TE UVS Salzburg 2003/11/20 3/13795/5-2003th

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Veröffentlicht am 20.11.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung von Herrn Ing. Michael E., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 26.3.2003, Zahl 30206/369-20779-2002, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von ? 43,60 zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 27.11.2002, 12:04 Uhr, Gemeinde Hallein, A 10, Fahrtrichtung Salzburg, Strkm 17,650, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen HA-.. (A) gelenkt und dabei keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Er habe diese Übertretung mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen, weil er bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 142 km/h einen Abstand von nur 10 Meter, das entspricht 0,26 Sekunden, zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe.

 

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18(1) Straßenverkehrsordnung begangen und wurde über ihn gemäß § 99(2)c Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe in Höhe von ? 218, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt.

 

Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis durch seine Rechtsvertreter fristgerecht eine Berufung eingebracht. Er bringt darin zunächst vor, dass für ihn bei Erhalt der Lenkeranfrage nicht mehr nachvollziehbar gewesen sei, wer das Fahrzeug am Vorfallstag zur Vorfallszeit gelenkt habe. Dieses Fahrzeug stehe als Firmen-PKW nicht nur ihm, sondern auch seiner Mitarbeiterin Helga E. sowie seinem Geschäftspartner Reinhard G. zur Verfügung. Um nicht die Auskunftspflicht zu verletzen, habe er sich selbst als Lenker bekannt gegeben, obwohl er nicht mehr nachvollziehen habe können, wer das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe. Wäre er sich einer Verwaltungsübertretung der vorgeworfenen Art bewusst gewesen, so hätte er sich in der Lenkeranfrage nicht selbst als Lenker angegeben. Im Übrigen bringt er vor, dass durch Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung von der Verwaltungsübertretung festgestellt werden könne, wer das Fahrzeug zum relevanten Zeitpunkt tatsächlich gelenkt habe. In rechtlicher Hinsicht bringt er vor, dass die in § 99 Abs 2 lit c StVO geforderten zusätzlichen Sachverhaltselemente im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Dass zum nächsten vorausfahrenden Fahrzeug entgegen § 18 Abs 1 StVO kein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werde, lasse die weiteren Umstände für eine Strafbarkeit nach § 99 Abs 2 lit c StVO nicht automatisch ableiten. Aus der exemplarischen Auflistung des § 99 Abs 2 lit c StVO gehe eindeutig hervor, dass neben die konkrete Übertretung auch eine konkrete Gefährdung treten müsse. Aus der Lenkeranzeige des Landesgendarmeriekommandos Salzburg ergebe sich, dass als besondere Rahmenumstände ?keine? festgestellt seien. Es sei auch nicht ersichtlich, dass für das vorausfahrende Fahrzeug eine Notwendigkeit eines unvermittelten Abbremsens bestanden hätte. Abgesehen von der Unterschreitung des gemäß § 18 Abs 1 StVO einzuhaltenden Sicherheitsabstandes lägen keine Umstände vor, die eine konkrete Gefährdung oder besondere Rücksichtslosigkeit rechtfertigen würden.

 

Am 11.11.2003 fand in der Sache eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, in der der meldungslegende Gendarmeriebeamte sowie die vom Beschuldigten beantragten Helga E. und Reinhard G. als Zeugen einvernommen wurden.

 

Der Beschuldigte selbst wiederholte sein Vorbringen, dass er nicht mehr feststellen könne, wer das angeführte Dienstfahrzeug zur näher vorgeworfenen Zeit gelenkt habe. Er fahre mit diesem Dienstfahrzeug in der Früh immer von Hallein in das Büro in Scheffau und stehe das Fahrzeug unter Tags auch anderen Personen, u.a. seiner Ehegattin und seinem Geschäftspartner zur Verfügung.

 

Die Ehegattin und der Geschäftspartner bestätigten jeweils, dass auch ihnen das Firmenfahrzeug des Beschuldigten zur Verfügung stehe. Beide konnten aber keine Angaben dazu machen, ob sie am vorgeworfenen Tattag mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen seien.

 

Der Anzeiger gab an, dass die Abstandsmessung auf der A 10 mittels dem neuen auf videogestützten Verkehrskontrollsystem VKS 3.0 durchgeführt worden sei. Er legte in der Verhandlung auch mehrere zusätzliche Standbildausdrucke der Videoaufzeichnung, die den Ablauf der Annäherung des Beschuldigtenfahrzeuges zeigen, vor. Der Zeuge gab auch an, dass anhand der Videoaufzeichnung aber nicht erkannt werden könne, wer das Fahrzeug gelenkt habe. Dazu seien an der Videokamera entsprechende Filter notwendig, welche aber nicht angeschafft worden seien.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied fest:

 

Im vorliegenden Verfahren ist unbestritten, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zur angeführten Tatzeit auf der A 10 Tauernautobahn am näher bezeichneten Ort gefahren ist, als es vom Landesgendarmeriekommando Salzburg, Verkehrsabteilung, mittels dem neu eingeführten videogestützten Abstands- und Geschwindigkeitsmessgerät VKS 3.0 gemessen wurde. Dabei wurden eine Geschwindigkeit dieses Fahrzeuges von 142 km/h und ein Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug von 10 m ermittelt. Das Ergebnis dieser Messung wird auch vom Beschuldigten  nicht bestritten. Der Beschuldigte bringt in seiner Rechtfertigung  im Wesentlichen vor, dass nicht mit Sicherheit erwiesen werden könne, dass er das Fahrzeug damals gelenkt habe.

 

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das vorliegende Kraftfahrzeug auf die Olymp Bauträger GmbH zugelassen ist, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist. Nach der unbestrittenen Aktenlage hat der Beschuldigte auf die Lenkererhebung der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 14.1.2003 ausdrücklich sich selbst als Lenker dieses Fahrzeuges zur näher vorgeworfenen Tatzeit angegeben. Nachdem ihm daraufhin von der Behörde die vorliegende Übertretung in einer Aufforderung zur Rechtfertigung bekannt gegeben wurde, gab er abweichend von seiner ursprünglichen Lenkerbekanntgabe an, nicht mehr nachvollziehen zu können, wer das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe, wobei

er darauf verwies, dass das Fahrzeug auch von anderen Personen benutzt werde. Die im weiteren Verfahren angegebenen Personen (seine Ehegattin und sein Geschäftspartner) wurden im Berufungsverfahren als Zeugen einvernommen. Beide konnten aber nicht bestätigen, dass sie das Fahrzeug des Beschuldigten zur näher vorgeworfenen Tatzeit gelenkt haben. Sie gaben nur an, dass sie dieses Fahrzeug fallweise immer wieder benutzt hätten. In Anbetracht der ursprünglichen Lenkerauskunft des Beschuldigten wertet die Berufungsbehörde das nunmehrige Vorbringen, worin er seine Lenkereigenschaft wieder in Abrede stellt, als bloße Schutzbehauptung und geht davon aus, dass er selbst zur angeführten Tatzeit das Fahrzeug gelenkt hat, zumal er in der Verhandlung auch nicht gänzlich ausschließen konnte, dass er selbst gefahren sei.

 

In Anbetracht des unbestrittenen Messergebnisses wird daher als erwiesen angenommen, dass der Beschuldigte damals das Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 142 km/h mit einem Abstand zum vorderen Fahrzeug von nur 10 m (entspricht einer Zeit von 0,26 s) gelenkt hat.

 

Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Nach der zu § 18 Abs 1 StVO ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein KFZ-Lenker jedenfalls einen Sicherheitsabstand einhalten, der etwa der Länge des Reaktionsweges (Sekundenweges) entspricht, d.s. in Zentimetern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 18.12.1997, 96/11/0035).

 

Bei der vorliegend gemessenen Geschwindigkeit von 142 km/h wäre vom Beschuldigten somit ein Mindestabstand von jedenfalls 42 m erforderlich gewesen. Der vorliegend eingehaltene Abstand von 10 m, welcher weniger als ein Viertel des erforderlichen Sicherheitsabstandes darstellt, ist nach Ansicht der Berufungsbehörde bei der gefahrenen hohen Geschwindigkeit auf Grund des enormen Gefährdungspotentiales schon als besondere Rücksichtslosigkeit zu werten.

 

§ 99 Abs 2 lit c StVO lautet:

?(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von  36 Euro bis  2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, ?c)  wer als Lenker eines Fahrzeuges , z.B. beim Überholen, als Wartepflichtiger oder in Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt,?

 

Zutreffend ist, dass nach dieser Strafverschärfungsbestimmung zusätzlich zu dem vorgeworfenen Verstoß noch Sachverhaltselemente hinzutreten müssen, aus denen besonders gefährliche Verhältnisse oder eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern abgeleitet werden können. Nicht geteilt wird die Rechtsansicht, dass neben die Übertretung immer auch eine konkrete Gefährdung treten müsse, zumal (arg. ?oder?) auch das Vorliegen einer besonderen Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern den verschärften Straftatbestand des § 99 Abs 2 lit c StVO zur Anwendung gelangen lässt. Wie bereits ausgeführt, stellt nach Ansicht der Berufungsbehörde das Einhalten eines Sicherheitsabstandes von nur 10 m bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 142 km/h eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber dem vorderen Fahrzeuglenker dar. Neben der subjektiven persönlichen Bedrängung des vorderen Fahrzeuglenkers besteht bei einem so knappen Sicherheitsabstand für den hinteren Fahrzeuglenker praktisch keine Möglichkeit mehr auf außergewöhnliche Umstände rechtzeitig zu reagieren. Nach Ansicht der Berufungsbehörde reicht daher die Anführung des im vorliegenden Fall besonders geringen Sicherheitsabstandes und der gefahrenen hohe Geschwindigkeit aus, um als zusätzliches Sachverhaltselement eine besondere Rücksichtslosigkeit gegen andere Verkehrsteilnehmer im Sinne des § 99 Abs 2 lit c StVO zu begründen.

 

Die Berufung geht somit ins Leere.

 

Zur Strafbemessung ist festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 99 Abs 2 lit c StVO ist für die vorgeworfene Übertretung ein Geldstrafrahmen von ? 36 bis ? 2.180 vorgesehen. Auch wenn im vorliegenden Fall konkrete Tatfolgen nicht eingetreten sind, ist von einem nicht mehr unbeträchtlichen Unrechtsgehalt auszugehen. An subjektiven Strafbemessungskriterien sind keine besonderen Milderungsgründe hervorgekommen. In Anbetracht des knappen Sicherheitsabstandes ist vorsätzliches Verschulden anzunehmen. Seine angegebene Einkommenssituation von ? 1.100 ist als knapp unterdurchschnittlich anzusehen.

Insgesamt erweist sich die mit ? 218 ohnedies noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens verhängte Geldstrafe bei Berücksichtigung der angeführten Strafbemessungskriterien nicht als unangemessen. Gegen eine Strafherabsetzung sprechen vor allem auch spezialpräventive Erwägungen, um den Beschuldigten in Hinkunft von ähnlich gelagerten Übertretungen wirksam abzuhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
§§ 18 Abs 1, 99 Abs 2 lit c StVO; Das Einhalten eines Sicherheitsabstandes von nur 10 m bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 142 km/h stellt eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber dem vorderen Fahrzeuglenker dar
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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