TE UVS Tirol 2005/07/25 2005/11/1314-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung der G. P., XY-Gasse, J., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 18.04.2005, Zahl 3.1-1315/A, betreffend die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO 1994 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 iVm § 67h Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 19.06.1996, Zahl III-7931/7-95, wurde der D. Gastronomiebetriebs GmbH mit dem Sitz in K. gemäß §§ 81 und 77 Abs.1 GewO 1994 die Betriebsanlagengenehmigung zur Änderung des bestehenden und genehmigten Gastgewerbebetriebes ?Cafe A.? in K., bestehend aus einem erdgeschoßigen Raum mit einer Fläche von ca 80 m2 als ?Pub? erteilt. In der Betriebsbeschreibung wurde festgehalten, dass im Lokal Hintergrundmusik über zwei Lautsprecherboxen, welche im Deckenbereich montiert werden, dargeboten wird und die Musikanlage selbst aus einem CD-Wechsler, einem Kassettendeck und einer Verstärkeranlage besteht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 12.11.1998, Zahl III-914/16-98, wurde G. P. als Inhaberin der gegenständlichen Betriebsanlage (nunmehr: ?T.-Bar?) die Verlängerung der Betriebszeit von 02.00 Uhr auf 04.00 Uhr bewilligt.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 18.04.2005 wurden G. P. als Inhaberin dieser Betriebsanlage (nunmehr: ?N. F.?), gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 leg cit wahrzunehmenden Interessen folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:

 

?A. gewerbetechnischer Auflagen

1. In die Musikanlage ist vor/der Endverstärkerstufe (Leistungsstufe) / den Endverstärkerstufen (Leistungsstufen) / eine aktive Pegelbegrenzereinrichtung einzubauen, in welcher durch elektronische Leistungsmessungen des Effektiv- oder Scheitelwertes des Signals der Ausgangspegel mit einer zeitkonstante kleiner als eine Sekunde reduziert wird.

2. Die Pegelbegrenzereinrichtung ist so einzustellen, dass der in Raummitte (Flächenschwerpunkt der Grundfläche des beschallten Raumes) in 1,5 m Höhe A ? bewertet gemessene Schalldruckpegel, der durch die Signalwiedergabe bei Abspielen einer CD mit rosa Rauschen auf allen Kanälen verursacht wird, eine Schalldruckpegel Lp von 58 dB nicht überschreitet.

3. Bei der Einstellung der Pegelbegrenzereinrichtung sind sämtliche angeschlossenen Lautsprechergruppen zu betreiben und sämtliche der Lautstärke- und Klangregelung dienenden Regelelemente der Musikanlage in ihre obere Endstellung (Maximalstellung) zu bringen.

4. Die Justiereinrichtung des Pegelbegrenzers und die im Signalweg nachgeschalteten Komponenten bis zu den Lautsprechern sowie nicht verwendete Lautsprecherausgänge der / Leistungsstufe / Leistungsstufen / sind plombierbar einzurichten.

5. Die Einstellung der Pegelbegrenzereinrichtung ist von einem gewerbetechnischen Amtssachverständigen oder einem hiezu befugten Zivilingenieur oder Technischen Büro vornehmen und von diesem so verplomben zu lassen, dass eine Veränderung der maximalen Lautstärke ohne Beschädigung der Plomben nicht möglich ist. Falls die Einstellung nicht von einem Amtssachverständigen durchgeführt wird, ist der Nachweis über die ordnungsgemäße Einstellung und Plombierung der Behörde unverzüglich zu übermitteln.

6. Die Plomben dürfen nur im Einvernehmen mit der Behörde geöffnet oder entfernt werden, Beschädigungen der Plombierung sind unverzüglich zu melden.

7....?

 

Gegen diesen Bescheid hat G. P. fristgerecht Berufung erhoben und ausgeführt, dass sie die gewerbetechnischen Auflagen 1. bis 6. (Vorschreibungen betreffend die Musikanlage) als nicht angebracht ansehe. Seit vielen Jahren betreibe sie nunmehr dieses Lokal und es habe in der gesamten Zeit noch nie Beschwerden über die Lautstärke der Musikdarbietung gegeben. Sie sehe sich auch durchaus weiterhin in der Lage, die Musik in einer angemessenen Lautstärke darzubieten. Den Einbau einer Pegelbegrenzereinrichtung halte sie daher nicht für notwendig.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 359a GewO 1994 können Entscheidungen in I. Instanz im Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden.

 

Gemäß § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.

Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt. Der erstinstanzliche Bescheid nimmt Bezug auf eine Betriebsanlage. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (zu einer Sachentscheidung) ist somit gegeben.

 

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194 idF des Gesetzes BGBl I Nr 151/2004, lauten wie folgt:

 

?§ 74

?

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

?

 

§ 79

(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

??

 

Ebenfalls beachtlich ist nachfolgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004:

 

?§ 66

?

(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

??

 

Durch die Bestimmung in § 79 Abs 1 GewO 1994 wird die Behörde ermächtigt, für rechtmäßig bestehende gewerbliche Betriebsanlagen andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben.

Der Gesetzgeber knüpft die Zulässigkeit der Vorschreibung weiterer Auflagen dabei an mehrere Voraussetzungen, nämlich dass eine rechtskräftige Genehmigung für die Betriebsanlage vorliegt, die gemäß § 74 Abs 2 leg cit wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind und die betreffenden Auflagen nicht unverhältnismäßig sind.

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen ist zunächst das Vorliegen einer rechtskräftigen Genehmigung der Betriebsanlage bzw. einer rechtskräftigen Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage. Wie sich aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt und eingangs bereits dargestellt wurde, liegen rechtskräftige (Änderungs-)Genehmigungen vor.

 

Es war daher weiters zu prüfen, ob die durch die Gewerbebehörde gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen derzeit hinreichend geschützt sind oder nicht. Der Grund, dass die wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind, kann unter anderem in Fehleinschätzungen bei der Sachverständigenbeurteilung im Genehmigungsverfahren, im Gewinnen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Auswirkungen einer Betriebsanlage, aber auch zB in unzureichenden oder nicht behördlich erzwingbaren Auflagen des Genehmigungsbescheides liegen (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordung2, Rz 8 zu § 79). Betriebsanlagengenehmigungsbescheide mit Auflagen, die nicht mit genügender Klarheit eine Gebots- oder Verbotsnorm dergestalt enthalten, dass der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar ist, sind nicht geeignet, die im § 74 Abs 2 leg cit umschriebenen Interessen hinreichend zu wahren, und müssen daher durch einen Bescheid gemäß § 79 saniert werden. Der Wortlaut des § 79 erfasst allerdings auch jene Fälle, in denen die Behörde schon im Zeitpunkt der Erlassung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides weitergehende Auflagen hätte erteilen können. Solche weitergehenden Auflagen können auch aufgrund des § 79 Abs 1 GewO 1994 vorgeschrieben werden, wenn der Genehmigungsbescheid diesbezügliche Lücken aufweisen sollte (Kinscher/Paliege/Barfuß, Kommentar zur Gewerbeordnung, Rz 12 und 13 zu § 79).

Die gegenständliche ? genehmigte ? Betriebsanlage berechtigt die Berufungswerberin entsprechend den Ausführungen in der Betriebsbeschreibung zur Darbietung von Hintergrundmusik. Eine Absicherung dahingehend, dass über die Vorschreibung von Auflagen sichergestellt wird, dass tatsächlich nur Hintergrundmusik abgespielt wird, ist im zugrunde liegenden Bewilligungsbescheid unterblieben. Die Vorschreibung derartigen Auflagen ? wie sie nunmehr im angefochtenen Bescheid fixiert wurden ? hätte unzweifelhaft bereits im Zeitpunkt der Erlassung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides erfolgen können und wäre zur hinreichenden Wahrung der im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen auch erforderlich gewesen. Der Genehmigungsbescheid weist also insoweit eine Lücke im Sinne der obigen Ausführungen auf und sind daher die gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen als nicht hinreichend geschützt anzusehen.

Somit steht für die Berufungsbehörde fest, dass allein durch die Beschränkung der Musikdarbietung auf ?Hintergrundmusik? in der Betriebsbeschreibung für einen Betriebsanlageninhaber noch kein ausreichend bestimmter Verhaltensmaßstab aufgestellt wird. Unter Beachtung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Auflagen, wie sie der Verwaltungsgerichtshof entwickelt hat, muss eine Betriebsbeschreibung, die aus Gründen des Lärmschutzes Musikdarbietungen einschränkt, einerseits konkrete Angaben über die nicht zu überschreitenden db-Werte enthalten, andererseits auch konkrete Maßnahmen aufzeigen, wie diese Werte einzuhalten sind (zB Pegelbegrenzereinrichtungen, etc). Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war die Vorschreibung nachträglicher Auflagen jedenfalls erforderlich, um die im § 74 Abs.2 GewO 1994 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass nach den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren sowie nach den einschlägigen Richtlinien Hintergrundmusik durch einen energieäquivalenten Dauerschallpegel von 58 dB beschrieben werden kann (vgl Christoph Lechner, Begrenzung der Schallemission durch Musikanlagen, Berichte Umweltbundesamt, BE-168).

 

Was schließlich die Verhältnismäßigkeit der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen bekannt gegebenen Auflagen anbelangt, haben die ergänzend durchgeführten Erhebungen ergeben, dass Pegelbegrenzereinrichtungen als relativ kostengünstig anzusehen sind (weniger als ? 500,00). Berücksichtigt man nun, dass es sich vorliegend um einen Gastgewerbebetrieb in der Stadtgemeinde Kufstein handelt, der zudem offenbar relativ stark frequentiert wird, bedarf es wohl keiner weiteren Ausführungen, dass die vorgeschriebenen Auflagen auf keinen Fall unverhältnismäßig sind. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der vorgeschriebenen Auflagen ergeben sich daher ebenfalls keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Schlagworte
Die, genehmigte, Betriebsanlage, berechtigt, die, Berufungswerberin, zur, Darbietung, von, Hintergrundmusik, eine, Absicherung, dahingehend, dass, über, die, Vorschreibung, von, Auflagen, sicher gestellt, wird, dass, tatsächlich, nur, Hintergrundmusik, abgespielt, wird, ist, im, zugrunde liegenden, Bewilligungsbescheid, unterblieben
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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