TE UVS Steiermark 2004/02/13 30.15-48/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch die Rechtsanwälte R & P, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz, Gewerbeamt vom 09.09.2003, GZ.: A 4 - St 665/2002/1011, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von ? 72,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe), welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ?

7,20; dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber in seiner Funktion als Vorstandsmitglied der S D mit dem Sitz in G zur Last gelegt, dass der im Unternehmen beschäftigte Lenker A Z als Lenker eines Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelschlepper 3,5 t übersteigt am 12.08.2002 mit einer Lenkzeit von 11 Stunden 42 Minuten und am 13.08.2002 mit einer Lenkzeit von 12 Stunden 46 Minuten beschäftigt war. Wegen dieser Übertretung des § 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 iVm § 28 Abs 1 a Z 4 AZG wurde über ihn eine Geldstrafe von ? 200,-- verhängt.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bestrafte ein, er sei für die gegenständlichen Überschreitungen der Lenkzeit nicht als Vorstandsmitglied gemäß § 9 Abs 1 VStG verantwortlich, da im Unternehmen an beiden Tattagen jedenfalls rechtswirksam entweder Dr. G S oder DI M G zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG bestellt waren. Die Bestellung des Dr. G S sei mit dessen Zustimmung am 26.06.2002 erfolgt, wobei diese Neubestellung dem zuständigen Arbeitsinspektorat mit eingeschriebenem Brief vom 21.08.2002 bekannt gegeben wurde. Selbst wenn man davon ausgehe, dass diese Bestellung erst mit dem Einlangen der Bekanntgabe beim Arbeitsinspektorat Rechtswirksamkeit entfaltet habe, sei bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls DI M G verantwortlicher Beauftragter für den gegenständlichen Bereich gewesen. Weiters werde die Anwendbarkeit der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 für die gegenständlichen Fahrten am 12. und 13.08.2002 bestritten. Der Lenker A Z sei nämlich an den betreffenden Tagen für die Müllabfuhr eingesetzt worden, wobei diese Müllabfuhr im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Hochwasserkatastrophe gestanden sei. Aufgrund dieses Sachverhaltes kämen die Ausnahmeregelungen des Art. 4 Z 6 und 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zur Anwendung. Da mit dem angefochtenen Bescheid eine ? 2.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist zur Entscheidung über die Berufung das umseitig angeführte Einzelmitglied berufen. Nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29.01.2004, welche wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit den Parallelverfahren gegen die anderen beiden Vorstandsmitglieder J R (GZ.: UVS 30.15-46/2003) und F D (GZ.: UVS 30.15-47/2003) zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurde, wird nach Einvernahme der Zeugen DI M G, Dr. G S und A Z unter Verwertung der in der Verhandlung vorgekommenen Urkunden, insbesondere der Bestellungsurkunden samt Begleitschreiben, nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen: Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt eines der drei Vorstandsmitglieder der S D mit dem Sitz in G und vertritt seit 10.10.1994 gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen. Die S D betreibt unter anderem eine Betriebsstätte am Standort W an welchem Müllentsorgung und zwar sowohl betreffend Gewerbemüll als auch Hausmüll betrieben wird. Zum Tatzeitpunkt gab es an diesem Standort insgesamt 30 Lastkraftwagen, die in diesem Bereich eingesetzt wurden sowie eine Reihe von Sortieranlagen auf dem Gelände. Ab dem 15.01.2001 war DI M G Betriebsleiter dieses Standortes und wurde in dieser Funktion auch dem Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk als verantwortlich Beauftragter gemäß § 23 Abs 1 ArbIG gemeldet. Bereits im Jänner 2002 übernahm der zuvor im Unternehmen als Assistent des Vertriebsregionalleiters beschäftigte Dr. G S die Funktion des Betriebsleiters für den Standort O. DI M G blieb jedoch zunächst noch als verantwortlicher Beauftragter gemeldet. Im Sommer 2002 übernahm DI M G dann eine neue Funktion als Fachassistent im Bereich Controlling. Aus diesem Grund legte er intern seine Funktion als verantwortlicher Beauftragter mit 25.06.2002 zurück. Dieser interne Funktionswechsel wurde dem Arbeitsinspektorat mit einem Schreiben der Rechtsabteilung der S D vom 20.08.2002, beim Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk eingelangt am 22.08.2002, unter Anschluss der Bestellungsurkunde für Herrn Dr. G S mitgeteilt. Nach dem 25.06.2002 begab sich DI M G zunächst für drei Wochen im Juli auf Urlaub und hatte nach seiner Rückkehr in den Dienst mit der Müllentsorgung des Standortes O nichts mehr zu tun. Es war zwischen dem scheidenden Betriebsleiter und dessen Nachfolger abgesprochen, dass Letzterer die Verantwortlichkeit für den Standort O ab 01.07.2002 übernimmt. Die in der Bestellungsurkunde umschriebenen Tätigkeiten wurden von Herrn Dr. G S ab 01.07.2002 auch tatsächlich ausgeübt. Die Lastkraftwagenfahrer am Standort O führen zu 99 % Tagestouren durch. Bei der Kartonentsorgung handelt es sich um fixe Touren, bei der Gewerbemüllentsorgung werden die Touren je nach Anforderung durch die Kunden zusammengestellt. Im Bereich des Gewerbemülls ist die Entsorgung teilweise streng termingebunden, insbesondere bei den großen Handelsketten zB H, B, weiters bei I und der Firma A, welche das Flughafencatering am Flughafen W betreibt, weil der Betriebsablauf blockiert ist, wenn der Müll nicht pünktlich abgeholt wird. Die Fahrten werden von den Disponenten eingeteilt, bei welchen auch die benützten Schaublätter abzugeben sind. Sowohl DI M G als auch Dr. G S führten keine regelmäßigen Kontrollen der Schaublätter durch. Sie vertrauten darauf, dass die Disponenten die Einhaltung der Arbeitzeiten durch die Lastkraftwagenfahrer ordnungsgemäß kontrollierten und wurden nur kontaktiert, wenn es Unklarheiten zB mit der Abrechnung gab. A Z ist seit September 2000 bei der Firma S D als Lastkraftwagenfahrer am Standort O tätig. In der ersten Zeit war er als Springer eingesetzt, danach hatte er einen bestimmten Lastkraftwagen, mit dem er immer unterwegs war. Bei dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen, mit welchem er am Kontrolltag und an den beiden Tattagen unterwegs war, handelt es sich nicht um sein Stammfahrzeug. Der Lastkraftwagen hatte einen Presscontaineraufsatz, mit dem man verschiedene Arten von Restmüll entsorgen kann. Es handelt sich nicht um einen Müllwagen im klassischen Sinn, mit dem der Müll von Haus zu Haus entsorgt wird. Am 16.08.2002, als A Z um 8.50 Uhr auf der B 9, F W, in Fahrtrichtung F, einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde, holte er gerade Catering-Müll von der A. Im August 2002 bestand am Standort O insofern ein Personalengpass, als so viele Lastkraftwagenfahrer wie möglich samt Fahrzeugen wegen der Hochwasserkatastrophe im Raum K an der Donau zum Standort K abgezogen wurden. Zum damaligen Zeitpunkt waren einschließlich des Herrn Z zwischen sechs und acht Lastkraftwagenfahrer im gleichen Bereich wie er mit einem Hakengerät unterwegs. Von dieser Partie wurden zwei Fahrer für den Hochwassereinsatz in K abgezogen. Deren Tagestouren wurden auf die verbleibenden Fahrer aufgeteilt. Herr Z musste daher Anfang August 2002 Touren für seine Kollegen mitmachen, wobei nur jene Touren eingeschoben wurden, bei denen der Müll bei den Abnehmern unbedingt pünktlich entsorgt werden musste. Alle Müllabholungen, welche sich aufschieben ließen, wurden auf andere Termine verlegt. Herr Z stand daher im August 2002 ziemlich unter Zeitdruck, weil er nur solche Touren fahren musste, die streng termingebunden waren. Aus den beschriebenen Gründen kam Herr Z am 12.08.2002 auf eine Tageslenkzeit von 11 Stunden 42 Minuten und am 13.08.2002 auf eine Lenkzeit von 12 Stunden 46 Minuten. Beweiswürdigung: Der chronologische Ablauf des Funktionswechsels von DI M G auf Dr. G S, sowie die Tatsache, dass der Übergang der Verantwortlichkeit dem zuständigen Arbeitsinspektorat erst mehr als zwei Monate nach der internen Funktionsübernahme gemeldet wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, sowie den diesbezüglich völlig übereinstimmenden Aussagen der beiden damaligen Betriebsleiter. Im Übrigen wird dieser Sachverhalt vom Berufungswerber ohnedies nicht bestritten, strittig ist lediglich die Beurteilung der Rechtsfolgen dieser Vorgangsweise (vgl. dazu im Folgenden). Weiters hat der Vertreter des Berufungswerbers gleich zu Beginn der Berufungsverhandlung zugegeben, dass es sich bei jenem Lastkraftwagen, mit welchem Herr A Z am Kontrolltag und an den beiden Tattagen unterwegs war, nicht um ein Fahrzeug handelte, welches der klassischen Hausmüllentsorgung diente. Dies wurde auch durch die Aussage des Lenkers bestätigt. Dem von allen drei Zeugen übereinstimmend erstatteten Vorbringen, dass im August 2002 im Zusammenhang mit dem sogenannten Jahrhunderthochwasser, welches weite Teile des Donauraumes überflutete, Lastkraftwagenfahrer für Aufräumarbeiten im Überschwemmungsgebiet an den Standort K abgezogen wurden, wird Glauben geschenkt. Ebenso erscheint es glaubhaft, dass die am Standort O verbleibenden Fahrer damals zusätzliche Touren einschieben mussten und daraus resultierend unter Zeitdruck waren.

Rechtliche Beurteilung: Zur verwaltungsstrafrechtlichen

Verantwortlichkeit des Berufungswerbers: § 23 ArbIG 1993 in seiner zur Tatzeit geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt: Abs 1: Die Bestellung von verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) BGBl Nr. 52 in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst wirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs 2 VStG. Abs 2: ... Abs 3: Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin hat den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs 1 dem zuständigen Arbeitsinspektorat unverzüglich schriftlich mitzuteilen." Vom Berufungswerber wird unter Berufung auf die obzitierten Bestimmungen die Auffassung vertreten, dass an den beiden Tattagen jedenfalls entweder Herr DI M G oder Herr Dr. G S als Betriebsleiter und verantwortlich Beauftragter des Standortes O für die gegenständlichen Überschreitungen der Tageslenkzeit des Lenkers A Z verantwortlich war. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 23 Abs 1 ArbIG ergibt sich, dass der neue Betriebsleiter Dr. G S unbeschadet des vorangegangenen internen Funktionswechsels per 25.06.2002 dem Arbeitsinspektorat erst mit Wirksamkeit vom 22.08.2002 (Datum des Einlangens der Bestellungsurkunde samt Begleitschreiben) gemeldet wurde. Herr Dr. S ist somit im Sinne des § 23 Abs 1 ArbIG auch erst ab diesem Zeitpunkt außenwirksam zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Dass der Genannte die Funktion des Betriebsleiters tatsächlich bereits ab 01.07.2002 ausübte und sich ab diesem Zeitpunkt subjektiv auch strafrechtlich verantwortlich fühlte, vermag daran nichts zu ändern. Hinsichtlich des früheren Betriebsleiters DI M G ist dem Berufungswerber zunächst zuzugestehen, dass die Bestimmung des § 23 Abs 3 ArbIG keine eindeutige Regelung dahingehend enthält, wann im Falle eines Widerrufes der Bestellung dieser Widerruf wirksam wird und somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als beendet anzusehen ist. § 23 Abs 3 ArbIG regelt lediglich, dass dieser Widerruf unverzüglich durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat und sieht für den Fall des Unterbleibens einer Meldung des Widerrufes in § 24 Abs 1 Z 1 lit e ArbIG auch eine Strafsanktion vor. Da somit weder § 23 Abs 3 ArbIG noch die Erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesstelle eine klare Regelung vorsehen und auch keine einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 23 Abs 3 ArbIG existiert, ist nach Auffassung der Berufungsbehörde subsidiär auf § 9 VStG und die dazu ergangene höchstgerichtliche Judikatur zurückzugreifen. (Im Erkenntnis 96/02/0009 vom 26.01.1996 hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob die Mitteilung des Widerrufs gemäß § 23 Abs 3 ArbIG konstitutive oder bloß deklarative Wirkung hat, leider nicht näher beschäftigt, weil im dortigen Fall zum Unterschied vom nunmehrigen Berufungsfall gar nicht behauptet wurde, dass ein interner Widerruf vor dem Tatzeitpunkt erfolgt sei.) Diese Vorgangsweise erscheint insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass § 23 Abs 1 ArbIG selbst ausdrücklich auf § 9 Abs 2 und 3 VStG verweist und zu den dortigen Regelungen lediglich eine zusätzliche Formvorschrift für das Wirksamwerden der Bestellung einführt. Eine Prüfung der einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes ergibt zunächst, dass für die in Rede stehende Rechtsfrage, ob im Falle eines Widerrufes der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten die strafrechtliche Verantwortlichkeit bereits mit dem Zeitpunkt des internen Widerrufes oder erst mit dessen Meldung an das zuständige Arbeitsinspektorat erlischt, keine ausdrückliche Bestimmung über das Ende der Rechtsstellung des verantwortlichen Beauftragten besteht. Wohl aber hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.09.1994, Zl. 93/10/0064, schon einmal mit diesem Problem befasst und kam dabei unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 9 Abs 1, 4 und 6 VStG zu folgendem Ergebnis: Aus § 9 Abs 4 VStG lässt sich ableiten, dass verantwortlich Beauftragter nur eine Person sein kann, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Daraus lässt sich ableiten, dass das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht nur für den Zeitpunkt der Bestellung, sondern für die gesamte Funktionsdauer eine dauernde Bedingung für die Rechtsstellung als verantwortlicher Beauftragter ist. Erfüllt eine zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person diese Voraussetzung nicht, so ist die Bestellung rechtsunwirksam (vgl. ua. das Erkenntnis vom 17. Mai 1988, Zl. 87/04/0131). Gleiches muss aber auch gelten, wenn die Voraussetzungen zwar zum Zeitpunkt der Bestellung vorlagen, später aber weggefallen sind. Das Verwaltungsstrafgesetz enthält keine Norm des Inhaltes, dass eine Person, die zum Zeitpunkt der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten (und der Namhaftmachung gegenüber der Behörde) die Voraussetzungen des § 9 Abs 4 VStG erfüllt hat, die Funktion eines verantwortlichen Beauftragten auch dann weiterhin beibehält, wenn die im § 9 Abs 4 VStG normierten Voraussetzungen nachträglich wegfallen (vgl. in diesem Sinne auch Thienel, Der Beginn der Rechtsstellung verantwortlicher Beauftragter nach § 9 VStG in: ZfV 1993/3, Seite 246, Fn 46). Nach § 9 Abs 6 leg cit bleiben die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs 2, sowie Personen im Sinne des Abs 3 trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - unbeschadet der Fälle des § 7 - strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben. Diese Bestimmungen ermöglichen einen Adressatenwechsel in Bezug auf Normen des Verwaltungsstrafrechts vom Unternehmensinhaber bzw von dem zur Vertretung nach außen Berufenen zu einem verantwortlichen Beauftragten. Die Wirksamkeit dieses Adressatenwechsels ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft; darunter an den internen Akt der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und den Nachweis dieser Bestellung gegenüber der Behörde (vgl. das Erkenntnis vom 30.09.1991, Zl. 91/19/0196 uva). Wird nun eine dieser Voraussetzungen, nämlich der interne Akt der Bestellung aufgehoben, dann endet auch die Bestellung als verantwortlicher Beauftragter. (Hervorhebung durch UVS) Die in den zitierten Erkenntnissen entwickelten Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch dem Erkenntnis 93/10/0064 lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem eine Person zunächst eine bestimmte Funktion (als Metzgereileiter) mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen ausübte und zum Tatzeitpunkt nicht mehr in der Metzgerei der Filiale tätig war, sondern als Gebietsverkaufsleiter. Dies deckt sich mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt, demzufolge Herr DI M G im August 2002 die Funktion des Betriebsleiters für den Standort O ja tatsächlich nicht mehr ausübte und daher nicht einmal theoretisch in der Lage gewesen wäre, die verfahrensgegenständlichen Arbeitszeitüberschreitungen des Herrn Z zu verhindern. Es erschiene höchst unbillig und mit dem Verschuldungsprinzip des Verwaltungsstrafrechtes unvereinbar, dass ein verantwortlicher Beauftragter, welcher seine Bestellung zu einem bestimmten Zeitpunkt widerrufen hat und die frühere Funktion ab diesem Widerruf auch tatsächlich nicht mehr ausgeübt hat, trotzdem nach außen verantwortlich bleiben soll, nur weil der Funktionswechsel aufgrund organisatorischer Pannen erst Monate später dem Arbeitsinspektorat gemeldet wird. Als weiteres Argument für die hier vertretene Rechtsauffassung lässt sich auch die vergleichbare Problematik des Wirksamwerdens des Rücktrittes eines handelsrechtlichen Geschäftsführers ins Treffen führen. Auch hier wird nach herrschender Lehre (Kostner-Umfahrer, Die GesmbH, 4. Auflage, Seite 86 ff) und Rechtssprechung ua. des VwGH (Zl. 99/11/02875 vom 18.01.2000) ein solcher Rücktritt nach Empfang der Erklärung des Geschäftsführers durch die zu informierenden Personen sofort, dh noch vor der Eintragung ins Firmenbuch wirksam. Zusammenfassend folgt daraus, dass am 12.08. und 13.08.2002 weder Herr DI M G noch deren Nachfolger Dr. G S rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG bestellt waren und die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen bei den § 9 Abs 1 verantwortlichen Vorstandsmitgliedern verblieben ist. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich auch Feststellungen hinsichtlich allfälliger Mängel im Kontrollsystem, weil die drei Vorstandsmitglieder verständlicherweise der Auffassung waren, für den Standort O ohnedies rechtswirksam einen Betriebsleiter als verantwortlichen Beauftragten bestellt zu haben und von daher keinen Anlass sahen, diesen Betriebsleiter oder ihm in der Hierarchie unterstellte Mitarbeiter (zB die Disponenten) hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes persönlich zu kontrollieren. Jene organisatorischen Pannen im Bereich der Rechtsabteilung des Unternehmens, welche zur verspäteten Meldung des neuen verantwortlichen Beauftragten beim Arbeitsinspektorat Wien führten, müssen sich die drei Vorstandsmitglieder zumindest in der Schuldform der Fahrlässigkeit zurechnen lassen, zumal mangelndes Verschulden an diesen Vorkommnissen gar nicht behauptet wurde, geschweige denn ein entsprechendes Beweisanbot erstattet wurde.

Zur behaupteten Nichtanwendbarkeit der Verordnung EWG 3820/85:

Gemäß Artikel 4 leg cit gilt diese Verordnung unter anderem nicht für Beförderungen mit Ziffer 6 - Fahrzeugen der Müllabfuhr.. Ziffer 7 - Fahrzeugen, die in Notfällen oder für Rettungsmaßnahmen eingesetzt werden. Zur Ausnahmeregelung des Artikel 4 Ziffer 6 ist zunächst auszuführen, dass als Müllabfuhr im Sinne dieser Ausnahmeregelung nur die Abfuhr von Haus zu Haus innerhalb eines engen örtlichen Bereiches zu verstehen ist (vgl. dazu das EuGH-Erkenntnis vom 21.03.1986, C-39/95). Wenn daher, wie im vorliegenden Fall keine Müllentsorgung von Haus zu Haus erfolgt, sondern Gewerbemüll von verschiedenen Kunden abgeholt wird und dazwischen längere Strecken zurückgelegt werden, fällt diese Müllentsorgung nicht unter den Ausnahmetatbestand des Artikel 4 Ziffer 6 EG- Verordnung 3820/85. Zum weiters angezogenen Ausnahmetatbestand des Artikel 4 Ziffer 7 EG- Verordnung 3820/85 ist zu bemerken, dass die Verordnung selbst keine Legaldefinition des Begriffes Notfälle enthält und auch keine unmittelbar einschlägige Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft vorliegt. Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 25. Juni 1992, C-116/91, lassen sich jedoch immerhin einige Grundsätze zur Auslegung der Ausnahmetatbestände entnehmen. In diesem Urteil hatte sich der Europäische Gerichtshof mit der Ausnahmeregelung des Artikel 4 Nr. 6 hinsichtlich von Fahrzeugen, die von den zuständigen Stellen der Gaswerke eingesetzt werden, zu befassen und hat dabei unter anderem ausgeführt, dass sämtliche Ausnahmetatbestände des Artikel 4 nicht in einer Weise ausgelegt werden dürfen, die ihre Wirkung über das zum Schutz der von ihr gewährleisteten Interessen Erforderliche hinaus ausdehnt. Außerdem sind die in ihr vorgesehenen Ausnahmen unter Berücksichtigung der Zielsetzung und der Verordnung Nr. 3820/85 zu bestimmen. Die Möglichkeit von der Gemeinschaftsverordnung abzuweichen darf die auf diesem Gebiet verfolgten Ziele nämlich nicht beeinträchtigen. Daraus folgt zusammenfassend, dass die gegenständlichen Ausnahmetatbestände jedenfalls eng auszulegen sind. Mangels weiterer einschlägiger Erkenntnisse ist im Anlassfall auf die allgemeine Bestimmung des § 6 VStG und die dazu ergangene höchstgerichtliche Judikatur zurückzugreifen. Nach § 6 VStG ist eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notfall entschuldigt, oder obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. In seiner zu dieser Bestimmung ergangenen strengen Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung die Auffassung, dass unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden kann, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine allgemeine strafbare Handlung begeht. Es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. Zum Wesen des Notstandes gehört auch, dass die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist (VwGH 27.05.1987, 87/03/0112; 27.06.1990, 89/03/0293; 15.04.1983, 82/04/0169 uva). Im Lichte dieser strengen Judikatur kann für den vorliegenden Fall nicht vom Vorliegen eines schuldausschließenden Notstandes ausgegangen werden. Wohl aber können die glaubwürdig beschriebenen Begleitumstände im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe bei der Strafbemessung als verschuldensmindernd herangezogen werden. Für diese Vorgangsweise spricht auch, dass die beiden damaligen Betriebsleiter DI M G und Dr. G S keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen hinsichtlich der Übertretungen der EWG-Verordnungen 3820/85 für den Zeitraum ihrer jeweiligen Funktionsperiode aufweisen. Dies lässt immerhin den Schluss zu, dass Verstöße gegen die Arbeitszeitbestimmungen dieser Verordnung im Unternehmen der Berufungswerber tatsächlich nicht die Regel sind und es sich beim verfahrensgegenständlichen Vorfall um einen durch die beschriebene Ausnahmesituation erklärbaren Einzelfall gehandelt hat. Zusammenfassend ist demnach davon auszugehen, dass die in objektiver Hinsicht ohnedies unstrittigen Überschreitungen der Lenkzeit am 12.08.2002 und 13.08.2002 den drei Vorstandsmitgliedern mangels Anwendbarkeit eines Ausnahmetatbestandes zuzurechnen sind. Zur Strafbemessung: Die Strafnorm des § 28 Abs 1 a Ziffer 4 AZG, BGBl 1969/461, in der zur Tatzeit geltenden Fassung, BGBl 122/2002, sieht für die verfahrungsgegenständliche Verwaltungsübertretung einen Strafrahmen von ? 72,-- bis ? 1.815,-- vor. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Da im vorliegenden Fall aus den beschriebenen Gründen zumindest von einer notstandsähnlichen Situation auszugehen ist, konnte die Strafe für die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf die Mindeststrafe von ? 72,-- herabgesetzt werden. Da alle drei Vorstandsmitglieder laut Firmenbuch den gleichen Verantwortlichkeitsumfang besitzen und im Verfahren eine allenfalls verschuldensmindernde interne Aufgabenteilung nicht einmal behauptet wurde, waren die Strafen für alle drei Berufungswerber in der gleichen Höhe festzusetzen, zumal auch die gleichen persönlichen Strafzumessungsgründe - alle drei sind relativ unbescholten und haben die gleiche Einkommensschätzung von ? 3.500,- netto akzeptiert - vorliegen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Verantwortlicher Beauftragter Widerruf Wirksamkeit Bestellungsakt Wegfall Voraussetzungen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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