TE UVS Wien 2004/11/18 03/P/34/7934/2004

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Veröffentlicht am 18.11.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger aufgrund der Berufung von Herrn Herbert P, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, MBA 2, vom 30.8.2004,

MBA 2 ? S 7571/04, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs 2 Z 4 Meldegesetzes 1991:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG die Verfahrenseinstellung verfügt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Berufungskostenbeitrag zu bezahlen.

Text

Der Berufungswerber ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D-GmbH dafür bestraft worden, dass diese als Unterkunftgeber einem Herrn Dura B, geboren 20.1.1952, am 5.9.2002 den Meldezettel für dessen (unrichtigen) Wohnsitz in Wien, H-kai (D) unterfertigt habe.

Der Spruch des Straferkenntnisses lautet:

?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der D-GmbH mit Sitz in L, Zweigniederlassung Wien, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unterkunftgeber in Wien, H-kai (D) am 5.9.2002 den Meldezettel des Hrn. Dura B, geb. 20.1.1952 für diesen Wohnsitz unterfertigte, obwohl Sie Grund zur Annahme hatten, dass der Betroffene diese Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche bezieht.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 22 Abs 1 Ziffer 2 Meldegesetz 1991

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von EUR 50,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden gemäß § 22 Abs 1 Meldegesetz 1991

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

EUR 5,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 55,--."

Mit Berufung wird eingewendet, die D-GmbH habe sämtliche Schiffe der A-GmbH per 30.6.2002 erworben.

Damit seien gemäß § 3 Abs 1 AVRAG die Dienstverhältnisse der Bediensteten der genannten Firma A auf die D-GmbH

übergegangen, und zwar per 1.7.2004 (gemeint wohl 1.7.2002). Unter den auf die D-GmbH übergegangenen Dienstverhältnisse seien auch die des ehemaligen Geschäftsführers der Firma A, eines Herrn Norbert Ba, und des gegenständlichen Herrn B gewesen. Herr Ba sei auch nach Übergang der Dienstverhältnisse vorerst weiter für das übergegangene Personal zuständig geblieben, somit auch für Herrn Dura B. In dieser Eigenschaft habe Herr Ba ohne Kenntnis des Berufungswerbers den Meldezettel für Herrn Dura B ausgefüllt, in dem die D-GmbH unrichtig als Unterkunftgeber angegeben worden sei, und diesen Meldezettel auch unterfertigt, ohne überhaupt für die D-GmbH zeichnungsberechtigt gewesen zu sein. Bei Kenntnis durch den Berufungswerber hätte er die Unterfertigung derartiger Schriftstücke für die D-GmbH durch Herrn Ba untersagt. Dieser sei bereits per 30.9.2002 aus der Firma ausgeschieden. Die gegenständliche falsche Meldung sei ohne seine Kenntnis und ohne Zeichnungsberechtigung des tätig gewordenen ehemaligen Mitarbeiters abgegeben worden. Es sei ihm daher weder ein vorwerfbares Verhalten noch ein Organisationsverschulden anzulasten. Von der betreffenden unrichtigen Unterfertigung habe der Berufungswerber erst im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, das heißt lange nach Ausscheiden des Herrn Ba, erfahren.

Aus dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt einliegenden Auszug aus dem zentralen Melderegister ergibt sich, dass Herr Dura B, geboren am 20.1.1952, jugoslawischer Staatsangehöriger, im Zeitraum vom 26.2.2002 bis 5.9.2002 mit der Adresse  K, D-lände (Firma A) und ab dem 5.9.2002 (bis zumindest 28.5.2004) an der Adresse der D-GmbH, Wien, H-kai jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen ist.

Der Berufungswerber bestreitet gar nicht, dass die gegenständliche Anmeldung an der Adresse der D-GmbH, Wien, H-kai nicht ohne Wissen und Willen, sondern sogar mit Unterschrift eines (damaligen) Arbeitnehmers der D-GmbH erfolgt ist, und hat diesbezüglich einen Herrn Norbert Ba, der per 30.9.2002 aus der D-GmbH ausgeschieden sei, als jene Person bezeichnet, die ohne sein Wissen, gegen seinen Willen und jedenfalls ohne Zeichnungsbefugnis gehandelt habe. Unstrittig ist, dass Herr Dura B an der angegebenen Adresse in Wien, H-kai niemals Unterkunft genommen hat. Unstrittig ist weiters, dass die Anmeldung des Herrn Dura B an der genannten Adresse per 5.9.2002 durch die Unterschrift eines Arbeitnehmers der D-GmbH auf dem Meldezettel des genannten Herrn B ermöglicht worden ist.

Es wird daher als erwiesen festgestellt, dass Herr Dura B, offenbar Kapitän der vom Berufungswerber organschaftlich vertretenen D-GmbH, per 5.9.2002 mit Hauptwohnsitz an der von ihm nicht als Unterkunft benutzten Adresse der D-GmbH in Wien, H-kai angemeldet worden ist, und diese Anmeldung durch eine von einem Arbeitnehmer der D-GmbH auf dem der Meldebehörde vorgelegten Meldezettel angebrachte Unterschrift ermöglicht worden ist

Es wurde erwogen:

Gemäß § 22 Abs 2 Z 4 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992 in der im Tatzeitpunkt gültigen Fassung BGBl. I Nr. 28/2001, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360,- Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 1.090,- Euro zu bestrafen, wer einen Meldezettel als Unterkunftgeber unterschreibt, obwohl er Grund zur Annahme hat, dass der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

Gemäß § 1 Abs 2 Meldegesetz 1991 in der obigen Fassung ist Unterkunftgeber, wer jemandem, aus welchem Grunde immer, Unterkunft gewährt.

Gemäß § 3 Abs 1 Meldegesetz 1991 in der obigen Fassung ist, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.

Gemäß § 7 Abs 1 Meldegesetz 1991 in der obigen Fassung trifft die Meldepflicht den Unterkunftnehmer.

Gemäß § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 in der obigen Fassung hat der Unterkunftgeber alle vom Meldepflichtigen unterfertigten Meldezettel unter leserlicher Beifügung seines Namens zu unterschreiben. Die Unterschrift als Unterkunftgeber hat zu verweigern, wer Grund zur Annahme hat, dass der Betroffene die Unterkunft tatsächlich nicht bezogen hat oder nicht innerhalb einer Woche beziehen wird.

Die Bestimmung des § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 verlängert nicht dem meldepflichtigen Unterkunftnehmer die zur Anmeldung zur Verfügung stehende Frist von drei Tagen ab Unterkunftnahme, sondern seinem Unterkunftgeber jene zur Unterfertigung des Meldezettels auf bis zu eine Woche vor der nach den jeweiligen Umständen des Falles billigerweise zu erwartenden Unterkunftnahme des Meldepflichtigen.

Die wenngleich auf das Tätigwerden einer bestimmten physischen Person bezogene Bestimmung des § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 schließt es weder allein noch in Verbindung mit der Definition des Unterkunftgebers nach § 1 Abs 2 Meldegesetz 1991 aus, dass die unterschriftsleistende physische Person bloß die einer juristischen Person als Unterkunftgeberin obliegenden Pflichten erfüllt. Handelt es sich beim Unterkunftgeber um eine juristische Person, trifft die Verpflichtung des § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 den, der die Unterkunftgeberin als juristische Person organschaftlich vertritt oder

für ihr Handeln als verantwortlicher Beauftrage Verantwortung trägt. Das Tatbild einer Übertretung nach § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 iVm § 22 Abs 2 Z 4 Meldegesetz 1991 erschöpft sich darin, dass seitens der Unterkunftgeberin ein Meldezettel unterschrieben wird, obwohl diese bei gehöriger Sorgfalt nach den jeweiligen Umständen des Falles Grund zur Annahme gehabt hätte, dass der Betroffene die Unterkunft weder bereits bezogen hat noch innerhalb einer Woche nach Unterschriftleistung beziehen werde, ausgenommen diese Annahme erwiese sich - wider pflichtgemäßes Erwarten - als unrichtig und der Meldezettel daher als objektiv richtig.

Das Delikt des § 8 Abs 1 Meldegesetz 1991 iVm § 22 Abs 2 Z 4 Meldegesetz 1991 ist somit bereits in jenem Zeitpunkt vollendet, in dem seitens der Unterkunftgeberin die Unterschrift auf einem subjektiv und (ex post gesehen) objektiv unrichtigen Meldezettel geleistet worden ist, vermag doch der allfällige spätere Eintritt eines

wie ein Strafaufhebungsgrund wirkenden Umstandes (fristgerechte Unterkunftnahme durch die im Meldezettel als Meldepflichtiger bezeichnete Person wider pflichtgemäßes Erwarten des Unterkunftgebers) nichts an einer bereits zuvor eingetretenen Strafbarkeit des Unterkunftgebers zu ändern.

Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Die strafbare Tätigkeit (Unterschriftsleistung auf einem objektiv ? und wohl auch subjektiv - unrichtigen Meldezettel seitens des Unterkunftgebers) war hier spätestens am 5.9.2002, dem Datum der Anmeldung des Herrn Dura B am unrichtigen Hauptwohnsitz in Wien, H-kai, abgeschlossen.

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Die betreffende Verwaltungsübertretung wurde der Erstbehörde erst durch Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien, Donaudienst vom 28.5.2002 bekannt, d.h. rund eineinhalb Jahre nach Abschluss der strafbaren Tätigkeit,.

Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG (6 Monate) ist jegliche Verfolgungshandlung unzulässig. Das angefochtene Straferkenntnis war somit zu beheben und gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG die Verfahrenseinstellung zu verfügen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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