Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn R. P., geb. am XY, XY, N., Italien, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 16.6.2005, GZ JS-53-2004, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c, 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird
zu Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass bei der angewendeten Gesetzesbestimmung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Wort- und Ziffernfolge: ?iVm § 3 Abs 3 der 2.
Durchführungsverordnung zum TJG 2004 (LGBl Nr 43/2004 ? 2. DVO zum TJG 2004)? entfällt;
zu Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Gemäß § 64 Abs 1, 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der zu Spruchpunkt 1) verhängten Strafe, das sind Euro 60,00, zu bezahlen.
In dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgendes vorgeworfen:
?Es wird Ihnen zur Last gelegt, dass Sie als Abschussnehmer im Eigenjagdgebiet K./J. ? Ö. im Gemeindegebiet von J. am 01.10.2004 einen Hirschen der Klasse II mit einem Alter von 5 Jahren erlegten, der
1. laut behördlichem Abschussplan der Bezirkshauptmannschaft Imst als zuständigen Jagdbehörde für das bezeichnete Eigenjagdgebiet im Jagdjahr 2004/05 nicht zum Abschuss frei gegeben war;
2. in sämtlichen Geweihmerkmalen über den Richtwerten des Bezirkes Imst liegt und somit mit 145,91 Bewertungspunkten bei einer Stangenlänge von 70 cm, einem Geweihgewicht von 3,90 kg und einer Mittelsprosslänge von 30,25 cm als nicht ?abschusswürdiges? Stück seiner Klasse angesehen werden kann.
Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
1. § 37 Abs 1 TJG 2004 iVm § 3 Abs 3 der 2.Durchführungsverordnung zum TJG 2004 (LGBl Nr 43/2004 - 2.DVO zum TJG 2004)
2. § 3 Abs 4 und 5 der 2.DVO zum TJG 2004 begangen. Gemäß §b70 Abs 1 lit k Tiroler Jagdgesetz 2004 wird gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von
zu 1. Euro 300,00
zu 2. Euro 300,00
(insgesamt Euro 600,00) verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle
eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
zu 1. 72 Stunden
zu 2. 72 Stunden
(insgesamt 144 Stunden)
Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG 1991)
zu 1. Euro 30,00
zu 2. Euro 30,00
(insgesamt Euro 60,00)
als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 Prozent der Strafe, zu zahlen.?
In der rechtzeitig gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber wie folgt aus:
?Aus Ihrem Schreiben vom 16.06.05 muss ich leider entnehmen, dass der Abschuss des Hirsches vom 01.10.04 mit einem Alter von 5 Jahren nicht dem Tiroler Jagdgesetz entsprochen hat.
Ich möchte gegen den Zahlungsbescheid Berufung einlegen und Ihnen meine Stellungnahme begründen:
1. Da ich schon im Jahr 2003 einen Kronen-Zehnender beobachtet habe der das Alter der Klasse I zeigte und ich ihn im Jahr 2004 wieder bestätigen konnte, machte ich mich am Vortag auf zum Abschuss des besagten Kronen-Zehnenders, der bereits mehrere Tiere zu seinem Brunftrudel zusammengetrieben hatte. Da er am besagtem Tag zu weit entfernt war um einen weidgerechten Schuss anzubringen, ging ich am nächsten Morgen erneut zum Brunftplatz. Plötzlich kamen mehrere Tiere aus den Latschenkiefern hervor und der Brunfthirsch meldete noch in den Latschen. Beim Austreten des Hirsches war ich mir sicher, dass es sich um den Kronen-Zehner handelte. Jedoch nach Erlegen des vermeintlichen Hirsches, musste ich feststellen, dass es sich um einen ungeraden Vierzehnender handelte, dessen Geweihenden dem Kronen-Zehner ziemlich ähnlich waren.
Da ich schon seit 1996 die Tiroler Jagdkarte einzahle und wie Sie richtig erwähnen nichts habe zu Schulden kommen lassen, bitte ich Sie das Strafmaß zu reduzieren.?
Die Berufungsbehörde hat erwogen:
Die Berufung wird als Rechtfertigung zu den Schuldvorwürfen und als solche gegen das Ausmaß der verhängten Strafen gewertet.
Gemäß dem von der Bezirkshauptmannschaft Imst genehmigten Abschussplan für das Jagdjahr 2004/2005 (1.4.2004 bis 31.3.2005) der Eigenjagd K.-J.-Ö. war beim Rotwild kein Abschuss eines Hirschen der Klasse II (5 bis 9-jährig) genehmigt.
Belegt durch die Abschussmeldung und das Bewertungsgutachten der Rotwildbewertungskommission für den Bezirk Imst vom 13.12.2004 steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber am 1.10.2004 im Revier K.-J.-Ö. einen 5-jährigen Hirschen der Klasse II abgeschossen hat. Da der besagte Hirsch in sämtlichen Bewertungskriterien über den Höchstwerten des Bezirks Imst lag, stellte er ein besonders gut entwickeltes, keinesfalls abschusswürdiges Tier dar. Dieser Sachverhalt wurde vom Berufungswerber auch nicht bestritten.
Der Berufungswerber war als Erleger verantwortlich für die Einhaltung des vorliegenden Abschussplans.
Zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 37 Abs 1 1.Satz Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004), LGBl 2004/41, darf der Abschuss von Schalenwild -mit Ausnahme von Schwarzwild-, von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren nur im Rahmen eines Abschussplans erfolgen.
Gemäß § 70 Abs 1 lit k TJG 2004 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu Euro 4.500,00 zu bestrafen, der den Bestimmungen über den Abschussplan nach § 37 oder den hiezu ergangenen Verordnungen zuwiderhandelt.
Durch den im behördlich genehmigten Abschussplan nicht vorgesehenen Abschuss eines Hirschen der Klasse II im Revier K.-J.-Ö. am 1.10.2004 hat der Berufungswerber unbestritten den äußeren Tatbestand des § 37 Abs 1 iVm § 70 Abs 1 lit k TJG 2004 gesetzt.
In Bezug auf das Verschulden äußerte sich der Berufungswerber dahingehend, dass er besagten Hirschen versehentlich abgeschossen hat. Eigentlich hätte er einen (im behördlichen Abschussplan genehmigten) Hirschen der Klasse I abschießen wollen. Der Berufungswerber macht damit die irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhalts geltend. In einem solchen Fall besteht aber Strafbarkeit, wenn der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht.
Einem Jäger ist zuzumuten, das Wild vor dem Abschuss sorgfältig ?anzusprechen?, um nicht nur die Art des Wildes, sondern auch dessen Altersklasse, das Geschlecht, usw entsprechend zu beurteilen. Diese Sorgfalt hat der Berufungswerber vor der Abgabe des Schusses nicht an den Tag gelegt. Er hat daher fährlässige Tatbegehung zu verantworten, womit auch die innere Tatseite erfüllt ist.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG, BGBl 1991/52 idF BGBl I 2002/117, ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
In diesem Sinne ist zur Strafbemessung festzuhalten, dass der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber angelasteten Übertretung nicht unerheblich ist. Die in Rede stehenden Vorschriften dienen der Erhaltung und Entwicklung eines qualitativ guten, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes, wobei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und ein den Interessen der Landeskultur angemessener Wildstand erreicht und erhalten werden soll. Diese Schutzinteressen wurden auf Grund des Abschusses entgegen dem genehmigten Abschussplan in einem nicht unerheblichen Maße beeinträchtigt.
Als Verschuldensform war von Fahrlässigkeit auszugehen. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerber zu werten. Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber nicht dargelegt.
Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungskriterien und angesichts der geringen Ausschöpfung des Strafrahmens in der Höhe von EUR 4.500,00 erscheint die Strafhöhe zum Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses von Euro 300,00 selbst bei allenfalls ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers als tat- und schuldangemessen. Die beantragte Reduzierung des Strafmaßes war hier nicht zu gewähren.
Die Berechtigung der Berufungsbehörde zur Berichtigung des Spruchpunkts 1) des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der angewendeten Gesetzesbestimmung ergibt sich aus der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern zu können. Der Tatvorwurf wird bereits durch die verbleibende Gesetzesbestimmung abgedeckt.
Die Vorschreibung eines Beitrags zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.
Zu Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 3 Abs 3 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004, LGBl 2004/43 idF LGBl 2004/55, sind der genehmigte sowie der von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Abs 2 festgesetzte Abschussplan nach Maßgabe der Abs 4 bis 6 zu erfüllen. ...
Gemäß § 3 Abs 4 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004 dürfen in der Altersklasse II unter Bedachtnahme auf die vom Tiroler Jägerverband kundgemachten Richtlinien für die Bewirtschaftung des Schalenwildes nur besonders schlecht entwickelte Wildstücke erlegt werden. Diese Beschränkung gilt nicht für weibliches Rot- und Rehwild.
Gemäß § 3 Abs 5 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004 gelten jedenfalls als besonders schlecht entwickelt im Sinne des Abs 4:
a) beim Rotwild Gabler, Sechser, ungerade Gabelachter, Eissprossenachter und Eisendzehner mit einseitiger Gabel; ...
Gemäß § 3 Abs 6 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004 gilt der geltende Abschussplan auch dann als erfüllt, wenn
1. beim Rotwild anstelle
a)
eines Hirsches der Klasse I oder II ein Hirsch der Klasse III,
b)
eines Hirsches ein Tier oder ein Kalb,
c)
eines Tieres ein Kalb, ...
erlegt wird (?Herunterschießen?).
Dem Berufungswerber wurde in diesem Spruchpunkt vorgeworfen, er habe mit dem besagten Hirschen der Klasse II ein nicht abschusswürdiges Stück seiner Klasse erlegt und dadurch die Bestimmungen des § 3 Abs 4, 5 ZweiteDurchführungsverordnung zum TJG 2004 iVm § 70 Abs 1 lit k TJG 2004 (richtig zu ergänzen: iVm § 7 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004) verletzt.
Dass der abgeschossene Hirsch der Klasse II ein nicht besonders schlecht entwickeltes Wildstück im Sinne des § 3 Abs 4 und 5 zitierte VO, sondern sogar ein besonders gut entwickeltes war, ist unbestritten.
Diese Bestimmungen -wie auch jene des § 3 Abs 6 zitierte VO- stellen aber eine nähere Definition der Bestimmung des § 3 Abs 3 zitierte VO über die Erfüllung des behördlichen Abschussplans dar. Verletzungen des § 3 Abs 4 bis 6 zitierte VO wären für sich nur vorwerfbar, wenn nicht gleichzeitig eine Verletzung des § 37 Abs 1 TJG 2004 oder des § 3 Abs 3 Zweite Durchführungsverordnung zum TJG 2004 über die Einhaltung bzw Erfüllung des Abschussplans vorgeworfen würde.
Im vorliegenden Fall wird demgemäß der Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 4 und 5 zitierte VO im Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses durch den Vorwurf der Übertretung nach § 37 Abs 1 TJG 2004 im Spruchpunkt 1) konsumiert.
Es lag somit ein Umstand vor, der die Strafverfolgung ausschloss, weshalb das Verfahren in diesem Punkt einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden war.