TE UVS Wien 2004/06/29 03/P/34/3437/2003

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Veröffentlicht am 29.06.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 21.4.2004 auf Grund der Berufung von Herrn Thomas K, vertreten durch Dr. Bernhard Kr, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom 12.3.2003, MA 67-RV - 409018/2/8, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz 1967, entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Berufungswerber ist wegen unterlassener Lenkerauskunft bestraft worden.

Der Spruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:

?Sie haben es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-37 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 19.08.2002, zugestellt am 03.09.2002, innerhalb der Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, B-Straße abgestellt hat, sodass dieses am 30.04.2002 um 08.15 Uhr dort gestanden ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 134 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) in Verbindung mit § 103 Abs 2 KFG 1967.

Gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 105,-, im Falle der Uneinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

EUR 10,5 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 115,50."

Mit Berufung wird eingewendet, hinsichtlich der Lenkeranfrage hätten weder der Berufungswerber noch seine Gattin eine Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Diesbezüglich wäre der Postzusteller zu vernehmen gewesen. Es sei auch kein Zustellversuch wahrgenommen worden.

Der Berufungswerber ist im Rahmen seiner Parteienvernehmung im Parallelverfahren UVS-03/M/34/10746/2002 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auch zum

gegenständlichen Sachverhalt befragt worden und hat in der dortigen Verhandlung vom 17.11.2003 Folgendes angegeben:

?Fr. G ist meine Gattin. Damals waren wir noch nicht verheiratet, haben aber schon zusammen in der O-gasse gewohnt. Mit dem Fiat sind wir beide gefahren. Das Fahrzeug war auf mich zugelassen. Meine Gattin hatte kein eigenes Fahrzeug. Im Tatzeitpunkt war ich vielleicht schon in der Arbeit. Befragt, womit ich gefahren bin: Entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit meinem Motorrad.

In der warmen Jahreszeit war meine Gattin meist mit dem Auto, ich mit dem Motorrad unterwegs, zumal meine Gattin auch unsere beiden Kinder zu fahren hatte, die damals knapp über ein halbes Jahr und 4 Jahre alt waren. Meine Gattin war damals im Karenz. Möglicherweise war die ältere Tochter im Kindergarten, der in unmittelbarer Nähe des Wohnortes ist. In den Kindergarten wurde die ältere Tochter zu Fuß gebracht. Die jüngere Tochter wurde jedenfalls zu Hause betreut.

Ich war damals beim O als Redakteur im Funkhaus A-str. beschäftigt und auch im Außendienst tätig. Dienstbeginn hatte ich zwischen 5 und 11 Uhr. Welchen Dienst ich konkret am 30.4.2002 hatte, weiß ich heute nicht mehr.

Befragt, wer das Fahrzeug abgestellt hat: Das war meine Gattin. Sie war damals mit den Kindern im Auto auf dem Weg zum Amtshaus Sp. Auf dem Weg hat sie noch einen Bankomaten aufgesucht. Die Kinder müssen während der Beanstandung im Auto gewesen sein. Meine Gattin hat das FZ mit den Kindern im Auge behalten und daher auch die einschreitenden SWB wahrgenommen. Es kam zu einem Gespräch. Die Polizisten haben die Fahrzeugpapiere beziehungsweise auch den Führerschein meiner Gattin kontrolliert. Befragt, warum meine Gattin dann keine

Organstrafverfügung bekommen hat: Das weiß ich nicht genau. Eine Lenkeranfrage habe ich nicht erhalten. Ich kann ausschließen, dass ich das Fahrzeug abgestellt habe.

Zum Verfahren UVS-03/P/34/3437/2003:

Befragt, wer bei uns die Post aushebt: Abwechselnd meine Gattin

und ich.

Weil ich immer wieder wichtige Briefe erhalte, wird die Post bei uns ganz genau angeschaut. Ich schließe daher aus, dass meine Gattin oder ich eine Hinterlegungsanzeige verschmissen haben. Bis vor einigen Monaten haben wir immer wieder falsche Post im Brieffach vorgefunden. Auch von Nachbarn hat es solche Beschwerden gegeben."

In dieser Parallelverhandlung ist weiters die Gattin des Berufungswerbers, Frau Katalin G, auch zum gegenständlichen Sachverhalt als Zeugin vernommen worden und hat Folgendes angegeben:

?In der warmen Jahreszeit fahre mit dem Fiat vorwiegend ich. Ich war nur kurz beim Bankomat. Als ich zum FZ zurück kam, waren dort 2 Polizisten. Ich wollte die Strafe sofort bezahlen, doch meinten die Polizisten, ich sollte den Betrag am WZ erlegen oder auf den Erlagschein warten, der per Post zugeschickt wird. Befragt, ob das ggst. Verfahren mit Sicherheit dem oben genannten Geschehen zuzuordnen ist: Davon gehe ich aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Mann das FZ gerade am Tatort abgestellt haben sollte. Der Tatort ist nämlich rund 20 min Fußweg von zu Hause entfernt.

Zum Verfahren UVS-03/P/34/3437/2003:

Ich kann mich nicht erinnern, im Brieffach jemals eine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben. Wir wohnen schon seit knapp 5 Jahren in der O-gasse. Genau genommen habe ich schon ab und zu gelbe Zettel im Brieffach vorgefunden. Ich kann mich aber jetzt nicht erinnern, wann ich zuletzt einen solchen Zettel

im Brieffach gesehen habe.

Auch wenn mein Mann das Postfach ausgeleert hat kann ich den Verständigungszettel genau genommen gar nicht versäumt haben, weil ich ja zu Hause bin, wenn mein Mann am Abend das Postfach ausleert und wird die Post gemeinsam durchgesehen.

Befragt, wie ich mich nach längerer Zeit noch an einen gelben Verständigungszettel erinnern können sollte: Nachdem mein Mann die Strafe wg. unterlassener Lenkerauskunft erhalten hat, haben wir uns überlegt, ob er eine Verständigung bekommen hat und war uns das beiden nicht in Erinnerung.

Befragt, wie der Postbeamte dann das Gegenteil hat beurkunden können: Im letzten Jahr wurde öfter Post in das falsche Postfach gegeben und ist die Post dann von den anderen Hausparteien oben auf der Brieffachanlage abgelegt worden. Möglicherweise hat der betreffende Bewohner es unterlassen, die Verständigungsanzeige so wie andere falsche Sendungen öffentlich auszulegen und haben wir das deswegen nicht erfahren. Möglicherweise war ich beim Zustellversuch gerade einkaufen. In unserem Brieffach landen auch die ganzen Werbesendungen. Ich sehe die ganze Post durch. Ein Übersehen des Verständigungszettels schließe ich zu 100 % aus."

In der fortgesetzten Verhandlung vom 12.12.2003 ist der vom Postamt 1210 Wien bekannt gegebene Zusteller der erstbehördlichen Lenkeranfrage, Herr Markus F, als Zeuge vernommen worden. Er hat bestritten, mit der Zustellung etwas zu tun gehabt zu haben und diesbezüglich auf eine Frau H als Zustellerin verwiesen.

In der fortgesetzten Verhandlung vom 15.1.2004 ist Frau Yvonne H als Zeugin vernommen worden und hat gleichfalls bestritten, für die gegenständliche Zustellung verantwortlich gewesen zu sein. Die eigentlich zuständige Postzustellerin sei eine Frau E gewesen. Die sei im Zustellzeitpunkt September 2002 krank gewesen. Es habe vier Ersatzkräfte gegeben. Eine davon sei die Zeugin H gewesen. Mit der konkreten Zustellung habe sie aber nichts zu tun. Sie vermute als Zusteller Herrn F. Sie selbst habe nicht mit ihm gesprochen. Dies habe nur ihr Chef Herr N gemacht.

Daraufhin wurde die Zeugin Sabine S, eine Nachbarin des Berufungswerbers, als Zeugin vernommen und hat Folgendes angegeben:

?Ich bin die Nachbarin des Bw und von Fr. G, seiner Gattin. Ich wohne auf Stiege 1 der Wohnhausanlage O-gasse, so wie der Bw. Es gibt dort 3 Stiegen und kommt es immer wieder vor, dass ich Post bekomme, die eigentlich Wohnungen mit der selben Türnr. aber auf einer anderen Stiege zugestellt werden sollte. Dies auch bei Rückscheinbriefen.

Konkret befragt zum Herbst 2002 gebe ich an, dass ich mich an einen Missstand in diesem Zeitraum noch erinnern kann. Es ist da ein Wohnungsnachbar ausgezogen, der einen Nachsendeauftrag erteilt hat. Trotzdem wurde ein Zustellversuch vorgenommen, wobei der Verständigungszettel dann oben auf der Hausbriefanlage gelegen ist. Befragt, ob diesen Zettel nicht auch der Wohnungsnachfolger öffentlich ausgelegt haben könnte: Das ist möglich.

Es wird Post auch auf der selben Stiege vertauscht. Im Herbst 2002 ist das 2 bis 3 Mal pro Woche vorgekommen. Das waren allerdings keine Rückscheinbriefe. Die Missstände bei der Postzustellung in unserer Wohnhausanlage dauern trotz Beschwerde bis heute an und habe ich auch schon eine Mahnung bekommen, weil ich von einer angeblichen Zustellung nichts mitbekommen habe. Der Vorgesetzte am Postamt entschuldigte sich damit, dass die eigentliche Zustellerin häufig krank sei und es bei den Aushilfen offenbar zu Unzulänglichkeiten kommt. Wer für die erkrankte Postzustellerin eingesprungen ist, kann ich nicht angeben."

In der fortgesetzten Verhandlung vom 3.3.2004 ist der ?Chef" der Zustellbasis 1210 Wien Herr Harald N als Zeuge vernommen worden und hat Folgendes angegeben:

?Ich bin Distributionsleiter in der Zustellbasis am Postamt 1210 Wien. Das seit 1.12.2002. Nach Durchsicht der mir vorliegenden Diensteinteilung für den 2.9.2002 kann ich angeben, dass damals die eigentlich zuständige Zustellerin, Fr. E, erkrankt war. Aus der Einteilung lässt sich nur ersehen, dass für die konkrete Zustellung vier Zusteller in Frage kamen und sind das die Zusteller C, T, F und H. Die Adresse des Herrn Mehmet C lautet D-straße,  Wien. Ich lege weiters vor eine Auszahlungsliste für den 3.9.2002 und hat dort für den Rayon 52, für den Hr. C laut Diensteinteilung vom genannten Tag zuständig war, offenbar Hr. C unterschrieben. Befragt, ob ein Irrtum in der Unterschriftszeile möglich wäre, d.h. die Unterschrift möglicherweise doch nicht von Hr. C, sondern von einem anderen Zusteller stammt: Das schließe ich aus, weil der Bedienstete, der das Geld ausgibt, genau darauf achtet, dass die Zusteller in der sie betreffenden Zeile unterschreiben. Es werden da unterschiedliche Geldbeträge ausgegeben und kommt es deswegen auf die richtige Zeile an, in der unterschrieben wird. Weiters lege ich vor eine solche Unterschriftsliste vom 6.9.2002 und ergibt sich da eine eindeutigere Übereinstimmung mit der Unterschrift C auf dem Rückschein.

Schließlich lege ich vor eine sog. Namenszeichnungsliste meiner Gruppe und finden sich dort die Unterschriften der Zeugen F und H und des Herrn T.

Zusammenfassend bin ich mir sicher, dass die Paraphe auf dem gegenständlichen Rückschein von Herrn Mehmet C stammt. Über Vorhalt meines Schreibens über Anfrage des UVS vom 20.10.2003, wonach die Paraphe auf dem Rückschein von Hr. F stammt: Es stimmt, dass ich Hrn. F angegeben habe. Diese Auskunft beruhte jedoch auf einer Mitteilung von Fr. H und war die sich sicher, dass damals Hr. F für die Adresse zuständig war. Unterschriften hatte ich damals noch nicht verglichen. Ich habe mir die Unterschrift auf dem Rückschein erst jetzt in der Verhandlung ansehen können und habe ich vorher immer auf die Mitteilungen der Fr. H vertraut, die offenbar der Annahme war, für die Zustelladresse sei Hr. F eingeteilt gewesen.

Ich habe in der Angelegenheit schon einmal mit Hrn. F telefoniert und hat er mich damals offenbar nach Erhalt seiner Ladung angerufen, warum er schon wieder erscheinen müsse. Er hat am Telefon nicht ausgesagt, dass er für die Zustellung zuständig gewesen ist.

Ich bin erst seit Dez. 2002 für diesen Rayon zuständig und kann ich daher über Zustellprobleme im Sept. 2002 nichts Konkretes sagen. Ich habe die Zusteller von meinem Vorgänger übernommen und war Hr. C da nicht mehr dabei. Hr. C ist eigentlich in einem anderen Rayon (Bezirksteil) eingesetzt gewesen, für den ich nicht zuständig bin und kann ich daher über die Genauigkeit der Arbeitsleistung des Hr. C nichts sagen. Im Dez. 2002 war Fr. E nicht mehr krank und kann ich daher über die Einteilung der Ersatzkräfte vor diesem Zeitpunkt nichts sagen. Ich weiß nur, dass Hr. C am 2.9.2002 für die O-gasse eingeteilt war. Über die Zustelltätigkeit der Fr. E hat es

nur kleinere Beschwerden gegeben.

Es könnte sein, dass die übliche Genauigkeit bei Zustellungen aufgrund der Zusatzbelastung durch einen zusätzlich eingeteilten Rayon, den der Zusteller für einen erkrankten Kollegen mitbesorgen muss, etwas leidet.

Über neuerlichen Vorhalt des Schreibens der Fr. S vom 10.12.2003: Es trifft zu, dass Fr. E auch nach dem Dez. 2002 längere Zeit im Krankstand war. Befragt, ob es da häufiger zu Beschwerden kommt: Ja, das trifft zund Wenn Fr. S angibt, es sei ihr am Postamt K-gasse zugestanden worden, es komme während der Verhinderung von Fr. E zu chaotischen Zuständen bei der Zustellung, so kann ich dies nicht ausschließen, weil das Postamt K-gasse ja näher an den Kunden ist als wir.

Gänzlich ausschließen kann man nie, dass eine Hinterlegungsanzeige im falschen Brieffach landet und sind Irrtümer bei Menschen immer möglich."

In der fortgesetzten Verhandlung vom 21.4.2004 ist dann Herr Mehmet C als Zeuge vernommen worden, der in der Zeit vom 10.6. bis 28.11.2002 Postbote in 1210 Wien gewesen ist. Er hat Folgendes angegeben:

?Ich war bis 28.11.2002 Postbote. Angefangen hatte ich am 10.6.2002. Ich habe nur zur Abwechslung als Postbote gearbeitet. Nach einem halben Jahr hatte ich genug und habe ich anschließend bei der Fa. M als Verkäufer gearbeitet. Seit Mai 2003 bin ich arbeitslos. Ich habe mich da schon bei der Post beworben, doch ist zur Zeit eine Aufnahmesperre. Die Adresse O-gasse sagt mir eigentlich nichts. Der Name der Zustellerin Frau E sagt mir auch nichts. Ich habe schon vertretungsweise zugestellt und wäre es möglich, dass das in der O-gasse war.

Wenn ich gefragt werde, wie ich bei RSb Zustellungen vorgegangen bin: Wenn ich keine Unterschrift bekommen habe, musste ich am nächsten Tag noch einmal hingehen und dann einen gelben Verständigungszettel einwerfen. Da habe ich angekreuzt, dass die Sendung ab dem nächsten Tag beim Postamt abzuholen ist und habe Name, Datum und Nummer eingesetzt. Die Zettel habe ich an Ort und Stelle ausgefüllt. Ich hatte da eine Mappe mit den Verständigungszetteln und habe ich da jeweils einen Zettel herausgenommen und ausgefüllt. Es gab da auch noch den Rückschein und habe ich auch den nicht im Voraus, sondern erst nach dem Zustellversuch an Ort und Stelle ausgefüllt. Befragt, ob ich da vielleicht einmal vergessen habe, die Mappe mit den Verständigungszetteln herauszunehmen und einen solchen auszufüllen: Das glaube ich nicht, denn ich bin ja am nächsten Tag noch einmal hingegangen und wäre mir das aufgefallen. Ich hatte täglich vielleicht 4 bis 5 RS-Briefe zuzustellen und ist das nicht viel,

da merkt man es schon, wenn man einen gelben Zettel vergessen hat. Ich hatte oben auf der Mappe mit den RS-Sendungen einen kleinen Zettel und stand dort drauf, an welchen Adressen RS-Briefe beziehungsweise Pakete zuzustellen sind, sodass ich nicht immer schauen muss, ob für ein bestimmtes Haus eine solche Sendung darunter ist. Ich war damals neu und ist mir nicht aufgefallen, dass ich jemals einen gelben Verständigungszettel einzuwerfen vergessen hätte.

Ich war am Beginn meiner Tätigkeit zuerst mit einem Kollegen unterwegs und waren das vielleicht 2 Wochen. Danach war ich vielleicht 2-3 Monate allein unterwegs und war ich die letzten Wochen als Springer eingeteilt. Ich kann mich für September 2002 an keine längere Vertretung eines Kollegen erinnern. Über Vorhalt des RS (AS 7): Ja, der stammt von mir. Das Zeichen stammt von mir. Sonst kann ich meiner Aussage eigentlich nichts hinzufügen.

Über Vorhalt der Aussagen des Bw, seiner Gattin und der Zeugin S: Es ist alles schon lange her und ich kann eigentlich nicht mehr dazu sagen, als ich schon getan habe.

Ich bin mir sicher, dass ich die gelben Zettel immer in das richtige Brieffach geworfen habe."

Daraufhin wurde der aus dem Spruch ersichtliche

Berufungsbescheid zunächst mündlich verkündet.

Dafür waren folgende Gründe maßgeblich:

Sowohl der Berufungswerber als auch seine Gattin machten einen korrekten Eindruck. Die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen hat sich im Parallelverfahren UVS-03/M/34/10746/2002 durch eindeutige Beweismittel (Kontoauszug) ergeben und erhöht das die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen insgesamt, das heißt auch in diesem Verfahren. Beide haben hinsichtlich der gegenständlichen Lenkeranfrage angegeben, niemals eine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben. Die Gattin des Berufungswerbers war damals in Karenz, der Berufungswerber als O-Redakteur tätig. Es war glaubwürdig, dass die Post gemeinsam durchgesehen wird. Ein versehentliches Wegwerfen des Verständigungszettels war daher eher unwahrscheinlich.

Für die Zustelladresse Wien, O-gasse war im September 2002 als Postzustellerin eine Frau E eingeteilt. Diese war häufig krank. So offenbar auch im September 2002. Aufzeichnungen der Post, wer sie am 2.9.2002 (Zeitpunkt des Zustellversuches der Lenkeranfrage) vertreten hat, fehlten. Die Zeugen F und H haben sie sich wechselseitig als verantwortlich bezeichnet. Tatsächlich war es jedoch keiner von ihnen. Der ab September 2002 verantwortliche Distributionsleiter Harald N konnte auf Grund von Unterschriftenproben den zuständigen Herrn C identifizieren. Herr N hat zu erkennen gegeben, dass die ?übliche Genauigkeit bei Zustellungen" etwas leidet, wenn der Zusteller für einen erkrankten Kollegen dessen Rayon mitbesorgen muss.

Er hat es nicht für unmöglich gehalten, dass am Postamt K-gasse Empfängern gegenüber ?chaotische Zustände" auf Grund der Verhinderung der Postzustellerin Frau E zugegeben worden sind.

Die Vernehmung des erst in der fünften (!) Verhandlung stellig gemachten Zustellers Herrn Mehmet C hat Zweifel an der Verbindlichkeit der auf dem Rückschein festgehaltenen Eintragungen nicht gänzlich beseitigen können. Der Zeuge machte zwar einen bemühten Eindruck. Doch war er nur kurz (rund ein halbes Jahr) bei der Post beschäftigt. Er zeigte dementsprechend erhebliche Unsicherheiten über die Zustellvorschriften, die nur teilweise dadurch zu erklären sind, dass er nunmehr bereits seit 1,5 Jahren nicht mehr bei der Post beschäftigt ist.

Wie so oft in derartigen Fällen hinterließ er den Eindruck, dass die Postbeschäftigung für ihn nicht mehr als eine bloße Episode und ihm die mit den Zustellvorgängen verbundenen Auswirkungen beziehungsweise Konsequenzen kaum in voller Tragweite bewusst gewesen sind.

Das vom Zeugen geschilderte System diente offenbar dazu, die gesondert aufbewahrten Rückscheinbriefe bei der Zustellung ja nicht zu vergessen. Darüber, ob der Zeuge nach dem Aufsuchen der Zustelladresse und dem Ausfüllen des Rückscheines aber nicht möglicherweise vergessen hat den Verständigungszettel in das Hausbrieffach einzuwerfen, lieferte er keine Auskunft. Irgendwelche besonderen ?Sicherheiten" gegen ein allfälliges Vergessen beziehungsweise Versehen konnte er nicht anführen. Zweifellos waren ihm die Zustellungen damals noch ziemlich neu und unvertraut. All dies lässt ein Versehen mit noch größerer Wahrscheinlichkeit als bei einer Vertretungkraft sonst üblich annehmen.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 ist die nach dieser Gesetzesstelle erforderliche Auskunft im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

Die betreffende erstbehördliche Aufforderung ist nach einem Zustellversuch vom 2.9.2002 beim Postamt hinterlegt und dort ab dem 3.9.2002 zur Abholung bereit gehalten, vom Empfänger aber nicht behoben und danach an die Erstbehörde retourniert worden. Gemäß § 17 Abs 2 1. Satz Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen.

Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Eine Hinterlegung ohne schriftliche Verständigung entfaltet keine Rechtswirkungen (etwa VwGH vom 30.6.1994, 91/06/0056). Ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein über die Zustellung eines Poststückes durch Hinterlegung macht als öffentliche Urkunde zwar Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung, jedoch ist gemäß § 292 Abs 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (etwa VwGH vom 13.3.1991, 87/13/0196).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass die Hinterlegungsanzeige tatsächlich so wie auf dem Rückschein beurkundet in das Hausbrieffach des Empfängers eingeworfen worden ist. Für die Richtigkeit eines auf dem Rückschein festgehaltenen Einwurfs der Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach spricht bei Fehlen eines vom Postzusteller diesbezüglich praktizierten Kontrollsystems, wie etwa der vorangegangenen Ausfüllung der Hinterlegungsanzeige, wodurch diese bei einem Versehen übrigbleibt, regelmäßig nur dessen Genauigkeit und Routine. Die zusätzliche Belastung eines kurzzeitig beschäftigten Postzustellers durch einen vertretungsweise übernommenen Zustellrayon kann dazu führen, dass seine Genauigkeit leidet. Fehler bei der Zustellung ?normaler" Post, die bis zu drei Mal in der

Woche in das falsche Hausbrieffach eingeworfen wird, lassen einen Rückschluss auch auf Mängel bei der Zustellung von RS-Sendung zu. Ein Postzusteller pflegt im Allgemeinen nicht im Voraus zu entscheiden, bei welcher Zustellart ihm ein Versehen passiert. Berechtigte Zweifel an der ordnungemäßen Zustellung einer beim Postamt hinterlegten und unbehoben an die Behörde retournierten Lenkeranfrage beseitigen die Strafbarkeit der unterbliebenen Lenkerauskunft.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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