TE UVS Niederösterreich 2003/12/15 Senat-ME-03-0079

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Veröffentlicht am 15.12.2003
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 ? AVG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ? VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 9. Mai 2003, Zl. 3-****-01, wurde der Berufungswerber wegen Übertretung gemäß § 26 Abs 1, § 28 Abs 1 Z 2 lit c Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Geldstrafe in Höhe von ?

2.180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage) bestraft. Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, dass der Berufungswerber als Arbeitgeber zu verantworten habe, dass anlässlich einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates S** P***** am 10. Mai 2001 in seinem Betrieb in 3*** H***, M******** 2, nicht die Namen und die Anzahl der ausländischen Arbeitskräfte bekannt gegeben worden sind, welche im Betrieb beschäftigt waren und nicht bekannt gegeben wurde, von welchem Land bzw von welchem Betrieb die Arbeitskräfte auf die Baustelle entsandt worden sind. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Berufungswerber sei Betriebsführer der gegenständlichen Liegenschaft. Auch wenn die Baubewilligung von der Mutter des Berufungswerbers beantragt worden sei, treffe diesen die Verantwortung. Die Tatsache, dass zwei Personen bei Ankunft des Arbeitsinspektors geflüchtet seien, spreche ebenfalls dafür, dass diese auf der Baustelle beschäftigt gewesen seien. Der Berufungswerber hätte über die Anzahl und die Namen dieser Personen Auskunft erteilen müssen.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen eingewendet, die Behörde habe nicht ermittelt, wer die gegenständliche Baustelle tatsächlich betrieben habe. Das gegenständliche Bauvorhaben habe mit dem Betrieb der Landwirtschaft nichts zu tun und sei lediglich das Wohngebäude für die Eigentümerin der Landwirtschaft, nämlich Frau A*** S******, neu errichtet worden. Darüber hinaus seien auf der gegenständlichen Baustelle ausländische Arbeitnehmer nicht beschäftigt gewesen. Die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz überzeuge insgesamt nicht. Die vorliegenden Bauakten würden darüber hinaus von der Behörde gänzlich ignoriert. Der Umstand, dass der Berufungswerber Pächter einer Landwirtschaft sei, mache ihn noch lange nicht zum Bauführer, Bauherrn oder ähnlichem betreffend Umbauten am Wohnhaus. Diese Gleichsetzung sei nicht begründet und rechtlich unrichtig. Es wurden die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Dem Zollamt K**** wurde das gegenständliche Straferkenntnis ebenfalls zugestellt. Berufung dagegen wurde durch das Zollamt K**** nicht erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in welcher durch Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Zeugen D******* H******* und P**** S****** (Erhebungsorgane), weiters durch Verlesung von Urkunden (Anzeige des Arbeitsinspektorates S** P***** vom 20. Juli 2001, Zl 6008/478-8/2001, Aktenvermerk des Arbeitsinspektorates S** P***** vom 11.5.2001, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 5. Juni 2001, 11F-01 und Bescheid der Marktgemeinde H*** vom 13. Juni 2000, Zl 12/2000, betreffend Baubewilligung), Beweis erhoben wurde. Frau A*** S****** hat als Mutter des Beschuldigten vom Recht, sich der Aussage zu entschlagen, Gebrauch gemacht.

Der Beschuldigtenvertreter ergänzte das Berufungsvorbringen dahingehend, es sei ein Auskunftsbegehren im Sinne des § 26 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem der gegenständliche Vorfall subsumiert wurde, nie gestellt worden. Der tatsächliche Vorgang, nämlich die Frage nach auf der Baustelle vermuteten Ausländern, unterstehe § 26 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz, wie sich aus der bezughabenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe. § 26 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz sei vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden und sei derzeit wieder ohne Änderung in Kraft. Eine Tatanlastung nach § 26 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz sei verfassungswidrig, dies inbesondere in Bezug auf den Zwang zur Selbstbezichtigung. Weiters beinhalte auch § 26 Abs 1 AuslBG einen Zwang zur Selbstbezichtigung, weshalb eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmung auf den bezughabenden Sachverhalt ebenfalls verfassungswidrig wäre.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Der Berufungswerber ist seit 1. April 1994 Betriebsführer der im Eigentum seiner Mutter, Frau A*** S******, stehenden Landwirtschaft in H***, M******** 2. Das Anwesen wird von Frau A*** S****** zur Gänze alleine bewirtschaftet. Der Berufungswerber ist in Wien wohnhaft und dort auch berufstätig. Der Berufungswerber lebt seit 18 Jahren in Wien und wird der landwirtschaftliche Betrieb in H*** de facto von Frau A*** S****** geführt.

Zur Vorfallszeit befand sich das landwirtschaftliche Anwesen im Umbau. Am Wohn- und Wirtschaftsgebäude, welches eine Einheit bildet, wurde aufgestockt und der Dachstuhl neu errichtet. Am Vorfallstag befanden sich sowohl Frau A*** S******, welche auch Bewilligungswerberin für das gegenständliche Bauvorhaben war, als auch der Berufungswerber am landwirtschaftlichen Anwesen. Anlässlich der Kontrolle durch Organe des Arbeitsinspektorates, welche auf Grund einer anonymen Anzeige erfolgte, wurden Auskünfte zu den auf dem Anwesen offenkundig tätigen Personen vom Berufungswerber erbeten. Von der Grundstückseigentümerin wurden entsprechende Auskünfte nicht verlangt. Der Berufungswerber hat die von ihm verlangten Auskünfte nicht erteilt.

 

Aus den Angaben des Berufungswerbers sowie aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Berufungswerber den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nicht in H***, sondern in Wien hat, wo er sich regelmäßig aufhält und seine Berufstätigkeit ausübt. Er wurde durch seine Mutter zwar zum landwirtschaftlichen Betriebsführer bestellt, übt diese Funktion aber tatsächlich nicht aus, da nach den Ausführungen des Berufungswerbers Frau A*** S****** die Bearbeitung des landwirtschaftlichen Unternehmens tatsächlich nie aus der Hand gegeben hat. Für die Erledigung von Formalitäten oder bei Bedarf stehe er seiner Mutter jedoch zur Verfügung. Als Alleineigentümerin der Liegenschaft habe Frau A*** S****** den gegenständlichen Umbau behördlich beantragt und genehmigt bekommen (dies ergibt sich auch aus dem Baubewilligungsbescheid der Marktgemeinde H***). Dass der Berufungswerber tatsächlich nur als Betriebsführer aufscheint, diese Tätigkeit aber nicht ausübt, ist für die Berufungsbehörde angesichts der von ihm beschriebenen Lebenssituation, wie insbesondere dessen Vollbeschäftigung in Wien, nachvollziehbar. Es scheint weiters nicht lebensfremd zu sein, wenn der Berufungswerber ausführt, dass er sich - ebenso wie seine Brüder und Neffen - im Zuge des Umbaus des Öfteren auf der Baustelle aufgehalten hat.

Unbestritten steht fest, dass zur Vorfallszeit Arbeiten am Dachstuhl ausgeführt wurden. Die Identität der zur Vorfallszeit tätigen Personen ist auch im Berufungsverfahren offen geblieben. Der Berufungswerber bestreitet den Einsatz ausländischer Arbeitskräfte sowie weiters den Umstand, dass er zur Auskunftserteilung den Erhebungsorganen gegenüber verpflichtet gewesen sei. Aus den Angaben der zeugenschaftlich einvernommenen Erhebungsorgane ergibt sich übereinstimmend, dass zwei der mit Arbeiten am Dachstuhl beschäftigten Personen beim Eintreffen der Kontrollorgane geflüchtet sind. Es sei versucht worden, Auskünfte über die an der Baustelle tätigen Personen vom Berufungswerber zu erhalten. Dem Zeugen Hartmann gegenüber sei der Berufungswerber sogar tätlich geworden, weshalb dieser die weitere Befragung dem Zeugen S****** überlassen habe. Der Zeuge S****** führte dazu aus, er habe die bezughabenden Fragen an den Berufungswerber gerichtet, von welchem er jedoch Auskünfte nicht erhielt. Frau A*** S****** sei nur daneben gestanden und habe zugehört. An sie sei ein Auskunftsbegehren nicht gestellt worden.

 

Bei den im § 26 AuslBG normierten Objekten, die der Überwachung durch die dort taxativ aufgezählten Organe unterliegen, handelt es sich um solche des Arbeitgebers bzw. des Auftraggebers, bei dem der Arbeitgeber Arbeitsleistungen erbringen lässt. Grundsätzlich kommt daher nicht nur der Grundeigentümer als zur Mitwirkung Verpflichteter in Betracht, sondern nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jeder, dem die Innehabung des Objektes ? aus welchem Rechtstitel auch immer - zukommt. Mangels jeglicher Einschränkung im Ausländerbeschäftigungsgesetz kommt daher als zur Mitwirkung verpflichteter Arbeitgeber jeder in Betracht, dem gegenüber sich ein Ausländer in persönlicher bzw wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Arbeitsleistung verpflichtet hat.

 

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet das, dass als zur Auskunft verpflichteter Arbeitgeber nicht ausschließlich der Berufungswerber in Betracht kam. Es ist nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hervorgekommen, dass der Berufungswerber  Arbeitgeber allfällig auf der Baustelle tätiger Ausländer gewesen ist. Es sprechen jedenfalls einige Umstände, wie insbesondere die Tatsache, dass Grundeigentümerin und baubehördliche Antragstellerin Frau A*** S****** war, der Berufungswerber de facto keine Betriebsführeraufgaben auf dem Anwesen wahrgenommen hat und einer Berufstätigkeit in Wien nachgeht sowie dort überwiegend auch aufhältig ist, dagegen, dass der Berufungswerber als Arbeitgeber auftrat und aus diesem Grund zur Auskunftserteilung an die Erhebungsorgane verpflichtet gewesen wäre.

 

Da somit für die Berufungsbehörde Zweifel an der Täterschaft geblieben sind, war das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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