TE UVS Tirol 2005/02/23 2004/21/109-1

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Veröffentlicht am 23.02.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Volker-Georg Wurdinger über die Berufung des Herrn B. H., geb XY, XY (im Weiteren kurz Berufungswerber genannt), gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Imst vom 25.11.2004, Zl SI-149-2003, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt Kostenspruch behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Imst vom 25.11.2003, Zl SI-149-2003, wird  dem Berufungswerber vorgeworfen wie folgt:

 

Der Beschuldigte H. B., wohnhaft in XY, hat

1)

am 11.06.2003 1) zwischen 07.30 und 08.00 Uhr und

2)

am 12.06.2003 2) 21.00 und 22.00 Uhr

in seinem Stadel in XY dadurch, dass er die Heubelüftungsanlage in Betrieb genommen hat, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, obwohl ihm laut Bescheid der Gemeinde XY vom 14.06.2002 die Inbetriebnahme der Heubelüftungsanlage täglich in der Zeit zwischen 12.00 und 13.00 Uhr und von 21.00 bis 08.00 Uhr untersagt worden ist.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§ 4 iVm § 1 (1) Landes Polizeigesetz

2)

§ 4 iVm § 1 (1) Landes Polizeigesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschuldigten zu 1) und 2) jeweils gemäß § 4 TLPG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 21,00 (Ersatzarrest jeweils sechs Stunden) unter gleichzeitiger Festsetzung von Verfahrenskosten verhängt.

 

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wird ausgeführt wie folgt:

 

Hiermit lege ich innerhalb offener Frist Berufung gegen das Straferkenntnis vom 25.11.2004, SI- 149-2003, ein.

Gleichzeitig wiederhole ich nochmals meine gegen die Strafverfügung vorgebrachten Argumente.

Wenn es in der Widmungskategorie ?landwirtschaftlichen Mischgebiet? gewisse Lärmgrenzen gibt, können diese Grenzen nicht durch einen Bescheid der Gemeinde XY außer Kraft gesetzt werden. Im Übrigen scheint mir auch das Beweisverfahren mangelhaft zu sein, weil durch keinerlei Messungen belegt ist, dass ich zulässige Lärmgrenzen überschritten haben.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Zl 2004/21/109, sowie in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Imst, Zl SI-149-2003.

 

Aufgrund der aufgenommenen Beweismittel steht folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt fest:

 

Gemäß § 2 Tiroler Landespolizeigesetz kann die Gemeinde, soweit dies nach den örtlichen Gegebenheiten zur Abwehr ungebührlicherweise hervorgerufenen störenden Lärmes erforderlich ist, durch Verordnung zeitliche und örtliche Beschränkungen festlegen.

 

Offensichtlich auf Basis dieser Verordnung hat die Gemeinde XY mit Bescheid vom 14.06.2002, Zl 131-9/2002, dem Berufungswerber persönlich und zwar fälschlicherweise unter Berufung auf § 3 lit b des Tiroler Landes Polizeigesetztes die weitere Benützung bzw Inbetriebnahme einer Heubelüftungsanlage in XY HNr 32 auf Gst 616 mit sofortiger Wirkung täglich von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 21.00 Uhr bis 08.00 Uhr untersagt.

 

Der Bescheid vom 11.06.2002 wurde dem Berufungswerber, dem Gendarmerieposten XY und Herrn B. M., offensichtlich einem Nachbarn im Bereich der Heubelüftungsanlage, zugestellt.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifels und widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt. Feststellungen zum tatsächlichen Verhalten des Berufungswerbers erübrigen sich, da wie noch unten auszuführen sein wird eine rechtsgültige Verordnung gar nicht vorliegt, gegen die der Berufungswerber hätte verstoßen können.

 

Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt zu würdigen wie folgt:

 

Aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 2 des TLPG ist eine Gemeinde prinzipiell ermächtigt, zur Abwehr ungebührlicherweise hervorgerufenen störenden Lärmes zeitliche und örtliche Beschränkungen festzulegen.

 

Ohne auf die Frage einzugehen, ob es sich bei dem als Bescheid bezeichneten Rechtsakt der Gemeinde XY vom 14.07.2002, Zl 131-9/2002, überhaupt um eine Verordnung handelt, ist festzuhalten, dass die Verordnung keinesfalls dem Gesetz entsprechend kundgemacht worden ist.

 

Im Gegensatz zu Bescheiden, die individuelle Rechtsakte darstellen, handelt es sich bei Verordnungen um generelle Rechtsnormen (Allgemeinregelungen) der Verwaltung mit Rechtsverbindlichkeit im Außenverhältnis.

 

Verordnungen können nur in Kraft treten, wenn sie in der im Gesetz vorgesehenen Art und Weise kundgemacht werden.

 

Ortspolizeiliche Verordnungen müssen gehörig kundgemacht werden. Ortspolizeiliche Verordnungen im eigenen Wirkungsbereich haben daher zumindest durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundgemacht zu werden. Eine Zustellung der Verordnung an lediglich zwei Privatpersonen sowie an den Gendarmerieposten der Gemeinde kann keinesfalls als gehörige Kundmachung bezeichnet werden.

 

Daraus ergibt sich, dass die Gerichte die Normen vor ihrer Anwendung auf die Gehörigkeit ihrer Kundmachung hin zu prüfen und sie im Falle nicht gehöriger Kundmachung nicht anzuwenden haben. Prinzipiell sind fehlerhafte Allgemeinregelungen als ungültig zu behandeln.

 

Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst stützt sich somit auf eine nicht gehörige kundgemachte Verordnung der Gemeinde XY vom 14.06.2002 und ist somit mit Rechtswidrigkeit behaftet. Dem Berufungswerber kann schon begrifflich kein Verstoß gegen eine nicht gehörig kundgemachte Verordnung vorgeworfen werden, weil die Verordnung, ganz abgesehen davon, ob es zweifelhaft ist, ob der Bescheid der Gemeinde XY vom 14.06.2002 überhaupt als Verordnung betrachtet werden kann, mangels gehöriger Kundmachung niemals in Kraft getreten ist.

 

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
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Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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