TE UVS Steiermark 2003/10/06 30.16-43/2003

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Veröffentlicht am 06.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung von Frau B P gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz, vom 07.03.2003, GZ.: A 5-18/10-2002 Ref. 11, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz (im Folgenden kurz: belangte Behörde) wurde der Berufungswerberin eine Verletzung des § 15 Abs 2 des Stmk. Pflegeheimgesetzes, LGBl. Nr. 108/1994 zur Last gelegt und über sie dafür nach der zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe in der Höhe von ? 200,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag verhängt. Die Berufungswerberin habe es nach dem Spruch des zitierten Straferkenntnisses in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma N GesmbH, welche in G ein Pflegeheim im Sinne des Stmk. Pflegeheimgesetzes betreibe, unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass die im Stmk. Pflegeheimgesetz normierten gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Führung der Pflegedokumentationen eingehalten würden.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass das Straferkenntnis zu Unrecht erteilt wurde, weshalb der Antrag gestellt werde, das Verfahren aufzuheben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu nachfolgendes fest:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 i.d.g.F. hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall - Zurückverweisung wegen Mangelhaftigkeit- sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unwechselbar feststeht. Hiezu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b.) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, slg. NF 11.894/A). Auf die Formulierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eingangs der Begründung der Berufungsentscheidung bereits hingewiesen. Die im Anlassfall einschlägigen Bestimmungen des § 6 des Stmk. Pflegeheimgesetzes lauten: Pflegedokumentation

(1) Über jede pflegebedürftige Person ist eine Pflegedokumentation anzulegen. In dieser ist jedenfalls darzustellen:

1.

der Anlass der Aufnahme;

2.

Angaben über den Pflegebedarf, Einstufung nach dem Pflegegeldgesetz, das Pflegeverfahren und die Pflegeziele bei der Aufnahme und im weiteren Verlauf; 3. Angaben über pflegerische, therapeutische ärztlich angeordnete Verrichtungen; 4. Aufzeichnungen über Heimbewohnerwünsche und über Information durch das Personal; 5. Aufzeichnungen über Art der Kost.

(2) Die Pflegedokumentation ist derart zu verwahren, dass eine missbräuchliche Kenntnisnahme ihres Inhaltes ausgeschlossen ist.

(3) Auskünfte aus der Pflegedokumentation sind nur mit Zustimmung des Heimbewohners zulässig, soweit keine gesetzliche Meldepflicht vorliegt. (4) Wird die Pflegedokumentation unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitung durchgeführt, sind die Vorschriften des Datenschutzgesetzes zu beachten (BGBl. Nr. 567/1978, in der Fassung BGBl. Nr. 609/1989).

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht somit in mehrfacher Hinsicht nicht dem angeführten Konkretisierungsgebot des § 44 a Z 1 VStG. So findet sich bezüglich des Tatverhaltens im Schuldvorwurf nicht der geringste konkrete Hinweis, in welcher Form seitens der Berufungswerberin gegen die als verletzt angesehene Rechtsvorschrift eigentlich verstoßen wurde. Wenngleich sich auch in der Begründung eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale findet, so reicht diese im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (VwGH 13.01.1982, 81/03/0203, 25.05.1983 slg. 11069A u.v.a.). Bei einem Vergleich der Angaben in der Anzeige des Sozialamtes der Stadt Graz vom 02.10.2002, durch die das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde, mit jenen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist ferner festzustellen, dass das verpönte Verhalten offenbar in primärer Hinsicht darin zu erblicken ist, dass anlässlich einer Mängelkontrolle am 02.09.2002 in dem von der Berufungswerberin verantwortlich geleiteten Pflegeheim eine unvollständige Pflegedokumentation hinsichtlich der Pflegeplanung und Evaluierung der Pflegemaßnahmen festgestellt wurde, wie auch eine unvollständige Dokumentation der ärztlichen Anweisungen. Hinweise darauf, worin die Mangelhaftigkeit der Pflegedokumentation im Sinne des § 6 des Stmk. Pflegeheimgesetzes tatzeitlich konkret bestanden hat, fehlen sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses. Entsprechend konkrete Vorhaltungen wurden der Berufungswerberin gegenüber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht erhoben, wie sich aus dem Ladungsbescheid vom 08.11.2002 ergibt, der nur auf eine nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Pflegedokumentation im Sinne der obigen Angaben verweist. Auch in der Niederschrift über die Vernehmung der Beschuldigten vom 26.11.2002 finden sich keine verfahrensrelevanten Hinweise auf im Einzelnen konkretisierten Tathandlungen, vielmehr wird u.a. auch auf die fachgerechte Aufbereitung von Medikamenten und Lebensmitteln Bezug genommen, ein Umstand, der mit der Pflegedokumentation nach Ansicht der erkennenden Behörde zumindest direkt nichts zu tun hat. Aus all dem ergibt sich somit, dass hinsichtlich der unzureichenden Tatbeschreibung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Gleiches gilt aber auch für das Fehlen einer Tatzeitangabe, wobei besonders darauf hinzuweisen ist, dass in allen bereits zitierten Verfolgungshandlungen die offensichtlich am 02.09.2002 stattgefundene Kontrolle im Pflegeheim der N GesmbH unerwähnt bleibt und die Berufungswerberin am 26.11.2002 im Rahmen der mit ihr aufgenommenen Niederschrift als Beschuldigte seitens der belangten Behörde unwidersprochen von einer derzeit als vollständig zu bezeichnenden Pflegedokumentation gesprochen hat. Wenngleich sich auch die offenkundige Tatzeit (02.09.2002) betreffend ein Hinweis in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wiederfindet, stand einer Präzisierung der Tatzeit durch die Berufungsbehörde in dieser Hinsicht die Verfolgungsverjährung entgegen, zumal das Straferkenntnis erst nach Ablauf der im Anlassfall zu berücksichtigenden sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs 2 VStG), die im Anlassfall somit bis 02.03.2003 lief, erlassen wurde. Ohne deshalb auf das sonstige Berufungsvorbringen näher eingehen zu müssen, war daher der Berufung Folge zu geben und nach Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses das gegen die Berufungswerberin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Pflegedokumentation Unvollständigkeit Konkretisierung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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