TE UVS Wien 2003/10/20 03/P/34/7964/2002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger auf Grund der Berufung von Herrn Gerhard P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Koat Liesing, vom 30.7.2002, GZ: S 15315-Li/02, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG 1967:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 110 Euro auf 50 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 110 Stunden auf 12 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 11 Euro auf 5 Euro herabgesetzt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Berufungswerber ist wegen verspäteter Lenkerauskunft bestraft worden.

Die Bundespolizeidirektion Wien erließ ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

?Sie haben es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-86 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 13.5.2002, zugestellt am 15.5.2002, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen wer dieses Kraftfahrzeug am 22.11.2001, um 07.30 Uhr, in Wien, L-gasse Rtg. A-platz gelenkt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 103/2 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie

folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von 110,00

Betrag in Schilling  1513,63

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 110 Std.

Freiheitsstrafe von

gemäß § 134 KFG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) zu zahlen:

11,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je einem Tag Arrest wird gleich ? 14,53,- angerechnet) ;

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 121,00 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

In der vorliegenden Berufung wird vorgebracht, dass der Berufungswerber die Lenkererhebung am 15.5.2002 erhalten habe. Er habe sie aus seiner Sicht rechtzeitig am 28.5.2002 im Wachzimmer am Flughafen Wien-Schwechat abgegeben. Dies sei für ihn im Zusammenhang mit einer längeren Dienstreise am Günstigsten gewesen. Im Wachzimmer sei das Schriftstück ohne Hinweis auf die Unzuständigkeit der BPD Schwechat und ohne Hinweis auf ein durch die Weiterleitung entstehendes Terminproblem, das zu seinen Lasten gehe, angenommen worden. Es sei für ihn nicht vorhersehbar und auch in keiner Weise beeinflussbar gewesen, dass die Weiterleitung der rechtzeitig abgegebenen Lenkererhebung letztlich bis zum 5.6.2002 gedauert habe.

Nach dem Akteninhalt ist der Berufungswerber mit erstbehördlicher Strafverfügung vom 15.2.2002, GZ: S 15315-Li/02 wegen eines unerlaubten Überholvorganges (rechts überholen) mit dem auf ihn zugelassenen Motorrad mit dem Kennzeichen W-86 bestraft worden. Die an ihn gerichtete erstbehördliche Lenkeranfrage vom 21.3.2002 ist nach am 25.3.2002 erfolgter Übernahme durch eine Mitbewohnerin an der Abgabestelle von der Post AG nachträglich unter Hinweis auf eine Ortsabwesenheitsmeldung des Empfängers vom 18.3.2002 bis 16.5.2002 an die Erstbehörde rückgesandt worden. Die gegenständliche (zweite) behördliche Lenkeranfrage ist beim zuständigen Postamt am 15.5.2002 hinterlegt worden. Dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt folgend ist dann am 29.5.2002 in der Bundespolizeidirektion Schwechat eine mit 27.5.2002 datierte, an ein nicht näher angeführtes Wiener Bezirkspolizeikommissariat gerichtete Lenkerauskunft des nunmehrigen Berufungswerbers eingelangt. Es wurde ein in Ungarn wohnender Auskunftspflichtiger angegeben. Noch am Tag des Einlangens (29.5.2002) hat die BPD Schwechat in einem Aktenvermerk festgestellt, dass der Auskunft keine eigene Lenkererhebung zugrunde liegt. Die Lenkerauskunft ist sodann an das BPK Liesing weitergeleitet worden, wo sie am 5.6.2002 eingelangt ist. Für eine postalische Beförderung gibt es im Strafakt keinen Anhaltspunkt. Der wegen verspäteter Lenkerauskunft erlassenen erstbehördlichen Strafverfügung hat der nunmehrige Berufungswerber im Einspruch vom 1.7.2002 entgegnet, er habe die ?vollständig ausgefüllte" Lenkererhebung am 28.5.2002 am Flughafenwachzimmer abgegeben. Der dortige Beamte habe ihm versichert, dass er das Schreiben sofort an die zuständige Dienststelle übermitteln werde.

Laut Mitteilung der BPD Schwechat werden irrig eingelangte Lenkerauskünfte mittels Dienstpost an die zuständige Behörde weitergeleitet. Die Dienstpost an die BPD Wien besorgt ein Bote der BPD Schwechat aber nur zweimal wöchentlich, Dienstag und Freitag (ausgenommen Feiertage). Die gegenständliche Lenkerauskunft ist nach ihrem Einlangen bei der BPD Schwechat am Mittwoch, den 29.5.2002 daher frühestens am nächsten Freitag, den 31.5.2002 nach Wien befördert worden.

Folgender Sachverhalt steht daher fest:

Die erstbehördliche Lenkeranfrage vom 13.5.2002 ist dem Berufungswerber am 15.5.2002 rechtswirksam zugestellt worden. Die zugehörige Lenkerauskunft hat er am 28.5.2002 am ?Flughafenwachzimmer" einem Organ der Bundespolizeidirektion Schwechat übergeben. Die Lenkerauskunft des Berufungswerbers enthielt einen erkennbaren Hinweis auf den Adressaten (BPD Wien). Der zuständige Beamte am ?Flughafenwachzimmer" nahm das Schriftstück zur weiteren Behandlung entgegen. Bei der BPD Schwechat langte es am 29.5.2002 (letzter Tag der Frist) ein und wurde von dort im Wege der Dienstpost (Boten der BPD Schwechat) frühestens am 31.5.2002 an die zuständige Behörde BPD Wien weitergeleitet. Am Koat Liesing ist es am 5.6.2002 eingelangt.

Der Berufungswerber hat lediglich die Rechtzeitigkeit der Abgabe bei der (unzuständigen) Behörde behauptet. Soweit er vorbringt, er wäre am Flughafen Wien-Schwechat nicht ausdrücklich auf die Unzuständigkeit der BPD Schwechat hingewiesen worden ist, kann ihm dieser Umstand geglaubt werden. Der festgestellte Sachverhalt widerspricht der eigenen Schilderung des Berufungswerbers nicht.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 ist die Auskunft unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Übertretungen der Bestimmung sind gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 32/2002 mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Gemäß § 6 Abs 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Bei Weiterleitung eines Anbringens von der unzuständigen adressierten Stelle an die zuständige Stelle im Wege der Post werden (bloß) die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist eingerechnet (vgl. § 33 Abs 3 AVG), im Fall der Beförderung mittels Dienstpost (hier: zwischen der BPD Schwechat und der BPD Wien durch Boten der BPD Schwechat) aber auch diese (so etwa für den Transport im Wege der ?Staatsämterabfertigung" VwGH vom 23.9.1966, 197/66).

Es gehen die Tage bis zur Weiterbeförderung der Sendung an die zuständige Behörde (bei Inanspruchnahme der Dienstpost der unzuständigen Behörde auch die Tage bis zum Einlangen bei der zuständigen Behörde) zu Lasten des Einbringers. Das Risiko, dass eine Lenkerauskunft nicht bereits am Tag ihres Einlangens (der zugleich der letzte Tag der Frist ist) an die zuständige Behörde weitergeleitet wird, trägt der Einbringer. Eine solche Lenkerauskunft

ist im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 (objektiv) verspätet.

Zum Verschulden:

Bei einem Delikt nach § 103 Abs 2 KFG 1967 handelt es sich um ein sog. ?Ungehorsamsdelikt" im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG (etwa VwGH vom 11.5.1990, 89/18/0200). Bei Ungehorsamsdelikten besteht die Rechtsvermutung für das Verschulden des Täters, sodass es seine Sache ist, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen (etwa VwGH v. 25.2.1993, 92/18/0479).

Der Berufungswerber hat behauptet, der am Flughafen Wien-Schwechat seine Lenkerauskunft entgegennehmende Sicherheitswachebeamte habe deren ?sofortige" Weiterleitung an die ?zuständige Dienststelle" zugesichert. Es ist ihm also kein bestimmter Termin für die Weiterleitung seines Schreibens zunächst an die unzuständige ?eigene Dienststelle" des Flughafenpolizisten (BPD Schwechat) und im Anschluß daran zu der in der Lenkerauskunft gar nicht ausdrücklich angegebene ?zuständige (fremde) Dienststelle" genannt worden. Ohne eine datumsmäßig bestimmte ausdrückliche Angabe durfte er aber nicht erwarten, dass seine erst am vorletzten Tag der Frist bei einer unzuständigen Behörde abgegebene, mit keiner entsprechenden Adressatenbezeichnung versehene Lenkerauskunft noch zeitgerecht bei der zuständigen Behörde einlangen würde. Aus dem bloßen Umstand, dass ein unzuständiger Sicherheitswachebeamter eine Lenkerauskunft zur

ordnungsgemäßen Behandlung entgegen nimmt, durfte der Beschuldigte weder ableiten, dass dieser Beamte ein Organ der zuständigen Behörde ist (eine diesbezügliche Erklärung wurde nicht einmal behauptet) noch auch, dass das Schreiben vor Ablauf einer daraus nicht hervorgehenden Frist bei einer darin nicht ausdrücklich angegebenen zuständigen Behörde einlagen würde. Auch wenn der Berufungswerber kurz vor Ablauf der Frist eine Auslandsreise anzutreten hatte, muss es ihm dennoch möglich gewesen sein, die Lenkerauskunft nicht einem unzuständigen Sicherheitswachebeamten, sondern - unter Entrichtung der dafür vorgesehenen Gebühr - einem Briefkasten zu übergeben. Dem Berufungswerber ist somit das Glaubhaftmachen mangelnden Verschuldens an der Tatbildverwirklichung nicht gelungen. Er durfte daher zu Recht bestraft werden.

Zur Strafbemessung:

Wie bereits oben ausgeführt beträgt der Strafrahmen im gegenständlichen Fall Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu sechs Wochen. Über den Berufungswerber ist eine Strafe in Höhe von 110 Euro verhängt worden. Durch sein Verhalten hat der Berufungswerber eine zeitgerechte Lenkerauskunft vereitelt. Auch durfte er bei gehöriger Sorgfalt nicht davon ausgehen, die Lenkerauskunft werde (wenn überhaupt) noch rechtzeitig bei der Behörde eintreffen. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung sind daher nicht gering. Die Erstbehörde hat als mildernd das Fehlen von Vormerkungen, erschwerend nichts gewertet. Der Berufungswerber hat die Einschätzung seiner finanziellen Verhältnisse als durchschnittlich nicht bekämpft, sodass davon auszugehen ist. Unter Bedachtnahme auf das Einlangen der Auskunft bei der unzuständigen Behörde noch innerhalb der Frist, den vorliegenden Milderungsgrund und das Fehlen von Erschwerungsgründen konnte die Strafe spruchgemäß herabgesetzt werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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