TE UVS Steiermark 2005/02/14 30.19-38/2004

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Veröffentlicht am 14.02.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung des Herrn KR J W, vertreten durch die Rechtsanwälte W, R-R, I, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Leoben vom 07.09.2004, GZ.: 15.1 883/2004, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn W als gewerberechtlicher Geschäftsführer und Verantwortlicher gemäß § 370 GewO der E AG zur Last gelegt, auf dem Standort L seit 18.12.2003 eine gemäß § 74 Abs 1 und 2 GewO genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage für das Handelsgewerbe betrieben zu haben. Die Betriebsanlage bestehe aus einem Musterhaus samt Büro und vier Pkw Abstellplätzen. Die Beheizung erfolge mittels Zentralheizung mit gasförmigen Brennstoffen. Die Genehmigungspflicht sei gegeben, da die Betriebsanlage aufgrund ihrer Betriebsweise und Ausstattung jedenfalls geeignet sei, das Leben und die Gesundheit der im § 74 Abs 2 Z 1 GewO genannten Personen zu gefährden, sowie die im § 74 Abs 2 Z 2 GewO angeführten Belästigungen der Nachbarn, insbesondere durch Geruch, Lärm, Rauch und Staub hervorzurufen. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs 1 Z 2 der GewO verletzt und wurde über ihn gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von ? 360,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die vorhandene Zentralheizung mittels gasförmigen Brennstoffen das Musterhaus auf jeden Fall geeignet sei, das Leben oder die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden. Die Tatsache, dass das Musterhaus nur kurzfristig von Kunden zur Besichtigung aufgesucht werde, ändere nichts daran, dass während der Zeit der Besichtigung jedenfalls durch die vorhandene Heizanlage eine Gefährdung möglich sei. Als mildernd wurde nichts, als erschwerend die unterbliebene Reaktion seitens der E AG trotz mehrmaliger Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Leoben gewertet. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung hat Herr W, vertreten durch Rechtsanwälte - Partnerschaft W R-R I, Mangelhaftigkeit des Spruches dadurch, dass eine konkrete Ausführung der Tathandlung nicht angegeben sei, geltend gemacht und inhaltlich ausgeführt, dass die Behörde über allfällige Einwirkungen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen habe. Gerügt wurde ausdrücklich, dass zur Lösung der Rechtsfrage, ob gemäß § 74 Abs 2 Z 2 GewO eine Belästigung der Nachbarn vorliege, keine Sachverständigen beigezogen worden seien. Zur vorhandenen Zentralheizung, welche alleine für die Beurteilung der Genehmigungspflicht herangezogen worden sei, wurde ausgeführt, dass diese selbst nicht der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit diene und im Übrigen, dass es sich um eine übliche Zentralheizung für ein Einfamilienhaus handle, welche auch nicht im Hinblick auf spezielle Bedürfnisse bzw Vorgaben einer Betriebsanlage modifiziert oder adaptiert worden wäre. Es wurde der Antrag gestellt, auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie auf Stattgebung der gegenständlichen Berufung und ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Von der Behörde erster Instanz wurde über Einladung des Unabhängigen Verwaltungssenates als zuständige Berufungsbehörde mit Eingabe vom 08.02.2005 zur Genehmigungspflicht ergänzend wie folgt ausgeführt: Unter Bezugnahme auf die do. Anfrage vom 07.02.2005 wird in der Anlage eine Kopie des Baubewilligungsbescheides des Stadtamtes Leoben vom 13.10.2003 übermittelt.

Daraus geht hervor, dass das ggst.

Musterhaus durch eine Zentralheizung mit gasförmigen Brennstoffen beheizt wird. Es dürfte sich hierbei um eine mit Erdgas beheizte Therme handeln, da im Bescheid der Stadtgemeinde Leoben auf Seite 8 sowie auf Seite 11 jeweils die Stadtwerke Leoben als Gasversorger angeführt sind.

Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Leoben ist die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage jedenfalls aufgrund der bestehenden Gaszentralheizung sowie auf Grund der 4 ebenfalls im Baubewilligungsbescheid angeführten Kundenparkplätze gegeben.

Diese Anlagenteile begründen nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Leoben die Genehmigungspflicht der Gesamtanlage, da sie zumindest grundsätzlich geeignet sind, das Leben sowie die Gesundheit der in § 74 (29 Ziff: 1 GewO 1994 genannten Personen zu gefährden und eventuelle Anrainer gem. § 74

(2) GewO 1994 zu belästigen. Eine konkrete Eignung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Leoben nicht behauptet und ist für das Vorliegen der Genehmigungspflicht gem. den Bestimmungen der Gewerbeordnung auch nicht ausschlaggebend.

Auf Grund der Tatsache, dass im ggst. Objekt Kundenberatungen durchgeführt werden, sowie auf Grund der Tatsache, dass das ggst. Objekt dazu benutzt wird, um es potentiellen Kunden als Musterhaus zu präsentieren, geht die Bezirkshauptmannschaft Leoben davon aus, dass es sich um eine gewerbliche Betriebsanlage handelt. Am 14.02.2005 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teilgenommen hat. Als Zeugen wurden Mag. A L und Mag. C M einvernommen. Weiters wurde während der Verhandlung eine Stellungnahme der Baupolizei Leoben zum Baubewilligungsbescheid des Musterhauses vom 12.10.2003, GZ.: 20 E 12/-2003, eingeholt. Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist von nachstehendem Sachverhalt auszugehen: Auf dem Standort L wird von der E AG, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, ein sogenanntes "Musterhaus" betrieben. Dieses entspricht einem Einfamilienhaus sowohl in Ausstattung als auch in Hinblick auf den Bau. Das Musterhaus verfügt über eine erdgasbefeuerte Zentralheizungsanlage. Dem Objekt vorgelagert sind vier Parkplätze. In der näheren Umgebung des Musterhauses befinden sich keine Wohnobjekte. Dort ist vielmehr ein Industrie- und Gewerbepark angesiedelt. Die Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der einvernommenen Zeugen insbesonders der Mitteilung des Baupolizeiamtes Leoben.

Rechtliche Würdigung: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 24 Abs 1 VStG gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs 1 Z 2 die Genehmigungspflicht selbständig auf der Grundlage des § 74 Abs 2 GewO 1994 idgF zu beurteilen. Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 i.d.g.F. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr.450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z4 lit g angeführten Nutzungsrechte, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen, 4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder 5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, soferne nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist. Das Tatbestandselement nach § 74 Abs 2 ist folglich die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene personenbezogene (§ 74 Abs 2 Z 1 und 2) oder der tätigkeits- bzw sachbereichsbezogene (§ 74 Abs 2 Z 3 bis 5) konkrete Eignung die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (siehe VwGH 16.12.1998, Zahl: 98/04/0056). Dies bedeutet, dass einerseits auf das Emissionsverhalten der in Rede stehenden Anlage, andererseits aber auch auf die konkrete Umwelt, in der sie sich befindet, abzustellen ist. Um beurteilen zu können, ob eine Betriebsanlage unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes der Genehmigungspflicht unterliegt, bedarf es neben der Feststellung der von der Betriebsanlage möglicherweise ausgehenden Einwirkungen auch konkreter Feststellungen über das Vorhandensein von Nachbarn, die durch solche Einwirkungen gefährdet usw werden könnten. Im vorliegenden Fall hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass im näheren Umgebungsbereich zur Betriebsanlage keine Nachbarn, die gefährdet usw werden könnten, liegen, weshalb der Argumentation der Behörde erster Instanz, dass in den der Anlage zugehörigen Betrieb von vier Parkplätzen auch die Genehmigungspflicht begründet liege, nicht nachvollziehbar ist. Der von der Behörde erster Instanz als weiterer und wesentlicher Ansatzpunkt für die Genehmigungspflicht erkannte Betrieb der Zentralheizungsanlage mittels Erdgas, der zu einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, führe, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Es kann nicht erkannt werden, worin durch den Betrieb der erdgasbefeuerten Zentralheizung ein Gefährdungs- oder Belästigungspotenzial gelegen sein soll: eine mit Erdgas betriebene Zentralheizungsanlage ist grundsätzlich nicht geeignet zu Gefährdungen, Belästigungen usw zu führen, weshalb diese für sich allein die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage nicht begründet. Es ist daher davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Schlagworte
Betriebsanlage Genehmigungspflicht Erdgas Zentralheizung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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