TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/17 96/13/0065

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Veröffentlicht am 17.10.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der M in Wien, vertreten durch Mondl & Partner, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Graben 29a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. März 1996, GZ. GA 8 - 2231/95, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom 1. Februar 1995 u.a. der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) aus den ihrem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1994 gewährten Vergütungen von insgesamt S 1,043.000,-- vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde auf einen der Berufung beigelegten freien Dienstvertrag mit dem zu 100 % beteiligten Geschäftsführer mit folgendem Inhalt hingewiesen:

"§ 1 Geschäftsführerbestellung und Rechtsgrundlagen

1. Geschäftsführerbestellung

Mit Gesellschafterbeschluss vom heutigen Tage wurde der Geschäftsführer (Gf) zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Er nimmt seine Tätigkeit mit dem heutigen Tage auf Basis dieses Anstellungsvertrages auf.

...

§ 2 Tätigkeitsgebiet, Geschäftsführung, Vertretung,

Beschränkungen

1. Tätigkeitsbereich

1.1.

Dem Gf ist bekannt, dass die Gesellschaft nach unmittelbar vorangegangener Gründung ihre Tätigkeit zu Beginn des laufenden Jahres aufgenommen hat. Betriebsgegenstand der Gesellschaft ist die Steuerberatung, Buchführung, Lohnverrechnung und Bilanzerstellung. Also alle Tätigkeiten, die im Rahmen der WTBO ausgeführt werden dürfen.

1.2.

Der Gf erklärt auf Grund seiner Berufsbefugnis, die Dienstnehmer der Gesellschaft bestmöglich zu führen.

2. Geschäftsführung

Der Gf hat eigenverantwortlich alles zu veranlassen, was dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft im Sinne der Verwirklichung des Gesellschaftszweckes dient.

Dem Geschäftsführer steht hierfür ein Jahresbudget von ÖS 980.000,-- zur Verfügung, wobei die Firma sich verpflichtet, auch die Beiträge an die GSVG zu entrichten.

3. Vertretung

Dem Gf ist Alleinvertretungsbefugnis eingeräumt. Er ist berechtigt und verpflichtet, im Rahmen der ihm eingeräumten Geschäftsführungsbefugnis und unter Berücksichtigung der ihm auferlegten internen Beschränkungen die Gesellschaft nach außen zu vertreten und im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft Rechtsgeschäfte abzuschließen.

§ 3 Entgelt, Auslagenersatz etc.

1. Jahresentgelt

Es ist vereinbart, dass der Gf für das Jahr 1994 einen Jahresbezug in der Höhe von S 980.000,-- zusätzlich Bezahlung der GSVG, bezieht.

Es gilt auch als vereinbart, dass das vorhandene Auto auch privat genutzt werden darf.

2.1. Auslagenersatz

Die Gesellschaft verpflichtet sich, dem Gf alle Aufwendungen zu ersetzen, die er in seiner Eigenschaft als Gf zur Verwirklichung der ihm übertragenen Tätigkeiten hat. Voraussetzung für den Ersatz durch die Gesellschaft ist, dass der Gf rechtzeitig buchungsfähige Belege zur Verfügung stellt, die als Rechnungsempfänger die Gesellschaft ausweisen und die für die Gesellschaft selbst nach den jeweiligen abgabenrechtlichen Bestimmungen aus dem Titel des Auslagenersatzes abzugsfähig sind.

Insoweit die Abgabenbehörden derartige Ersätze nicht als Auslagenersatz anerkennen, ist die Gesellschaft berechtigt, mit dem Gf eine Nachverrechnung durchzuführen.

Sinngemäß dasselbe gilt für durchlaufende Gelder; unter solchen werden Beträge verstanden, die die Gesellschaft dem Gf vorschießt oder ersetzt, damit sie dieser für die Gesellschaft aufwendet.

2.2. Reisekostenentschädigung

Die Gesellschaft leistet dem Bf für Dienstreisen Reisekostenentschädigungen. Unter Dienstreisen werden Reisen verstanden, die der Verwirklichung des Gesellschaftszweckes dienen und in den Aufgabenbereich des Gf fallen.

An Tages- und Nächtigungsgeldern stehen dem Gf jene Beträge zu, die für Bundesbedienstete der (höchsten) Dienstklasse gelten. Dies gilt in gleicher Weise für In- und Auslandsreisen.

§ 4 Dienstort, Dienstzeit und Diensteinteilung

1. Dienstort und Dienstzeit

Der Gf hat die von ihm zu entwickelnde Tätigkeit an keinem bestimmten Dienstort und während keiner bestimmten Dienstzeit zu entwickeln. Er ist in der Einteilung und der Organisation der ihm obliegenden Tätigkeiten frei.

2. Diensteinteilung

Der Gf ist in die Organisation des Betriebes der Gesellschaft nur insoweit eingegliedert, als er verpflichtet ist, diese im Sinne dieses Anstellungsvertrages unternehmerisch und eigenverantwortlich mit der Sorgfaltsverpflichtung eines ordentlichen Geschäftsmannes gegenüber der Gesellschaft zu gestalten. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand und die Einteilung der Arbeitszeit werden vom Gf eigenverantwortlich bestimmt.

...

§ 7 Sonstiges

Der Gf ist selbständig erwerbstätig und verpflichtet, die von ihm vereinnahmten Bezüge selbst zu versteuern. Die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes kommen nicht zur Anwendung. Ein Anspruch auf Freizeitausgleich, Überstunden oder Geldansprüche als Ersatz für die nicht erfolgte Konsumation solcher Ansprüche hat der Gf nicht. Während 6 Wochen eines jeden Jahres hat der Gf das Recht auf Dienstfreistellung. Er ist aber nicht verpflichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Er hat diese Absicht aber - sofern er von einer Dienstfreistellung Gebrauch machen will - jedenfalls der Gesellschaft vorweg rechtzeitig mitzuteilen und für eine Vertretungsregelung zu sorgen. Als Vertreter werden Dienstnehmer der Gesellschaft auf Kosten der Gesellschaft herangezogen.

..."

Im Berufungsverfahren wurde von der Beschwerdeführerin sodann eine Tätigkeitsbeschreibung des Geschäftsführers mit folgendem Wortlaut vorgelegt:

"Als Geschäftsführer der GM Wirtschaftstreuhand GmbH übe ich meinen Beruf im Büro 1030 Wien, I-Straße, aus. Meine Tätigkeit dort umfasst Montag bis Freitag jeweils von 8.00 Uhr bis ca. 19 Uhr und wenn notwendig auch Samstag und Sonntag. Mein Tätigkeitsbereich erstreckt sich von Bilanzierungen für Klienten, Erklärungserstellungen für Klienten, Betriebsprüfungsabwicklungen, Besprechungen, Posterledigung und Kontrolltätigkeit über Buchhaltung und Lohnverrechnung."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die Berufung abgewiesen und in der Begründung Feststellungen aus dem Inhalt des "freien Dienstvertrages" getroffen. Insbesondere stellten die Führung der Dienstnehmer und die Besorgung des Tagesgeschäftes zeitliche Rahmenbedingungen dar und bestimmten auch die Wahl des Arbeitsplatzes. Die Tätigkeitsbeschreibung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin ergebe allein schon aus der Art der Tätigkeit neben der zeitlichen und örtlichen Eingliederung auch eine weit gehende organisatorische Bindung an die Gesellschaft (Büro, EDV, Betriebsmittel). Dem Geschäftsführer stehe eine fixe Entlohnung von S 980.000,-- jährlich zu, die in 14 Teilbeträgen gewährt werde. Die Gesellschaft habe sich verpflichtet, ihm alle Aufwendungen zu ersetzen, die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer erwüchsen. Weiters stelle die Gesellschaft auch ein Fahrzeug zur beruflichen und privaten Nutzung zur Verfügung, übernehme die Sozialversicherungsbeiträge und gewähre bei Dienstreisen Reisekostenentschädigungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, Zl. 2001/14/0054, und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, Zl. 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GesmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

-

dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

-

dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

-

dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Der Beurteilung der belangten Behörde, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit an.

Dem Beschwerdeeinwand, dass der Geschäftsführer einen "freien Dienstvertrag" habe, ist zu erwidern, dass die Beurteilung des der Geschäftsführung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu seiner Gesellschaft auf der Grundlage der Kriterien außersteuerlicher Rechtsvorschriften nach der Rechtsprechung für die Frage der Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 keine Bedeutung hat (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0063).

Der von der belangten Behörde aus "der Führung von Dienstnehmern und der Besorgung des Tagesgeschäftes" und aus der oben wiedergegebenen Tätigkeitsbeschreibung des Geschäftsführers gezogene Schluss, der Geschäftsführer sei in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert, lässt keine Rechtswidrigkeit erkennen. Der Beschwerdeeinwand, dass nach einer Vertragsbestimmung weder Dienstort noch Dienstzeit einer zwingenden Determinierung unterliegt, steht angesichts der wiedergegebenen Rechtsprechung der Einreihung der aus der Geschäftsführertätigkeit erzielten Einkünfte als solcher nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht entgegen.

Soweit die Beschwerdeführerin "typische Rechtsfolgen" (wohl eines Angestelltenverhältnisses) wie z.B. Abfertigungs- oder Entschädigungsansprüche vermisst, muss der Hinweis auf die eingangs zitierte Rechtsprechung und auf das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/13/0111, genügen, nach welchen die letztgenannten Merkmale zu jenen zu zählen sind, die für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nichts beitragen.

Das Beschwerdevorbringen, wonach wegen weit gehender Identität in der Person des Geschäftsführers und des Alleingesellschafters durch die Auszahlung eines Jahrespauschaleinkommens an den Geschäftsführer die Gesellschaft die Auszahlung einer Dividende an ihren Alleingesellschafter genau in diesem Ausmaß verringere und daher der Geschäftsführer durchaus ein Unternehmerrisiko trage, vernachlässigt die zur steuerlichen Betrachtung erforderliche Trennung der Gesellschafts- und der Geschäftsführersphäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2001/15/0057).

Die Beschwerde erweist sich damit im Ergebnis als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996130065.X00

Im RIS seit

05.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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