TE UVS Steiermark 2004/08/18 43.19-14/2004

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Veröffentlicht am 18.08.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung von Frau H P gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Voitsberg vom 17.06.2004, GZ.: 4.1 10/97, wie folgt entschieden:

Aus Anlass der Berufung wird der Bescheid ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) §§ 78 Abs 2, 79 c Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO)

Text

Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Voitsberg vom 17.04.1998, GZ.: 4.1- 10/97, in Verbindung mit dem Berichtigungsbescheid des Bezirkshauptmannes von Voitsberg vom 05.05.1998 wurde auf Antrag der Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Berufungswerberin festgestellt, dass es sich bei der gastgewerblichen Betriebsanlage auf dem Standort P, M, um eine den § 359 b GewO in Verbindung mit § 1 Z 1 der Verordnung unterliegende Anlage handelt. Mit diesem Bescheid wurden insgesamt neun Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen vorgeschrieben. Mit Aufträgen 8. und 9. wurde wie folgt vorgeschrieben: 8. Die Tür zum Cafe ist während der Betriebszeiten ständig geschlossen zu halten und darf nur zum Betreten und Verlassen des Lokals geöffnet werden. Ein unbeabsichtigtes Offenhalten ist durch geeignete technische Maßnahmen zB mechanischer Selbstschließer zu verhindern. 9. Das Lokal darf täglich von 9.00 bis 23.00 Uhr betreiben werden. Im August 2003 wurde die gegenständliche gastgewerbliche Betriebsanlage von der nunmehrigen Berufungswerberin, H P, übernommen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg stellte Frau P am 22.09.2003 den Antrag auf Abänderung der Auflage Nr. 8 des Bewilligungsbescheides vom 17.04.1998. Weiter wurde in der aufgenommen Niederschrift wie folgend ausgeführt: Die Betreiberin der Anlage beantragt nunmehr die Auflage dahingehend abzuändern, dass die Eingangstüre während des Tagesbetriebes geöffnet gehalten werden darf und erst ab 19.00 Uhr geschlossen gehalten wird. Diese Änderung ist deshalb erforderlich, da die straßenseitige Fenstereinheit nicht geöffnet werden kann und eine ausreichende Lüftung des Lokals durch eine mechanische Lüftungsanlage derzeit nicht gewährleistet ist. Auf Basis des von der Behörde erster Instanz beauftragten schalltechnischen Gutachtens vom 04.03.2004 sowie dem darauf aufbauenden medizinischen Gutachten vom 13.04.2004 hat der Bezirkshauptmann von Voitsberg mit Bescheid vom 17.06.2004 wie folgt ausgesprochen:

Gemäß § 78 Abs 2 in Verbindung mit § 333 der Gewerbeordnung 1994 idgF wird die Auflage Nr. 8 des Genehmigungsbescheides vom 17.04.1998 wie folgt geändert:

Die Eingangstüre zum Lokal darf während des Tagesbetriebes geöffnet gehalten werden und muss ab 19.00 Uhr geschlossen gehalten werden.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte H P aus, dass sie um Erlaubnis um Öffnung der Eingangstüre bis 22.00 Uhr angesucht habe. Laut amtsärztlichem Gutachten sowie laut der Projektsbeschreibung im schalltechnischen Gutachten sei die Öffnung der Eingangstür im Zeitraum von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr nicht als störend anzunehmen bzw als störend zu betrachten.

Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 i.d.g.F. hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall - Zurückverweisung wegen Mangelhaftigkeit- sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 67d Abs 2 Z 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung entfallen. Gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 idgF hat die Behörde auf Antrag von der Verpflichtung der Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes dann Abstand zu nehmen, wenn es außer Zweifel steht, dass die Abweichungen die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringern. Die Behörde hat die Zulässigkeit der Abweichungen mit Bescheid auszusprechen.

Gemäß 79 c sind die nach §§ 77, 79 oder 79 b vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.

Die Berufungswerberin beantragte die Abänderung der Auflage 8 des Bewilligungsbescheides vom 17.04.1998. Bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 79 c GewO 1994 idgF - Aufhebung oder Abänderung von Auflagen - handelt es sich so wie auch bei einer Genehmigung nach § 78 Abs 2 leg cit - Abstandnahme von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes - um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Die Behörde ist einem solchen Verfahren an den Inhalt des Parteiantrages gebunden. Es ist ihr nicht frei, abweichend vom Inhalt des dem Verfahren zugrunde liegenden Antrages etwa entsprechend ihrer vom Parteiantrag abweichenden Rechtsansicht eine Genehmigung gemäß § 79 c oder eine Genehmigung nach § 78 Abs 2 leg cit zu erteilen bzw zu versagen (vergleiche sinngemäß VwGH 18.06.1996, Zahl: 96/04/0043). Des Weiteren ist es der Behörde auch verwehrt, mehr oder etwas anderes zu bewilligen als vom Genehmigungswerber beantragt wurde (vergleiche VwGH vom 10.12.1996, Zahl: 96/04/0140). Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Antrag auf Abänderung einer Auflage zugrunde, somit ein Antrag gemäß § 79c der Gewerbeordnung 1994. Die Behörde erster Instanz jedoch hat ein Verfahren gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 geführt und somit über etwas anderes entschieden, als beantragt wurde. Darüber hinaus wäre auch in einem Verfahren nach § 78 Abs 2 GewO 1994 dem Antrag der Erfolg versagt geblieben, zumal ein Verfahren nach § 78 Abs 2 GewO 1994 nicht dazu dient, eine in einem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vom Inhaber der Betriebsanlagengenehmigung unbekämpft gebliebene oder erfolglos bekämpfte Auflage nachträglich zu beseitigen oder durch eine andere Vorschreibung zu ersetzen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (siehe unter anderem Erkenntnis vom 29.01.1991, Zahl: 90/04/0198) hat der Inhaber der Betriebsanlagengenehmigung keine rechtliche Möglichkeit das von ihm im Genehmigungsverfahren allenfalls angestrebte aber versagt gebliebene Ergebnis im Wege eines Verfahrens nach § 78 Abs 2 GewO 1994 zu erreichen. Der Berufungsbehörde ist es gemäß § 66 Abs 4 AVG 1991 verwehrt, in Abänderung des gemäß § 78 Abs 2 GewO 1994 ergangenen erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides eine Genehmigung nach § 79c leg cit zu erteilen. Die Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG verpflichtet die Berufungsbehörde zur Entscheidung in der Sache, das bedeutet eine Einschränkung der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde dahingehend, dass nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat, Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Die Berufungsbehörde darf daher sachlich nicht über mehr oder über etwas anderes entscheiden als Gegenstand der Entscheidung der Unterbehörde war. Die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache im Sinne des § 66 Abs 4 AVG ist nicht jene, welche in der Unterinstanz in Verhandlung war, sondern die, die durch den Spruch des Bescheides der Unterinstanz begrenzt ist (vergleiche die bei Walter Thiennel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, 1998, Seite 1264 und folgende wiedergegebene Judikatur). In diesem Sinne war daher der Bescheid zu beheben, mit dem Hinweis, dass über den Antrag von H P betreffend Abänderung der Auflage 8 des zitierten Bewilligungsbescheides noch abzusprechen sein wird.

Schlagworte
Betriebsanlage Auflage Abänderung antragsbedürftig Genehmigung Gegenstand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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