TE UVS Wien 2005/01/27 MIX/42/285/2005

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Mag. Dr. Tessar  über die Berufung der Frau Hanna P gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Budget, Logistik und Infrastruktur, vom 16.11.2004, Zl. 7213/04, mit welchem der Antrag auf Bestimmung der Gebühren der vorgelegten Gebührennote vom 20.10.2004 gemäß § 53a und b AVG iVm § 38 Abs 1 GebAG zurückgewiesen wurde, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid vom 16.11.2004 behoben.

Text

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ist eine zur GZ UVS-MIX/42/285/05 protokollierte Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Budget, Logistik und Infrastruktur, vom 16. November 2004, Zl. 7213/04, anhängig, mit welchem der Antrag der Berufungswerberin auf Bestimmung der Gebühren der gleichzeitig vorgelegten Gebührennote vom 20. Oktober 2004 gemäß § 53a und b AVG iVm § 38 Abs 1 GebAG zurückgewiesen worden ist.

Aus dem der Berufung beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass die Berufungswerberin eine Gebührennote für ihre Dolmetschtätigkeit vom 20.10.2004, von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr, gestellt hatte, welche am 5.11.2004 bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangt ist.

Laut Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wien, Kriminaldirektion 2, vom 20.10.2004, z.Zl. 4Kr/338357/2004, wurde Herr Peter J, von 10.20 Uhr bis 12.10 Uhr unter Beiziehung der Dolmetscherin für die englische Sprache, Frau Hanna P, einvernommen. Diese Einvernahme erfolgte aufgrund eines Verdachtes des gewerbsmäßigen Suchtmittelhandels durch Peter J. Diese Einvernahme erfolgte nicht aufgrund einer gerichtlichen Aufforderung und somit im Dienste der Strafjustiz im Sinne des Art 5 EGVG.

Zu ihrer Rechtfertigung bringt die Berufungswerberin im Berufungsschriftsatz im Wesentlichen vor, dass die Ausschlussfrist des § 38 Abs 1 GebAG bereits vor dem 1. September 2004 gültig gewesen sei und ihr dennoch seit vielen Jahren von der Bundespolizeidirektion Wien sämtliche beantragten Dolmetschgebühren überwiesen worden seien.

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT

ERWOGEN:

Gemäß § 53a Abs 3 AVG steht dem Sachverständigen gegen einen Bescheid, mit dem eine Sachverständigengebühr bestimmt oder über einen Vorschuss entschieden wird, das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu.

Gemäß § 53b AVG findet § 53a Abs 3 AVG in Verfahren Anwendung, in welchen über einen Anspruch eines Dolmetschers auf eine Gebühr i.S.d. Gebührenanspruchsgesetzes abgesprochen wird.

Gemäß § 38 Abs 1 erster Satz GebAG hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

In der Regierungsvorlage zur Stammfassung des Gebührenanspruchsgesetzes, BGBl. Nr. 136/1975, wird zur Bestimmung des § 38 GebAG (vgl. 1336 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR, XIII. GP) ausgeführt wie folgt:

?Der Sachverständige wird seine Gebühr in der Regel gleichzeitig mit der Überreichung des schriftlich erstatteten Gutachtens oder bei der Abgabe des mündlichen Gutachtens schriftlich oder mündlich ansprechen. Dies wird vor allem dann zweckmäßig sein, wenn der Sachverständige nicht weiß, ob seine Tätigkeit vom Gericht im weiteren Verfahren nochmals in Anspruch genommen werden wird. Aus Gründen der Prozessökonomie muss eine Ausschlussfrist gesetzt werden, deren Nichteinhaltung Anspruchsverlust bewirkt. Auf den bei Nichteinhaltung der Frist eintretenden Anspruchsverlust ist der Sachverständige in der Ladung aufmerksam zu machen, damit er vor Rechtsnachteilen geschützt wird."

Gemäß Artikel 5 EGVG sind, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren auch auf die Amtshandlungen sinngemäß anzuwenden, die von den Verwaltungsbehörden im Dienst der Strafjustiz vorzunehmen sind. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht den Parteien im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Wie oben ausgeführt, erfolgte die Einvernahme des verdächtigen Peter J, in deren Zuge die gegenständliche Dolmetschtätigkeit erbracht worden ist, im Dienste der Strafjustiz im Sinne des Art 5 EGVG. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist daher als im Instanzenzug übergeordnete Behörde im Sinne des § 53a Abs 3 AVG anzusehen (vgl. VwGH vom 31.3.1993, Zl. 92/01/0402). Im gegenständlichen Verfahren wurde Frau Hanna P durch die Bundespolizeidirektion Wien als Dolmetscherin für ihre Dolmetschtätigkeit am 20.10.2004, von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr in Anspruch genommen.

Gemäß Art 5 EGVG iVm § 24 VStG iVm § 53b AVG iVm § 53a Abs 3 AVG iVm § 38 Abs 1 GebAG hatte die Berufungswerberin daher binnen 14 Tagen nach Beendigung ihrer Dolmetschtätigkeit eine Gebührennote der Erstbehörde vorzulegen. Tatsächlich langte die für die gegenständliche Dolmetschleistung gelegte Gebührennote erst am 5.11.2004 bei der Erstbehörde ein. Im gegenständlichen Fall wurde durch die Erstbehörde der Antrag der Berufungswerberin unter Hinweis auf die Präklusionsbestimmung des § 38 Abs 1 Gebührenanspruchsgesetz zurückgewiesen. Aus der Begründung des Bescheides ist zu erschließen, dass die Erstbehörde davon ausgeht, dass die gegenständliche Gebührennote nicht binnen 14 Tagen nach Abschluss der Dolmetschtätigkeit vorgelegt worden ist und dass daher die obbezeichnete Präklusionsbestimmung zur Anwendung gelangt.

Aufgrund der von der Erstbehörde erfolgten Zurückweisung des Antrages der Berufungswerberin ist davon auszugehen, dass die Erstbehörde die Präklusionsbestimmung des § 38 Gebührenanspruchsgesetz dahingehend interpretiert hatte, dass durch diese eine Präklusion mit einer formellen Wirkung bewirkt wird, daher eine Präklusion, welche bloß den Verlust der prozessualen Parteistellung bewirkt.

Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind verfahrensrechtliche Fristen von materiell-rechtlichen Ausschlussfristen zu unterscheiden. Gesetzliche Regelungen, die eine Frist für eine Antragstellung "bei sonstigem Verlust" oder "bei sonstigem Anspruchsverlust" vorsehen, normieren materiellrechtliche Fristen. (vgl. VwGH 16.12.2002, 2001/10/0006 und dort angeführte Vorjudikatur)

Zudem qualifizierte der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Frist des § 33 Epidemiegesetz 1950, wonach ein Anspruch bei nicht fristgerechter Antragstellung erlischt, als materiellrechtliche

Frist (vgl. VwGH 23.4.2002, 2000/11/0061).

Auch aus den erläuternden Bemerkungen zu § 38 GebAG ist eindeutig zu ersehen, dass der Gesetzgeber mit dem Eintritt der gegenständlich geregelten Präklusion die Wirkung eines materiellen Anspruchsverlustes verknüpfen wollte.

Die gegenständliche vierzehntägige Frist ist daher als materiellrechtliche Frist zu qualifizieren. Die gegenständliche Präklusionsbestimmung ist daher dahingehend zu qualifizieren, dass durch diese eine Präklusion materiell-rechtlicher Natur bewirkt wird. Mit dem Ablauf dieser Frist verliert die ursprünglich anspruchsberechtigte Person daher ihren materiellrechtlichen Anspruch, nicht aber prozessuale Rechte. In solch einem Falle hat die zur Entscheidung über den Antrag zuständige Behörde diesen Antrag nicht zurück- sondern abzuweisen (vgl. Mayer H., Präklusion und Prozessgegenstand des Berufungsverfahrens, ZfV 1981, 522; Mas B., Die Präklusion im Verwaltungsverfahren und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Licht der Rechtsprechung des EuGH, ÖJZ, 2002, 162f).

Gemäß § 66 Abs 4 AVG ist es der Berufungsbehörde untersagt, einen erstbehördlichen Bescheid, mit welchem ein Antrag zurückgewiesen worden ist, dahingehend abzuändern, dass im Berufungsverfahren über diesen Antrag meritorisch entschieden wird (vgl. VfGH 28.2.1969, Slg 5893, VwGH 25.4.1951, Slg 2066 A, VwGH 18.2.1976, Slg 8991 A, VwGH v. 21.9.1982, 82/05/0084, VwGH 31.1.1985, 84/08/0213, VwGH 14.8.1986, 84/08/0054, VwGH 30.5.2000, 96/05/0148).

Es war daher spruchgemäß der erstbehördliche Bescheid ersatzlos zu beheben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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