TE UVS Tirol 2004/12/15 2004/29/016-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Theresia Kantner über die Berufung des Herrn D. M., XY-Straße, K., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B. H., XY-Straße, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 01.06.2004, Zahl VK-18567-2003, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 43,60, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 19.10.2003 um 19.00 Uhr in Kundl, A 12 Inntalautobahn bei km 24,3 in Richtung Innsbruck (Westen) als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XY/XY mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t an diesem Sonntag innerhalb von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr Straßen mit öffentlichem Verkehr verbotenerweise befahren.

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs 2 StVO iVm § 99 Abs 2a StVO begangen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 2a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 218,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Vertreter Berufung erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass von dem Fahrverbot gemäß § 42 Abs 2 StVO an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr jene Fahrten ausgenommen sind, die ausschließlich der Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln dienen. Im gegenständlichen Fall seien vom Beschuldigten 24 Tonnen Glucose transportiert worden und handle es sich bei Glucose um ein leicht verderbliches Gut. Diese Ansicht sei auch vom Verlader der Absenderfirma bestätigt worden und sei der Beschuldigte ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Temperatur des Tanks konstant über 50 Grad C gehalten werden müsse, da Glucose bei einer Temperatur von unter 45 Grad C kristallisieren würde. Dies sei auch eindeutig aus dem Fahrauftrag hervorgekommen.

 

Der Beschuldigte habe zwar sein Fahrzeug am Wochenende angehalten, um seine Ruhezeiten einzuhalten, als er jedoch bemerkt habe, dass die Temperatur unter 45 Grad C drohte herabzusinken, sei er sodann noch vor Ende des gegenständlichen Wochenendfahrverbotes wieder weitergefahren, um den Tank auf Temperatur zu halten. Da der Beschuldigte im Glauben gewesen sei, dass es sich um eine leicht verderbliche Ware im Sinne des § 42 Abs 3 StVO gehandelt habe, könne ihm ein Verschulden nicht vorgeworfen werden.

 

Es wurde weiters beantragt, eine Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums darüber einzuholen, ob Glucose unter den Begriff ?leicht verderblich? im Sinne des § 42 Abs 3 StVO falle.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass der erstinstanzliche Bescheid mangelhaft begründet sei und sei auch die Strafbemessung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Es wurde beantragt, das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

 

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Akt, den Frachtbrief vom 17.10.2003, das Schreiben der F. T. Transport GmbH und Co KG vom 01.09.2004 samt Skizze sowie das Gutachten der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 16.11.2004. Darüber hinaus fanden am 01.09.2004 und am 13.12.2004 mündliche Berufungsverhandlungen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol statt. Der Beschuldigte ist zu beiden Verhandlungen trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen.

 

Nachstehender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Der Beschuldigte lenkte am Sonntag, den 19.10.2003 um 19.00 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY/XY (Deckkennzeichen) auf der Inntalautobahn A 12 im Gemeindegebiet von Kundl aus Richtung Wörgl kommend in Richtung Westen (Innsbruck). Bei Strkm 24,3 erfolgte die Anhaltung des Beschuldigten durch Rev Insp A. Bei dem vom Beschuldigten gelenkten Sattelkraftfahrzeug handelt es sich um ein solches mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen.

 

Auf der A 12 Inntalautobahn besteht für Schwerfahrzeuge über 7,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht von Samstag 15.00 Uhr bis Sonntag 22.00 Uhr sowie an gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr ein Fahrverbot.

 

Bei dem vom Beschuldigten beförderten Gut handelte es sich um Glucose. Bei Glucose in reiner Form handelt es sich um farb- und geruchlose, süß schmeckende Kristalle. Als Monohydrat weist Glucose einen Festpunkt von 83 Grad bis 86 Grad C auf, in wasserfreier Form schmilzt Glucose unter Zersetzung bei 146 Grad C. Aufgrund der Angaben des Beschuldigten ist davon auszugehen, dass es sich beim transportierten Gut um hochkonzentrierte, wässrige Lösung von Glucose gehandelt hat.

 

Für den Fall, dass Glucose im Tank kristallisiert, ist die Ware dadurch noch nicht als verdorben zu beurteilen. Dadurch wird lediglich eine technologische Eigenschaft (durch den Übergang von flüssig zu fest) derart verändert, dass die Ware nicht mehr (genügend) problemlos umgefüllt bzw abgeladen werden kann. Die Notwendigkeit einer chemischen Reinigung bei bereits kristallisierter Glucose im Tank ist daraus nicht ableitbar. Durch entsprechendes nachträgliches Aufheizen des Tankinhaltes ist jedenfalls ? nach einer gewissen, mitunter längeren Zeitspanne ? mit einer Wiederverflüssigung, das heißt mit einem Wiederauflösen der Kristalle zu rechnen. Ein (hochkonzentrierter) Glucosesirup ist aus mikrobiologischer Sicht nicht als leicht verderblich einzustufen, weshalb die vom Beschuldigten transportierte Glucose nicht als leicht verderbliches Lebensmittel einzustufen war.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass die Temperatur des Glucosetanks zum Tatzeitpunkt bzw kurz davor drohte, auf unter 45 Grad C bzw unter 50 Grad C herabzusinken.

 

Die Feststellungen betreffend Tatort, Tatzeit, der Person des Beschuldigten sowie des von ihm gelenkten Fahrzeuges ergeben sich aus der Anzeige der Autobahnkontrollstelle Kundl vom 19.10.2003, Zahl A/8239/03-Amr, ebenso dass vom Beschuldigten Glucose transportiert wurde. Für die Behörde hat sich keine Veranlassung ergeben, die Richtigkeit dieser Feststellungen in Zweifel zu ziehen, da es dem Meldungsleger als Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen ist, dass er verwaltungsstrafrechtlich relevante Sachverhalte richtig und vollständig wahrzunehmen und wiederzugeben vermag. Es wäre auch unerfindlich, welche Umstände den Meldungsleger veranlasst haben sollten, den Berufungswerber in derart konkreter Weise falsch zu beschuldigen, zumal er im Falle bewusst unrichtiger Anzeigeerstattung mit massiven disziplinären und auch strafrechtlichen Folgen rechnen müsste. Dieser Sachverhalt wird vom Beschuldigten selbst auch nicht bestritten.

 

Die Feststellungen betreffend der Beschaffenheit der Glucose sowie der Einstufung als nicht leicht verderbliches Lebensmittel ergeben sich aus der Stellungnahme der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 16.11.2004.

 

Die Negativfeststellung betreffend des Absinkens der Tank-Temperatur war deshalb zu treffen, da die diesbezügliche Behauptung des Beschuldigten von diesem nicht belegt wurde und die Behörde sohin von einer reinen Schutzbehauptung ausgegangen ist.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 42 Abs 2 StVO ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbst fahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.

 

Gemäß § 99 Abs 2a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von Euro 218,00 bis Euro 2.180,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer aufgrund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass der Beschuldigte am Sonntag, den 19.10.2003 um 19.00 Uhr mit einem Sattelkraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t betrug, auf der A 12 Inntalautobahn gefahren ist. Der Beschuldigte hat sohin gegen die Bestimmung des § 42 Abs 2 StVO verstoßen und hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Gemäß § 42 Abs 3 StVO sind von dem in Abs.2 angeführten Verbot Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres oder mit selbst fahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.

 

Bei der vom Beschuldigten beförderten Ladung handelte es sich um Glucose. Aufgrund der Stellungnahme der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in Innsbruck steht fest, dass es sich bei Glucose nicht um ein leicht verderbliches Lebensmittel gemäß § 42 Abs 3 StVO handelt. Aus diesem Grund fiel die Fahrt des Beschuldigten auch nicht unter die Ausnahmebestimmung der genannten Gesetzesbestimmung.

 

§ 5 (1) VStG: Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Der Beschuldigte vermochte im gegenständlichen Verfahren auch nicht darzulegen, dass ihn kein Verschulden an gegenständlicher Verwaltungsübertretung trifft. Diesbezüglich bringt der Beschuldigte lediglich vor, dass er der Ansicht gewesen sei, dass es sich bei der von ihm transportierten Glucose um ein leicht verderbliches Lebensmittel gehandelt hat, was ihm auch von seinem Verlader in Frankreich bestätigt worden sei. Dem Beschuldigten sei insbesondere mitgeteilt worden, dass die von ihm transportierte Glucose nicht auf eine Temperatur von unter 50 Grad herabfallen dürfe.

 

Weiters gab der Beschuldigte anlässlich seiner Anhaltung am 19.10.2003 an, dass er von seinem Chefdisponenten, Herrn B., den Auftrag erhalten habe, die Fahrt vor 20.00 Uhr zu beginnen, damit er noch vor 22.00 Uhr über den Brenner komme. Der von ihm gelenkte LKW samt Ladung sei bereits das gesamte Wochenende beim Autohof ?L.?

abgestellt gewesen.

 

Aus diesen Ausführungen vermochte die Berufungsbehörde kein mangelndes Verschulden des Beschuldigten ableiten.

 

Zum einen wurden vom Beschuldigten keinerlei Beweise dafür erbracht, dass die Temperatur des Tankes nicht unter 50 Grad C hätte herabsinken dürfen und konnte dies mangels Bekanntgabe der Konsistenz auch vom Gutachter nicht nachvollzogen werden. Zum anderen war dem Beschuldigten aufgrund des Fahrauftrages (Frachtbrief) bereits bewusst, dass die Ladung nicht mehr vor dem Wochenende nach Italien (Turin) verbracht werden konnte, da der Beschuldigte als Fahrer ja auch seine Wochenendruhezeiten einhalten musste, und was er ja auch offensichtlich tat. Für die Berufungsbehörde ist es auch nicht nachvollziehbar und unwahrscheinlich, dass nach einer Standzeit über das gesamte Wochenende gerade einmal 3 Stunden vor Ablauf des Wochenendfahrverbotes die Temperatur des Tanks auf unter 50 Grad C herabgesunken sein soll, was zudem vom Beschuldigten in keinster Weise belegt werden konnte. Die Berufungsbehörde ging diesbezüglich daher von einer Schutzbehauptung des Beschuldigten aus. Zudem wurde dem Beschuldigten nach der Anhaltung die Weiterfahrt bis 22.00 Uhr untersagt und dennoch konnte offensichtlich am nächsten Tag die Entladung der Glucose ohne Probleme erfolgen (siehe Frachtbrief vom 17.10.2003). Dass die Glucose durch das Stehen über den weiteren Zeitraum von rund drei Stunden verdorben worden wäre, wird vom Beschuldigten nicht einmal behauptet und wäre auch aufgrund der Ausführungen im Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH nicht nachvollziehbar.

 

Zu berücksichtigen ist auch, dass ab 22.00 Uhr auf der Brennerautobahn die erhöhte Nachtmaut zu bezahlen gewesen wäre und geht die Berufungsbehörde aufgrund der Angaben des Beschuldigten, dass er von seinem Disponenten den Auftrag erteilt bekommen hätte, noch vor 22.00 Uhr über den Brenner zu fahren, davon aus, dass durch das frühere Wegfahren des Beschuldigten nicht ein Abkühlen der Tanktemperatur, sondern das Bezahlen der höheren Nachtmaut verhindert werden sollte.

 

Der Beschuldigte wäre auch verpflichtet gewesen, sich bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft darüber zu informieren, ob es sich bei dem von ihm transportierten Gut tatsächlich um ein leicht verderbliches Lebensmittel gehandelt hat oder nicht, zumal es ihm als widersprüchlich auffallen hätte, müssen, dass trotz des Transportes eines leicht verderblichen Gutes die Ladung über ein ganzes Wochenende stehen gelassen wurde. Die entsprechenden Erkundigungen hat er jedoch offensichtlich unterlassen, weshalb er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Aufgrund des Umstandes, dass über den Beschuldigten bereits die Mindeststrafe verhängt worden ist, war auf die Strafzumessungsgründe nicht weiter einzugehen und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glucose, nicht, leicht, verderbliches, Lebensmittel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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