TE UVS Niederösterreich 2003/09/02 Senat-BN-02-1116

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Veröffentlicht am 02.09.2003
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Spruch

Die Berufung wird gemäß § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatbeschreibung folgendermaßen zu lauten hat: ?Sie haben als Fahrzeuglenker keinen solchen Abstand vom nächsten vor Ihnen fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da der Abstand bei einer Fahrgeschwindigkeit von 133 km/h nur 24 Meter betrug, obwohl ein Abstand von 39 Metern eingehalten hätte werden müssen.?

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber dem Land NÖ als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens ? 21,80 zu bezahlen.

Text

I Verfahrensgang:

 

1 Auf Grund der Anzeige des L************************* für **, Verkehrsabteilung, vom 21.02.2002, Zl P-AB***/**/L**, erließ die Bezirkshauptmannschaft X nach Durchführung einer Lenkererhebung die Strafverfügung vom 12.04.2002, Zl *-****-**, in welcher dem nunmehrigen Berufungswerber die Übertretung des § 18 Abs 1 iVm § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 zur Last gelegt wurde. Die BH X verhängte gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 218,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 72 Stunden. Gegen diese am 20.04.2002 durch Hinterlegung zugestellte Strafverfügung erhob der nunmehrige Berufungswerber im Wege seines Vertreters fristgerecht den Einspruch vom 30.04.2002.

 

2  Nach Durchführung weiterer Ermittlungen, zu deren Ergebnis dem Berufungswerber schriftlich Parteiengehör eingeräumt worden war, von welchem er auch mit Stellungnahme vom 10.06.2002 Gebrauch machte, erließ die Bezirkshauptmannschaft X das Straferkenntnis vom 04.07.2002, Zl 3-5588-02. Darin wurde der nunmehrige Berufungswerber für schuldig erkannt, als Fahrzeuglenkerin (gemeint wohl: Fahrzeuglenker) am 21.02.2002 um 14,37 Uhr im Gemeindegebiet von T*********** auf der A 2 bei Strkm 19,300 in Fahrtrichtung Graz mit dem PKW mit dem behördlichen Kennzeichen W-****** keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten zu haben, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Dadurch habe er § 18 Abs 1 iVm § 99 Abs 3 lit a StVO übertreten, weshalb auf der Grundlage des § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in Höhe von ? 109,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 30 Stunden verhängt wurde. Der Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG wurde mit ? 10,90 bemessen. Gegen dieses dem Vertreter des Berufungswerbers am 10.07.2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 23.07.2002 und damit fristgerecht eingebrachte Berufung vom 22.07.2002.

 

III. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat dazu wie folgt erwogen:

 

1 Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

 

A***** C**** fuhr am 21.02.2002 um 14,37 Uhr mit dem PKW der Marke BMW mit dem behördlichen Kennzeichen W-****** auf der A 2 im Gemeindegebiet von Traiskirchen in Fahrtrichtung Graz bei Strkm 19,300 bei einer Geschwindigkeit von 133 km/h (diesbezüglich wurde die Messtoleranz von 5 km/h bereits berücksichtigt) mit einem Abstand von lediglich 24 Metern (von 23,5 m aufgerundeter Wert bei einem Abstand von 26,7 m unter Abzug einer geschätzten Fahrzeuglänge von 3,2 m) hinter dem vor ihm in gleicher Fahrtrichtung ebenfalls auf dem dritten Fahrstreifen fahrenden PKW.

 

2 Dies ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

Zwei im Akt namentlich benannte Beamte der Verkehrsabteilung des *************************** für ** konnten den festgestellten Sachverhalt im Zuge des Verkehrsüberwachungsdienstes mit einem Dienstkraftfahrzeug wahrnehmen. Die Übertretung wurde während einer stationär durchgeführten Messung im Dienstkraftfahrzeug von der dort eingebauten Videoanlage aufgezeichnet und ausgewertet. Die diesbezüglichen Fotos samt Auswertung scheinen im Akt auf und wurden auch dem Berufungswerber gemeinsam mit der Anzeige und einer ergänzenden Stellungnahme der Verkehrsabteilung vom 13.05.2002 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Aus dieser Auswertung ergibt sich, dass der Wert der gemessenen Geschwindigkeit 138 km/h betrug, was unter Berücksichtigung einer Messtoleranz von 5 km/h den dem Berufungswerber vorgeworfenen Wert von 133 km/h ergibt. Als eingehaltener Abstand zu dem auf dem gleichen Fahrstreifen vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers fahrenden Fahrzeug wurde ein Wert von 26,7 Metern gemessen. Davon wurde eine Fahrzeuglänge von 3,2 Metern abgezogen, woraus sich ein Wert von 23,5 Metern ergibt, welcher auf 24 Meter aufgerundet wurde. Weiters ist aus den aufgenommenen Fotos deutlich das Kennzeichen des BMW sowie die Aufnahmezeit ersichtlich. Die Messung erfolgte unter Einhaltung der Bedienungsanleitung von einer über der Fahrbahn gelegenen Brücke. Es bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Beweisergebnisse, zumal diese einwandfrei und nachvollziehbar im Akt dokumentiert sind.

 

Im Einspruch vom 30.04.2002 wendet sich der Berufungswerber gegen die von der Anzeige vom 21.02.2002 übernommene Berechnung der Erstbehörde, wonach ein Abstand von 24 Metern einer Fahrzeit von 0,4 Sekunden entspreche. Für diesen Weg müsste man über 200 km/h schnell fahren, wogegen der Berufungswerber nur ?ganz langsam? gefahren sei. Mit der ergänzenden Stellungnahme der Verkehrsabteilung vom 13.05.2002 wurde die Berechnungsmethode, welche der Anzeige zu Grunde gelegt worden war, genauer erklärt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass nunmehr eine andere Methode angewendet werden würde. Dass die Erstbehörde diese frühere Berechnungsmethode in die Strafverfügung aufnahm, tut der im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und für die Beurteilung der Frage, ob die dem Berufungswerber zur Last gelegte Übertretung tatsächlich vorliegt, maßgeblichen Feststellung, dass der Berufungswerber lediglich einen Abstand von 24 Metern zum vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten hatte, keinen Abbruch. Der gemessene Abstand ist nämlich nicht variabel und hängt nicht davon ab, wie lange man für dessen Zurücklegung braucht. Dieser gemessene Abstand von 24 Metern wurde in keiner Eingabe des Berufungswerbers bestritten, sodass mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von diesem objektiv ermittelten Messwert ausgegangen werden kann.

 

Was die gefahrene Geschwindigkeit betrifft, so macht der Berufungswerber keine konkreten, der Anzeige vom 21.02.2002 entgegen stehenden Angaben. Zwar führt er im Einspruch vom 30.04.2002 aus, er sei ?ganz langsam? gefahren, doch steht dies mit seiner vorangegangenen Berechnung, wonach er unter Zugrundelegung der Angaben in der Strafverfügung über 200 km/h schnell gefahren sein müsste, in Zusammenhang. In den weiteren Eingaben, nämlich der Stellungnahme vom 10.06.2002 und der Berufung vom 22.07.2002, legt der Berufungswerber seinen Ausführungen ? wenn auch mit dem Begehren, eine Messtoleranz von mindestens 10 km/h bzw von 5% abzuziehen ? die gemessene Geschwindigkeit von 133 km/h zu Grunde, wobei der Berufungswerber übersieht, dass bei diesem Wert die Messtoleranz bereits berücksichtigt worden ist. Diese Berücksichtigung der Messtoleranz ergibt sich aus der Beilage zur Anzeige vom 21.02.2002, welche dem Berufungswerber gleichzeitig mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 27.05.2002 zur Kenntnis gebracht worden war. Da somit vom Berufungswerber weder eine von der Anzeige abweichende konkrete Angabe der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit gemacht wurde noch Zweifel an dem objektiv gewonnenen Messergebnis des ************************** bestehen, wurde dieser um die Messtoleranz bereinigte Messwert als Sachverhalt zu Grunde gelegt.

 

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass dem Berufungswerber die Anzeige samt den der Anzeige beiliegenden Fotos und deren Auswertung sowie die ergänzende Auskunft der Verkehrsabteilung vom 13.05.2002 mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, welche am 27.05.2002 zugestellt wurde, zur Kenntnis gelangt ist, aber dennoch keine konkrete Bestreitung des maßgeblichen, bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis angegebenen, Sachverhaltes erfolgt ist. Mangels substanziierter Einwendungen sowie mangels sonstiger Anhaltspunkte für Zweifel an den erhobenen Beweisergebnissen war daher der oben angeführte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

3 In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

 

3 1 Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses  Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach dem Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

3 2 1 Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass der Berufungswerber bei einer Fahrgeschwindigkeit von 133 km/h lediglich einen Abstand von 24 Metern zu dem auf dem gleichen Fahrstreifen vor ihm fahrenden Kraftfahrzeug eingehalten hat. Nunmehr ist zu prüfen, ob dieser Abstand ausreichend war, um jederzeit ? auch bei plötzlichem Abbremsen des vorderen Fahrzeuges ? rechtzeitig anhalten zu können.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt in der Regel beim Hintereinanderfahren ein dem Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand, wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen, wobei die Faustformel für die Berechnung des Reaktionsweges dahingehend lautet, dass der Reaktionsweg in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt (vgl. VwGH 21.09.1984, 84/02/0198; 18.12.1997, 96/11/0035). Die Gültigkeit dieser Regel hat Reifen und Bremsen von normaler Beschaffenheit, guten Straßenzustand und eben solche Sichtverhältnisse zur Voraussetzung (VwGH 05.05.1964, 568/63).

 

Unter Zugrundelegung dieser Faustregel ergibt sich für den gegenständlichen Fall, dass der Berufungswerber bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 133 km/h einen Sicherheitsabstand von mindestens 39,9 Metern (gerundet 39 Meter) zum vor ihm fahrenden Fahrzeug einhalten hätte müssen. Dem Einwand des Berufungswerbers, es sei zu wenig auf die lokalen Verhältnisse - konkret die ?beste Sicht und sehr gute Bremsen? - eingegangen worden, ist zu entgegnen, dass bei der Berechnung des Reaktionsweges nach der oben angeführten Formel gute Sichtverhältnisse zu Grunde gelegt wurden, ebenso wie Bremsen von normaler Beschaffenheit. Wenn nun vorgebracht wird, der BMW M5 sei ?berühmt für seine besondere Bremsleistung?, ohne diese besondere Bremsleistung konkret darzutun, so ist dem zu entgegnen, dass bei einer erheblichen Unterschreitung des nach der allgemeinen Regel für optimale Verhältnisse errechneten Mindestabstandes vom Vordermann Feststellungen über die Beschaffenheit der Reifen, Bremsen usw nicht erforderlich sind (VwGH 05.05.1964, 568/64; OGH 13.07.1982, 2 Ob 148/82). Von einer erheblichen Unterschreitung des Mindestabstandes kann im vorliegenden Fall gesprochen werden, da an Stelle des Mindestabstandes von 39 Metern lediglich 24 Meter Abstand eingehalten wurde, was einer Unterschreitung des Mindestabstandes um fast 40% entspricht. Es waren somit weitere Ermittlungen zur ?besonderen Bremsleistung? des vom Berufungswerber zum Tatzeitpunkt gefahrenen BMW nicht erforderlich.

 

Die irrtümliche Angabe eines nicht zutreffenden Sekundenwertes in der Anzeige und in der Strafverfügung vom 12.04.2002, welcher im Übrigen im ordentlichen Verfahren aufgeklärt werden konnte, ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung, wonach der im gegenständlichen Fall bei einer Geschwindigkeit von 133 km/h ermittelte Abstand von nur 24 Metern zum vorderen Fahrzeug nach der allgemein anerkannten, oben wiedergegebenen Formel zur Berechnung des Reaktionsweges, welcher den zumindest einzuhaltenden Sicherheitsabstand darstellt und im konkreten Fall rechnerisch einen Mindestsicherheitsabstand von gerundet 39 Metern ergibt, nicht eingehalten worden ist. Der einzuhaltende Sicherheitsabstand bemisst sich auch nicht wie vom Berufungswerber im Einspruch behauptet nach Fahrzeuglängen, sondern nach der vorhin zitierten Faustregel, welche in etwa dem in einer Sekunde gefahrenen Weg entspricht. Diese Faustformel wird auch vom Berufungswerber in der Stellungnahme vom 10.06.2002 zitiert, wobei der Berufungswerber ebenfalls zu einem Sicherheitsabstand von 39,9 Metern gelangt. Soweit der Berufungswerber von den gefahrenen 133 km/h noch eine weitere Messtoleranz von 10 km/h bzw. von 5% bei seinen Berechnungen abzieht, ist ihm entgegen zu halten, dass die 133 km/h bereits eine bereinigte Geschwindigkeitsmessung darstellen, weil von den gemessenen 138 km/h bereits eine Messtoleranz von 5 km/h abgezogen worden ist. Ein weiterer Abzug kommt somit nicht mehr in Betracht; es ist auch nicht nachvollziehbar, wie der Berufungswerber zu dieser Annahme kommt, lagen ihm doch die tatsächlichen Messwerte als Beilage zur Anzeige vor. Auf Grund dieser unzutreffenden Ausgangslage ist auf die diesbezüglichen Ausführungen und Berechnungen des Berufungswerbers nicht weiter einzugehen. Auch die vom Berufungswerber angesprochene ?ältere Rechtsprechung? des Verwaltungsgerichtshofes ist irrelevant, besteht doch eine jüngere, gesicherte einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum notwendigen Sicherheitsabstand, welche ja auch vom Berufungswerber selbst bereits richtig zitiert wurde. Weshalb daher auf eine ältere ? nicht mehr aktuelle und anwendbare ? Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden sollte, bleibt im Dunkeln.

 

Da die Einwendungen und Berechnungen des Berufungswerbers ? wie gezeigt ? ins Leere gehen, liegt die dem Beschuldigten von der Bezirkshauptmannschaft X zur Last gelegte Tat in objektiver Hinsicht eindeutig vor.

 

3 2 2 In subjektiver Hinsicht ist dem Berufungswerber fahrlässiges Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 2 Satz VStG anzulasten. Hiernach ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Berufungswerber bringt nichts vor, was gegen die Annahme von Fahrlässigkeit spricht, weil er vielmehr regelmäßig darauf pocht, dass der von ihm eingehaltene Abstand ausreichend gewesen sei. Eine Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens ist mit dieser Verantwortung nicht gelungen, sodass jedenfalls vom Vorliegen von Fährlässigkeit auszugehen ist.

 

3 3  Gemäß § 19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch die vom Beschuldigten übertretene Rechtsnorm soll gewährleisten werden, dass alle Gefahren im Straßenverkehr vermieden werden, welche durch Nichteinhalten des erforderlichen Abstandes von hintereinander fahrenden Fahrzeugen entstehen. Durch die Einhaltung eines Abstandes von bloß 24 Metern statt den vorgesehenen 39 Metern hat der Berufungswerber diesen Schutzzweck eindeutig verletzt. Sonstige nachteilige Folgen sind nicht hervorgekommen.

 

Eine Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft X bei der Strafbehörde des Wohnsitzes des Berufungswerbers hat ergeben, dass hinsichtlich des Berufungswerbers keine Verwaltungsvormerkungen bestehen. Dieser Umstand ist als mildernd zu werten. Demgegenüber ist das Ausmaß der Unterschreitung des notwendigen Sicherheitsabstandes von fast 40% als erschwerend zu werten.

 

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber trotz Aufforderung keine Angaben gemacht, sodass die BH X ? wie in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme angekündigt ? von einem monatlichen Einkommen von ? 1.453,--, keinem Vermögen und Sorgepflichten für zwei Kinder ausgegangen ist.

 

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat und der dargelegten weiteren Strafzumessungsgründe scheint die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen. Insbesondere aus spezialpräventiven Gründen schien vor dem Hintergrund der erheblichen Unterschreitung des vorgesehenen Sicherheitsabstandes eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe als nicht vertretbar.

 

Die Anwendung des § 21 VStG kommt entgegen der Ansicht des Berufungswerbers im gegenständlichen Fall nicht in Betracht. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht auf die Anwendung des § 21 ein Rechtsanspruch. Dies setzt jedoch voraus, dass beide angeführten Voraussetzungen kumulativ vorliegen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld eines Beschuldigten nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. zB VwGH 12.09.1986, 86/18/0059; 21.10.1998, 96/09/0163). Die Frage, ob das Verschulden geringfügig ist, ist nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen, unter denen der Schuldige gehandelt oder eine Pflicht unterlassen hat. Im gegenständlichen Fall hielt der Berufungswerber anstelle eines vorgesehenen Mindestsicherheitsabstandes von 39 Metern lediglich einen Abstand von 24 Metern ein. Dies bedeutet, dass der Sicherheitsabstand lediglich zu rund 60 Prozent eingehalten wurde. Hierbei handelt es sich somit um eine maßgebliche Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes. Angesichts einer solchen maßgeblichen Übertretung - welche im Übrigen im Rahmen der Strafzumessung als erschwerend zu werten ist - kann von einem geringfügigen Verschulden nicht mehr gesprochen werden (vgl VwGH 15.06.1994, 93/03/0299, 94/03/0062). Da somit bereits die Voraussetzung des geringfügigen Verschuldens nicht gegeben ist, braucht auf die Bedeutsamkeit der Folgen der Übertretung nicht weiter eingegangen zu werden.

 

3 4  Die Berufungsausführung, wonach der Berufungswerber in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden wäre, ist unzutreffend, hat doch die Erstbehörde im Rahmen des ordentlichen Verfahrens dem Berufungswerber sämtliche Ermittlungsergebnisse, konkret die Anzeige, die Beilage zur Anzeige, welche die aufgenommenen Fotos samt deren Auswertung enthält, sowie die ergänzende Stellungnahme der Verkehrsabteilung vom 13.05.2002 nachweislich am 27.05.2002 zur Kenntnis gebracht und eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme bzw zur persönlichen Vorsprache eingeräumt. Als Reaktion auf dieses Schreiben wurde auch eine ausführliche Stellungnahme vom 10.06.2002 abgegeben. Des Weiteren äußerte sich der Berufungswerber auch in der Berufung zu sämtlichen Ermittlungsergebnissen, welche ihm vollständig zur Kenntnis gebracht worden waren. Eine Verletzung des Parteiengehörs kann daher nicht erblickt werden.

 

3 5  Gemäß § 51e Abs 3 Z 1 und 3 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zuletzt aktualisiert am
07.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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