TE UVS Steiermark 2005/08/01 42.5-10/2005

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Veröffentlicht am 01.08.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Reingard Steiner über die Berufung des C O gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 29.4.2005, GZ.: VA/F-4576/04-05, wie folgt entschieden: Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

Text

Mit dem im Spruch näher bezeichneten Bescheid wurde angeordnet, dass sich C O einer Nachschulung zu unterziehen hat und innerhalb einer Woche, gerechnet ab Bescheidzustellung, den Führerschein zwecks Vornahme der notwendigen Eintragungen der Bundespolizeidirektion Graz vorzulegen hat. Dem Bescheid angefügt wurde der Hinweis, dass mit der Anordnung der Nachschulung - die binnen vier Wochen absolviert werden muss, widrigenfalls die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen ist - die Probezeit für ein weiteres Jahr neu zu laufen beginnt. Diese bescheidmäßigen Anordnungen werden im Wesentlichen damit begründet, das beim Bezirksgericht für Strafsachen Graz eingeleitete Verfahren nach § 88 Abs 1 StGB wegen eines Verkehrsunfalles mit Personenschaden, der sich am 23.8.2004, um

16.40 Uhr zugetragen hat, sei hinsichtlich § 88 Abs 1 StGB mittels eines Diversionsverfahrens (Zahlen einer Geldbuße) rechtskräftig abgeschlossen worden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung vom 18. Mai 2005. Der Berufungswerber wendet ein: "Laut Schreiben der Staatsanwaltschaft Graz vom 17. September 2004, wurde vom Tatvorwurf des § 88 Abs 1 StGB für eine Probezeit von 1 Jahr abgesehen, da die Voraussetzungen des § 90 a StPO vorlagen."

Der Berufungswerber bittet, von der Anordnung einer kostenpflichtigen Nachschulung im Hinblick darauf abzusehen, dass er seit Beginn seiner Probezeit keine Verkehrsübertretungen jeglicher Art begangen habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die auf Grund der Aktenlage getroffen werden konnte, von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen: Die Bestimmung des § 4 Abs 3 FSG ordnet Nachstehendes an: Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs 7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnungen der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem zentralen Führerscheinregister (§ 17) zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheins hat diesen der Wohnsitzbehörde zwecks Eintragung vorzulegen. Auf diese Bestimmung stützt die belangte Behörde den bekämpften Bescheid. Dem Berufungswerber wurde am 4.8.2004 zur Zl. VA/F-04576/2004 von der belangten Behörde die Lenkberechtigung für die Klassen A und B unter Festlegung einer Probezeit von 2 Jahren - sohin bis zum 4.8.2006 - erteilt. Innerhalb dieser Probezeit kam es zum Vorfall vom 23.8.2004, bei welchem der Berufungswerber einen PKW auf der Brauhausstraße in südliche Richtung lenkte und auf der Kreuzung Wetzelsdorfer Straße - Brauhausstraße begann, die Kreuzung in seiner eingehaltenen Fahrtrichtung zu überqueren, wobei er mit dem auf der Wetzelsdorfer Straße in östliche Richtung die Kreuzung geradeaus überquerenden PKW zusammenstieß. Die Lenkerin dieses PKWs, J BA, wurde dabei leicht verletzt. In der Anfahrtsrichtung des Berufungswerbers befindet sich das Vorschriftszeichen "Vorrang geben". Wegen dieses Vorfalles wurde der Staatsanwaltschaft Graz die Anzeige des Verkehrsunfallskommandos der Bundespolizeidirektion Graz vom 7.9.2004 zugemittelt. Unter einem wurde das Verkehrsamt - Führerscheinstelle der Bundespolizeidirektion Graz davon in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom 15. März 2005 teilte die Staatsanwaltschaft Graz über Anfrage der Bundespolizeidirektion Graz - Führerscheinstelle, zu GZ: 74 BAZ 1165/04y mit, dass die gegenständliche Anzeige gemäß § 90 f StPO im Hinblick auf Art. IV des Verkehrsrecht-Anpassungsgesetzes 1971 unter Setzung einer Probefrist von einem Jahr vorläufig zurückgelegt wurde. Die belangte Behörde hat hierauf den angefochtenen Bescheid erlassen, mit welchem gemäß § 4 Abs 3 FSG die in Berufung gezogene Nachschulung angeordnet wurde. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Behörde bei Vorliegen der im § 4 Abs 3 angeführten Umstände - schwerer Verstoß (Abs 6) oder Verstoß gegen die Bestimmung des Abs 7 - zur Anordnung einer Nachschulung verpflichtet ist. Der Gesetzgeber hat der Behörde hiebei keinen Ermessensspielraum eingeräumt. In Abs 6 der angeführten Bestimmung wird definiert, was als schwerer Verstoß gemäß Abs 3 gilt. Laut Ziffer 1 sind dies Übertretungen der in lit a bis lit g bezeichneten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Demgemäß wird in § 4 Abs 6 FSG unter Ziffer 1 lit e der Verstoß nach § 19 Abs 7 (Vorrangverletzung) - und darum geht es beim gegenständlichen Vorfall - als eine Übertretung normiert, die zu einer Nachschulung führt. Zum Einwand des Berufungswerbers in seiner Berufung, vom Tatvorwurf des § 88 Abs 1 StGB sei für eine Probezeit von einem Jahr abgesehen worden, da die Voraussetzungen des § 90 a StPO vorlagen, ist Folgendes klar zu stellen. In der Begründung des § 90 Abs 1 StPO erlaubt der Gesetzgeber dem Staatsanwalt, auf eine Straftat mit diversierenden Maßnahmen anstelle von Strafverfolgung zu reagieren, wenn die darin angeführten Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört, dass der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist, die Täterschaft im höchsten Maße sicher ist und die Tat strafbar ist. Eine der diversierenden Maßnahmen besteht darin, dass der Staatsanwalt eine Probezeit von ein bis zwei Jahren setzt und daneben noch Maßnahmen anordnen kann, deren Befolgung den Beschuldigten von weiteren Straftaten abhalten sollen, wie zB. Besuch einer Schulung oder von Kursen. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft bedeutet, dass davon ausgegangen wurde, dass die angezeigte Straftat vom Berufungswerber mit größter Wahrscheinlichkeit begangen wurde und auf Grund der Beurteilung der Staatsanwaltschaft davon ausgegangen wurde, dass bei dieser Straftat mit einer Diversion das Auslangen gefunden werden konnte. Dies kommt zum Ausdruck in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Graz vom 15. März 2005, worin der Bundespolizeidirektion Graz mitgeteilt wurde, dass die gegenständliche Anzeige gemäß § 90 f StPO unter Setzung einer Probezeit von einem Jahr vorläufig zurückgelegt wurde. Das Zurücktreten von der Strafverfolgung eines Angezeigten ist jedoch nicht einer rechtskräftigen Bestrafung im Sinne des § 4 Abs 3 FSG gleichzuhalten. Aus diesem Grund ist es sachlich nicht gerechtfertigt, in Fällen, in denen die Diversion zur Anwendung gekommen ist, jedenfalls eine Nachschulung anzuordnen. Derartige Maßnahmen sind allenfalls im Rahmen der Diversion von den Gerichten anzuordnen. Nachdem die belangte Behörde die Anordnung der Nachschulung ausschließlich auf den "rechtskräftigen Abschluss eines Diversionsverfahrens" gestützt hat, ein derartiger Umstand allein die Anordnung einer Nachschulung durch die Bezirksverwaltungsbehörde im Sinne des § 4 Abs 3 FSG aber rechtlich nicht zu begründen vermag, und der Aktenlage auch keine anderen Gründe für die Notwendigkeit einer Nachschulung zu entnehmen sind, war der Berufung im Ergebnis Folge zu geben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben (siehe auch UVS vom 14.07.2005, GZ: UVS 42.14-11/2005).

Schlagworte
Nachschulung Diversion schwerer Verstoß
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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