschadet der Verantwortung des Berufungswerbers, es handle sich bei dem Lenker der Beförderungseinheit um einen erfahrenen Fahrer, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zu Punkt 2.):

Gemäß RN 211160 ADR muss an jedem Tank ein Schild aus nicht korridierendem Metall dauerhaft und an einer für die Kontrolle leicht zugänglichen Stelle angebracht sein. Auf diesem Schild müssen mindestens die nachstehenden aufgeführten Angaben eingestanzt oder in einem ähnlichen Verfahren angebracht sein. Diese Angaben dürfen unmittelbar auf den Tankwänden angebracht sein, wenn diese so verstärkt sind, dass die Widerstandsfähigkeit des Tanks nicht beeinträchtigt wird: Zulassungsnummer, Hersteller oder Herstellerzeichen, Herstellungsnummer, Baujahr, Prüfdruck (Überdruck),

Fassungsraum - bei unterteilten Tanks Fassungsraum jedes Tankabteils, Berechnungstemperatur (nur erforderlich bei Berechnungstemperaturen über 50 °C oder unter -20 °C), Datum (Monat, Jahr) der ersten und der zuletzt durchgeführten wiederkehrenden Überprüfung nach den RN 211150 und RN 211151 ADR Stempel des Sachverständigen, der die Prüfung vorgenommen hat, Prüfdruck für den gesamten Tank und Prüfdruck je Tankabteil in Megabascal oder Bar (Überdruck), wenn der Druck je Tankabteil geringer ist als der auf den Tank wirkende Druck, Tankwerkstoff und gegebenenfalls Werkstoff der Schutzauskleidung. An Tanks, die mit Druck gefüllt oder entleert werden, ist außerdem der höchstzulässige Betriebsdruck anzugeben.

Im hier vorliegenden Fall war weder beim LKW, welcher als Tankwagen zum Tatzeitpunkt benützt wurde, der Fassungsraum beider Kammern (Tankabteil) angegeben. Beim gezogenen Anhänger war ebenfalls der Fassungsraum der Kammern nicht angeführt. Weiters konnte festgestellt werden, dass das Datum der letzten Überprüfung, welche zweifelsohne stattgefunden hat, vom beauftragten Ziviltechniker weder Monat noch Jahr der letzten Überprüfung am Tankschild vermerkt.

Wie schon ausgeführt, wäre es in der Sphäre des beauftragten Ziviltechnikers gewesen, im Rahmen der durchgeführten Prüfung die notwendigen Angaben im Tankschild dauerhaft zu vermerken und die Richtigkeit auch mit seinem Sachverständigenstempel zu dokumentieren. Ungeachtet dessen wäre es jedoch auch in der Sphäre des Berufungswerbers gelegen, anhand der eindeutigen Bestimmungen des ADR und auch der RN 211160 ADR bei der Beförderungseinheit, nämlich sowohl beim LKW, als auch beim gezogenen Anhänger das Tankschild auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen. Eingedenk der Tatsache, dass der Lenker der Beförderungseinheit den Motorwagen im Jahr 1990 übernommen hat und mit dem Anhänger schon seit dem Jahre 1986 im Betrieb fährt, geht die erkennende Behörde davon aus, dass eine genaue Überprüfung der Tankschilder von Seiten des Berufungswerbers nie erfolgte. Zum Ausmaß des Verschuldens:

Der Berufungswerber, welcher schon seit dem Jahre 1999 im Betrieb der R A beschäftigt ist, hat entweder aus Fahrlässigkeit oder aus Unkenntnis der angeführten Bestimmung trotz der Zusicherung, im Betrieb herrsche ein ausreichend dichtes und funktionierendes Kontrollsystem - der Betrieb ist im Sinne des Qualitätsmanagements ISO 9001 zertifiziert - es verabsäumt, dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmung des ADR in diesem Punkt eingehalten wird. Dies trotz der Tatsache, dass er in seiner Eigenschaft als leitender Angestellter laut der Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Fuhrpark und Werkstätte ernannt wurde. Im Bezug auf den sachlichen Bereich ist Herr S laut Punkt

E) für ADR und die Verkehrsgesetze ebenso zuständig, wie laut

Punkt D) für die Schulung und Unterweisung in allen ADR Belangen. Im Punkt C) ist der Verantwortungsbereich mit regelmäßiger Überprüfung der Fahrzeuge (Bescheide) umschrieben. Daraus resultiert jedoch, dass das nicht ordnungsgemäße Tankschild sowohl beim Hänger, als auch beim Tankzugfahrzeug den Kernbereich der Verantwortung des Berufungswerbers umfasst. Rechtliche Bestimmungen: Gemäß § 7 Abs 2 Z 3 GGBG dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Containers oder Tanks gemäß § 4 leg. cit. zulässig ist.

Gemäß § 4 GGBG dürfen Verpackungen einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstücke sowie Container und Tanks für Beförderungen im Sinne dieses Bundesgesetzes nur verwendet werden, wenn gemäß Z 4 an ihnen die aufgrund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften (ADR) vorgeschriebenen Aufschriften, Gefahrzettel und sonstige Informationen ... oder den Tank diesen Vorschriften entsprechend angebracht sind.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG begeht als Beförderer eine Verwaltungsübertretung, wer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 leg. cit. befördert und ist mit einer Geldstrafe von ? 726,73 bis ? 43.603,70 zu bestrafen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die entsprechende Bestimmung des GGBG soll sicherstellen, dass im Zuge einer Kontrolle, ohne eine Werkstoffprüfung durchführen zu müssen, aufgrund der Eintragungen - wie im angeführten Tankschild - jederzeit überprüft werden kann, ob zB im Bezug auf den Befüllungsgrad besondere Vorschriften einzuhalten sind, oder auch ob der Tank regelmäßig wiederkehrend von einem Sachverständigen überprüft wurde.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als erschwerend war nichts, als mildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu berücksichtigen und die Tatsache, dass der Tankanhänger von einem Sachkundigen überprüft wurde, sodass bei Vorliegen nachstehender Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (mtl. Einkommen in der Höhe von ? 1.744,15, sorgepflichtig für Ehegattin, kein Vermögen) die Bestimmung des § 20 VStG zur Anwendung gelangen konnte und die nunmehr verhängte Strafe dem Ausmaß des Verschuldens angepasst und gerechtfertigt ist. Die Reduktion des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Falle des Folgegebens der Berufung durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 10 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Gefahrgut Tank Füllung Unterteilung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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