TE UVS Tirol 2004/06/30 2004/24/024-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Monica Voppichler-Thöni über die Berufung des Herrn T. R., vertreten durch Mag. J. M., Rechtsanwalt, XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 21.04.2004, Zl VK-23414-2003, wie folgt:

 

I.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 2 VStG wird der Berufung zu Spruchpunkt 5. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

 

II.

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 2 VStG wird die Berufung zu den Spruchpunkten 1., 2., 3. und 4. als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafen, das sind zu 1.) bis 3.) jeweils Euro 14,00 und zu 4.) Euro 10,00, sohin insgesamt Euro 52,00 zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt vorgeworfen:

 

Tatzeit: 19.07.2003, 09.07 Uhr

Tatort: Strengen, auf der Arlbergersatzstraße, B-316 bei km 6,420 (zu Punkt 1. und 2.)

Strengen, auf der Arlbergersatzstraße, B-316 bei km 6,020 (zu Punkt 3.,4. und 5.)

Fahrzeug: PKW, XY

 

Der Beschuldigte, R. T., geb. XY, wohnhaft in XY, hat

 

1. als Lenker eines Fahrzeuges ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen ?Überholen verboten? gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt.

2. als Lenker eines Fahrzeuges verbotenerweise überholt, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werden könne. Aufgrund des herannahenden Gegenverkehres musste er sein Fahrzeug so schnell wie möglich wieder auf dem rechten Fahrstreifen einordnen, wobei das Fahrzeug beim Wiedereinordnen ?schlingelte?.

3. als Lenker eines Fahrzeuges ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen ?Überholen verboten? gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt.

4. als Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie verbotenerweise überfahren.

5. sich als Lenker eines Fahrzeuges entsprechend den auf der Fahrbahn für das Einordnen angebrachten Richtungspfeilen zur Weiterfahrt eingeordnet, hat die Fahrt jedoch nicht im Sinne der Richtungspfeile fortgesetzt.?

 

Der Berufungswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

1.

§ 16 Abs 2 lit a und § 99 Abs 3 lit a StVO

2.

§ 16 Abs 2 lit c und § 99 Abs 3 lit a StVO

3.

§ 16 Abs 2 lit a und § 99 Abs 3 lit a StVO

4.

§ 9 Abs 1 und § 99 Abs 3 lit a StVO

5.

§ 9 Abs 6 und § 99 Abs 3 lit a StVO

 

Deshalb wurde über den Berufungswerber Geldstrafen in Höhe von 1. bis 3.) jeweils Euro 70,00, EFS jeweils 24 Stunden und 4. und 5.) jeweils Euro 50,00, EFS jeweils 18 Stunden, sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung erhoben. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Behörde in der Begründung knapp halte und vollinhaltlich die Aussage des Zeugen und Anzeigers W. E. übernehme, ohne die Angaben vom Beschuldigten ausreichend in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Es erscheine verwunderlich, dass der Version des Anzeigers automatisch mehr Wahrheitsgehalt zugebilligt werde und die Rechtfertigung des Beschuldigten schlichtweg als Schutzbehauptung abgetan werde. Schließlich könnten Umstände, die den Beschuldigten entlasten würden, nicht einfach unberücksichtigt bleiben. Es gehe nicht an, dass aufgrund einer emotionsgeladenen, lediglich subjektiv indizierten Anzeige eines etwas älteren Verkehrsteilnehmers, der im Übrigen selbst die Regeln der StVO missachtet habe, indem er den Beschuldigten im Straßenverkehr behindert habe, derart hohe Geldstrafe einseitig verhängt werden, ohne die beiden Aussagen einer objektiven Prüfung unterzogen zu haben. Richtig sei lediglich, dass der Beschuldigte am 19.07.2003 gegen 9 Uhr mit seinem PKW auf der Arlbergersatzstraße in Richtung Landeck unterwegs gewesen sei. Es habe dichter spurender Verkehr, der sich mit ca 60 km/g fortbewegt habe. Vor dem Beschuldigten sei der Zeuge W. mit seinem PKW gefahren. Ein ordnungsgemäßes Überholmanöver habe der Zeuge zwei Mal vereitelt, indem er sein Fahrzeug nach links ausgeschert habe, sobald der Beschuldigte zum Überholmanöver angesetzt habe. Dieser Streckenabschnitt sei weder mit Bodenmarkierungen noch mit einem Überholverbot versehen gewesen. Dies behaupte der Zeuge lediglich in seiner Aussage vor der Gendarmerie Landeck am 19.07.2003 ohne dies auch belegen zu können. Erst drei Monate später wolle der Zeuge dann sicher sein, auf welchem Straßenkilometer sich die Vorfälle ereignet haben sollen. Der Beschuldigte habe bereits in seiner Rechtfertigung eingeräumt, dass er, nachdem ihn der Zeuge geradezu auf Schritt-Tempo abgebremst habe, er seinen PKW

links am Zeugen W. vorbei über die Sperrlinie gelenkt habe. Dass der Zeuge W. seinen PKW stark abgebremst habe, sei angesichts der Tatsache, dass er seine Digitalkamera in Position habe bringen müssen, um Fotos anfertigen zu können, auch nicht weiter verwunderlich und sei es der Zeuge W., der durch dieses Abbremsmanöver andere Verkehrsteilnehmer akut gefährdet habe. Von einem grob fahrlässigen Verhalten des Beschuldigten könne keine Rede sein. Vielmehr sei es dem Beschuldigten zu verdanken, dass es aufgrund seiner Geistesgegenwart zu keiner Kollision gekommen sei. Warum nun die Behörde dem Beschuldigten eine zweimalige Übertretung des § 16 Abs 2 lit a StVO zur Last lege, sei nicht nachvollziehbar, da lediglich bei dem ebengenannten Überholmanöver die Sperrlinie durch den Beschuldigten überfahren worden sei. Ebenso verhalte es sich mit der Behauptung des Zeugen, der Beschuldigte habe andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, indem er beim wiedereinordnen brutal schlingerte. Ein Verstoß gegen § 16 Abs 1 lit c StVO könne daher nicht erblickt werden, zumal auch auf dem Beweisfoto zu sehen sei, dass es für den Beschuldigten einwandfrei erkennbar sei, dass ein Einordnen seines Fahrzeuges nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung der anderen Straßenverkehrsteilnehmer möglich sei, denn schließlich erfolge der Überholvorgang auf einer übersichtlichen Gerade, ohne Gegenverkehr und gezwungenermaßen in geringem Tempo. Die von der Behörde angenommene Verstoß gegen § 9 Abs 6 StVO liege auch nicht vor. Selbst unter Zugrundelegung der von der Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen könne eine Anwendbarkeit dieser Norm nicht erblickt werden, da zu keiner Zeit keine Rede davon gewesen sei, dass sich der Beschuldigte irgendwelchen Richtungspfeilen gemäß eingeordnet hätte und daher verpflichtet gewesen wäre, im Sinne dieser Richtungspfeile seine Weiterfahrt fortzusetzen. Es werde beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen in eventu von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzus

ehen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt.

 

Aufgrund dessen steht fest, dass der Berufungswerber als Lenker eines Fahrzeuges ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen ?Überholen verboten? gekennzeichnet ist, bei km 6,420 und bei km 6,020 rechtswidrigerweise links überholt hat (Spruchpunkt 1. bis 3.) und bei km 6,020 verbotenerweise die Sperrlinie überfahren hat (Spruchpunkt 4.).

 

Weiters steht fest, dass das Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auf der B 316 Arlberg Ersatzstraße von km 5,41 (Ortende Strengen) bis km 6,94 in beiden Fahrtrichtungen verboten ist. Die entsprechenden Verkehrszeichen sind in Richtung Landeck zwischen km 7,38 und 5,41 mehrfach angebracht (unbestritten).

 

So ist aus dem erstinstanzlichen Akt zu entnehmen, dass die Anzeige auf die Wahrnehmungen des Zeugen E. W. beruht. Dieser gab an, dass er am 19.07.2003 um 9.00 Uhr seinen PKW von St. Anton Richtung Landeck gelenkt habe. Er sei dabei von Flirsch in Richtung Strengen in einer Kolonne mit einer Geschwindigkeit von ca 70 bis 75 km/h gefahren. Im Bereich der Scheiterau, wo die unübersichtlichen Kurven seien und die Höchstgeschwindigkeit 80 km/h betrage, habe der Lenker des PKW Audi, beigefarben, Kennzeichen XY mehrere Fahrzeuge hinter ihm überholt. Dabei habe er eine Notbremsung machen müssen, dass es gequietscht habe und sich weitere Verkehrsteilnehmer dadurch in hoher Gefahr befunden haben. Zu dieser Zeit, es sei 9.07 Uhr gewesen, sei es wiederum zu Gegenverkehr gekommen. Der Gegenverkehr habe dabei zwar nicht abbremsen müssen, aber die Kolonne in seiner Richtung habe ihm wieder das Einordnen ermöglichen müssen. Dabei haben mehrere Fahrzeuge abbremsen müssen. Auf diesem Straßenstück bestehe ein Überholverbot und Bodenmarkierungen, mit Sperrlinien und Einbiegespuren, sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h. Da die Geschwindigkeit der Kolonne ca 75 km/h gewesen sei, habe der Lenker dabei die Geschwindigkeit erheblich überschritten. Durch dieses rücksichtslose Fahrverhalten des Lenkers seien er und andere Verkehrsteilnehmer mehrfach genötigt worden, die Geschwindigkeit zu verringern, um das Einordnen zu ermöglichen. Sie seien auch auf das Höchste gefährdet worden. Er habe beim Überholvorgang auf Höhe der Schlosserei Spiss in Strengen mit einer Digitalkamera mehrere Fotos angefertigt, die er später ausdrucke und zur Verfügung stelle. Derselbe Fahrer habe dann auch weiterhin bis zur nächsten Baustelle alle Fahrzeuge dieser Kolonne überholt. Er selbst sei dann in Pians über die Bundesstraße weiter gefahren.

 

Weiters ist dem Akt zwei Fotos zu entnehmen, aus der unter anderem erkennbar ist, dass der Berufungswerber mit seinem PKW auf der linken Fahrbahn - auf die Abbiegefahrspur des Gegenverkehrs ? fährt.

 

Der Zeuge W. gab am 20.10.2003 ergänzend an, dass er zum tatgegenständlichen Zeitpunkt mit seinem PKW auf der Arlbergersatzstraße B316 von St. Anton nach Landeck gefahren sei. Im Bereich der sogenannten ?Scheiterau? habe er im Rückspiegel beobachten können, wie der zur Anzeige gebrachte Fahrzeuglenker mehrere Kraftfahrzeuge überholt habe. Die Kurven im tatgegenständlichen Bereich seien teilweise unübersichtlich. Aufgrund des herannahenden Gegenverkehrs habe sich der Überholer dann so schnell wie möglich wieder auf dem rechten Fahrstreifen einordnen müssen. Der Fahrzeuglenker habe sich direkt hinter seinem Fahrzeug eingeordnet, wobei er im Rückspiegel zweifelsfrei beobachten habe können, dass das Fahrzeug beim Wiedereinordnen brutal geschlingelt habe. Den herannahenden Gegenverkehr habe der zur Anzeige gebrachte Fahrzeuglenker am Beginn des Überholvorgangs nicht sehen können. Da die Fahrzeugkolonne mit ca 70 bis 75 km/h unterwegs gewesen sei, und in diesem Bereich eine 80 km/h Beschränkung bestehe, habe der angezeigte Lenker mit Sicherheit auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit während des Überholvorganges überschritten. Den genauen Straßenkilometer könne er momentan nicht angeben. Er werde sich jedoch bei der Rückfahrt nach St. Anton den genauen Straßenkilometer der Übertretungen notieren und diesen dann telefonisch der Behörde mitteilen. Zu diesem Überholvorgang führe er noch aus, dass sich der Überholer aufgrund des herannahenden Gegenverkehrs mit Gewalt wieder auf die rechte Spur zurückzwängen habe müssen. Er habe Angst gehabt, dass ihn dieser PKW hinten auffahre. Aufgrund des herrschenden Gegenverkehrs habe dann dieser Fahrzeuglenker hinter ihm bleiben müssen. Auf Höhe der Schlosserei ?Spiss? habe ihm dann dieser Fahrzeuglenker überholt. In diesem Bereich bestehe ein gekennzeichnetes Überholverbot, ebenfalls befinde sich dort eine Sperrlinie. Zudem sei der Überholvorgang auf der Abbiegespur Richtung Strengen/Verill durchgeführt worden. Da er zu diesem Zeitraum ebenfalls mit einer Geschwindigkeit von ca 75 km/h gefahren sei und dort eine 80 km/h Beschränkung bestehe, habe der Überholer wiederum die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten. Nach der Ortschaft Strengen habe er von diesem Fahrzeug neuerlich ein Foto angefertigt. Das Kennzeichen sei zweifelsfrei ablesbar. In weiterer Folge auf der Fahrtrichtung Landeck habe er beobachten können, dass dieser Fahrzeuglenker noch weitere Überholvorgänge durchgeführt habe.

 

Weiters teilte der Zeuge W. telefonisch am 30.10.2003 mit, dass der Lenker den ersten Überholvorgang bei Strkm 6,420 (Einfahrt zum Lager der Firma ?Siegl?) und den zweiten Überholvorgang ca bei Strkm 6,020 (auf Höhe der Schlosserei ?Spiess?) durchgeführt habe.

 

Die Berufungsbehörde geht nach Abwägung der vorliegenden Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen davon aus, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat. Die Angaben des Zeugen W. sind sehr ausführlich, widerspruchsfrei und schlüssig. Außerdem kann die Berufungsbehörde nicht erkennen, weshalb er eine ihm unbekannte Person der Begehung der hier in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen beschuldigen sollte, wenn er diese nicht tatsächlich begangen hätte.

 

Demgegenüber ist es dem Berufungswerber nicht gelungen, seine Verantwortung glaubhaft darzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt die Auffassung vertreten, dass die Partei nicht von der Verpflichtung befreit ist, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränkt, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterlässt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt. Die Behörde ist nicht verpflichtet, aufgrund bloßer Behauptungen, die in keiner Weise näher konkretisiert sind, aufwendige Ermittlungen durchzuführen (VwGH vom 21.02.1991, Zl 91/09/9015).

 

Der Berufungswerber räumt im gegenständlichen lediglich ein, dass er seinen PKW an den Zeugen W. links vorbei über die Sperrlinie lenkte. Ansonsten beschreibt der Berufungswerber vor allem das Fahrverhalten des Zeugen W. und bestreitet die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen.

 

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass sein Vorbringen nicht geeignet ist, ihn zu entlasten. Auch wenn der Zeuge W. sein Fahrzeug verlangsamt bzw abgebremst oder sich sonst selbst rechtswidrig verhalten haben sollte, ändert dies nichts an den rechtswidrigen Überholvorgängen des Berufungswerbers.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auf dem vom Zeugen W. vorgelegten Lichtbild eindeutig zu erkennen ist, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug auf die Abbiegespur des Gegenverkehrs lenkte und damit das Fahrzeug des Zeugen W. überholte.

 

In rechtlicher Hinsicht erfolgt daraus folgendes:

 

Gemäß § 16 Abs 2 lit a StVO darf - außer in den im Abs 1 angeführten Fällen - der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen ?Überholen verboten? gekennzeichnet sind, nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist.

 

Gemäß § 16 Abs 1 lit c StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges darf nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Die Tatbestände des § 16 Abs 1 und Abs 2 StVO schließen sich einander nicht aus. Im Abs 1 wurden alle jene Überholverbote aufgenommen, die von allen Fahrzeugen unter allen Umständen zu beachten sind, während im Abs 2 dieser Gesetzesstelle jene Überholverbote enthalten sind, die entweder nur für Lenker bestimmter Fahrzeuge gelten oder bei denen Ausnahmen zulässig sind (siehe Grundtner, Die österreichische Straßenverkehrsordnung, Bd I, Entscheidungen zu § 16, E8). Insofern ist für jeden Verstoß gegen diese beiden Bestimmungen eine eigene Strafe zu verhängen.

 

Gemäß § 9 Abs 1 StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs 2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

 

Sperrlinien stellen ein absolutes Gebot dar, weil sie nicht überfahren werden dürfen, gleichgültig ob sie die Fahrstreifen entgegengesetzter oder gleicher Fahrtrichtung voreinander trennen. Eine Sperrlinie ist bereits dann überfahren, wenn nur mit einem Rad auf ihr gefahren wird (vgl Messiner, StVO, 10.Aufl., § 9, 2.).

 

Ausgehend von obigen Feststellungen ist in Anbetracht der geltenden Rechtsvorschriften zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Berufungswerber die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist auszuführen, dass die Bestimmung des § 9 Abs 1 StVO eine Ordnungsvorschrift ist, deren Verletzung ein Ungehorsamsdelikt darstellt (vgl VwGH vom 02.10.1991, Zl 91/03/0186). Ist - wie im gegenständlichen Fall - der objektive Tatbestand eines solchen Deliktes erfüllt, dann hat der Täter gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dies ist dem Berufungswerber gegenständlichenfalls nicht gelungen. Das oben wiedergegebene Vorbringen des Berufungswerbers im Verwaltungsstrafverfahren ist zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht geeignet.

 

Was den Rechtsstandpunkt des Berufungswerbers betrifft, dass eine zweimalige Abstrafung des Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 16 Abs 2 lit a StVO zu Unrecht erfolgt sei, ist anzumerken, dass es sich beim zweiten Überholmanöver um einen selbständigen weiteren Überholakt gehandelt hat. Das erste Überholmanöver erfolgte bei km 6,420, bei der der Berufungswerber mehrere Fahrzeuge überholte und sich unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Zeugen W. einordnete; damit beendete er den ersten Überholvorgang. Dass er sein Überholvorgang beendet hat, findet seinen Ausdruck darin, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug nach dessen Vorbeibewegen an einem langsamer fahrenden Fahrzeuge wieder auf den rechts gelegenen Fahrstreifen hinübergewechselt hat (vgl VwGH vom 21.09.1983; Zl 82/03/0272).

 

Sodann erfolgte bei km 6,020 ein weiterer Überholvorgang, wobei der Berufungswerber das Fahrzeug des Zeugen W. überholte. Gemäß § 22 VStG mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Im Verwaltungsstrafverfahren gilt somit das Kumulationsprinzip.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich, da diese Norm der Sicherheit aller auf der Fahrbahn jenseits der Sperrlinie befindlichen Verkehrsteilnehmer und insbesondere des Gegenverkehrs dient. Diesem Interesse hat der Berufungswerber zweifelsfrei zuwidergehandelt.

 

Was die Strafbemessung betrifft, ist Folgendes auszuführen:

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 726,00 zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Vorschriften verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Allgemein bekannt ist, dass das unrechtmäßige Überholen die im Straßenverkehr bestehenden Gefahren erheblich erhöht und dies auch die Unfallursache für Unfälle mit schwerwiegenden Folgen sind. Insofern ist von einem erheblichen Unrechtsgehalt der Tat auszugehen. In subjektiver Hinsicht ist zumindest von grobe Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Als mildernd wurde nichts, als erschwerend wurde gewertet, dass der Berufungswerber bereits zahlreich wegen Übertretung der StVO bestraft wurde.

 

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungskriterien erscheinen die von der Erstbehörde festgesetzten Strafen als keinesfalls unangemessen hoch. Vielmehr sind die verhängten Geldstrafen schuld- und tatangemessen und war deren Verhängung aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um ihn künftig von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Zu Spruchpunkt 5.:

 

Gemäß § 9 Abs 6 StVO haben Lenker, sofern auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt Richtungspfeile angebracht sind, ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen. Die Lenker von Fahrzeugen müssen jedoch auch dann im Sinne der Richtungspfeile weiterfahren, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben. Radfahrer und Fahrzeuge des Kraftfahrlinienverkehrs können durch Hinweiszeichen von der Verpflichtung des Einordnens nach Richtungspfeilen befreit werden; sie haben sich entsprechend den Hinweiszeichen zu verhalten.

 

Dem Tatvorwurf, einen PKW überholt und dabei die Linksabbiegespur benützt zu haben, sowie danach wieder auf den rechten Fahrstreifen zurückgelenkt zu haben, fehlt das  wesentliche Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 9 Abs 6 StVO, nämlich ein Einordnen auf die Linksabbiegespur. So gilt ein kurzes verkehrsbedingtes Hinüberwechseln, wie das kurze Befahren eines anderen Fahrstreifens im Zuge eines Überholmanövers mit einem zweispurigen Fahrzeug, nicht als Einordnen nach § 9 Abs 6 StVO (so auch Entscheidung des UVS Steiermark vom 27.01.1997, 30.6-7/97).

 

Insofern war das Verfahren zu Spruchpunkt 5. einzustellen.

Schlagworte
Tatvorwurf, PKW, Überholt, Linksabbiegespur; benützt, fehlt, wesentliche, Tatbestandsmerkmal, Einordnen, Hinüberwechseln
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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