TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/17 99/12/0104

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Veröffentlicht am 17.10.2001
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. Otto Köhler, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorfer Straße 5, gegen den Bescheid des beim Vorstand eingerichteten Personalamtes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft (nunmehr der Post Austria Aktiengesellschaft) vom 8. Februar 1999, Zl. 101475-OS/99, betreffende Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1944 geborene Beschwerdeführer steht auf Grund des angefochtenen Bescheides als Inspektor in einem öffentlichrechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle, bei der er tatsächlich Dienst leistete, war das Postamt A., bei dem er im Geldschalterdienst eingesetzt war. Nach den vorgelegten Akten wurde er wegen zahlreicher Kundenbeschwerden von diesem Postamt abgezogen und ab 11. September 1998 dem Postamt B. (im Rahmen eines Arbeitsversuches) dienstzugeteilt, wo er bei der Zustellerabrechnung eingesetzt werden sollte. Der Beschwerdeführer trat zwar an diesem Tag seinen Dienst im Postamt B. an, verweigerte aber - gestützt auf § 44 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) - die Aufnahme seiner Tätigkeit auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz, weil dieser seiner Auffassung nach niederwertiger sei als sein bisheriger.

Zur Überprüfung, für welche Tätigkeit der Beschwerdeführer gesundheitlich geeignet sei, wurde er am 14. September 1998 vom Anstaltsarzt Dr. G. untersucht. Dr. G. kam bei seiner Untersuchung zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer eine paranoide querulatorische Persönlichkeitsstörung aufweise; er regte die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Facharztgutachtens an. Ab diesem Tag wurde der Beschwerdeführer auf Grund dieser Diagnose nicht mehr "zum Dienst zugelassen".

Nach Einlagen des Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 23. September 1998 ("vergröberte Persönlichkeitsstruktur mit Gerechtigkeitsfanatismus bei neurotischer Grundstruktur und Hinweise für diskrete paranoide Erlebnisbereitschaft") wurde am 9. November 1998 nochmals eine anstaltsärztliche Untersuchung durchgeführt, bei der ein unbefristeter Krankenstand des Beschwerdeführers ausgesprochen wurde. Das Gutachten Dris E. wurde dem Beschwerdeführer nach der im Verwaltungsakt inliegenden Übernahmebestätigung an diesem Tag ausgefolgt.

In der Folge wurde das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand durchgeführt, das mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossen wurde. Grundlage für diesen Bescheid bildete das unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen erstellte Gutachten des Anstaltsarztes Dr. G. vom 14. Jänner 1999, der im Wesentlichen zum selben Ergebnis wie die Fachärztin Dr. E. kam. Trotz mehrfacher Arbeitsversuche sei keine gedeihliche Dienstleistung zustande gekommen. Neurologische Ausfälle oder Hirnleistungsstörungen im engeren Sinn lägen nicht vor. Der Leidensdruck des Beschwerdeführers sei jedoch so groß, dass insgesamt keine Aussicht auf eine dauerhafte Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit gegeben sei. In der Folge stellte der Gutachter aus medizinischer Sicht näher dar, weshalb der Beschwerdeführer seine dienstlichen Aufgaben (Anmerkung: nach den Verwaltungsakten wurden dem Gutachter sowohl das Anforderungsprofil der Beschäftigung am Geldschalter als auch in der Zustellerabfertigung übermittelt) nicht mehr erfüllen könne und welche Tätigkeiten noch ausgeübt werden könnten.

Mit Schreiben vom 14. Jänner 1999 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer dieses Gutachten des Anstaltsarztes und kündigte die Absicht an, ihn zum nächstenmöglichen Zeitpunkt in den Ruhestand zu versetzen, weil er seine dienstliche Aufgaben im Geldschalterdienst nicht mehr erfüllen könne und auch außerhalb des Postdienstes keinem anderen gleichwertigen Erwerb (Maturaniveau) nachgehen könne. Von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme machte der Beschwerdeführer nicht Gebrauch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 1999 versetzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 28. Februar 1999 in den Ruhestand. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass er nach dem Gutachten Dris G. vom 14. Jänner 1999 auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage sei, seine dienstlichen Aufgaben im Geldschalterdienst zu erfüllen. Die ärztlichen Ausführungen seien schlüssig; er sei nach dem vorliegenden Beweisergebnis dienstunfähig. Von der Möglichkeit, dazu innerhalb der gesetzten Frist Stellung zu nehmen, habe der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht. Die Voraussetzungen für die Ruhestandsversetzung seien nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Ergebnis Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung BGBl. Nr. 820/1995, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Gemäß § 14 Abs. 3 BDG 1979 ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 BDG 1979 ist unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, alles zu verstehen, was die Eignung des Beamten, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Dazu können nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und leichtere geistige Störungen gehören, welche eine ordnungsgemäße Führung der ihm übertragenen Geschäfte ausschließen. Dabei ist nicht allein auf die Person des Beamten abzustellen, sondern es sind vielmehr auch die Auswirkungen solcher Störungen oder Eigenschaften auf seine Fähigkeit, die ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen dieser Störungen und Eigenschaften auf den Amtsbetrieb entscheidend. Eine zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung bestehende Dienstunfähigkeit ist dann als dauernd zu werten, wenn nach den Beurteilungsgrundlagen im maßgeblichen Zeitraum die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit genügt nicht (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1998, Zl. 93/12/0136, mwN).

Im Beschwerdefall hat sich die belangte Behörde zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit auf ein medizinisches Gutachten gestützt, das im Wesentlichen den Voraussetzungen gerecht wird, die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1992, Zl. 90/12/0140, mwN.) an Sachverständigengutachten zu stellen sind.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist ausschließlich gegen die Feststellungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und die daraus gefolgerte dauernde Dienstunfähigkeit gerichtet. Er bringt im Wesentlichen vor, die Untersuchung des Amtssachverständigen habe bloß in einem zwei- bis dreiminütigem Gespräch bestanden. Auch die in diesem Gutachten angeführten kontrollärztlichen Untersuchungen seien unzutreffend, weil sie im September bzw. November 1998 stattgefunden hätten und keineswegs im Hinblick auf eine Ruhestandsversetzung durchgeführt worden seien. Er habe aus ihrem Inhalt als Laie auch nicht eine Ruhestandsversetzung aus den nunmehr angeführten Gründen ableiten können. Dies werde auch durch das der Beschwerde beiliegende Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. W. bestärkt, der nach einer sehr langen und intensiven Untersuchung zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen sei als der Amtssachverständige. Hätte der Amtssachverständige ebenfalls eine entsprechende Untersuchung durchgeführt oder sich eines entsprechenden Gutachters aus dem Fachbereich bedient, wäre er zu einem anderen Ergebnis, nämlich demselben wie der Privatgutachter, gekommen. Die belangte Behörde habe es somit unterlassen, eine entsprechende Untersuchung zu veranlassen.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Soweit der Beschwerdeführer insbesondere gegen das Gutachten der Fachärztin Dr. E. vom 23. September 1998 einwendet, es sei ihm der Zusammenhang mit dem Ruhestandsversetzungsverfahren nicht erkennbar gewesen, trifft es zwar zu, dass zum Zeitpunkt, als ihm dieses Gutachten zukam, ein solches Verfahren noch nicht anhängig war. Abgesehen davon, dass aber bereits in diesem Gutachten aus fachärztlicher Sicht ein "vorzeitiger Ruhestand" für den Fall einer Verschärfung des Verhaltens des Beschwerdeführers und keiner Besserung trotz Therapie in absehbarer Zeit empfohlen wurde, musste seine Bedeutung für die Ruhestandsversetzung dem Beschwerdeführer aber spätestens durch die Anführung im Gutachten des Amtssachverständigen vom 14. Jänner 1999 klar sein, das im Ruhestandsversetzungsverfahren ergangen ist. Dies gilt auch für die im September 1998 durchgeführte anstaltsärztliche Untersuchung. Mit dem Vorhalt vom 14. Jänner 1999 ist die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur Wahrung des Parteiengehörs nachgekommen. Dem Beschwerdeführer wäre es offen gestanden, sich einerseits zum Gutachten des Anstaltsarztes vom 14. Jänner 1999 bzw. der Fachärztin Dr. E vom 23. September 1998 selbst zu äußern, weitere Gutachten zur Untermauerung seines Standpunktes vorzulegen oder sonst dazu Stellung zu nehmen. Da der Beschwerdeführer - trotz der ihm gebotenen Möglichkeit - überhaupt nicht reagiert hat und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen primär dem Sachverhaltsbereich zuzuordnen sind bzw. allenfalls als gemischte Sach- und Rechtsfragen bewertet werden könnten, erweist sich das nunmehrige erstmalige Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des § 41 Abs. 1 VwGG als verspätet (vgl. in diesem Sinne beispielsweise die Erkenntnisse vom 26. Juni 1959, Slg. NF. Nr. 5007/A, oder vom 12. Jänner 1961, Zl. 580/60).

Da die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht der Nachholung der im Verwaltungsverfahren versäumten Parteienhandlungen dient, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wegen dieser besonderen Fallkonstellation (keine Bestreitung der Dienstunfähigkeit durch den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und Art der Erkrankung) erübrigte sich die ansonsten von der Behörde einzuhaltende Vorgangsweise (Prüfung der Dienstunfähigkeit als Rechtsfrage und Auseinandersetzung mit der Möglichkeit eines Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 3 BDG 1979).

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999120104.X00

Im RIS seit

29.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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