TE UVS Wien 2004/08/20 03/P/34/6340/2002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 1.7.2003 auf Grund der Berufung von Herrn Ing. Kurt H gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat W vom 3.6.2002, GZ. S 11304/W/02, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs 5 StVO 1960, entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatort zu lauten hat ?W-Gürtel vor der Kreuzung mit der A-straße".

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20,10 Euro zu bezahlen, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe.

Text

Der Berufungswerber ist wg. Nicht-Anhaltens vor einer Haltelinie vor einer durch Lichtzeichen geregelten Kreuzung, die im Tatzeitpunkt rot gezeigt hat, bestraft worden.

Die Bundespolizeidirektion Wien erließ gegen den Berufungswerber diesbezüglich ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

?Sie haben am 20.12.2001 um 15.45 Uhr in Wien, W-Gürtel Rtg. A-straße mit dem Kfz. mit dem Kz. W-24 das Rotlicht der Verkehrslichtanlage nicht beachtet, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 38/5 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie

folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von ? 105,00

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

105 Stunden

Freiheitsstrafe von

gemäß § 99/3a StVO

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) und gemäß § 5a Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu zahlen:

? 10,05 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe [je einem Tag Freiheitsstrafe werden gleich 15,00 ?

angerechnet],

als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher ? 115,05"

In der dagegen erhobenen Berufung wird ausgeführt, in der verfahrenseinleitenden Anzeige sei weder der Standort des Meldungslegers noch der Lichtsignalanlage, deren Lichtzeichen er nicht beachtet haben solle, angegeben. An der gegenständlichen Kreuzung würden sich zwei Lichtsignalanlagen befinden, eine am rechten Fahrbahnrand Richtung Tangente, eine am Fahrbahnteiler. Im erstinstanzlichen Verfahren habe der Meldungsleger angegeben, sich an seinen damaligen Standort nicht mehr zu erinnern und diesbezüglich die Standorte entweder W-Gürtel 1a oder 2 genannt, wo er einen ?Verkehrsschwerpunkt" durchgeführt habe. Die mit den Onr. W-Gürtel 1a oder 2 möglicherweise gemeinten Objekte würden eine Länge von 37 m (1a) bzw. 28 m (2) aufweisen. Von beiden Objekten aus sei eine gleichzeitige Feststellung des Lichtzeichens, der Haltelinie und des Kfz-Kennzeichens in nur sehr geringen Bereichen überhaupt möglich und dies auch nur bei einer mehr als geringen Fahrzeugfrequenz. Im Tatzeitpunkt könne von einer geringen Verkehrsfrequenz aber nicht ausgegangen werden. Der Meldungsleger habe völlig unkonkrete und unrichtige Angaben gemacht und nicht einmal die Farbe des Kfz angegeben. Bei einer genauen und eindeutigen Festlegung seines Beobachtungsstandortes würden seine Behauptungen einfach zu widerlegen sein, da die behauptete Übertretung nur in ganz geringen Bereichen der genannten Objekte möglich sei. Es fehle eine Feststellung, in welcher Ampelphase er in die Kreuzung eingefahren sein solle. Ein Rechtsabbiegen bei Rot sei realistisch nicht möglich, da dort doppelte Fahrgeleise der Straßenbahn zu überqueren seien und dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem Unfall führen würde. Einschlägige Vormerkungen habe er nicht und sei die Strafe im Hinblick auf seinen Notstandshilfebezug von 500 Euro unangemessen hoch.

Zu der am 1.7.2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ist der Berufungswerber nicht erschienen. Der Anzeigeleger RvI Christian Ho hat folgende Zeugenaussage gemacht:

?Auch ohne Vorhalt meiner Anzeige kann ich auf Grund des mir jetzt angegebenen, damals von mir angezeigten Tatorts aussagen, dass ich damals im Kreuzungsbereich W-Gürtel/A-str., und zwar in Fahrtrichtung A23, ca. 10 m vor dem Schutzweg über den W-Gürtel, gestanden bin.

Befragt zur dortigen Onr: Der Standort ist vor W-Gürtel 1a. In diesem Bereich ist der S-bhf. Ob der S-bhf. die Onr. 1a hat, weiß ich nicht. Die diesbezügliche Onr. habe ich einmal von einem Plan abgelesen.

Im gegenständlichen Kreuzungsbereich kommt es häufiger zu Plateauverstellungen. Aus diesem Grunde wird diese Kreuzung im Rahmen von Verkehrsschwerpunkten überwacht. Da achtet man besonders auf Rotlichtfahrer, weil diese zu Plateauverstellungen beitragen bzw. wird auch auf das Einhalten der Bodenmarkierungen geachtet.

Vor dem gegenständlichen Schutzweg gibt es eine Haltelinie. Ich stehe regelmäßig 1-2 m vor dieser Haltelinie und kann ich von diesem Standort die beiden Ampelanlagen, eine Hänge- und eine Ständeranlage, einsehen. Meist konzentriere ich mich auf die Hängeampel.

Die Ampel ist für den Rechtsabbiege- und den Geradeausverkehr ident geschaltet. Die Ampelschaltung für Rechtseinbieger ist mit einem solchen Polster zum Querverkehr von der P-Straße eingerichtet, dass die ersten ?Bei-Rot-Rechtseinbieger" noch vor dem Querverkehr einbiegen können, zumal der Querverkehr da erst den W-Gürtel mit seinen sechs Fahrspuren überfahren muss. Wäre der Bw bei Rot hingegen geradeaus über die Kreuzung gefahren, wäre er wohl eher auf den Querverkehr (nämlich von der A-straße) getroffen und wäre es dann für den Bw schwieriger gewesen, noch vor dem Querverkehr über die Kreuzung zu fahren.

Nach Vorhalt der Anzeige und der Stellungnahme: Ich kann mich an den Vorfall heute nicht mehr erinnern.

Wenn ich in meiner Stellungnahme als möglichen Standort neben W-Gürtel 1a auch W-Gürtel 2 angegeben habe, so ist dies der Standort auf der anderen Seite des Schutzweges, der vor der gegenständlichen Kreuzung über den W-Gürtel führt, maW. auf der anderen Straßenseite[des W-Gürtels].

Die Ampelschaltung ist für beide Fahrtrichtungen des W-Gürtels ident.

Über Vorhalt des Planes: Ich sehe auch von der anderen Straßenseite [von W-Gürtel 2] auf die Hängeampel für den Straßenverkehr am W-Gürtel Richtung A23. Ich bin da sicher auf derselben Seite des Schutzweges [davor und nicht dahinter] gestanden wie oben geschildert, d.h. ungefähr auf Höhe der Haltelinie auf der gegenüberliegenden Fahrbahnhälfte (Richtung A23) ,und sieht man auch von dort auf die Hängeampel, die ungefähr über der Mitte der Richtungsfahrbahn Richtung A23 hängt.

Der W-Gürtel ist in diesem Bereich von Fahrbahnrand zu Fahrbahnrand in etwa 16 m breit. Es ist durchaus möglich, ein Kennzeichen über diese Distanz einwandfrei abzulesen. Falls das Fahrzeug rechts abgebogen ist (dies wird in der Berufung angegeben), musste der Bw ja auch bis zur Mitte der Kreuzung vorfahren und konnte man dann das Kennzeichen im Zuge des Rechtseinbiegens gut ablesen. Dasselbe gilt sinngemäß für das Geradeausfahren. Das Kennzeichen habe ich sicher erst im Bereich des Kreuzungsplateaus abgelesen und ist das dort gut möglich.

Der Bw muss sich im Anzeigezeitpunkt wohl alleine im Kreuzungsplateau befunden haben.

Auch der Einwand des Bw, dass ein Rechtseinbiegen über die dortigen Straßenbahngleise mit Sicherheit zu einem Unfall führen würde, stimmt nicht, wie ich bereits oben im Hinblick auf den Querverkehr ausgeführt habe. Es stimmt aber auch nicht hinsichtlich der Straßenbahn im Verlauf des W-Gürtels, weil diese dann genauso wie der KFZ-Verkehr [am W-Gürtel] rot hat."

Aus dem eingeholten Verordnungsakt der MA 46 ? V 4 ? 2351/86 ergibt sich, dass die gegenständliche Haltelinie am W-Gürtel gegenüber ONr. 2 mit Verordnung vom 24.9.1986 angeordnet worden ist. Aus dem zusätzlich eingeholten Fahrbahnmarkierungsplan des Kreuzungsbereiches W-Gürtel/Astraße MA 46-8 212/26, ergibt sich, dass der W-Gürtel in Fahrtrichtung A-straße über vier Fahrstreifen (drei geradeaus, einer für Rechtsabbieger) verfügt. Diese Fahrbahnmarkierungen enden mit einer vor dem Kreuzungsbereich angebrachten, für alle vier Fahrstreifen einheitlichen Haltelinie. Zwischen dieser Haltelinie und

der Einmündung der Querstraße (A-straße) führt ein Schutzweg vom rechten Fahrbahnrand des W-Gürtels zu einem zwischen den Richtungsfahrbahnen des W-Gürtels gelegenen Fahrbahnteiler und von dort zur anderen Straßenseite des W-Gürtels (W-Gürtel Onr. 2), wo die P-Straße einmündet.

Es steht fest:

Der Berufungswerber lenkte seinen Mercedes mit dem Kennzeichen W-24 am 20.12.2001 gegen 15.45 Uhr auf dem W-Gürtel in Richtung Kreuzung mit der A-straße. Der Sicherheitswachebeamte RvI Christian Ho befand sich entweder auf dem rechten oder linken Straßenrand des W-Gürtels auf Höhe der Haltlinie vor der Kreuzung mit der A-straße. Von dort konnte er sowohl die betreffende Haltelinie, als auch die über der Kreuzung hängende automatische Verkehrslichtsignalanlage, als auch den Kreuzungsbereich (?Plateaubereich") einsehen. Er konnte beobachten, wie der Berufungswerber die vor der Kreuzung angebrachte Haltelinie bei Rot überfuhr. Zu einer besonderen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ist es dadurch nicht gekommen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Zeugenaussage des Meldungslegers vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 1.7.2003. Sie bot keinen Anhaltspunkt für die behauptete unrichtige Anzeigelegung. Der Berufungswerber ist diesen Angaben nicht entgegengetreten, ist er doch zur Verhandlung gar nicht erschienen.

Konnte ein Sicherheitswachebeamte das von ihm angezeigte Geschehen von jedem der nach dem Beweisverfahren in Frage kommenden mehreren Standorte einwandfrei beobachten, ist sein genauer Standort unerheblich.

Dies trifft nach dem Beweisverfahren auf die beiden vom anzeigelegende Sicherheitswachebeamten genannten, etwa auf gleicher Höhe beiderseits der Straße gelegenen Standorte zu. Sein genauer Standort war daher nicht entscheidungswesentlich. Der Umstand, dass ein Sicherheitswachebeamter mehr als zwei Monate nach dem Tatzeitpunkt von mehreren zur Anzeigeerstattung geeigneten Standorten nicht mehr den allein richtigen angeben kann, bedeutet keineswegs, dass er davon gar keinen eingenommen hat.

Der Berufungswerber konnte auch sonst keine Umstände aufzeigen, die konkret gegen die Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes sprechen.

Der Einwand, ein Rechtsabbiegen bei Rot sei faktisch auszuschließen, weil es dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem Unfall mit einer geradeaus fahrenden Straßenbahnen gekommen wäre, ist unschlüssig, wenn auch diese Rot hatte.

Ist auf Grund der Ampelschaltung ein je nach weiterer Fahrstrecke des Berufungswerbers unterschiedlicher, aber noch ausreichender ?Polster" vorhanden, um einen Zusammenstoß mit dem Querverkehr zumindest vermeiden zu können, könnte sich nur aus vom Beschuldigten konkret anzuführenden Angaben zum Zeitpunkt seines Einfahrens in die Kreuzung die behauptete Unmöglichkeit der Tatbegehung ergeben.

Solche Angaben wurden hier aber nicht gemacht.

Einem Sicherheitswachebeamten ist es zuzutrauen, nach einem von ihm beobachteten, durch Grünblinken angekündigten Umspringen der Ampel auf Rot das Kennzeichen eines auf ihn zufahrenden, in nicht allzu großer Entfernung die vor der Kreuzung angebrachte Haltelinie überfahrenden Fahrzeugs richtig aufzuschreiben.

Auch ein Ablesefehler hat sich also nicht ergeben.

Beim Vorwurf des Überfahrens der Haltelinie bei Rotlicht ist eine Anlastung des konkret benützten Fahrstreifens entbehrlich, soweit die Ampelphasen und Haltelinien für alle Fahrstreifen gleich sind. Dies traf hier zu.

Der Tatort war somit lediglich im Sinne einer Verdeutlichung des Kreuzungsbereiches spruchgemäß zu umschreiben.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 38 Abs 5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für ?Halt".

Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen

unbeschadet der Bestimmungen des Abs 7 und des § 53 Z 10a an den im Abs 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Nach § 38 Abs 1 lit a StVO 1960 haben die Lenker herannahender Fahrzeuge, wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie anzuhalten.

Die gegenständliche Kreuzung war durch Lichtzeichen geregelt und war vor dieser Kreuzung eine Haltelinie vorhanden, die auf einer ausreichenden straßenpolizeilichen Anordnung (Verordnung) beruht. Der Berufungswerber war daher nicht berechtigt, die betreffende Haltelinie bei rotem Ampelsignal zu überfahren. Er hat keinerlei Gründe dafür angegeben, warum er die betreffende Vorschrift missachtet hat.

Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG ist es ihm daher nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Er durfte daher zu Recht bestraft werden.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 134/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer u. a. als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist. Jedes Missachten des Lichtzeichens ?rotes Licht" ist in erhöhtem Maß geeignet, Belange der Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen, auch wenn sich eine vom Berufungswerber für den Fall der Richtigkeit des Tatvorwurfs behauptete akute Gefährdung anderer Straßenbenützer nicht ergeben sollte.

Die Ausführung des Berufungswerbers lassen keine bloß geringe Sorgfaltswidrigkeit erkennen. Auch der Schuldgehalt ist somit nicht gering.

Der Berufungswerber ist nach dem nicht konkret bestrittenen Akteninhalt im Tatzeitpunkt rechtskräftig wg. insgesamt drei Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960, somit einschlägig, vorgemerkt gewesen. Dieser Umstand ist als erschwerend zu berücksichtigen. Sonstige Erschwerungs- oder Milderungsgründe haben sich nicht ergeben.

Trotz der vom Berufungswerber angegebenen sehr ungünstigen finanziellen Verhältnisse (Notstandshilfe im Ausmaß von 500 Euro monatlich) ist die Verhängung einer Strafe von rund 15 % der Strafobergrenze bei einem mehrfach einschlägig vorgemerkten Kfz-Lenker noch nicht überhöht, zumal die bisherigen, rund halb so hohen Bestrafungen offenbar nicht geeignet waren, den Berufungswerber von weiteren Übertretungen der StVO 1960 abzuhalten.

Somit war seiner Berufung keine Folge zu geben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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