TE UVS Tirol 2003/06/24 2003/17/097-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn K. D., 6020 Innsbruck, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G. Z., 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 07.04.2003, Zl S-17.763/02, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG zur Einstellung gebracht.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

"Sie haben am 23.09.2002 in Innsbruck, Leopoldstraße 3, Innenhof

1) um 19.30 Uhr als Lenker des Pkw T-xxxxx als ursächlich Beteiligter an einem Verkehrsunfall, bei dem der Pkw I-yyyyy leicht beschädigt wurde, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt,

2) um 19.45 Uhr ebendort trotz berechtigter Aufforderung durch ein ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan den Alkotest verweigert, obwohl vermutet werden konnte, dass sie beim Lenken des Fahrzeuges (siehe Punkt 1) durch Alkohol beeinträchtigt waren."

 

Dem Berufungswerber wurde eine Übertretung zu Punkt 1) nach § 4 Abs 5 StVO und zu Punkt 2) nach § 99 Abs 1 lit b StVO zur Last gelegt und wurde dem Beschuldigten gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO zu Punkt 1) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) und gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO zu Punkt 2) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Tage) aufgetragen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben und zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich beim Tatort um eine Fläche, auf die die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung keine Anwendung finden, wozu auf die Rechtfertigung vom 04.11.2002 und die dort vorgelegten Lichtbilder verwiesen wird. Die Zufahrt zum Privatparkplatz des Berufungswerber sei - wie im Lichtbild Nr 1 zu ersehen sei - durch einen mit Schlüssel zu öffnenden Schranken erfolgt, sodass nochmals der Unterstellung entschieden entgegen getreten werde, dort könne jedermann Einlass begehren, indem er an einer Glocke läute. Lediglich die Rettung dürfe dort nach Betätigung der Glocke eingelassen werden, weil es sich um eine Rettungszufahrt der Piererklinik handle, weshalb dieser Schranke auch folgende Beschriftung trage: "Rettungszufahrt Tag und Nacht frei halten, widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt". Das hieße nichts anderes, als dass vor dem Schranken abgestellte Fahrzeuge, weil sie die Rettungszufahrt behindern würden, kostenpflichtig abgeschleppt werden würden. Der Parkplatz des Berufungswerbers sei aber auch über die Einfahrt Salurner Straße nicht durch jedermann erreichbar, auch nicht durch Fußgänger oder Radfahrer, weil der dort ebenfalls angebrachte Schranken geschlossen sei. Auf den Lichtbildern 4 und 5 sei links die Zufahrt zur Garage erkennbar und rechts der stets geschlossene Schranken, über den der Parkplatz des Hilton Hotels erreicht werden könne. Selbst wenn dieser Schranken aber geöffnet gewesen wäre, befinde sich am Ende des Hotelparkplatzes, dort wo es zum Privatparkplatz des Berufungswerbers gehe, ein weiterer Schranken, der geschlossen sei und verhindern solle, dass etwa Hotelgäste auf dem Privatparkplatz des Berufungswerbers geraten könnten. Wenn diese Parkplätze eben nur von bestimmen Mietern benutzt werden dürften, so erhärte sich daraus, dass es sich eben nicht um eine für jedermann zugängliche Verkehrsfläche handle.

 

Es werde zudem darauf verwiesen, dass auch nach dem Gutachten des Zeugen und Sachverständigen E. M. festgestellt worden sei, dass ein Schaden im Bereich der Seitenwand des Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen I-yyyy nicht vorfallskausal gewesen sein könne, wozu komme, dass der Anstoß des Pkws T-xxxxx am Pkw I-yyyyy mit so geringer Intensität erfolgt sei, dass dies trotz gehöriger Aufmerksamkeit des Berufungswerbers nicht bemerkt werden habe können. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere durch die Einsichtnahme in die vom Berufungswerber mit Rechtfertigung vom 04.11.2002 gelegten Lichtbilder 1 bis 6. Außerdem wurde von der Berufungsbehörde der Tatort besichtigt und ein Schreiben an die Raika Immobilien Betreuungs GmbH sowie an die Privatklinik Innsbruck Triumphpforte gerichtet. Ersteres wurde mit Schreiben vom 13.05.2003, zweiteres durch E-Mail vom 11.06.2003 beantwortet.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass der Berufung Berechtigung zukommt.

 

Der Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24.09.2002 zu Zl S-17.763/02 ist zu entnehmen, dass K. D. als Lenker des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen T-xxxxxx, Audi, in Innsbruck, Innenhof des Hotels Greif und Hotel Hilton beobachtet worden sei, als er rückwärts ausparken wollte und dabei gegen das ebenfalls parken abgestellte Fahrzeug der Marke Ford Galaxy mit dem amtlichen Kennzeichen I-yyyy (A) gefahren sei und dieses an der linken Seite der vorderen Stoßstange beschädigt habe. Der Lenker hätte nach Angaben der Meldungsleger den Vorfall bemerken müssen, da das Fahrzeug einen merkbaren "Rucker" gemacht habe. Dieser sei jedoch weiter gefahren und habe seinen Pkw einige Meter weiter wieder eingeparkt. In der Folge habe sich der offensichtlich alkoholisierte Lenker vom Unfallort entfernt und sei in ein nahe gelegenes Cafe gegangen. Ein Zeuge habe die Polizei und den Zulassungsbesitzer des angefahrenen Ford Galaxy verständigt. In der Folge seien vom Meldungsleger beide Fahrzeuge besichtigt worden. Dabei habe er beim Ford Galaxy eine deutliche Kratzspur an der vorderen Stoßstange feststellen können. Beim Fahrzeug des D. sei eine Abriebspur an der Kunststoffstange festzustellen gewesen. Bei der anschließenden Befragung habe sich D.geweigert, sich zum Sachverhalt zu äußern und habe jeglichen Zusammenhang mit den Kratzspuren am Fahrzeug Ford Galaxy bestritten. Er habe mitgeteilt, dass er nur ein paar Meter rückwärts gefahren sei, um sein Fahrzeug umzuparken. In der Folge wurde D. aufgrund deutlicher Symptome einer Alkoholisierung zur Durchführung des Alkomattestes im Wachzimmer Innere Stadt aufgefordert, dieser Aufforderung sei D. nicht nachgekommen. Er sei ausführlich über die Folgen einer Verweigerung aufgeklärt worden, er sei jedoch bei seiner Aussage geblieben. Der Führerschein des D. wurde vorläufig abgenommen. Bezüglich des Tatortes werde angeführt, dass es sich hierbei offensichtlich um eine bedingt öffentliche Verkehrsfläche handle. Es sei zwar ein Schranken bei der Einfahrt Leopoldstraße angebracht,

jedoch werde dieser Schranken jedem geöffnet, der dort Einlass begehre. Des Weiteren sei der Innenhof über die Einfahrt Salurnerstraße durch jedermann erreichbar, da dieser dort angebrachte Schranken nie geschlossen sei und der Innenhof durch abfahrende Gästebusse des Hotel Hilton genützt werde. Die Busse würden dann über den Innenhof in Richtung Leopoldstraße abfahren. Zum Tatzeitpunkt war der Schranken Einfahrt Salurner Straße ebenfalls geöffnet. Somit hätte zum Tatzeitpunkt jedermann diesen Platz befahren können.

 

Auf Anfrage der Berufungsbehörde teilte die Raiffeisen Hausverwaltung in ihrem Schreiben vom 13.05.2003 wie folgt mit:

 

"Die von ihnen angesprochenen Parkplätze im Hof, 20 an der Zahl, stehen im Eigentum der Wohnungseigentumgemeinschaft Tourist Center, Salurner Straße 15, sind allesamt vermietet, die Einnahmen aus dieser Vermietung werden den Eigentümern in der Betriebskostenabrechnung gut geschrieben.

Die Zufahrtsmöglichkeit besteht über die Leopoldstraße, die Einfahrt ist durch einen Schranken abgesperrt, wobei dieser derzeit aufgrund der Umbauarbeiten beim ehemaligen Hotel Greif entfernt ist. Richtig ist, dass sich beim Schranken eine Glocke befindet, welche mit der Piererklinik verbunden ist. Ob bei Betätigen jederzeit geöffnet wird, kann von der Hausverwaltung nicht angegeben werden. Abschließend darf noch festgehalten werden, dass bekannt ist, dass diese Parkplätze vermietet sind, sicherlich werden sich die Mieter gegen Verparken von Unberechtigten wehren."

 

Ein E-Mail von H. G., Verwaltungsdirektor Privatklinik Triumphpforte, hat folgenden Inhalt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu ihrer Anfrage kann ich nur insoferne Stellung nehmen, dass bis zum Umbau des Hotel Greif die Zufahrt für Parkplatzbesitzer, Zubringer, Rettung, Feuerwehr sowie Lieferanten gedacht war. Die Administration der Glocke wurde vorwiegend von der Privatklinik Triumphpforte übernommen.

 

Widerrechtlich abgestellte Pkw sind von den jeweiligen Grundstückseignern zu ahnden gewesen."

 

In der Folge hat die Berufungsbehörde den Tatort besichtigt und festgestellt, dass die vom Beschuldigten in seiner Rechtfertigung geltend gemachten Argumente zu Recht bestehen. Der Privatparkplatz des K. D. war bis zum Umbau des Hotel Greif nur durch Öffnen eines Schrankens erreichbar. Dieser Schranken kann zwar von der Piererklinik für die Rettungszufahrt geöffnet werden, ansonsten ist jedoch ein Einlass nur dann möglich, wenn man den Schlüssel für den Schranken hat. Der Privatparkplatz des Beschuldigten ist als solcher ausgewiesen. Zusätzlich verweist auch ein Schild, mit welchem mit Abschleppung eines widerrechtlich abgestellten Fahrzeuges gedroht wird, darauf hin. Des Weiteren befindet sich bei der Einfahrt über die Salurner Straße links vom Casino ebenfalls ein Schranken sowie ein Hinweisschild, dass es sich bei dem hinter dem Schranken liegenden Grund um einen Privatgrund handelt. Dass der Schranken bei Bedarf geöffnet sein kann, ist ja wohl sinnvoll und kann nicht daraus geschlossen werden, dass deshalb jedermann Zugang zu diesem Privatgrund hat. Im Übrigen war der Schranken bei Besichtigung des Privatgrundes durch die Berufungsbehörde ordnungsgemäß heruntergelassen.

 

§ 1 StVO normiert, dass dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr gilt. Als solche Straßen gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Abs 2 legt fest, dass für Straßen ohne öffentlichen Verkehr dieses Bundesgesetz insoweit gilt, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.

 

Demnach liegt eine Straße mit öffentlichem Verkehr dann vor, wenn der Verfügungsberechtigte (Straßenerhalter) auf ihr den allgemeinen, wenn auch uU auf bestimmte Personengruppen (zB Hotelgäste) beschränkten, Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr zulässt. Behält sich hingegen der Verfügungsberechtigte die individuelle Zulassung bestimmter Personen zum Fahrzeug- und/oder Fußgängerverkehr auf der Straße für jedermann (zB durch Hinweistafeln oder Schranken) erkennbar vor und stellt er diese individuelle Zulassung auch im Sinne des Ausschlusses anderer Personen von dieser Benützung durch bestimmte Maßnahmen regelmäßig sicher (zB durch bauliche Hindernisse, Bewachung, Einbringung von Besitzungsstörungs- oder Eigentumsfreiheitsklagen), so liegt eine Straße ohne öffentlichen Verkehr vor (Messina, StVO, Seite 3). Auf Seite 6 letzter Absatz wird ausgeführt, dass die von diesem Gesetz den Behörden oder den Organen der Straßenaufsicht eingeräumten Rechte sich nicht auf Straßen ohne öffentlichen Verkehr erstrecken. Die Behörden dürfen daher für solche Straßen keine Verkehrsregelung anordnen und die Organe der Straßenaufsicht dürfen auf solchen Straßen niemanden beanstanden, selbst wenn er Straßenverkehrsvorschriften verletzt haben sollte.

 

Die von der Erstbehörde aufgestellte Behauptung, dass der Schranken, der die Zufahrt für die Rettungsfahrzeuge zur Piererklinik regelt, für jedermann geöffnet werden kann, wurde von niemanden bestätigt und konnte auch anlässlich des Ortsaugenscheins von der Berufungsbehörde nicht mehr beobachtet werden, da zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Bauführung des Hotel Greif der Schranken abmontiert war. Dass ein solcher üblicherweise jedoch besteht, ist dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol bekannt. Aufgrund der Hinweisschilder bezüglich der privaten Abstellplätze sowie der weiteren zweifachen Schrankenanlage im Süden und im Osten des Casinos ist jedoch zweifelsfrei davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt und daher die Straßenverkehrsordnung hier nicht zum Tragen kommt. Dies insbesondere deswegen, weil die Zufahrt zu den Privatparkplätzen nur einem ganz kleinen Kreis von berechtigten Personen gestattet ist.

 

Es war daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten aufgrund der Nichtanwendbarkeit der Straßenverkehrsordnung zur Einstellung zu bringen.

Schlagworte
Parkplätze, Eigentum, Wohnungseigentumgemeinschaft, Schranken, abgesperrt, Straßen, öffentlichem, Verkehr
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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