TE UVS Steiermark 2004/05/19 30.11-31/2004

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Veröffentlicht am 19.05.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn H L, vertreten durch B-R-V, Rechtsanwälte in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12.3.2004, GZ.: 15.1 23320/2003, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12.3.2004, GZ: 15.1 23320/2003 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 5.11.2003 um 13.34 Uhr im Gemeindegebiet U auf der A 9 bei Strkm 190,850 in Fahrtrichtung S als Lenker des Lastkraftwagens beim Nachfahren hinter einem Lastkraftwagen (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten habe. Der Abstand habe nur 21 m betragen. Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs 4 StVO begangen und verhängte die Erstbehörde über ihn eine Geldstrafe von ? 190,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 4 Tage Ersatzarrest).

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und brachte vor, dass der Gesetzgeber Fahrzeuge mit einer größeren Längsabmessung mit 8,10 oder 16 m hinsichtlich der Bestimmung des § 18 Abs 4 StVO im Auge gehabt habe. Die Abmessungen des von ihm gelenkten Kompakt-LKW von 6,75 m seien nicht geeignet, unter diese Gesetzesstelle zu fallen, da die Längsabmessung einer solchen einer großen Limousine entspreche. Bei den gegebenen Verhältnissen sei es so gewesen, dass eine Kolonnenbildung stattgefunden habe, da eine Baustelle auf der Freilandstraße zu einem Nachrücken der Fahrzeuge geführt habe. Einen Abstand von 50 m einzuhalten, wäre geradezu kontraproduktiv gewesen und hätte eine Gefahrenquelle hervorgerufen. Daher werde die Einstellung des Verfahrens beantragt. Da über den Berufungswerber keine ? 500,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und überdies keine der Parteien die Durchführung einer Berufungsverhandlung ausdrücklich beantragten, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gemäß § 51e Abs 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer solchen absehen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen:

Die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark führte am 5.11.2003 im Gemeindegebiet U auf der A 9 in Fahrtrichtung S eine Verkehrsüberwachung mittels eines Abstandsmessgerätes durch. Im Zuge dieser Überwachung konnte festgestellt werden, dass der Berufungswerber um 13.34 Uhr bei Strkm 190,850 in Richtung S mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h hinter einem größeren Lastkraftwagen fuhr, wobei er dabei einen Abstand von 21 m einhielt. Der Berufungswerber war mit einem Lastkraftwagen Iveco Daily unterwegs. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen Lastkraftwagen der Klasse N1, das höchstzulässige Gesamtgewicht beträgt 3.500 kg. Der Lastkraftwagen ist 6,75 m lang, 2,10 m breit und 3,30 m hoch. Dieser Sachverhalt konnte aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark vom 5.12.2003, dem vorliegenden Protokoll über die Abstandsmessung sowie einer Kopie des vom Berufungswerber vorgelegten Typenscheins getroffen werden.

Gemäß § 18 Abs 4 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse udgl) auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten.

Die Bestimmung des § 18 Abs 4 StVO richtet sich an Lenker von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen, wobei im Gesetz als Beispiele Lastfahrzeuge (§ 2 Abs 1 Z 23 KFG), Kraftwagenzüge (§ 2 Z 30 KFG) und Omnibusse (§ 2 Z 7 KFG) erwähnt sind. Einerseits unterliegen nicht alle Fahrzeuge der aufgezählten Fahrzeugtypen, insbesondere nicht kleinere Lastfahrzeuge, automatisch der Sonderbestimmung des Abs 4, sondern nur solche, die von größerer Längsabmessung sind, andererseits zählen auch im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnte Fahrzeugtypen, wie Langgutfuhren, Wohnwagen, Gespanne, Sattelkraftfahrzeuge und Gelenkkraftfahrzeuge dazu. Zweck des § 18 Abs 4 StVO ist es, eine Kolonnenbildung durch mehrere hintereinanderfahrende Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen, insbesondere von Lastkraftwagenkolonnen zu verhindern, die ein erhebliches Hindernis für das Überholen durch andere Fahrzeuge bilden können. Der zwingende Mindestabstand nach Abs 4 soll ein etappenweises Überholen von größeren Fahrzeugen ermöglichen. Mit Rücksicht auf den auch gegenüber dem Vordermann einzuhaltenden Sicherheitsabstand beim Überholen in einer Kolonne wird auf Freilandstraßen, namentlich aber auf Autobahnen, der Mindestabstand von 50 m zu gering sein, um einem Überholer das gefahrlose Einordnen zu ermöglichen. Insbesondere auf Autobahnen muss daher ein wesentlich größerer Abstand eingehalten werden, wenn ein langes Fahrzeug über eine längere Strecke hinter einem anderen Fahrzeug mit größerer Längsabmessung nachfährt. Bei einem Lastkraftwagen Iveco Daily mit einer Länge von 6,75 m handelt es sich noch nicht um ein Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen, sodass für den Berufungswerber keine Verpflichtung bestanden hat, einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten. Für diese Rechtsauffassung spricht, dass das Fahrzeug nur geringfügig mehr als die Hälfte der längstens zulässigen Lastkraftwagenlänge von 12 m war (vgl UVS Tirol 15.1.2002, GZ: UVS-2001/14/073). Im Übrigen handelt es sich beim gegenständlichen Lastkraftwagen auch nicht um einen solchen, der gemäß § 58 KDV unter eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Freilandstraßen bzw Autobahnen fällt. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes hat der Berufungswerber eine Übertretung nach § 18 Abs 1 StVO begangen, da er bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h lediglich einen Abstand von 21 m eingehalten hat. Ein solcher Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist allerdings nicht vorgeworfen, sodass es der Berufungsbehörde nunmehr verwehrt ist, den Tatvorwurf auszutauschen. Da der Berufungswerber keine Übertretung nach § 18 Abs 4 StVO zu verantworten hat, war seiner Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Sicherheitsabstand hintereinander fahren Hintereinanderfahren Längsabmessungen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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