TE UVS Salzburg 2003/10/16 3/13754/6-2003th

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Veröffentlicht am 16.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung des Mag. Stefan F., vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. H., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 31.3.2003, Zahl 30308/369-20591-2002, folgendes Erkenntnis: Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von

? 36 zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen:

 

?Angaben zur Tat:

Zeit der Begehung: 26.3.2003, 10:48 Uhr

Ort der Begehung:  Eugendorf, A1, Strkm 282,6,

                   Richtung Salzburg

Fahrzeug:          PKW, LL-.. (A)

 

Sie haben als Fahrzeuglenker keinen solchen Abstand vom nächsten vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre. Nähere Angaben: Sie sind mit einem Abstand von 14 Meter, das entspricht 0,41 Sekunden, hinter einem in gleicher Richtung fahrenden Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 116 km/h nachgefahren. Bei einem unbedingten Mindestabstand von einer Sekunde wäre bei dieser Geschwindigkeit ein Sicherheitsabstand von 32,22 Meter einzuhalten gewesen.

 

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Übertretung gemäß § 18(1) Straßenverkehrsordnung

 

Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:

 

Strafe gemäß: § 99 (3)a Straßenverkehrsordnung        Euro 180,00

Ersatzfreiheitsstrafe:            60 Stunden.?

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht eine Berufung eingebracht. Darin bringt er im Wesentlichen vor, dass es sich um eine Fehlmessung handeln müsse, da das verwendete Messgerät keine Zulassung des Österreichischen Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen für Geschwindigkeitsmessungen aufweise. Die erstinstanzliche Behörde habe sich mit seinen Beweisanträgen nicht auseinander gesetzt. Insbesondere sei der Eichschein nicht vorgelegt worden. Nach seinen Informationen habe das fragliche Messgerät jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Messung niemals eine Zulassung für Geschwindigkeitsmessungen erhalten, zumal diese mit zu großen Fehlertoleranzen behaftet seien und überhaupt das Gerät auf Grund laufend auftretender Fehler sehr ungenau arbeite. Die Messergebnisse zu dem eingehaltenen Abstand können nicht mit ausreichender Sicherheit herangezogen und verwertet werden. Im Übrigen werde auch bestritten, dass alle drei Kameras funktioniert haben. Weiters moniert der Beschuldigte, dass das Straferkenntnis nicht ausreichend im Sinne des § 44a VStG konkretisiert sei. Es sei mit keinem Wort das plötzliche Abbremsen des vorderen Fahrzeuges als Teil des Tatbestandes des § 18 Abs 1 StVO erwähnt worden. Ohne ein plötzliches Abbremsen des Fahrzeuges wäre der von ihm angeblich eingehaltene Sicherheitsabstand von 14 m jedenfalls ausreichend gewesen, um ein Auffahren zu verhindern und ein rechtzeitiges Anhalten zu gewährleisten. Schließlich werde auch die Strafhöhe als zu hoch gegriffen bekämpft. Er sei völlig unbescholten und seien auch seine allseitigen Verhältnisse nicht allzu gut zu bewerten. Er sei sorgepflichtig für zwei Kinder und eine Ehegattin. In Anbetracht aller Umstände wäre äußerstenfalls eine Strafe in Höhe von ? 75 angemessen gewesen.

 

Am 29.9.2003 fand in der Sache eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, in der der anzeigelegende Gendarmeriebeamte als Zeuge einvernommen wurde. Weiters wurde der im Amt aufliegende Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 18.7.2002 und die Gebrauchsanweisung des Gerätes verlesen.

 

Der Zeuge gab an, solche Abstandsmessungen tagtäglich durchzuführen. Der vorliegende Messstandort habe sich auf der Autobahnbrücke P bei Eugendorf befunden und sei in Fahrtrichtung Salzburg gemessen worden. Im do. Bereich habe man eine Beobachtungsstrecke von etwa 500 bis 600 m. Die Messung sei mittels dem Verkehrskontrollsystem VKS 3.0 durchgeführt worden. Es handle sich dabei um ein Videosystem, welches mittels drei Kameras Videoaufzeichnungen durchführe. Auf der Fahrbahn sei dazu ein entsprechender Messraster angebracht. Bei den drei Videokameras handle es sich um eine Übersichtskamera und je eine Kamera zur Ermittlung der Kennzeichen für den rechten bzw. den linken Fahrstreifen. Er selbst befinde sich mit seinem Kollegen während der Messung im Messfahrzeug und verfolge das Verkehrsgeschehen am Bildschirm. Wenn ihm dabei ein Fahrzeug mit augenscheinlich zu geringem Mindestaufstand auffalle, werde die Videoaufzeichnung zurückgespult, um sich zu vergewissern, dass sich nicht vorher etwa ein plötzlicher Fahrstreifenwechsel oder ein Schneiden des Fahrzeuges ereignet habe. In weiterer Folge werden dann anhand der Videoaufzeichnung zwei Messungen durchgeführt, wobei die Abstände zwischen den Fahrzeugen über die jeweiligen vorderen Radabstandspunkte der beiden Fahrzeuge gemessen werden. Davon erfolge noch der Abzug des Abstandes zwischen dem vorderen und hinteren Radabstandspunkt des ersten Fahrzeuges. Die Geschwindigkeitsmessung werde vom Gerät selbständig durchgeführt, wobei innerhalb dieser zwei Messungen maximal eine Geschwindigkeitsabweichung von 5 % stattfinden dürfe. Der Computer errechne dann auch den Sekundenwert. Das Messgerät sei am 18.7.2002 durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht worden. Das Gerät sei beim Landesgendarmeriekommando Salzburg seit Oktober/November 2001 im Einsatz. In Tirol und Vorarlberg werde es schon seit 1999 verwendet und werde es auch in Deutschland und Holland zu Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen eingesetzt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied fest:

 

Unbestritten ist, dass der Beschuldigte das näher angeführte Kraftfahrzeug zum genannten Zeitpunkt auf der A 1 Westautobahn bei Straßenkilometer 282,6 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt hat, als es dort mittels dem neuen computergestützten Videoabstandsmessgerät VKS 3.0 gemessen wurde. Der Beschuldigte wendet dagegen ein, dass diese Messung nicht herangezogen werden könne, da das genannte Messgerät zum Zeitpunkt der vorliegenden Messung am 26.3.2003 noch nicht vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen für Geschwindigkeitsmessungen geeicht gewesen sei.

 

Nach dem Ermittlungsverfahren ist zutreffend, dass das vorliegend verwendete Verkehrskontrollsystem (VKS) 3.0 erst mit Eichschein vom 18.7.2002 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen für Geschwindigkeitsmessungen geeicht wurde. Daraus lässt sich aber nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht automatisch der Schluss ziehen, dass das Messsystem, welches auf einer computerunterstützten fotogrammmetrischen Auswertung von Videoaufzeichnungen beruht, zum Messzeitpunkt falsche Messergebnisse lieferte. Anhaltspunkte für eine Fehlbedienung bzw. ein Nichtfunktionieren der Videokameras sind nicht hervorgekommen. Der Zeuge hat den genauen Ablauf des Messvorganges mit dem System VKS 3.0 nachvollziehbar geschildert. Die Berufungsbehörde geht daher davon aus, dass die Messung entsprechend der Gebrauchsanweisung des Gerätes erfolgte. Überdies ist dieses Gerät, welches in Salzburg seit Ende 2001, in Tirol und Vorarlberg schon seit 1999 in Verwendung steht, seit längerem auch in Deutschland und in Holland für Abstandsmessungen zugelassen. Im Übrigen ergibt sich für die Berufungsbehörde vor allem aus der Einsicht in die aufliegenden Beweisfotos der Videoaufnahme, die vom Beschuldigten nicht bestritten werden, dass das auf der Überholspur der Autobahn befindliche Fahrzeug des Beschuldigten augenscheinlich einen deutlich zu knappen Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug aufweist. Die Berufungsbehörde geht daher von einem zulässigen Beweisergebnis aus. Der Beschuldigte konnte dem, außer der bloßen Behauptung, dass das Messergebnis zu ungenau sei, nichts entgegenstellen. Sein Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens läuft auf einen bloßen Erkundungsbeweis aus und war daher abzulehnen.

 

Das weitere Berufungsvorbringen der mangelnden Tatkonkretisierung im Sinne des § 44a VStG ist für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtssprechung ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschuldigten unter Anführung eines konkreten Tatzeitpunktes und eines konkreten Tatortes (Straßenkilometer) vorgeworfen als Fahrzeuglenker keinen solchen Abstand zum nächsten vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten zu haben, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre. Dieser Vorwurf  wurde durch die Angabe des Abstandes in Meter, der Umrechnung in Sekunden und der Angabe der gefahrenen Geschwindigkeit näher präzisiert. Durch die Anführung dieser konkreten Tatumstände wurde der Beschuldigte jedenfalls in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und war er durch die genaue Tatzeit- und Tatortangabe rechtlich davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nicht zwingend notwendig ist nach Ansicht der Berufungsbehörde im Tatvorwurf auch ein plötzliches Abbremsen des vorderen Fahrzeuges anzuführen, zumal für das Vorliegen der Übertretung nach § 18 Abs 1 StVO ein tatsächliches plötzliches Abbremsen des vorderen Fahrzeuges nicht Tatbestandsmerkmal ist.

 

Die Ansicht des Beschuldigten, dass im vorliegenden Fall ohne plötzliches Abbremsen des Vorderfahrzeuges ein Sicherheitsabstand von 14 Meter jedenfalls ausreichend gewesen wäre, wird seitens der Berufungsbehörde nicht geteilt. Nach der Judikatur des VwGH muss ein Kfz-Lenker jedenfalls einen Abstand einhalten, der etwa der Länge des Reaktionsweges (Sekundenweges) entspricht, dass sind in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 18.12.1997, 96/11/0035). Schon bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h wäre demnach ein mehr als doppelt so großer Sicherheitsabstand (30 Meter oder ca. sechs Pkw-Fahrzeuglängen) zum vorderen Fahrzeug erforderlich gewesen. Im vorliegenden Fall wurde durch das VKS 3.0 unter Berücksichtigung einer Toleranz eine Geschwindigkeit von 116 km/h gemessen. Dass der erforderliche Mindestabstand im gegenständlichen Fall vom Beschuldigtenfahrzeug deutlich unterschritten wurde, ergibt sich - wie bereits ausgeführt - schon augenscheinlich aus den vorliegenden Beweisfotos der Videoaufnahme. Das Berufungsvorbringen geht somit ins Leere und wird die vorliegende Übertretung als erwiesen angenommen, wobei in Anbetracht des geringen Abstandes bereits von einem grob fahrlässigen Verschulden des Beschuldigten auszugehen ist.

 

Zur Strafbemessung ist festzuhalten:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO ist für die vorliegende Übertretung ein Geldstrafrahmen von ? 726 vorgesehen. Das Einhalten eines zu geringen Sicherheitsabstandes ist gerade auf der Autobahn, wo im Hochgeschwindigkeitsbereich gefahren wird, oft Ursache schwerster Unfälle. Die vorliegende festgestellte Unterschreitung des Mindestsicherheitsabstandes ist bereits als beträchtlich anzusehen. Der Übertretung liegt daher ein nicht mehr unbedeutender Unrechtsgehalt zu Grunde.

 

An subjektiven Strafbemessungskriterien ist als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten anzuführen. Die Behörde geht von grob fahrlässigem Verschulden des Beschuldigten aus. Seine angegebene Einkommenssituation (? 1.200 monatlich bei Sorgepflichten für Ehefrau und 2 Kindern) ist als knapp unterdurchschnittlich zu werten.

Insgesamt lassen die angeführte Einkommenssituation und der Milderungsgrund bei Berücksichtigung des erwähnten Unrechtsgehaltes und des grob fahrlässigen Verschuldens die mit ? 180 ohnedies noch im unteren Bereich des Strafrahmens verhängte Geldstrafe nicht als unangemessen erscheinen. Gegen eine Strafherabsetzung sprechen vor allem auch spezialpräventive Erwägungen um den Beschuldigten in Hinkunft von ähnlich gelagerten Übertretungen wirksam abzuhalten. Die Berufung war daher abzuweisen.

Schlagworte
§ 18 Abs 1 StVO; Sicherheitsabstand von 0,31 Sekunden ist nicht ausreichend; nicht zwingend notwendig ist im Tatvorwurf auch ein plötzliches Abbremsen des vorderen Fahrzeuges anzuführen, zumal für das Vorliegen der Übertretung nach § 18 Abs 1 StVO ein tatsächliches plötzliches Abbremsen des vorderen Fahrzeuges nicht Tatbestandsmerkmal ist
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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