TE UVS Tirol 2005/04/01 2004/K3/005-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 3, bestehend aus dem Vorsitzenden Dr. Klaus Dollenz und die weiteren Mitglieder Dr. Margit Pomaroli und Dr. Alfred Stöbich über die Berufung der Frau D. S., I., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 24.05.2004, Zahl IIa-15.024/3-04, nach der am 01.04.2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird die gegenständliche Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Tirol als Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 346 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994, BGBl Nr 194/94 in der Fassung BGBl I Nr 121/2000 gemäß § 28 Abs 1 Z 1 und Abs 3 der GewO 1994 der Antragstellerin die unbefristete Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Taxigewerbes, beschränkt auf einen PKW, verweigert.

 

In der Begründung wurde ausgeführt, dass entweder der Nachweis der vollen Befähigung erforderlich sei oder der Nachweis einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung in Verbindung mit einem Ausnahmegrund, der die Erteilung der Nachsicht rechtfertige. Beides fehlt bei der Antragstellerin.

 

Die Nachsichtswerberin verfügt über keinerlei theoretische Kenntnisse der Betriebsführung im Personenbeförderungsgewerbe. Sie hat sich zum Vorbereitungskurs auf die Befähigungsprüfung zwar angemeldet, die Prüfung aber nicht abgelegt. Darüber hinaus ist die Antragstellerin seit 02.08.2003 nicht mehr im Taxigewerbe tätig und die verschiedenen Beschäftigungen bei Unternehmen seit dem 01.09.1989 sind zum Großteil als geringfügige bzw als fallweise Beschäftigungen anzusehen.

 

Aufgrund der geringfügigen Verwendungszeiten im Taxigewerbe, die nicht dem Erfordernis einer zumindest 3-jährigen einschlägigen Praxis (zusätzlich zur Konzessionsprüfung) entsprechen sowie aufgrund des Fehlens jeglicher Ausbildung im Bezug auf Kenntnisse im Zivil-, Handels-, Sozial- und Steuerrecht, kaufmännischer und finanzieller Führung des Unternehmens, fachspezifische Vorschriften, technische Normen und technischer Betrieb sowie Straßenverkehrsrecht könne die volle Befähigung der Nachsichtswerberin nicht angenommen werden.

 

Auch ist eine hinreichende tatsächliche Befähigung im Zusammenhang mit einem Ausnahmegrund (Alter, mangelnde Gesundheit oder sonstige in der Person gelegene wichtige Gründe sowie besondere örtliche Verhältnisse) bei der Berufungswerberin nicht gegeben.

 

Die Nachsichtswerberin ist seit 01.09.1989 nur geringfügig bzw fallweise mit langen Unterbrechungen bei Taxiunternehmen beschäftigt und verfügt ansonsten über keinerlei facheinschlägige theoretische sowie kaufmännische Kenntnisse in der selbständigen Führung eines Unternehmens. Der Nachweis über die Teilnahme an den Kursen ?Unternehmertraining? und ?Befähigungskurs Personenbeförderung mit PKW? ersetzt in keiner Weise die Ablegung der Prüfung. Es liege daher auch keine hinreichend tatsächliche Befähigung bei der Berufungswerberin vor. Darüber hinaus ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das berücksichtigungswürdige Alter erst mit 45 Jahren gegeben.

 

Gegen diese Entscheidung wurde rechtzeitig die Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass ein Recht auf Durchführung eines mängelfreien Nachsichtsverfahrens bestehe, auch auf Parteiengehör und Erforschung der materiellen Wahrheit. Auf eine Überprüfung des Ausnahmegrundes sei verzichtet worden und die Berufungswerberin führt aus, dass verschiedene Taxiunternehmer ihrer Meldepflicht bei der Tiroler Gebietskrankenkasse nicht nachgekommen seien. Im besonderen fehle bei der Auflistung das Taxiunternehmen der Firma D., bei welchem die Berufungswerberin nahezu ein Jahr vollzeitig beschäftigt war. Sie beantrage, dass die unbefristete Nachsicht erteilt werde.

 

Aufgrund dieses Vorbringens wurde am 01.04.2005 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer die Berufungswerberin befragt wurde und an der auch ein Vertreter der Tiroler Landesregierung war sowie auch ein Vertreter der Wirtschaftskammer teilgenommen hat. Die Berufungswerberin legte einen Versicherungsauszug der österreichischen Sozialversicherung vor, wo sie über den Zeitraum vom 28.01.2000 bis 21.12.2000 als Arbeiterin bei der Firma Dipl.-Ing. W. D. beschäftigt war. Seitens des Vertreters der Wirtschaftskammer wurde ausgeführt, dass bei der Berufungswerberin nicht nur fehlende Praxiszeiten vorhanden seien, sondern auch das Fehlen der zur Ausübung des Taxigewerbes erforderlichen theoretischen Kenntnisse.

 

Sofern die Gewerbeordnung 1994 oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs 3 oder § 22 Abs 4 GewO 1994 nichts Gegenteiliges bestimmen, ist gemäß § 28 Abs 1 Z 1 GewO 1994 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe nach § 13 GewO 1994 vorliegen.

 

Sofern die Gewerbeordnung 1994 oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs 3 oder § 22 Abs 4 GewO 1994 nichts Gegenteiliges bestimmen, ist gemäß § 28 Abs 1 Z 2 GewO 1994 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 GewO vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

 

Voraussetzung für die Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis ist nach der eingangs zitierten Rechtslage entweder der Nachweis der vollen Befähigung oder aber der Nachweis einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung in Verbindung mit einem Ausnahmegrund, der die Erteilung der Nachsicht rechtfertigt.

 

Die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften bilden den Maßstab dafür, ob der Nachsichtswerber die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt. Die für eine Nachsichtserteilung erforderliche volle Befähigung liegt daher nur im Fall der Beherrschung des gesamten Stoffes der in Betracht kommenden Befähigungsnachweisverordnung vor. Im gegenständlichen Fall ist die Berufszugangsverordnung, Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr- bzw VO BGBl Nr 1994/898 in der Fassung BGBl II Nr 2001/46 maßgebend.

 

Gemäß § 4 der Verordnung umfasst die Prüfung der fachlichen Eignung die in den Anlagen 1 oder 2 angeführten Sachgebiete der Prüfung, soweit die Kenntnis nicht gemäß § 14 bescheinigt wird. Gemäß Anlage 2 besteht der Prüfungsstoff für das mit Personenkraftwagen betriebene Mietwagen- und Taxigewerbe sowie für das mit Omnibussen ausgeübte Gästewagengewerbe unter anderem auch einen schriftlichen Teil, bestehend aus Kalkulation, kaufmännischer Buchführung und Lohnverrechnung. Sachgebiete, deren Kenntnis bei einer mündlichen Prüfung nachzuweisen sind, sind insbesondere die für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kenntnisse in Zivil-, Handels-, Sozial- und Steuerrecht (Grundsätze des Gesellschaftsrechtes, Zivilrechtes, Sozialversicherungsrechtes, Steuerrechtes und Arbeitsrechtes),

kaufmännische und finanzielle Führung des Unternehmens (Kalkulation, Zahlungs- und Finanzierungsmodalitäten, kaufmännische Buchführung, Grundzüge der Bilanzierung, Fakturierung, Betriebsführung, Versicherung, Marketing),

Fachspezifische Vorschriften (gewerbliche Vorschriften einschließlich der BO 1994 und der jeweiligen Landesbetriebsverordnung, Vorschriften über den grenzüberschreitenden Personenverkehr usw),

technische Normen (Wahl der Fahrzeuge, Genehmigung und Zulassung, Normen für die Instandhaltung der Fahrzeuge, Umweltschutz, Funk und Fernmelderecht), Straßenverkehrssicherheit.

 

Selbst unter Berücksichtigung der im gegenständlichen Verfahren nachgereichten Versicherungszeiten beim Taxiunternehmen Dipl.-Ing. W. D. vom 28.01.2000 bis 21.12.2000 und einer weiteren 4-tägigen Beschäftigung als Taxilenkerin im Jahre 2004 weist die Berufungswerberin nicht die erforderliche 3-jährige Praxis, welche durch Bestätigungen eines Sozialversicherungsträgers nachzuweisen ist, (§ 5 Abs 5 Z 2 Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996).

 

Aufgrund der zu geringen Verwendungszeiten im Taxigewerbe entspricht die Berufungswerberin nicht dem Erfordernis einer zumindest 3-jährigen einschlägigen Praxis (zusätzlich zur Konzessionsprüfung) sowie aufgrund des Fehlens von entsprechenden Ausbildungen kann von einer vollen Befähigung der Nachsichtswerberin nicht ausgegangen werden.

 

Im Zusammenhang mit einem Ausnahmegrund (Alter, mangelnde Gesundheit oder sonstige in der Person gelegene wichtige Gründe sowie besondere örtliche Verhältnisse) wird ergänzt, dass von einer solchen hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs 1 Z 2 leg cit nur dann ausgegangen werden kann, wenn aufgrund der vom Nachsichtswerber beigebrachten Unterlagen bzw aufgrund des Ergebnisses des über sein Vorbringen bzw sonst durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass er immerhin über so viel Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.

 

Die Nachsichtswerberin war seit 01.09.1989 nur geringfügig bzw fallweise mit langen Unterbrechungen bei Taxiunternehmen beschäftigt und weist auch sonst keinerlei facheinschlägige theoretische sowie kaufmännische Kenntnisse in der selbständigen Führung eines Unternehmens nach, sodass sich kein Anhaltspunkt ergibt, dass die Nachsichtswerberin über Erfahrungen verfügt, um Leistungen zu erbringen, welche in der Regel von Inhabern des Taxigewerbes verlangt werden. Auch der Nachweis über die Teilnahme an den Kursen ?Unternehmertraining? und ?Befähigungskurs Personenbeförderung mit PKW? ersetzt in keiner Weise die Ablegung der Prüfung. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Alter als berücksichtigungswürdiger Grund erst mit 45 Jahren gegeben.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden und die gegenständliche Berufung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Die, Nachsichtswerberin, war, seit, 01.09.1989, nur, geringfügig, bzw, fallweise, mit, langem, Unterbrechungen, bei, Taxiunternehmen, beschäftigt, sodass, sich, kein, Anhaltspunkt, ergibt, dass, die, Nachsichtswerberin, über, Erfahrungen, verfügt, um, Leistungen, zu, erbringen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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