TE UVS Wien 2004/08/25 03/P/34/6285/2004

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.2004
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung des Herrn Anyi T gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23.6.2004, Zl. S 101121/J/04, mit welchem über den ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch gegen die Strafverfügung zur selben Zahl entschieden wurde, wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die zu Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von 30 Euro auf 15 Euro und die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von

30 Stunden auf 4 Stunden und die zu Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von 30 Euro auf 15 Euro und die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden auf 23 Stunden herabgesetzt werden.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von insgesamt 6 Euro auf insgesamt 3 Euro herabgesetzt.

Die am 7.6.2004 von 11.15 Uhr bis 11.55. Uhr erlittene Vorhaft wird gemäß § 19a VStG mit dem Betrag von 2,78 Euro auf die unter Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe angerechnet, sodass die zu Spruchpunkt 1) verbleibende Geldstrafe mit 12,22 Euro und die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 3 Stunden 20 Minuten festgesetzt wird.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Mit Strafverfügung vom 9.6.2004 wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am 7.6.2004 von 11.10 Uhr bis 11.15 Uhr in Wien, U6-Station B 1) durch unmotiviertes Schreien, wodurch Leute aufmerksam geworden seien, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und 2) durch wildes Gestikulieren mit den Händen, trotz vorausgegangener Abmahnung sich gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen habe wollen, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert und dadurch Übertretungen des 1) § 1/1/2 WLSG und 2) § 82/1 SPG begangen. Über den Berufungswerber wurden wegen dieser Übertretungen gemäß § 1 Abs 1 WLSG (Spruchpunkt 1) und gemäß § 82 Abs 1 SPG (Spruchpunkt 2) zwei Geldstrafen von je 70 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen Ersatzfreiheitsstrafen von je 70 Stunden verhängt. Die erlittene Vorhaft wurde gemäß § 19a VStG mit einem Betrag von 1 Euro auf die unter Punkt 1) der Strafverfügung verhängte Geldstrafe angerechnet.

Dagegen hat der nunmehrige Berufungswerber fristgerecht Einspruch erhoben und vorgebracht, er sei auf dem Heimweg von einem Lebensmittelgeschäft gewesen, als ihn einige unbekannte Männer bei der U-Bahn Station aus nicht nachvollziehbaren Gründen in einen Streit zu verwickeln versucht hätten. Er habe damit nichts zu tun haben wollen und versucht, sich von denselben zu entfernen. Als nach kurzer Zeit die Polizei eingetroffen sei, seien

die unbekannten Männer davon gerannt und die Polizisten hätten ihn festgehalten. Er sei verständlicherweise aufgeregt gewesen und habe versucht, den Polizisten die Situation zu erklären. Aufgrund der Sprachbarrieren habe sich dies jedoch als nicht so einfach erwiesen. Der Berufungswerber ersuchte um eine Ermahnung, da es eine erstmalige Verwaltungsübertretung gewesen sei. Sollte dem nicht stattgegeben werden, so ersuche er um Herabsetzung des Strafbetrages auf ein Minimum, da er mittelloser Asylwerber sei. Dem Einspruch beigelegt war ein Schreiben des Vereins O, womit bestätigt wurde, dass der Berufungswerber seit 18.12.2003 in diesem Verein untergebracht ist und betreut wird. Er bekomme Nahrungsmittel, Kleidung und Hygieneartikel, 40 Euro Taschengeld pro Monat und eine Monatsmarke für die öffentlichen Verkehrsmittel.

Mit Bescheid vom 23.6.2004 hat die Erstbehörde diesem nur gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafen auf je 30 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 30 Stunden herabgesetzt worden sind. Dem Berufungswerber wurde ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 % des Strafbetrages auferlegt. Die erlittene Vorhaft wurde mit 1 Euro auf die zu Punkt 1 verhängte Strafe angerechnet.

In der vorliegenden, fristgerecht erhobenen Berufung wiederholt der Berufungswerber sein Einspruchsvorbringen und führt weiters aus, es sei ihm bis zu diesem Vorfall nicht klar gewesen, was seine verbale Lautstärke ausrichte könne. Dies sei ihm jetzt durch seinen Betreuer nochmals erklärt und klar gemacht worden. Leider sei ihm das zum damaligen Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, und da er aus einem anderen Kulturkreis komme und noch nicht so lange in Österreich sei, sei er mit den kulturellen Verhaltensweisen in Österreich noch nicht so vertraut, da lautes Diskutieren und Gestikulieren in seinem Kulturkreis nicht so aufgefasst werde wie in Österreich.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 des Wiener Landessicherheitsgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 700 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

Gemäß § 82 Abs 1 des Sicherheitspolizeigesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse am Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarer Lärmbelästigung bzw. am ungehinderten Ablauf von Amtshandlungen. Der Unrechtsgehalt der Übertretungen war daher nicht gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen und es kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Nach dem vorliegenden Akteninhalt war der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was als mildernd zu werten war. Erschwerungsgründe sind nicht zutage getreten.

In Anbetracht dieser Strafzumessungskriterien und der bekannt gegebenen schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers erschien es gerechtfertigt, die Strafen auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen. Dabei wurden auch die vom Berufungswerber dargelegten Umstände, die zu den gegenständlichen Übertretungen geführt habe, und die in der Berufung gezeigte Schuldeinsicht, sowie der Umstand, dass der Berufungswerber ein Jugendlicher ist, berücksichtigt. Die nunmehr festgesetzten Strafen stellen für den Berufungswerber immer noch einen deutlichen wirtschaftlichen Nachteil dar und erscheinen daher ausreichend, um ihn von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen in Hinkunft wirksam abzuhalten. Einer weiteren Herabsetzung der Strafen standen generalpräventive

Überlegungen entgegen.

Mangels Vorliegens der dafür erforderlichen Voraussetzungen kam eine Anwendung des § 21 VStG, wonach die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, nicht in Betracht. Gemäß § 19a Abs 1 VStG sind die verwaltungsbehördliche und eine allfällige gerichtliche Verwahrungs- oder Untersuchungshaft auf die zu verhängende Strafe insoweit, als sie nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet worden sind, anzurechnen, wenn sie der Täter

1.

wegen der Tat, für die er bestraft wird, oder

2.

sonst nach der Begehung dieser Tat wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung

erlitten hat.

Für die Anrechnung der Vorhaft auf in Geld bemessene Unrechtsfolgen ist gemäß § 19a Abs 3 VStG die an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend.

Die Anrechnung einer erlittenen Vorhaftzeit hat bei einer Mehrzahl hiefür in Betracht kommender, an die Stelle unterschiedlicher in Geld bemessener Unrechtsfolgen tretender Ersatzfreiheitsstrafen hinsichtlich jener Ersatzfreiheitsstrafe zu erfolgen, aus der sich der

für den Beschuldigten günstigste (höchste) Geldbetrag errechnet. Die Anrechnung der Vorhaftzeit von 40 Minuten hatte daher hinsichtlich der neu bemessenen Ersatzfreiheitsstrafe zu Spruchpunkt 1) zu erfolgen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten